Beiträge von Carlo

    Innenansichten am Eröffnungtag

    Hier einige Innenansichten der "Mall of Berlin" am Eröffnungstag (kurz nach Feierabend). Die schlechte Bildqualität bitte ich zu entschuldigen.





    Die zentrale Passage, Blickrichtung Süd (im Hintergrund der Bundesrat in der Leipziger Straße)





    Die zentrale Passage, Blickrichtung Nord (im Hintergrund die Rückseite der DDR-Plattenbauten in der Wilhelmstraße)





    In der westlichen (zum Leipziger Platz hin gelegenen) Passage, zwischen zweitem und dritten Stock.





    In der östlichen (zur Wilhelmstraße hin gelegenen) Passage. Man beachte die unterschiedliche Innengestaltung in der West- und Osthälfte (im Westen Steinböden, dunkle Holzvertäfelung und Putz, im Osten bunte Fliesen und Putz).





    Durchgehendes Gestaltungsmerkmal sind die umlaufenden Bänder mit historischen Ansichten des Wertheimkaufhauses und der Umgebung.





    An einigen Stellen wurden historische Großaufnahmen in die Wand eingelassen.



    Quelle: Carlo

    Mehrheit für den Wandel

    Ich denke also, dass die erste Stufe des Beteiligungsverfahrens gezeigt hat, dass es deutlich mehr "Mercure"-Befürworter als "Mercure"-Gegner gibt.


    Genau das zeigt die Auswertung dieses in keiner Weise repräsentativen Stimmungsbildes nicht.


    Sie zeigt allerdings, dass es einen harten Kern von ca. 25-30% der Potsdamer gibt, die den baulichen status quo ante 1989 um jeden Preis erhalten wollen. Das deckt sich mit dem Meinungsbild bei allen vergleichbaren Projekten und mit den Wahlergebnissen für die Parteien, die gegen den Wandel sind (Linke, Andere).


    Im Umkehrschluss heißt das aber auch, dass 70-75% der Potsdamer eine Veränderung befürworten bzw. zumindest offen für sie sind - eine erdrückende Mehrheit, mit der sich "arbeiten" lässt, was Rathausmehrheit und Verwaltung ja auch äußerst geschickt tun.

    Anonymus schreibt - Carlo antwortet:

    Anonymus/Rotbewerter schreibt:


    Na wenn du dir die moderne Fassade gut vorstellen kannst hätte ja auch der PdR stehen bleiben können, gell?


    Antwort:


    Nein, wieso?


    Ich kann mir zwar vorstellen, dass die moderne (spreeseitige) Ostfassade des Humboldtforums zusammen mit den drei rekonstruierten Barockfassaden (und als Kontrapunkt zum üppigen Historismus des Berliner Doms) gut "funktioniert" - aber wo zwischem dem Humboldtforum und dem Palast der Republik (PdR) eine Ähnlichkeit liegen soll, vermag ich nicht zu sehen. ;)

    Ach der Klarenbach, so schön verkürzt auf seine Weltsicht.


    Ja, er ist schon ulkig, der Klarenbach ... .


    Lustig ist auch, dass ausgerechnet Apologeten des SED-Regimes (wie er es - jedenfalls ausweislich seiner Beiträge hier im Forum - zu sein scheint) beim Wiederaufbau der Garnisonkirche ganz schnell den "Militarismus"-Vorwurf erheben.


    Schließlich war die DDR der letzte militaristische Staat auf deutschem Boden und in stärkerem Maße durchmilitarisiert, als es Preußen je gewesen war.


    Zudem war die DDR außer dem NS-Regime der einzige Staat in der deutschen Geschichte, der systematisch die Waffen gegen seine eigenen Bürger richtete (Stichworte: Mauer und Schießbefehl).


    Daran wird man erinnern dürfen, wenn ausgerechnet die Apologeten dieser zweiten deutschen Dikatur uns weismachen wollen, der Wiederaufbau einer Kirche im Geiste der Versöhnung sei Ausdruck des "Militarismus".

    Äpfel und Birnen

    Es geht hier aber nunmal nicht um irgendein Bauvorhaben, vergleichbar mit dutzenden anderen, sondern um [...] einen baulichen Solitär, der das höchste Gebäude der Stadt werden soll. Ich finde, dass man da durchaus auch mal Fingerspitzengefühl und Gespür für die Begehren der Bürger [...] zeigen kann. [...] München geht dort mit gutem Beispiel voran.


