Beiträge von LEt's go!

    Eine zusätzliche Haltestelle an einer bestehenden Bahnstrecke zu errichten, ist in Deutschland Hexenwerk - leider! Man denke nur an die Idee, an der Bahnstrecke zum Flughafen Halle/Leipzig einen Haltepunkt GVZ Nord zu errichten.

    Das stimmt leider; deswegen steht mein Satz auch im Konjunktiv.

    Aber wenn ein Investor mit Geld winkt, sind ja manchmal Wunder möglich. Dazu müsste der Investor allerdings eine ÖPNV-Strategie wollen – was sicherlich auch eine zusätzliche Bereicherung für die Region wäre. Gerne auch mit Bussen, warum nicht?


    Gerade die normalen Städtetouristen kommen immer öfter ohne Auto. Die wollen vielleicht auch eine praktische Anbindung an den Park. Ich bin außerdem der Meinung, dass der Park an Attraktivität gewinnen würde, wenn er ein Stück besser an den ÖPNV angebunden wäre. Stand jetzt: ein Einstundentakt ab Markkleeberg… Da ginge noch mehr, zumal die ganze Region touristisch entwickelt werden soll (zumindest hört man das immer).

    Ich kann leider nicht auf mein Auto verzichten, da ich zu denen in diesem Land gehöre, die nicht jeden Tag ausschlafen können und auf Kosten anderer leben...!


    ÖPNV-Nutzer gehören demnach zu denen, die jeden Tag ausschlafen und auf Kosten anderer leben? Ich frage mich, warum Auto-Hartliner immer in diese populistische Argumentation verfallen müssen.

    Gerade das genannte Beispiel zeigt doch, dass sich der Park überlegen muss, wie in Zeiten schlechterer Anbindung bessere Anbindungen geschaffen werden könnten. Und – das ist jetzt vielleicht eine Überraschung – ÖPNV ist nicht nur die S-Bahn, sondern auch Busse! Vielleicht wäre es gut, mehr darauf zu setzen, wenn man 900.000 Menschen in den Park bringen will.


    Zudem machen immer weniger junge Menschen den Führerschein. Die gehören, vermute ich, neben den Familien zur Hauptzielgruppe. Und früher oder später haben die Führerscheinlosen dann ebenfalls Familien, die wiederum zur Hauptzielgruppe gehören. Und mit „früher oder später“ meine ich 2030/31. Neben dem Führerschein ist der Rückgang beim eigenen Auto unter jungen Menschen noch viel drastischer. Und dazu kommt: Sachsen ist das Flächenbundesland mit den wenigsten Autos pro 1.000 Einwohner. Die Gründe dafür diskutiere ich jetzt nicht. Fest steht: Es braucht eine Strategie, wenn der Park nicht nur gut angebunden bleiben möchte, sondern sogar mehr Menschen in den Park holen will.


    Und nur so nebenbei: So weit weg ist die Bahnstrecke nicht. Hartmannsdorf ist zu Fuß 20 Minuten von Belantis entfernt. Es fehlt nur ein Haltepunkt. Wäre also kein Hexenwerk.

    Täuscht mich mein Auge oder wird die Ecke zur Senefelderstraße nicht bebaut? Oder erst später? Weiß jemand, ob da noch was kommt?
    Die Visualisierung scheint ja die Eckbebauung mit einzuschließen.

    ^ Und die Italiener natürlich...

    Wie du schon sagtest: Alle "zusammen" gegen Napoleon. Mit den Leistungen der Befreiungskriege meinst du vermutlich den "Befreiungsschlag" durch den Wiener Kongress und die "befreienden" Karlsbader Beschlüsse? :S

    Herrjemine... natürlich ist Napoleons Herrschaft kein Pappenstiel gewesen (auch hier habe ich nichts anderes behauptet). Aber das macht für mich als Historiker schon einen erheblichen Unterschied ob man sagt, dass die "Befreiungskriege" ein wichtiges historisches Ereignis waren oder ob man sagt, dass alle "[...] Völker Europas [...] sich zusammen vom Joch des Massenmörders Napoleon befreit" haben.


    Nun ist es ja auch nicht so, dass Preußen, Österreich oder Russland (und Schweden) zu der Zeit freiheitliche Vorzeigestaaten waren. Das Napoleons Herrschaft heute wenig umstritten als Diktatur betrachtet wird, wurde damals aber viel breiter diskutiert. Es ist eben so, dass nicht alle Europäer zusammen gegen Napoleon waren. Auch hier lohnt übrigens ein Blick in die Quellen und in die Geschichte des oder besser der Völkis: Ich verweise auf das "erste" Völkerschlachtdenkmal 1814 und der ersten Gedenkfeier. Hier waren ausgerechnet die Leipziger gar nicht einer Meinung, ob sie von Napoleon befreit wurden. Das "Denkmal" (ein Kreuz mit einer Inschrift, die der Errettung vom Joch Napoleons gedachte) wurde geklaut und an dessen Stelle erschien ein Zettel "Hat uns der Preuße das Land gestohlen, kann auch das Kreuz der Teufel holen". Oder sie kommentierten die rhetorische Frage des Festredners August Mahlmann, was passiert wäre, wenn die Schlacht anders geendet wäre mit: "Besser wär's geworden du Kindskopf".


    Aber sicherlich ist es total gerechtfertigt auf Basis dieses Arguments (das nur ein Randthema betrifft, im Vergleich zum eigentlichen Hauptthema dem FED) meine gesamt Darlegung für nichtig zu erklären, weshalb ich mich genötigt sehe nochmals zu antworten ...

    Da es ja nun doch nochmal einige Kommentare und Fragen gab, nehme ich mir doch nochmal die Zeit Antworten zu verfassen.

    Sehr interessante Ausführungen. Hast du da spezielle Quellen oder weiterführende Literatur. Insbesondere die zum See der Tränen.

