Beiträge von Robert Schediwy

    Es kommt auf die Redlichkeit an!

    Ich würde gern einmal wissen wie hoch ist der Bedarf an 3D Visualisierungen in der Architektur?


    Man erlaube mir eine kurze, leicht zynisch gefärbte Bemerkung: Fotorealistisches Rendering ist bei vielen größeren Bauvorhaben gar nicht erwünscht. Da geht es vielmehr um die Tricks, wie man deren Bauhöhe und Massigkeit propagandistisch herunterspielt, um das protestfreudige Publikum zu besänftigen. Zu diesem Zweck zeigt man geplante überhohe Bauten gerne von oben, um sie in der Draufsicht "harmloser" und ins Umfeld integriert erscheinen zu lassen. Oder man versucht, glauben zu machen, dass sie durch ihre Verglasung nahezu transparent wirken würden (Was natürlich auch ein gewollter illlusionistischer Effekt ist- jedes größere Gebäude muss ja allein schon wegen der Nassgruppen einen intransparenten Kern haben). Besonders beliebt ist auch die Darstellung mit beleuchteten Fenstern im Dämmerlicht. Da verdeckt die hereinbrechende Dunkelheit gnädig den Bruch der Maßstäblichkeit, und das "Strahlen von innen" kompensiert die Banalität der Investorenarchitektur. Wir "genießen" in Wien gerade wieder eine derartige Kampagne (zugunsten eines großen Spekulationsobjekts im Bereich Konzerthaus, Eislaufverein, Stadtpark). Da werden alle einschlägigen Register gezogen

    Das stimmt doch nicht, dass es in Wien keine Kritik und kaum Widerstand gibt! Einige Publikationen und Organisationen habe ich schon angeführtt, dazu wäre noch die Aktion 21 zu nennen, eine Gruppierung von 38 Bürgerinitiativen, die 2009 das lesenswerte Buch "Raus aus der Sackgasse! -Bürgerinitiativen und Bürgerbeteiligung in Wien" herausgebracht hat. Eine Rezension findet sich im Web [http://www.wienerzeitung.at/themen_channel/literatur/buecher/63461_Aktion-21-Hrsg.-Raus-aus-der-Sackgasse.html]. In Einzelfällen, etwa in der Frage Steinhofverbauung, ist sogar die mächtige "Kronen-Zeitung" auf Seiten der Denkmalschützer. Ich bitte also nachdrücklich um ein etwas differenzierteres Urteil!

    Einige kleine Bemerkungen

    Malyan schrieb: "Nein - Proteste oder Initiativen gegen die Zerstörung der historischen Bausubstanz wären mir nicht bekannt. Dafür kocht jedesmal die Volksseele über, wenn eine Brachfläche oder ein vergammeltes Parkhaus durch moderne Hochhäuser mit Spitzendesign ersetzt werden sollen..."



    Da muss ich dem - nach Lektüre einiger seiner Beiträge sonst sehr geschätzten - Beiträger Malyan doch widersprechen.Proteste gegen die Zerstörung historischer Bausubstanz hat es in Wien immer wieder gegeben. Beispielsweise 1965 anlässlich des Abrisses der Florianikirche, 1968 anlässlich der Abtragung der Stadtbahnstation Meidling Hauptstraße, aktuell wegen der Zerstörung des Spitalsensembles am Steinhof. Es gibt zahlreiche Bürgerinitiativen in Wien und sie sind auch in einer Art Dachverband lose zusammengefasst. Die ÖGDO (Österreichische Gesellschaft für Denkmal- und Ortsbildpflege) und (seit 5 Jahren) die "Initiative Denkmalschutz" widmen sich genau diesen Themen. Die ÖGDO gibt dieZeitschrift "Steine sprechen" heraus, die ID die Zeitschrift Denkma(i)l. Von diesen Aktivitäten kann sich jeder im Netz überzeugen. Man kann also nicht behaupten, es gäbe in Wien keinen Widerstand gegen die Welle investorengesteuerter Stadtplanung.


    Es gibt aber leider nur sehr begrenzte Erfolge. Immerhin - Otto Wagners Brücke über die Wienzeile konnte trotz anders lautender Pläne der Gemeinde erhalten bleiben und das Hochhauszentrum Wien-Mitte ist ein wenig "milder" ausgefallen, auch dank ICOMOS und seinem engagierten österreichischen Vorsitzenden Wilfried Lipp.


    Den Satz:"Dafür kocht jedesmal die Volksseele über, wenn eine Brachfläche oder ein vergammeltes Parkhaus durch moderne Hochhäuser mit Spitzendesign ersetzt werden sollen..." verstehe ich allerdings überhaupt nicht, weil er mit Malyans sonstiger Argumentation so gar nicht übereinstimmt. Eine gründerzeitlich oder vorgründerzeitlich geprägte Stadt wie Paris, Wien oder Budapest wird durch Hochhäuser in ihrem Zentrum schwer getroffen, da mag "Spitzendesign" vorliegen oder nicht. London hat das vorexerziert, und Prince Charles hat breite Zustimmung geerntet, als er dagegen verspäteten und ohnmächtigen Protest erhoben hat.


    Historische Stadtkerne sollten von Hochhäusern soweit es geht frei gehalten werden, aber dafür sollen neue Zentren, CBDs nennt man das heute, faszinierende moderne Architektur mit Skyline etc. bieten. Die instinktive Abneigung der Bürger gegen Hochhäuser im Stadtzentrum erscheint mir daher berechtigt - nur: sie wird, fürchte ich, nicht viel nutzen.


    Robert Schediwy