    Nicht-Juristen sind gut beraten, sich nicht ständig zu juristischen Sachverhalten zu äußern, die sie nicht verstehen.


    In München wurde die Bausatzung durch o.g. Bürgerentscheid geändert. Die neue Regelung ("Keine neuen Gebäude über 100 Meter") gilt aber für ALLE Münchner Gebäude, auch wenn davon zunächst nur zwei abgeschlossene Planungen betroffen sind. (Die Grundstückseigentümer sind dann ggf. zu entschädigen.)


    Das ist aber etwas völlig anderes, als Du forderst.


    Auch in Potsdam wäre es möglich, eine solche allgemeine (sog. "abstrakt-generelle") Bestimmung per Bürgerentscheid zu ändern. Nicht möglich ist es aber, die Bürger über ein einzelnes privates Bauvorhaben abstimmen zu lassen, das bereits genehmigt wurde. Eine zulässige Frage wäre daher: "Sollen alle Rekonstruktionen im Altstadtbereich unterbleiben?" Nicht zulässig wäre dagegen: "Soll die Rekonstruktion der Garnisonkirche unterbleiben?"


    Warum das so ist, erkläre ich bei Bedarf gerne.

    Ich habe jedenfalls in der DDR noch nie Prostituierte, Drogensüchtige oder Obdachlose gesehen, im Unrechtsstaat BRD schon. [...] Die DDR hatte noch viele weitere gute Qualitäten.


    Die Bundesrepublik als "Unrechtsstaat" zu bezeichnen, die DDR aber nicht, ist jenseits von Gut und Böse.


    Wenn die DDR so wunderbar gewesen wäre, wie Du es beschreibst, hätte sie ihre Bürger nicht mit Mauer und Selbstschussanlagen davon abhalten müssen, das Land zu verlassen. Ein freies Land wie die Bundesrepublik hindert seine Bürger nicht daran, jederzeit zu gehen.


    Im Übrigen ist nicht jede Ablehnung des MEF/RF in seiner jetzigen Gestalt ideologisch motiviert, wie Konstantin sehr richtig dargelegt hat.


    Was qualitativ gut an der DDR-Architektur war, soll man - wie im Falle der NS-Architektur auch - lassen, was qualitativ schlecht war, wird zwangsläufig durch Besseres ersetzt werden. Das MEF/RF ist m. E. von derart minderer städtebaulicher und architektonischer Qualität, dass sich niemand wundern kann, wenn nachgeborene Generationen diesen zentralen Stadtraum neu planen.

    @ Plattenbau:


    Wie andere bereits vor mir bemerkt haben, sind die Parteien, die FÜR den Wiederaufbau der Garnisonkirche sind, gestärkt aus Kommunal- und Landtagswahl hervorgegangen, während die LINKE und andere Kräfte, die GEGEN den Wiederaufbau sind, insgesamt deutlich verloren haben.


    Der Anteil der die Rekonstruktion befürwortenden Parteien lag in Potsdam bei der Kommunalwahl (Mai 2014) bei ca. 60-65 %, und bei der Landtagswahl (September 2014) bei ca. 70 %.


    Das sind stabile Mehrheiten.


    Natürlich ging es bei den Landtagswahlen nicht primär um die Garnisonkirche, aber das Kalkül der LINKEN (und anderer Kräfte), das Thema pünktlich zur Kommunalwahl im Mai groß aufzuziehen und bis zur Landtagswahl im September am Köcheln zu halten, um in Potsdam zu punkten, ist eindeutig gescheitert.


    Aber hier soll es ja um [...] Architektur gehen.


    Gut gebrüllt, Löwe. Allerdings warten wir alle noch auf Deinen ersten Beitrag, bei dem es nicht ausschließlich um Politik geht. :D

    Auch von mir gibt's einige aktuelle Fotos vom Humboldtforum/Stadtschloss. Gegenüber den zuletzt geposteten Bildern hat sich nicht viel verändert, allerdings hatte ich das Glück, gutes Fotowetter erwischt zu haben.


    Wie der Tagespresse zu entnehmen ist, liegt das Projekt im Buget und im Zeitplan - und zumindest letzteres sieht man auch. :daumen:




    Von vorne (an der Schlossfreiheit) und ...




    ... von hinten (an der Spree).