    Vieles steht im Buch "Völkerschlacht Denkmal" (9783936300055). Doch auch das ist stellenweise etwas veraltet. Zum "See der Tränen" schreibt das Völki selbst (in einem Wissensspiel) "Jene Zuschreibung oder auch die der Bezeichnung „See der Tränen“ stammt aus der Zeit des Nationalsozialismus, in der das Denkmal für die Nazi-Propaganda instrumentalisiert wurde. Wir verwenden diese Bezeichnung daher heute nicht mehr. Ursprünglich und auch heute noch reden wir vom Wasserbecken oder -bassin." Findet man auch gut online mit einer kurzen Google-Suche.


    Also, ich müsste jetzt mein Demokratieverständnis hier offenlegen, um mich zu erklären. Und ich glaube, das ist das wunderbare Problem an Denkmälern in einer Demokratie: Wir alle haben unser Verständnis davon und können uns dazu austauschen. Das möchte ich hier in dieser Diskussion mal im positiven Sinne betonen.


    Ich glaube eben nicht, mit Blick auf die deutsche Geschichte und die aktuell (zeitweise) stärkste Partei im Land, dass man dem Wunsch der Mehrheit nachkommen sollte, wenn ein imperialistisches Militärdenkmal in welcher Form auch immer bewundert wird. Jedes Denkmal ist per Definition "sinnlich". Deswegen ja auch "Mal".


    Inwieweit das Völki die Völkerschlacht ohne bildliche Verweise auf die Völkerschlacht "greifbar" macht, darüber müssten wir uns länger unterhalten. Meinen Standpunkt dazu habe ich klargemacht: Das Völki ist eine Instrumentalisierung der Geschichte. Gerade deswegen hält sich die Denkmalsverwaltung ja auch eher zurück mit Veranstaltungen. Und ich möchte noch einmal für alle, die hier noch mitlesen, betonen: Es ist leider wirklich hanebüchen, die Instrumentalisierung der Nazis und auch der DDR in irgendeiner Weise mit aktuellen Veranstaltungen zu vergleichen. Das angesprochene "Lichtfest" zum Beispiel ist (und dazu müsste man sich mal in die Materie hineinarbeiten) eine kleine Winzigkeit im Vergleich zum bengalischen Feuer, das die DDR zum Turn- und Sportfest dort abbrannte... und das war ja nur ein Teil einer solchen Inszenierung. Mir sind keine Bundeswehr-Vereidigungen bekannt (im Gegensatz zu NVA-Vereidigungen) oder etwaige organisierte Demonstrationen (wie zu DDR-Zeiten gegen den NATO-Doppelbeschluss).


    Und auch zur falschen Symbolik des FED habe ich mich geäußert... Trotzdem nochmal: Das FED ist nicht das 9.-Oktober-Denkmal. Auch nicht das Denkmal zur Friedlichen Revolution. Sondern das "Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal". Es wird künstlerisch Bezug genommen auf die Demonstrationen in Leipzig (sei es der 9. Oktober oder der 4. Juni 1989 oder 5. Juni 1988...) und auf Bürgerrechtler (die am 4. September Banner entfalteten oder am 24. Oktober 1988 Transparente in der Kirche hochhielten), Kirchen, Organisationen, Runde Tische usw. Schon ab dem 16.10.1989 wurden bei den Leipziger Montagsdemonstrationen zahlreiche "Banner, Fahnen, Transparente" hochgehalten und es wurden im Laufe der Zeit immer mehr. Die friedliche Revolution hat ja nicht am 9. Oktober begonnen und geendet. Und gerade wenn es um das Thema Einheit geht: Wie viele "Banner, Fahnen, Transparente" hat es vergeblich gebraucht, um bspw. der Treuhand entgegenzutreten? Es geht hier ja um Symbole!

    Der 9. Oktober steht genauso symbolisch für die Revolution, wie "Banner, Fahnen, Transparente" symbolisch für die Prozesse der Freiheit und Einheit stehen. Und diese "Banner, Fahnen, Transparente" stehen als universelles Symbol für Demonstrationen und Revolutionen - somit auch für die Prozesse hinter diesen Umbrüchen (ein kurzer Exkurs: beim Kirchentag in Leipzig 1989 wurde ein Transparent mit dem chinesischen Zeichen für "Demokratie" (民主) hochgehalten, als Verweis auf die "Banner, Fahnen, Transparente" auf dem Tian'anmen im gleichen Jahr). Im Übrigen haben die Architekten und die Künstlerin dazu viel geschrieben und viel gesprochen und offenkundig viel recherchiert. Könnte man sich alles anschauen, durchlesen und (in Podcasts) anhören, anstatt hier Mutmaßungen anzustellen.


    Dass die Säule schön ist, daran besteht kein Zweifel. Ich kenne allerdings einige, die sich an der Säule stören, wenn es um die Symbolik geht, bzw. die das Denkmal nicht auf sich beziehen, obwohl sie Teil der Revolution waren. Es waren eben nicht allein die Kirchen oder die Nikolaikirche. Denn wenn du von einer Mehrheit der DDR-Bürger sprichst, meinst du ja sicher nicht nur die in der Nikolaikirche. (Hier möchte ich nur kurz auf Ilko-Sascha Kowalczuk verweisen: Die Mehrheit der DDR-Bürger war eben nicht an der Friedlichen Revolution beteiligt. "Eine Minderheit hat auf der Straße gegen eine Minderheit (Regierung genannt) gekämpft". Die Mehrheit hat am Fenster gestanden und zugeguckt. Vielleicht wäre ja ein Fenster das passende Denkmal für diese von die angesprochene Mehrheit?).

