Beiträge von Tektor

    Zwischen Taipeh und Oslo liegen Lichtjahre. Oslo mutet an wie ein temporäres Gebilde auf einer Weltausstellung - spektakulär für nur kurze Zeit. Vielleicht für irgendwo hinter dem Westkreuz geeignet - nicht aber in der alten Stadt, und an Knotenpunkten wie Hauptbahnhof schon gar nicht, ist meine Meinung.

    Es war auch nicht die erste Kirche am Platze - sie hatte einen Vorgängerbau. Lange war die Stadt schon da, bevor Schinkel baute. Ein abschreckendes Beispiel für die hier offenkundige Bulldozer-Mentalität des Leerräumens zeigt uns neben dem Rathausforum auch das Kulturforum mit Matthäuskirche in wunderbarer Weise. Nachdem die Reißbrettdilettanten Speer und Scharoun mit der Ecke fertig waren, waren auch die Menschen verschwunden. Dass der Friedrichswerder bebaut wird in historischer Anlehnung ist konsequente Stadtreparatur - weil sich eben auch hier nach dem Krieg Reißbrett-Chaoten ausgetobt hatten. Wer die leergeräumten Trümmerfelder noch kennt, und auch die Nikolaikirchruine als Solitär erlebt hat, wird wissen, dass das nichts mit Stadt oder Innenstadt zu tun hat. Diese Stadtkirchen waren nie als Solitäre geplant.


    Nur schade dass das Design der Neubauten am Schinkelplatz so banal und farblos ist.

    Mein Gott, kann man sich nicht darauf einigen, dass es gute und schlechte Architektur gibt? Wer Traditionen aufnimmt baut nicht modern und schon gar nicht zwingend gut. Man vergleiche doch einmal den Patzschke-Schrott an der Saarbrücker Str. Das ist Architektur am Ende der Fahnenstange. Und zwar am unteren Ende.


    Wenn Gesimsfassaden in Mode kommen, so ist das modern! Man kann nicht sagen, es wäre nicht modern. Dieser Trent ist ein Kind unserer Zeit. Und um so mehr es davon gibt, je größer also der Wettbewerb ist, um so qualitätsvoller wird auch gebaut. Patzschke ist ein Anfang. Modern wird noch sehr vieles sein, nur nicht das, was einige noch als modern bezeichnen. Nämlich der ganze Schrott des 20 Jh. Das untere Ende der Fahnenstange ist am Schinkelplatz erreicht. Form-, Farb-, und Fantasielosigkeit - nichts wirklich Neues oder gar Modernes. Nullpunkt erreicht! Es kann nur besser werden.

    Das groß und breit diskutierte Dilemma der Bauten am Platze bringt Persius mit wenigen Worten sehr gut auf den Punkt. Ist auch meine Meinung. Die meisten der modern gebauten Häuser halten den Vergleich mit guter traditionreller Architektur nicht stand. Darum müssen diese Werke von ihren Schöpfern mit reichlich Rhetorik behängt werden. Dadurch werden sie aber nicht besser.


    Belanglosigkeit reproduziert sich immer fort im Dienste profitorientierter Investoren und Bauherren. Da wäre ein Denkmalschutzsiegel doch ein Fanal der Stagnation.


    Ich glaube auch, dass die Kontrahenten eher gute und schlechte Architektur sind. Wer Traditionen aufnimmt und weiter führt ist modern. Architektur als Verweigerung ist und bleibt experimentelles 20. Jh. mit abgelaufenem MHD.

    Ich glaube nicht, dass wir uns daran gewöhnen sollten oder müssen. Man kann diesen Unfug auch herbeireden.


    Die Moderne wird bleiben - und sie wird besser werden. Nach oben hat sie jede Menge Luft. Tendenzen dafür sind international deutlich. Nur Deutschland braucht immer ein bisschen länger - hat wohl mit unseren Betonköpfen in der Verwaltung zu tun.