    Ich persönlich kann mir die neutrale Ostfassade als Kontrast zum üppigen Historismus des Berliner Doms gut vorstellen.


    Quelle der Bilder: Carlo (2014)

    Aktuelle Fotos vom Rathausforum/Marx-Engels-Forum

    Sollten RF und MEF die Seele Berlins ausmachen, dann [...] ist [das] in etwa soweit entfernt von dem, was ich mir unter Seele vorstelle, wie ein leuchtstoffröhrenbeleuchteter Behördenflur mit Linoleumboden. Meine Meinung.


    So ähnlich sehe ich das auch.


    Um die Diskussion aus dem Bereich des Metaphysischen auf den Boden der Tatsachen zu holen, füge ich einige aktuelle Fotos an.



    Blick auf das Rathausforum. Im Vordergrund die Spandauer Straße.
    Gut zu erkennen ist die autobahnmäßige Verbreiterung der bis in die 1960er Jahre einspurigen Straße, die mitten durch das Gebiet der historischen Altstadt verläuft. Heute besitzt sie in jeder Fahrtrichtung zwei Fahrstreifen, dazu kommen auf beiden Seiten ein Radweg sowie auf der westlichen (im Bild linken) Seite Autostellplätze und auf der östlichen Seite (im Bild rechts) ein Parkstreifen, der als Busparkplatz genutzt wird. Insgesamt dürfte die Straßenbreite mindestens verdreifacht worden sein.




    Blick auf das Rathausforum.
    Hinten rechts der Fernsehturm (der Pfeil verweist auf den unteren Rand der Aussichtsplattform). Nicht zu übersehen ist die Maßstabslosigkeit der Planung.




    Marx-Engels-Forum.
    Blick auf die "1979 eingeweihte Toilette", die uns hier ja bereits als "ganz wichtige Einrichtung" vorgestellt wurde. Im Hintergrund das Rote Rathaus und das Nikolaiviertel.


    Quelle für alle Bilder: Carlo (2014)

    Es ist einfach so, dass ein GK-Nachbau bei Alt und Jung, bei 'Einheimischen' und Zugezogenen auf Ablehnung trifft.


    Aber in keiner Alterskohorte sind die Garnisonskirchengegner in der Mehrheit - weil sich durch den massiven Zuzug jüngerer Bürger die demographische und soziale Struktur Potsdams in den letzten ca. 15 Jahren fundamental verändert hat. Deswegen gibt es ja auch solide (und wachsende) Mehrheiten für die Wiederherstellung der historischen Mitte. Das war mein Punkt.


    Die älteren Herrschaften auf meinen Fotos im Hotel "Mercure" - Thread demonstrierten nicht gegen, sondern für den Abriss des Hotels.


    Vielleicht solltest Du Dir die Bildunterschriften zu Deinen eigenen Bildern noch einmal durchlesen. Jüngere Potsdamer sind mit breiter Mehrheit für den Wiederaufbau der historischen Mitte und den Abriss von derlei absurden Scheußlichkeiten wie dem Mercure Hotel. Von den Potsdamern, die ich kenne, ist keiner über 45, und alle sind dafür. Da das auch die beruflich aktive und die Masse der Steuern leistende Altersgruppe ist, ist es kein Wunder, dass sie sich auch politisch durchsetzt.

    Nicht ich habe das Thema 'junge' oder 'alte Männer' eingebracht, sondern Eisber, der das Gefühl hatte, dass es vor allem alte Menschen sind, die Rekonstruktionen ablehnen. Daraufhin hat Klarenbach seine Erfahrungen geschildert und [...].


    Dass ältere Menschen bei solchen Veranstaltungen nahezu immer in der Mehrheit sind, hat einen einfachen Grund: Die Jüngeren arbeiten oder kümmern sich um die Kinder.


    Bei den Veranstaltungen derjenigen, die das Mercure-Hotel erhalten wollen, ist es nicht anders - auch da gibt es kaum einen Teilnehmer, der noch nicht pensioniert ist. Wer es nicht glaubt: Einfach mal die Fotos von Klarenbach im Thread "Wie weiter mit dem Hotel Mercure?" ansehen; die hätten genau so bei einer Butterfahrt einer Ortsgruppe der Grauen Panther aufgenommen werden können. :D


    Dass Senioren bei solchen Veranstaltungen nahezu immer in der Mehrheit sind, ändert aber nichts daran, dass die jüngeren Potsdamer ganz überwiegend für die Wiederherstellung der historischen Mitte sind. Dafür sprechen alle Wahlergebnisse und auch meine persönlichen Erfahrungen.