    > Damit zeigt sich: Symbolik, Ästhetik, die Vielschichtigkeit der Ereignisse, Personen und Gruppen, sowie, und das wurde hier noch gar nicht besprochen, die Anforderungen der Stadt Leipzig zu Ort und Raum gerecht zu werden, ist gar nicht so einfach. Denn! Das Denkmal soll in einem Park stehen (Ökotopia) und am besten mit diesem Ort verschmelzen, ja in diesen Ort hineinwachsen. Und die Entsiegelung des Leuschner-Platzes ist das beste Projekt der Stadt Leipzig seit langer Zeit (auch wenn es zur Umsetzung sicherlich Kritik gibt).

    Eine Verengung des Freiheitsdenkmals auf die Demonstrationsfreiheit aufgrund dessen Form fände ich überdies abwegig, denn um diese ging es ja bei den Kundgebungen und den Parolen auf den Transparenten, besonders anfangs, gar nicht hauptsächlich sondern mehr um Reisefreiheit, Meinungsfreiheit, Bürgerrechte, freie Wahlen, die Bekräftigung des Souveräns und erst später auch um die Einheit.

    Also bitte... indem die Menschen für Reisefreiheit, Meinungsfreiheit, Bürgerrechte, freie Wahlen u.s.w. DEMONSTRIERTEN und damit gegen geltendes Recht verstießen (Stichwort "Zusammenrottung"), haben sich die Demonstranten gegen das Demonstrationsverbot gestellt. Man könnte sogar sagen, dass die sich so erkämpfte Demonstrationsfreiheit die Urmutter der Revolution und aller weiterer Prozesse des Kampfes um die von dir erwähnten Freiheiten ist. Das ist ja wohl so offensichtlich, dass ich mir fast lächerlich vorkomme, es aussprechen zu müssen.

    JEDER Tote eines Krieges ist einer zuviel. Meine ich. Die Gegenaufrechnung der Gefallenen finde ich makaber und unwürdig. Manchen scheint es an Phantasie und Empathie zu mangeln.

    [...]

    In der Zeit, als das Völkerschlachtdenkmal errichtet wurde, hat die Bevölkerung einen anderen Umgang mit dem Tod gepflegt. Man sehe sich nur die Grabmale der Gründerzeit auf dem Südfriedhof an. Sind die nationalistisch?

    Hab auch nichts anderes behauptet. Jeder Tote ist schlimm. Doch natürlich ist es spannend, wie welches Land in der Erinnerungskultur mit einer solchen Schlacht umgeht (Stichwort Instrumentalisierung). Das Grabmal wäre nationalistisch, wenn der Kaiser oder der Reichsadler oder das Eiserne Kreuz mit eingemeißelt ist... Aber ich finde den Vergleich etwas wild. Das Völki ist ein Nationaldenkmal erbaut im Imperialismus. Natürlich ist das nationalistisch (und der Herr Thieme gehörte ja auch einer, sagen wir mal spannenden Partei an).

    Und genau das haben die Völker Europas erkannt und sich zusammen vom Joch des Massenmörders Napoleon befreit, der Millionen Menschen für seinen Größenwahn geopfert hat.

    Und zu guter Letzt noch dieser Mythos. Das ist historisch schon deshalb falsch, weil der Rheinbund (also wir Sachsen auch), Polen und andereauf Seiten Napoleons gekämpft haben. Übrigens ist das einer der Mythen am Denkmal "Wir Deutschen haben Napoleon besiegt". Dabei haben die Deutschen des Rheinbundes gegen die Deutschen in Österreich und Preußen verloren.

    Die einfache Antwort auf die letzte Frage: Natürlich muss die Demokratie vor Ihren Bürgern geschützt werden. Das ist nicht verstörend, sondern Realität.
    Und wir alle wissen um das historische Beispiel in der Deutschen Geschichte. Das ist ja nun wirklich kein Geheimnis, dass Demokratie innere und äußere Feinde hat...


    Und ich habe gar keine Abneigung gegen das Völki. Ganz im Gegenteil. Ich finde es absolut faszinierend und in seiner Ästhetik ziemlich einmalig auf der Welt. Nur finde ich, man lernt am Völki viel darüber, wie heutzutage Denkmäler nicht mehr gebaut werden sollten. Aber ich merke auch, dass ich hier einen Völki-Liebhaber und FED-Kritiker sehr verärgert habe.


    Clemens Thieme hat (nach meinem Kenntnisstand) den Entwurf allein zu verantworten. Bspw. Bruno Schmitz ist lediglich ausführender Architekt gewesen. Lasse mir aber da gerne neue Horizonte eröffnen.


    Die Vereinnahmung durch "unschöne politische Systeme"... Nunja. Warum du hier sprachlich so ausweichst - keine Ahnung. Wir reden davon, dass Hitler und die Nazis großen Gefallen am Denkmal fanden und REGELMÄßIGE Veranstaltungen dort abhielten. Das auch zu DDR-Zeiten (NVA-Vereidigungen, Turnfesteröffnungen etc.). Das ist ja wohl wirklich kein Vergleich zu heute. Im Gegenteil, das Denkmal versucht weitergehend staatlicher und politischer Vereinnahmung zu entgehen. Die "Leipzig zeigt Courage"-Konzerte waren ja dort, um den NPD-Aufmarsch zu verhindern... da ist deine Argumentation nicht so konsistent. Und nein, natürlich sind nicht alle Besucher Neonazis oder DDR-Nostalgiker. Hab ich auch nicht behauptet. Habe natürlich keine Statistik, aber dass unter den Touris, neben Kritikern auch viele Nostalgiker sind, den Eindruck habe ich schon. Genau das habe ich ja in Punkt zwei kritisiert. Ich erlebe immer wieder, wie sich meine Mitbürger genau so einen Koloss als Vorbild für heute Denkmäler wünschen. Du ja in gewisser Weise auch. Bzw. kritisiere ich, dass das Denkmal bis heute völkische und nationalistische Elemente unkommentiert an die Besucher abstrahlt. Unsere "Diskussion" dreht sich (anders als von dir behauptet) wenig um die Interpretation des Denkmals (da sind wir einigermaßen der gleichen Meinung, gibt ja auch kaum Spielraum), sondern darum ob es für ein Freiheitsdenkmal gewinnbringende Erkenntnisse bereithält - Zumindest ist das meine Diskussion hier im Strang.