    Was bitte schön haben harmonische Stadtbilder mit Montagsdemos zu tun? Wer traditionell baut, hat Angst vor Religionen? Den Zusammenhang musst du mir noch erklären. So ein Unfug! :nono:

    Zum Großen Burstah aus der 'Welt' vom 11. April:


    "Für Oberbaudirektor Jörn Walter, der auch Jurymitglied war, steht fest: "Dieses neue Quartier bedeutet einen Meilenstein für die Entwicklung des Großen Burstah." Für die Silhouette der Stadt sei es gut, dass der Allianz-Klotz jetzt verschwinde. Damit und mit der Wiedererstehung der alten Bohnenstraße werde "richtige Stadtreparatur" betrieben, so Walter."


    Das ist "richtige Stadtreparatur"! Sehr gut Herr Walter! Weitermachen! Der Bau der Stadthöfe ist hanseatisch mit mehreren traditionellen Staffelgeschossen. Großes Vorbild Chile-Haus. :daumen:

    Eine Provokation, weit ab von jedem guten Geschmack! Wenn das Ding wenigstens verklinkert wäre, dann könnte man eine Anlehnung an norddeutsche Backsteinbauten vermuten. Was das ist, weiß ich nicht! Zu den umliegenden Altbauten kann ich jedenfalls keine Bezüge erkennen. Ein Fremdkörper also, der als Solitär gegen alle Harmonie am Werderschen Markt anstinken möchte. Fantasielos und bedauerlich. Schade um den Platz!


    Ich meine: von der sich immer wieder neu reproduzierenden ästhetikverweigernden sog. Moderne haben wir überreichlich in den Städten. Man blicke nur mal auf die andere Straßenseite. Vom Manko von modernen Bauten kann hier niemand reden. Höchstens dem von neuer Qualitätsarchitektur, welche auch ästhetische Kriterien erfüllen kann. Was mit diesem Bau am Werderschen Markt eine weitere Bestätigung findet.

    Eine Rückkehr der Kirche wäre eine echte Bereicherung für die Stadt. Erst recht, weil das mit der Heiliggeistkirche so in die Hose ging. Klar! Neben der schönen Barockfassade gibt es eine nicht zu unterschätzende Symbolik. Nach Besuch Napoleons, dem unsäglichen 'Tag von Potsdam', der Kriegszerstörung, der Stadt als russische Garnison, dem Abriss rein aus gottlosen ideologischen Gründen und all dem Gezänk um das Für und Wider des Wiederaufbaus - wäre es für mich ein Echtes Symbol der Versöhnung.


    Wer die Kirche bekämpft, will wahrscheinlich nur recht behalten. Erinnert mich an Israel/Palästina-Konflikt! Keine Versöhnung! :Nieder:

    Nochmal zu den Fassadenblümchen: Natürlich sind sie ganz großer Kitsch! Sind sie nur das? Ich selbst finde sie alles andere als schön. Sie sind aber erste Gehversuche im Ausprobieren von Fassadenornamentik. Sie loten aus, was geht oder noch nicht. Wie schwer es Fassadenornamentik seit nunmehr 100 Jahren hat, brauche ich hier niemanden zu sagen. Auch Kollhoff hat's am Potsdamer Platz schon ausprobiert mit seiner Dachbekrönung des Klinkerhochhauses. Ich freue mich immer wie ein Kind, wenn ich an Neubauten erste zarte Knospen von Ornamentik sehe. Auch über diese hier - und sind sie dabei noch so kitschig.