    Altkader versus Jungbürger

    ^meine Wahrnehmung, Potsdam liegt ja nicht auf der anderen Seite der Welt und ich bin nicht selten dort, ist ergänzend im Übrigen, dass sich bei dieser "Aufteilung" auch eine auffällige "Generationenschichtung" zeigt. Pointiert gesagt, je jünger desto aufgeschlossener für Rekonstruktionen, je älter desto kritischer.


    Das ist mit Sicherheit ganz generell so - ähnliches lässt sich ja auch z. B. in Dresden beobachten.


    In Potsdam kommt noch hinzu, dass es dort nach der Wende einen überproportional hohen Anteil an DDR-Altkadern gab, weshalb sich dort überkommene, DDR-affine Vorstellungen länger halten konnten als anderswo. In den letzten Jahren hat sich die demographische Zusammensetzung Potsdams aber rapide geändert.


    Die Gründe dafür sind bekannt: Zum einen wird die Kohorte der Altkader aus natürlichen Gründen immer kleiner. Und zum anderen hat Potsdam seit der Wende einen besonders starken Zuzug von Bürgern aus dem Westen und aus West-Berlin zu verzeichnen, die einen weniger nostalgischen Blick auf das gesichtlose DDR-Plattenbau-Einerlei haben.


    Diese Trends erklären, warum die Ansichten dieser Altkader (und einiger jüngerer Gleichgesinnter) politisch nicht mehr mehrheitsfähig sind - und warum jetzt die Befürworter der Wiederherstellung der historischen Mitte Potsdams (zu der auch die Garnisonkirche gehört) in der Mehrheit sind.


    Wenn man sieht, wie hervorragend das Stadtschloss angenommen wird und wie zügig die Rekonstruktion des Alten Marktes voranschreitet, habe ich keinen Zweifel, in welche Richtung die Entwicklung gehen wird.

    Der Eckbau Wittelsbacherstraße 15 (verm. 60er Jahre) soll zugunsten eines Neubaus abgerissen werden. [...] Die gefällige Architektur stammt von Stephan Höhne


    "Gefällig" bringt es auf den Punkt. Architektonisch ist das bestimmt nicht besonders innovativ, und diese abgerundeten Balkone werden ja langsam zu einem Markenzeichen der Bauten der Zehnerjahre.


    Trotzdem "funktioniert" so eine Architektur meiner Meinung nach, da sie sich gut sowohl mit Gründerzeitbauten als auch mit der Nachkriegsarchitektur verträgt und damit das doch recht disparate Bild vor allem West-Berlins "glättet".

    Welche Art selbstfinanzierter Befragung ist denn auch rechtlich verbindlich? Mir fällt da nichts ein.


    Ich will mich hier nicht endlos wiederholen, deswegen zum vorerst (man soll nie "nie" sagen;)) letzten Mal:


    Alles, was "rechtlich verbindlich" sein konnte, wurde in dem Moment erreicht, als die Stadtverordnetenversammlung das Bürgerbegehren angenommen hat. Und das war eben nur die Maßgabe an den OB, im Stiftungsrat die Auflösung der Stiftung zu beantragen. Da wird er tun, und der Stiftungsrat wird ablehnen. Ende, Gelände. Mehr ist mit dem Rechtsmittel Bürgerbegehren/Bürgerentscheid nun einmal nicht möglich, insbesondere kann mit ihm keine gültige Baugenehmigung aufgehoben werden.


    Es ist Augenwischerei von Euch Wiederaufbaugegnern, so zu tun, als ob die Stadt eine Pflicht hätte, darüberhinaus noch Meinungsumfragen auf städtische Kosten durchzuführen - die hat sie nämlich nicht ... .


    Es steht Euch aber frei, selbst eine Befragung aller Potsdamer durchzuführen. (Geschätzte Kosten: 500.000 bis 1 Mio. €. Fangt schon mal an zu sammeln.)


    Viel Spaß! ;)

    Dieser Walter-Ulbricht-Apologismus widerspricht dem Stand der historischen Forschung und den Berichten der Zeitzeugen.


    Hier ein Auszug aus einem Interview mit Mafred Stolpe in den Potsdamer Neuesten Nachrichten vom 19. Juli 2014 (Quellenangabe s.u.):


    Herr Stolpe, was treibt Sie an, sich für den Aufbau einzusetzen?