    Deine Ausführungen zum Thema Freiheit und Demonstrationsfreiheit sind argumentativ auch wenig stichhaltig, denn es soll natürlich im Zusammenhang mit den Leipziger Ereignissen im Herbst 1989 stehen. Das waren halt Demos. Also geht es in diesem Freiheitsdenkmal eben um den historischen Bezug zur Demonstrationsfreiheit. Dass Argument, dass das Denkmal "Eine erstarrte, eine sprachlose, eine leise Demonstration" sei, ist wirklich ein bisschen platt. Dass die Flächen weiß sind, das ist ja gerade der Freiheitsaspekt: Niemand schreibt den Menschen vor, was auf die Schilder soll. Oder wie wäre ein Freiheitsdenkmal mit vorgegebener Meinung? Und gerade die Leere, "schreit" (um in deinem bild der Sprachlosigkeit zu bleiben) danach, mit der Meinung und Haltung des Betrachers gefüllt zu werden...

    Da ich mich beruflich näher mit dem Völki beschäftigt habe und im Studium und Berufsleben mit Denkmalskulturen beschäftige, möchte ich (wie bereits getan) die Völki-Diskussion im Zusammenhang mit dem Freiheits- und Einheitsdenkmal (FED) gerne noch einmal kommentieren:

    • Das Völki war bei vielen, vor allem demokratischen, Kommentatoren seiner Zeit verschrien. Der Zeitungsartikel Joseph Roths ist wohl der bekannteste. Ich finde es erstaunlich (eher problematisch), dass ein Kriegsdenkmal herangezogen wird, wenn es um den Vergleich mit einem demokratischen Freiheitsdenkmal geht. Wie man überhaupt in die Verlegenheit kommt, ein Nationaldenkmal (erbaut in der Kaiserzeit ein Jahr vor dem Ersten Weltkrieg) dafür zu bemühen, ist mir wirklich schleierhaft. Die Demokratie tut gut daran, sich von diesem „abschreckenden Irrtum“ (Joseph Roth) zu distanzieren. Das steht nicht im Widerspruch dazu, dass das Völki keine historische Bedeutung oder kunsthistorische Qualität hat. Im Gegenteil, siehe folgenden Punkt.
    • Zum Gebrauch des "See der Tränen". Das ist und bleibt eine Wortschöpfung der Nazis, bzw. Hitlers, und hat nichts mit dem Entwurf Thiemes zu tun. Dieser Ausdruck sollte die "Volkstrauer" im Zusammenhang mit der Dolchstoßlegende verdeutlichen. Das allein zeigt gleichzeitig, wie lange sich einerseits faschistische und diktatorische Sprachbilder erhalten, genauso wie sich andererseits durch Denkmäler wie dem Völki der Wunsch nach kolossalen Denkmälern für historische Ereignisse erhalten hat (wie man bei meinen Vorrednern sieht). Das FED illustriert hier das Gegenteil mit seinen weißen Flächen. Es verengt nicht den Blick und kaut dem Betrachter vor, wie er das historische Ereignis für seine Zeit zu interpretieren hat. Zumal das Völki durch seine Architektur von Ideologen und Verschwörungstheoretikern belastet wurde (und wird).

      Ich sage immer: Das Denkmal ist so gebaut worden, damit man es durch sein beeindruckendes Äußeres mag. Es sollte für alle klar eine Meinung vorgeben: "Die Größe des Deutschen Volkes". Das Individuum ist nichts (siehe die Figur Opferbereitschaft), das Volk ist alles. Also „Wir sind das Volk“, nicht im positiven Sinne wie am 09.10.1989. Denn im demokratischen Begriff des "Volkes" geht es darum JEDES Individuum zu schützen und diese nicht für die große Sache zu Opfern. Das Völki ist das Paradebeispiel für die Instrumentalisierung der Geschichte sowie Geschichtsklitterung durch politische Akteure (hier eben völkische Denker). Nicht nur die Nazis, auch die DDR fand ja Gefallen am Völki, genauso wie die NPD bis in die 2000er Jahre. Das kann meiner Ansicht nach dem FED nicht passieren. Es sei denn, Ideologen schreiben etwas drauf. Das FED mit seinen weißen Flächen steht damit als Symbol für die Anfälligkeit von Demokratien durch Ideologien. Demokratien müssen geschützt und verteidigt werden. Demokratien fordern eine starke Zivilgesellschaft. All das braucht ein Völki nicht. Das diente lediglich als Kulisse für bombastische Inszenierungen der Diktaturen.
    • In der Architektur des Denkmals finden wir NICHTS, was an die Völkerschlacht erinnert. Lediglich von außen ist das Datum ein Indiz. Kurzum, das Denkmal könnte überall auf der Welt stehen. Das Völki kann also meines Erachtens auch nicht als Argument herhalten, etwas typisch Leipzigerisches zu sein. Das ist es erst im Laufe der Zeit geworden. Auch durch massive Propaganda.
    • Und zuletzt: die Anzahl der Toten: sukzessive haben die Historiker die Anzahl zum Ende des 19. Jahrhunderts von 90.000 auf 120.000 erhöht. Da deutscher Nationalismus und Imperialismus vielleicht Einfluss auf die Anzahl der Toten gehabt haben und es keine Namenslisten oder Totenzähler gab, sind die Zahlen doch etwas schwer historisch einzuordnen. Festzuhalten ist, dass die Schlacht bei Borodino (1812) fast 80.000 Tote bei lediglich 250.000 Soldaten hatte... (Somit auch als die blutigste Schlacht des 19. Jahrhunderts gelistet). Ein 80 Meter hohes Denkmal gibt es dort nicht. Warum also ein 90 Meter hohes Denkmal in Leipzig, das angeblich für die vielen Toten stehen soll? Es lag nicht allein an den vielen Toten. Sicherlich lag es auch an der schieren Größe der Schlacht. Das führte zu den vielen kleinen Denkmälern der Bevölkerung (wie auch in Borodino). Aber am Ende ging es um die nationalistische, imperialistische und vor allem völkische Gesinnung der Geldgeber. Bzw. Clemens Thiemes, der über das Völki quasi allein entschieden hat. Leipzig sollte dem weltweit bekannten Waterloo Konkurrenz machen. Dass die vielen Toten sich durch EIN symbolisches Grab EINES symbolischen Soldaten ausdrücken, sich hingegen das Volk durch zahlreiche Figuren ausdrückt, zeigt den Schwerpunkt, den das Denkmal als Interpretation der Völkerschlacht durch Thieme setzt. Die vier Kolossalfiguren zeigen, wie "das Volk" zu sein hat und spiegelt wider, wie man versucht hat Einfluss auf den Zeitgeist des 19. Jahrhundert zu nehmen. Hier vertreten durch Thiemes Sicht auf die Welt: die Frau als Geburtsmaschine, der muskulöse Mann als Tapferkeitssymbol, usw. ... Auch hier zeigt sich, das Völki kann per Definition kein Vorbild für das Freiheits- und Einheitsdenkmal eines modernen, demokratischen Deutschen Staates sein.
      Auch der Prozess zum Entwurf kann kein Vorbild für das FED sein. Denn Thieme hat, wie gesagt, allein entschieden. Dagegen wirken die als undemokratisch gescholtenen Prozesse zum FED doch sehr demokratisch.

