Ich bin froh um die Architektur. Das ist eines der wenigen Projekte welches mich anspricht. Mein persönlicher Geschmack scheint konträr zum Einheitsbrei des Rasterfassaden Baukollegiums zu sein. Ich kann also darauf hoffen, dass alles was das Baukollegium ablehnt, meinen Geschmack trifft.
Die ursprünglich großflächiger angelegte Fassadenbegrünung bzw. Begrünung der Terrassen wurde meines Erachtens deshalb gestrichen, weil in unserer Klimazone und in der Höhe bis zu 140 m der Pflegeaufwand zu groß geworden wäre und die Auswahl an Pflanzen für diesen Extremstandort gen null tendiert. Fassadenbegrünung ist eher etwas für Bauten in Traufhöhe und nicht für Hochhäuser und sollte dort viel häufiger eingesetzt werden.
Die Forderung des Baukollegiums / Bezirks einen Eingangsbereich zu schaffen, der rau und wild ist, ist doch rund um den Mercedes-Benz-Platz obsolet. Das sind alles Neubauten - mehr oder weniger gelungen - und hat nichts mit der Authentizität des Bezirks in den Altbauvierteln zu tun. Man versucht hier krampfhaft den Mythos Kreuzberg/Friedrichshain in ein Neubauviertel zu übertragen. Das ist von vornherein zum scheitern verurteilt. Abgesehen davon werden - unabhängig von der Gestaltung der unteren Sockel - nach Errichtung die Scheiben eingeschlagen und Graffitis gegen Amazon / Zalando gesprayt. Da ist es dann auch schon egal wie der Sockelbereich gestaltet wird, die Vandalen kommen so oder so. Je einfacher die Gestaltung, desto günstiger ist die Schadensbeseitigung.
Abgesehen davon finde ich auch den Sockelbereich gelungen. Der Kontrast zu den Glasfassadenteilen und den Unterbrechungen zieht sich vom Sockel bis nach oben hin durch und lockert den Bau auf. Der Sockel ist unterteilt in den Bereich unterhalb und oberhalb des Plateaus in Höhe der Warschauer Brücke. Daraus ergibt sich in Kombination mit den Gleisanlagen und Brückenbau ein industrieller Charakter, der gut in die von Bahnanlagen geprägte Ecke passt.