    Sicherlich wird es ein längerer Prozess werden, und ich rechne nicht mit Bebauung des Areals innerhalb der nächsten 10 Jahre. Leider! Auch sehe ich die Vorstellungen der GHB als Murks an. Man sollte sich am Nikolaiviertel orientieren, es aber nicht kopieren. Hier ist das 21. Jh. gefragt. Die jetzige Situation (und auch die Senatsbaudirektorin) kann diese Fragen nicht beantworten. In den Fokus der Öffentlichkeit wird dieses Areal spätestens beim Umzug des Neptunbrunnens geraten. Dann werden wir sehen, wohin die Reise geht. Meine Meinung: Ein Funk- und Fernsehturm, den sich sonst keine europäische Metropole ins historische Herz klotzt, braucht nicht auch noch einen Präsentierteller! Die fürchterliche Umbauung sollte entfernt werden. Ich bin für Wohnen, Speisen und Shoppen etc. in der Kalandsgasse und am Marienkirchhof. - Für eine richtige Stadt halt und kein Messegelände mit Kirche. Das ist es jetzt - und nichts anderes!

    Diese Aufenthaltsqualität kann ich leider nicht sehen, Batō. Schon als Kind beim erklettern des Neptunbrunnens (in den frühen 1970er Jahren) habe ich mich gefragt, warum dieser Ort so kalt und zügig ist... Weil es Aufenthaltsqualität nur im Sommer und bei schönem Wetter dort gibt? Hatte ich später dort zu tun, war ich immer froh, wenn ich diese Ödnis zwischen Alex und Museumsinsel zu fuß endlich überwunden hatte. Hat alles mit subjektiver Wahrnehmung zu tun. Na klar! Meiner ganz persönlichen. Aber dennoch möchte ich gerne bei meinem 'muss' bleiben. Wir haben die DDR überlebt und sollten ihren städtebaulichen Unfug nicht noch konservieren. Meine Meinung.

    Ist es nicht so, dass dieses Stadtmodell seit Ende der DDR überlebt und ad absurdum geführt ist? Die DDR brauchte ihr ‚strahlendes‘ Schaufenster für Stadtbesucher aus dem Land und der Welt. Dabei war dieses ‚Zentrum‘, wie die Altstadt nun hieß, eine total verlogene und verbrecherische Reißbrettphantasie. In guter alter Caesaren- und auch Nazi-Manier bauten die Kommunisten ihr ‚Forum SEDum‘, als Materialisierung ihrer Leitkultur, die sie am liebsten allen Bürgern überstülpen wollte. Verlogen war es, weil es nicht die DDR-Realität zeigte. Diese gab es bspw. ein paar Querstraßen weiter im Prenzlauer Berg zu sehen mit ihren zerbröselnden Häusern und Straßen. Das war DDR-Realität. Und dieses Staatsforum wurde bekanntlich auf unrechtmäßigen Enteignungen erbaut - also auf Diebstahl. Hinzu kommt noch die Zerstörung der historisch gewachsenen Stadtstruktur. Geschichte wurde zubetoniert und bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Denn es sollte nun das messianische Zeitalter der SED-Herrschaft beginnen. Und davon sollte das Staatsforum - vom Alexanderplatz bis zum zugebauten Schinkelplatz - künden. Für Pluralismus und Subkulturen war in der Staatsmitte kein Platz mehr. So bekam die Innenstadt den Charakter eines Messegeländes mit Funk- und Fernsehturm. Einkaufsmöglichkeiten, Gastronomie, Ausstellungsflächen und Wohnungsbau an den Nord- und Südrändern blieben (für die Stasi) überschaubar. Wirklich lebendige Stadträume gehen aber anders. Darum müssen in dieses leer geräumte Areal der Altstadt in demokratischer Zeit die Menschen wieder zurückkehren dürfen - mit all ihren Geschäften, Freizeiträumen, Ateliers und Wohnungen - die die SED dort nicht haben wollte. Dieses heutige Touristen-Freilaufgehege kann die Aufgaben einer Innenstadt nicht erfüllen. Und eine dieser Aufgaben heißt nun mal Konzentration und Bündelung aller kulturellen Ressourcen. Die kurzen Wege waren es, die die Menschen immer zusammen führten - der Grundgedanke einer Stadt. Hochkulturen sind immer im Schmelztiegel der Städte entstanden - und nicht auf dem Land. Das Nikolaiviertel ist ein erster guter Ansatz dafür.