    ^

    Sind das dann konkrete Pläne oder Mutmaßungen?
    Also sollen die schrecklichen LeoLiner ausgemustert werden? + Sollen NGT12 auf den besagten Linien kommen? + Werden doch keine NGT8+ bestellt?

    Stecke da gar nicht in der Materie.

    ^ Bestehen noch Pläne für den NGT8+ (Typ L, also 30m Länge) in Leipzig? Hab dazu lange keine Berichte mehr gelesen und keine Visualisierungen für Leipzig gefunden?

    Immerhin sollten mal 66 Stück vom NGT8+ bis 2030 geliefert werden, sowie 89 NGT12+ (Typ XXL).
    Ein bisschen hoffe ich, dass es nicht dazu kommt. Die alten NGT8 haben sich schon als zu klein erwiesen. Und die neuen Bahnen hätten fast die gleiche Kapazität und Länge... ich glaube, eine schnellwachsende Stadt braucht bei Neuanschaffungen eher größere als gleichgroße Bahnen... Angeblich sollen diese NGT8+ zum Koppeln ausgelegt sein? Aber das ergäbe eine länge von 60m+ das kann ich mir auch nicht vorstellen. Vielleicht weiß jemand dazu mehr?

    Dein in #843 erhobener Einwand, die Nikolaisäule sei "ein eindeutig christlicher Verweis und daher unzureichend", ist vollkommen konstruiert

    Zitat Stadt Leipzig: "Ausgehend von den Friedensgebeten in der Nikolaikirche eroberte 1989 der Protest den öffentlichen Raum. Eine mit Palmwedeln gekrönte Säule aus dem Kirchenschiff ist auf dem Platz nachgebildet worden. Das Projekt des Leipziger Künstlers Andreas Stötzner trägt den Gedanken des Aufbruchs symbolisch aus der Kirche hinaus."

    Ich weiß nicht, ob ich hier etwas "konstruiere". Ich dachte immer Kirchen wären christliche Orte... In dem von Dir erwähnten #843 spreche ich auch ganz klar von der Bedeutung der Kirche! Und sie findet in dieser Säule einen angemessenen Ausdruck.


    ABER: Die Protestwelle 1989/90 in der DDR wurde von den Bildern des Leipziger Rings beeinflusst und kam nicht in erster Linie von den örtlichen Kirchen (bspw. in Aue und Schwerin) und schon gar nicht allein von DER einen Nikolaikirche. "Ausgehend" heißt eben nicht "die Revolution". Weder hat die Nikolaikirche die Montagsgebete erfunden, noch war sie die einzige Kirche in Leipzig oder in der DDR, die ihren Raum für politischen Protest angeboten hat. Ich bleibe dabei: Die Nikolaikirche ist kein Denkmal für die Friedliche Revolution. Sie ist ein Denkmal für die Rolle der Kirchen in der Wendezeit 1989/90, aber kein Freiheits- und Einheitsdenkmal.


    Es heißt ja auch (auch hier wiederhole ich mich) nicht "Denkmal des 9. Oktober". Dass mir die Worte im Munde verdreht werden, steht symbolisch für den Charakter der gesamten Diskussion: Aus "Das erinnert mich an ein Zitat von ... dass Zeitzeugen Fluch und Segen der Geschichtsschreibung seien" wird "Du bezeichnest Zeitzeugen von 89 indirekt als Fluch", naja! So viel zum Thema Framing und "sich seine Wahrheit zurechtrücken".


    Wie viel Bottom-up ist genug? Reichen Bürgerentscheid und Vermittlung durch die Denkmalwerkstatt nicht aus? Sollen die Bürger zu Architekten werden und das Denkmal selbst entwerfen? Deine Kritik ist insofern richtig, als es auf den ersten Blick einen Widerspruch zwischen dem Standort Leipzig und dem Anspruch der Reichweite gibt. Ist die Wippe "vor" dem abgerissenen Palast der Republik repräsentativ für die Wiedervereinigung? Nein, denn es fehlt gänzlich der Charakter, dass die Bevölkerung die SED mit Füßen abgewählt hat.