    Ich bin persönlich betroffen. Ich habe Potsdam damals erlebt, das erste Mal 1959 im Oktober. Es war schon ein eindrucksvoller Weg über die Lange Brücke in die Stadt. Man sah das Stadtschloss, die ausgebrannte Fassade. Man sah, nicht weit weg, den wuchtigen Kirchturm. Der war beschädigt, aber keine Ruine.


    Was war es denn?


    Ein Ort für Gottesdienste. Es war damals sogar möglich, sich mit der Stadt zu einigen, wie dort weitergemacht wird. Wir Kirchenleute durften den Turm sichern, Einbauten machen, Zwischendecken einziehen, Treppen einbauen. Es gab sogar schon Gespräche, dort eine Aussichtsplattform einzurichten. Die Leute sagten mir damals übrigens: Das ist der Turm der Heiligkreuzkirche. Von Garnisonkirche sprach niemand.


    Wie kam das, klären Sie uns auf!


    Die Gemeinde hatte sich 1949 umbenannt, hatte im Turm eine Kapelle ausgebaut, einen vollwertigen Gottesdienstraum. Und sie hatte sich ein Programm gegeben: Wir sind keine Militärkirche, wir sind für Frieden, für Versöhnung, für Toleranz, eine Aufgabe, die ja schon 1685 in Potsdam mit dem Toleranzedikt festgeschrieben worden war.


    Genützt hat das nichts.


    Es ist tragisch, dass diese Kirche gegen alle Proteste weggesprengt worden ist. Das war im Wesentlichen eine Entscheidung von Walter Ulbricht selbst. Im Jahr 1968 war das Politbüro nervös wegen des Prager Frühlings. Es gab die große Furcht, dass der Bazillus auf die DDR-Bevölkerung übergreift, was ja nicht unbegründet war. In Potsdam gab es eine eindrucksvolle Protestbewegung für den Erhalt der Kirche, quer durch die Bevölkerung, durch die Parteien, SED-Mitglieder waren dabei, Kirchenleute sowieso, Künstler. Bekannt ist auch, dass die damalige Oberbürgermeisterin Brunhilde Hanke gegen den Abriss war.


    Ist das Rechtfertigung genug für den Wiederaufbau?


    Ich denke schon. Es wird ja auch sonst zu Recht viel über Wiedergutmachung von DDR-Unrecht geredet. Das fällt für mich darunter. Die Sprengung der Garnisonkirche war ein Rechtsbruch, eine Kulturbarbarei, bei der vor allem eine aktive Gottesdienststätte beseitigt worden ist, gegen das Recht der freien Religionsausübung. Der Wiederaufbau wäre Wiedergutmachung. Und es wäre ein Anlaufpunkt, um sich zu erinnern, nachzudenken, welche Verantwortung wir heute tragen, um Versöhnung zu praktizieren, auch innerhalb der Stadt.


    Quelle: http://www.pnn.de/potsdam/875133/

    So ist die Rechtslage

    Etwas anderes wäre dann aber doch noch bei einem Bürgerentscheid herausgekommen und endlich eine wichtige Frage geklärt: wie steht die Potsdamer Bevölkerung zu einem Kirchkopieneubau?


    Um einen früheren Beitrag von mir zu wiederholen:


    Ich glaube, Du missverstehst, was mit diesem Bürgerbegehren und einem potentiellen Bürgerentscheid (bei Ablehnung des Bürgerbegehrens durch die Stadtverordnetenversammlung) erreicht werden konnte bzw. hätte erreicht werden können.


    Ziel des Bürgerbegehrens war NICHT und konnte nicht sein, herauszufinden: "Wie steht die Potsdamer Bevölkerung zu einem Kirchkopieneubau?", wie Du schreibst, denn ein Bürgerbegehren ist kein Mittel, mit dem jede x-beliebige Bürgerinitiative von der Stadt verlangen kann, eine Bürgerbefragung zu irgendwelchen Themen durchzuführen, sondern es muss auf eine ganz konkrete Maßnahme der Verwaltung gerichtet sein.


    Hier lautete der Antrag daher, dass die Stadtverordnetenversammlung die städtischen Vertreter im Stiftungsrat verpflichten möge, auf die Auflösung der Stiftung zu dringen. Diesem Antrag hat die Stadtverordnetenversammlung stattgegeben, ein Bürgerentscheid ist damit entbehrlich (weil er auch nichts anderes erreichen könnte).