    Denn auf den zweiten Blick merkt man, dass die Selbstermächtigung der Leipziger (Stichwort: Freiheit) genauso eine europaweite Ausstrahlung verdient hat wie der Mauerfall in Berlin (Stichwort: Einheit). Berlin steht eben nicht für dieses Momentum des Risikos für die Freiheit am 9.10. auf die Straße zu geben (die meisten kamen von zu Hause, nicht aus der Nikolaikirche). Berlin steht eben für das des Einreißens der Mauer am 9.11. als Schritt zur Einheit. Das sind zwei unterschiedliche Perspektiven der beiden Freiheits- und Einheitsdenkmäler auf die Ereignisse innerhalb eines Monats. Der Standort Leipzig erzählt im europäischen Kontext etwas anderes als Berlin. Insofern unterscheidet sich das Einheitsdenkmal vom Freiheitsdenkmal. Erst kam die Freiheit, dann die Einheit.


    Mag sein, dass Leipzig ursprünglich "eifersüchtig" auf Berlin war. Keine Ahnung, wie haltbar das ist, wenn mehrere ostdeutsche Politiker sich 2007-2008 dafür eingesetzt haben und knapp 80 Prozent der Leipziger und 70 Prozent bundesweit das geplante Freiheits- und Einheitsdenkmal am Standort Leipzig befürworten (Tagesspiegel, 2018). Vielleicht täuscht mich mein konstruierender Blick, aber klingt so, als wäre das Denkmal nicht nur aus einer "unsinnigen Konkurrenz zu Berlin" entstanden, sondern drückt Wünsche der Bürger aus. Aber, was weiß ich schon...

    Ganz treffend drückt der Dok-Film "Gut Ding will Weile haben" die Sache aus. Die Initiatoren der Nikolaisäule diskutieren Themen und Meinung, die hier im Forum wenig zum Tragen kommen. Sie sagen, bei diesem Freiheits- und Einheitsdenkmal geht es nicht in erster Linie um den Herbst 89, sondern um die Selbstermächtigung als demokratisches Element. Das darzustellen, dass es den Zeitzeugen gefällt, sei beinahe unmöglich. Wir seien zu nah an den Ereignissen dran. Und der Deutsche meckert ja eh immer gern.

    Weiter heißt es im Gespräch der Beiden, die selbst Zeitzeugen sind, dass genau diese Zeitzeugen das "Problem" beim Prozess seien, da sie denken sie hätten besondere Rechte im demokratischen Prozess der Denkmalsgestaltung, weil sie im Herbst 89 dabei waren. Darüber sind sie sich uneins und diskutieren über diese These auch. Aber ich denke da ist durchaus was Wahres dran.

    Es erinnert mich an das berühmte Zitat von Claude Lanzmann: Zeitzeugen sind zugleich Fluch und Segen der Geschichtsschreibung.


    Auch wenn ich mich wiederhole. Clemens Thieme hatte all diese Probleme nicht mit dem Völkerschlachtdenkmal. Zudem: Heute beschwert sich niemand, dass die Straße-des-18.-Oktobers kein Schauplatz des Datums und dass auf dem Areal des Völki gar nicht das Schlachtfeld war. Vom "Albdruck" ist keine Rede mehr.


    Mich nervt das Rumgemecker allmählich. Hier ein Bild von der Rückseite eines Straßenschildes, da der Vergleich mit Cocktailfahnen. Beim Herbst 89 gabs ja angeblich keine Transparente. Der demokratische Bürgerentscheid zum Standort wird als "Farce" bezeichnet. Und hier im Forum vom Unsinn gesprochen...

    Oder doch eine "gewalttätige Sinnlosigkeit"? Wirklich konstruktiv sind hier kaum Beiträge. Man will das Denkmal einfach "nicht mögen". Und nun baut man sich darum eine nicht sehr stichhaltige Beweislage. Ja gut und nun? Hilft ja auch niemanden weiter, sich die Wahrheit zurechtzurücken, während die Neuen Rechten (mit wöchentlichen Montagsdemos) sich die Erinnerungskultur politisch längt angeeignet haben.

    Neutrale, ausgewogene, ich möchte fast sagen demokratische Recherche fehlt leider in der aktuellen Diskussion ums Denkmal - auch in diesem Forum. Schade eigentlich.

    Ein Probebanner wurde wohl schon versuchsweise auf dem Leuschnerplatz aufgestellt.


    lf89snpa.jpg

    Spannend ist doch, dass die Vorderseite nicht beklebt ist... ?

    M.A.n. scheint es also Unterschiede zu geben, was beklebt wird und was nicht. Wenn ich an Leipziger Straßenschildern, Erinnerungstafeln und Denkmälern vorbeilaufe, habe ich nicht das Gefühl, dass die von oben bis unten beklebt, beschrieben und besprüht sind. Ich glaube, hier wird wieder mal heißer gekocht als gegessen. Sicherlich werden Leute die Flächen bekritzeln, ich bin nicht naiv. Aber es wird sicherlich nicht wie die Rückseite eines Straßenschildes aussehen... find ich nen recht "populistischen" Vergleich.

    Über das Völkerschlachtdenkmal kann man denken, was man will: aber fast jeder kennt es. Rund 300.000 Menschen besuchen es jährlich und setzen sich damit auch mit dem historischen Ereignis auseinander. Die Größe des Denkmals gibt intuitiv eine Vorstellung von der Bedeutung der Völkerschlacht. Die Initiative zum Bau ging von einem Verein aus und es wurde viel dafür gespendet, ebenso für die Sanierung.


    Das alles wird man über die Cocktailfähnchen nicht sagen können.

    Mit dem Geld kann man aber das bestehende, großartige Denkmal Nikolaikirchhof oder auch die Runde Ecke ertüchtigen.

    Das klingt mir doch sehr nach: "Heute ist in 25 Jahren die schönste Zeit...". Das Völki war in seiner Zeit nicht unumstritten. Vom Erbauer bis zur Idee. Es gibt einen spannenden Artikel von Joseph Roth (aus den 1920er meine ich) zum Denkmal. Sein Fazit: eine "gewalttätige Sinnlosigkeit" und "historisierender Alpdruck". Vielleicht wird die Äußerung "Cocktailfähnchen" in 100 Jahren auch belustigt zitiert.

    Auch wenn es nicht ums Völki geht, ist es doch eine gute Referenz und auch wenn ich es beeindruckend finde, ist es ein negativ Beispiel für demokratische Denkmäler (außerdem möchte ich auch ein paar Sachen richtig stellen). 300'000 Menschen besuchen es. Schön! Und nu? Die Größe gibt mitnichten Eindruck von der Bedeutung der Schlacht, sondern lediglich einen Eindruck davon, was die Menschen als bedeutend empfanden, oder schlimmer noch was man wichtig machen wollte. Viel wichtiger und international bekannter ist Waterloo und mit 90'000 Toten nah an Leipzig. Ihr kennt sicherlich alle das große Waterloo-Denkmal? Nein?

    Wie viele davon sehen also dieses Kriegsdenkmal kritisch und als deutsche Übertreibung der eigenen Geschichte? (Immerhin verkörpert es als "Ruhmesmal für das deutsche Volk" die Lüge, dass die deutschen Truppen Napoleon geschlagen hätten). Was lehrt es uns über Demokratie? Clemens Thieme hat über die Gestaltung des Koloss' fast alleine entschieden. Der Verein wurde von Thieme für sein Denkmalsprojekt angestoßen und hat lediglich die Mittel eingetrieben. Die völkische Idee kommt mMn. obendrein noch klar hervor (die Figuren "Volkskraft", "Opferbereitschaft", ...) Und es bedient einfachste Mechanismen: Groß, einfache Formsprache, massiger Eindruck durch Granit. Bisschen Kirchenatmosphäre hier, tolle Aussicht dort. Diese plumpe Überzeugungskraft des Völki funktioniert natürlich bis heute. Und ja es ist eine architektonische Meisterleitung und natürlich beeindruckend. Doch weder finde ich das schön noch ansatzweise erstrebenswert für eine Demokratie. Im Gegenteil, eigentlich sollte genau das die Lehre aus solchen Denkmälern sein: Seid kritisch mit Denkmälern, vor allem (!) wenn sie groß sind. Das nehmen wohl die wenigsten der 300'000 Besucher mit nach Hause. Wohl im Gegenteil eher mit einem "Früher war alles größer und besser"-Gefühl.

    Und genau das hat die Ausschreibung des Freiheits- und Einheitsdenkmal auch mit der Festsetzung der Mittel von 5 Mio zu verhindern gewusst. Man kann sich sicher um die politische Idee des Völki und der Personen Thieme, Schmitz und Co streiten, doch unstrittig ist, dass es Projektionsfläche für beide Diktaturen bot. Ganz ohne Änderung der Bausubstanz. Da wird mit dem Freiheitsdenkmal definitiv anders sein. Schon jetzt sehen wir, wie die "Freien Sachsen" und andere rechte Gruppen die Montagsdemo erinnerungspolitisch für sich nutzen. Ihre Schilder lassen wohl aber keinen Platz für Meinungsfreiheit und freie Denkanstöße.

    Ich möchte auch nicht in die Haltung kommen den Entwurf zu verteidigen, da ich selbst ambivalent dazu bin. Doch ich finde, die Art und Weiße ("Cocktailfähnchen" und "ein Schlag ins Gesicht") der Diskussion etwas sehr aufgebracht. Ich frage mich, was die Erwartung war?

    An die Verteidiger der Nikolaisäule: Sie ist ein eindeutig christlicher Verweis und daher unzureichend. Denn auch wenn die Nikolaikirche eine wichtige Rolle gespielt hat, kann sie nicht pars pro toto für die Gänze der friedlichen Revolution stehen und wohl auch nicht für ein "Freiheits- und Einheitsdenkmal".

    Aber immer wieder biege ich gedanklich zu missratenen Exemplaren ein: das Goerdeler-Denkmal? Das Goldene Ei? Die Synagogen-Gedenkstätte? Die Panzerketten in Leipzig oder Dresden? Alles bestenfalls unbeachtet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin?

    Ich widerspreche vehement (Das Ei mal ausgenommen).

    In der Pressekonferenz wurde viel darüber diskutiert, dass diese Banner nicht weiß bleiben werden. Sie sollen (auch durch die dünnen Stangen) die Fragilität der Demokratie zeigen. An jedem 9.10. könnte man (war ein Vorschlag) die Banner reinigen und wieder Platz schaffen für gewollte oder ungewollte Kritzeleien. Tatsächlich ist noch nicht genau geklärt, ob und wie regelmäßig gesäubert werden und wie genau dieses Denkmal aussehen soll. Auch weil es sich ja nicht im "Todholz" befindet, sondern mit dem und in den künftigen Park wachsen wird.


    Ich bin ehrlich: mir gefällt es immer besser. Die Kritik versteh ich natürlich trotzdem. Insbesondere, dass am 9.10.1989 Transparente o.ä. rar waren sehe ich. Und dennoch, es gab sie! Das berühmte Foto vom 4.9.1989 vor der Nikolaikirche ging damals um die Welt.