    Wenn Ihr Wiederaufbaugegner obendrein noch eine Befragung aller Potsdamer Bürger wollt, organisiert und finanziert sie doch selber - das ist nicht Aufgabe der Stadt!

    nun erstmal wer ist hier ”Ihr”? Meine Idee ist völlig auf meinem eigenen Mist gewachsen.


    "Ihr", die Ihr gegen eine Bebauung des MEF/RF seid - und "wir", die wir dafür sind. Ich habe mir erlaubt, die Dinge einmal zu vereinfachen, denn über konkrete Pläne kann man erst dann reden, wenn die Grundsatzentscheidung über Bebauung/Nichtbebauung gefallen ist.


    Weiter glaube ich nicht, dass Berlin unbedingt den goldenen Schnitt macht bei einer Veräusserung von Grundstücken die zum Teil unter 2 Diktaturen rechtswidrig enteignet wurden.


    Das habe ich auch nicht behauptet (ich kenne die Diskussion um die Eigentumsverhältnisse in dem Gebiet). Ich gehe sogar davon aus, dass Berlin am Verkauf der Grundstücke gar nichts verdient. Aber die Bebauung und die Bewirtschaftung/Bewohnung des Geländes schaffen Arbeitsplätze und generieren Steuereinnahmen.


    So dreckig kann es der Hauptstadt der drittgrößten Industrienation der Welt garnicht gehen.


    Doch, das ist aber leider so. Berlin pfeift finanziell aus dem letzten Loch und ist nach wie vor eines der ärmsten deutschen Bundesländer: Top-Empfänger von Ländertransfers, top bei der Verschuldung – und das trotz der zugegeben bemerkenswerten Konsolidierungsleistungen der Wowereit-Senate (Sarrazin/Nussbaum):


    http://de.wikipedia.org/wiki/L%C3%A4nderfinanzausgleich
    http://de.wikipedia.org/wiki/S…nds#Pro-Kopf-Verschuldung


    Irgendwann wird man feststellen, dass man vielleicht seine Seele verkauft hat nur des schnöden Mammons wegen. Soweit muss es ja nicht kommen.


    Und da liegt das Missverständnis: Die "Seele" der Stadt nehmen nicht nur die Gegner einer Bebauung von MEF/RF als Argument in Anspruch, sondern auch die Befürworter. Die einen sagen, die "Seele" der Stadt gehe verloren, wenn man MEF/RF bebaue, die anderen sind der Meinung, Berlin gewinne gerade dadurch seine "Seele" zurück.
    Deshalb bin ich der Meinung, dass angesichts der einigermaßen gleichmäßigen Verteilung solcher pseudo-"metaphysischer" Argumente am Ende wirtschaftlichen Gründe den Ausschlag geben werden, und die sprechen nun einmal ganz klar für eine Bebauung.

    Ganz großes Kino

    ^ jaja schon ganz richtig, dass die Rathauskooperation über 60% der Stimmen erhielt. Um so verwunderlicher, dass der OB das Bürgerbegehren annahm. Hätte er es auf den Bürgerentscheid ankommen lassen und seine komfortable Mehrheit ausgespielt, wäre womöglich das Thema GK jetzt erledigt. Doch nun muss er diese Woche den Antrag auf Auflösung der Stiftung stellen und sich bei jeder Gelegenheit auf's Brot schmieren lassen, dass er gefälligst alles rechtlich mögliche unternimmt um die Stiftung aufzulösen.



    Der Mann ist eben kein Idiot und weiß, dass bei einem angenommenen Bürgerentscheid auch nichts anderes herauskommen würde, als er jetzt freiwillig erklärt hat, tun zu wollen (nämlich, im Stuftungsrat zu beantragen, die Stiftung aufzulösen), mit dem Unterschied, dass auf dem Weg dorthin noch einmal locker 100.000 Euro verbrannt worden wären (für die Durchführung der Bürgerbefragung - und zwar auch dann, wenn sie mit der Landtagswahl zusammengelegt worden wäre).


    In beiden Fällen ist das Ergebnis absehbar: OB Jakobs stellt seinen Antrag auf Auflösung, der Stiftungsrat sagt: "Nö, wieso?", und weiter geht's zum nächsten Tagesordnungspunkt.


    Ganz großes Kino.