    Die Kritik versiegt vor allem beim Titel des Denkmals: "Freiheit- und Einheitsdenkmal". Nicht "Denkmal des 9.Oktober 1989". Es geht also um die gegenwärtige Freiheit und die Einheit. In einem Land das immer polarisiertere Debatten führt, finde ich gerade die Gegenwärtigkeit und die Zukunftsrichtung des Denkmals gelungen. Es schreibt keine Meinung vor. Und es bleibt eben nicht in der Vergangenheit stecken und zeigt bloß wie's war, sondern zeigt, was dadurch im jetzt erreicht wurde. Was damals nicht ging, ist heute möglich: Bürger können sich treffen und Plakate und Transparente malen, Demos vorbereiten und durchführen. Es geht eben nicht darum in der Vergangenheit rumzudümpeln, sondern Geschichte als Ausgangspunkt zur eigenen Mündigkeit zu verstehen.

    Mir scheint das Dümpeln eine sehr Deutsche Tugend zu sein, die auch ein sehr Deutsches Wort hat - Erinnerungskultur. Ja, eine Lehre des WK2, doch was nützt die Geschichte, wenn sie keine Le(h/)erstellen für die Gegenwart und vor allem die Zukunft lässt? Gerade diese weißen Transparente laden doch dazu ein, seine eigenen demokratischen Meinungen darauf zu projizieren. Sorry, aber es wäre SCHRECKLICH, würde man den Menschen auch noch die Demokratie vorkauen und da Parolen drauf schreiben. Der partizipative Ansatz ist 10x gelunger als eine Wippe und 100x besser ein stein- oder bronzegewordenes Denkmal.


    Demokratie ist dynamisch, Demokratie ist fragil. Wir müssen in einer Demokratie damit leben, dass Leute dieses Denkmal bekleben und beschmieren. Umgedreht sind wir als Zivilgesellschaft dazu aufgefordert, das Denkmal (ich übertreibe jetzt maßlos) zu "beschützen". Jeder der sich ein 2. Völki o.Ä. vorgestellt hat, hat mMn. ein seltsames Demokratieverständnis. Ich find sehr spannend, dass auf der einen Seite der Straße des 18.Oktober das Völki mit seiner imperialistischen Kolossigkeit steht. Auf der anderen Seite (Windmühlenstraße umbenennen in Straße des 9.Oktober?) das Freiheitsdenkmal mit seiner demokratischen Fragilität. Eine Straße, zwei Pole und 200 Jahre europäischer, deutscher und Leipziger Geschichte.

    KSN368


    Leipzig steht im ADFC-Ranking ziemlich gut da und ruht sich nach meiner Wahrnehmung keineswegs darauf aus.

    Es sei kurz erwähnt, dass Leipzig im genannten Ranking eine 3,84 bekommen hat: Also ein "Bestanden". Zusätzliche steht in der Tabelle auch, dass eine "relative Konstanz" bescheinigt wurde: Also keine wesentlichen Verbesserungen. Kann daher nicht ganz deine Einschätzung teilen, dass Leipzig "ziemlich gut" da steht und sich "nicht darauf ausruht".

    Naja und wenn die fahrrad"freundlichste" Stadt Bremen auch nur ein "Bestanden" bekommen hat, finde ich die Zuspitzung "Autodiktatur" gar nicht soooo falsch.

    Die Frage ob es einen Entwurf gab, der sich nahezu komplett am Vorkriegszustand (inkl. Wiederaufbau der Matthäikirche) orientiert ist nun auch beantwortet. Der Entwurf von Axel Spellenberg überstand die erste Phase nicht. Ich verlinkte hier mal aus dem APH: https://www.stadtbild-deutschl…&postID=426792#post426792

    Also unabhängig davon, dass ich eine originalgetreue Rekonstruktion des Matthäikirchhofs skeptisch gegenüber stehe, finde ich den Beitrag von Axel Spellenberg zumindest seltsam. Jemand der sich mit Reko und Stadtreperatur beschäftigt, sollte wissen, dass 1. Ulbricht den Satz nie so gesagt hat und 2. wenn dann auf dem Balkon der neu gebauten Oper und nicht beim Heraustreten aus dem Gewandhaus. Das wurde bekanntlich lange nach 1968 am 8.Oktober 1981 mit Beethovens 9er eröffnet.

    Der Matthäikirchhof ist nicht der Römer und auch nicht der Neumarkt. Und auch wenn er damals vielleicht ein Kleinod war, fiel er einigen doch damals schon als aus der Zeit gefallen in einer sonst auf Großstadtflair ausgerichteten Stadt auf.

    Ich hab mal gelesen, dass nur 30% der aktuell in Leipzig Lebenden auch in Leipzig geboren sind. Welcher heutige Leipziger hat heute noch Bezug zu einer solchen Kirche? Alle verbinden Bach mit der Thomaskirche. Zumal die meisten Kirchen der Stadt umgebaut werden, weil sie ungenutzt leerstehen.

    Mit einer klugen Einbindung, hätte eine Teilreko spannend sein können. Aber ich glaube dem Anspruch einer modernen Großstadt an ein "Forum für Freiheit und Bürgerrechte/Demokratiecampus" hätte die vollständige Reko nie gerecht werden können.

    Gibt es eigentlich immer noch den Plan bzw. nähere Pläne an der nördlichen Spitze (Brandenburger/Hofmeister Straße) ein Hochhaus zu verwirklichen? Auf den Visus der Projektseite ist er ja noch zu finden...

    Warum selbst an der Rosa-Luxemburg-Straße die Geschäfte nicht Reaktiviert werden, ist mir echt ein Rätsel. Eine EG-Wohnung an einer so belebten Straße ist doch wirklich kein Pluspunkt und im Umfeld gibt es viele Geschäft, Restaurants, Bars und Cafés. Echt schade.