Beiträge von Architektur-Fan

    ... , sondern, dass man nun versucht die Gebäude der unterschiedlichen Zeitschichten miteinander zu verbinden.

    Von welchen unterschiedlichen Zeitschichten redest du?


    In diesem Bereich gibt es DDR-Architektur und zeitgenössische Architektur aus den letzten 30 Jahren. Und sonst? Wo genau sind denn die Zeitschichten, in denen man die Epochen der Vorkriegszeit sehen kann? Ich kann besagte Zeitschichten nämlich nirgends erkennen. Um unterschiedliche Zeitschichten zu kombinieren, müsste es erst mal unterschiedlichen Zeitschichten geben. Aber die gibt es leider nicht.


    Mit dem Argument der Zeitschichten soll eine Vielfalt suggeriert werden, die es am Alexanderplatz doch überhaupt nicht gibt.

    Du schwärmst von Kathedralen und Triumphbögen.

    Es müssen keine Kathedralen oder Triumphbögen sein. Es geht darum, dass der Städtebau in seiner programmatischen Abfolge an den richtigen Stellen architektonische Ankerpunkte (im Sinne einer Landmark) setzen sollte. Das Frankfurter Tor und der Strausberger Platz stellen solche Ankerpunkte dar, die durchaus gelungen sind. Allerdings stellt der Bereich um den Alexanderplatz in diesem Zusammenhang leider einen Totalausfall dar. Da bringt auch der von Katzengold angestrengte Erklärungsversuch zur Programmatik des sozialistischen Städtebaus nichts. Solche Erklärungsversuche sind verbale Kosmetik, die gar nichts bringen. Am Alexanderplatz und seinem Umfeld steht einfach alles an der falschen Stelle. In architektonischer Hinsicht handelt es sich um einen (Un-) Ort für Masochisten. Das Haus des Berliner Verlags samt Pavillon passen wunderbar in dieses "Ensemble", das sich dadurch auszeichnet, das rein gar nichts zusammenpasst.

    2. Das Pressecafe ist somit nur Randbebauung und auch nur Teil einer Hochhausscheibe. ...

    Richtig! Du sagst es ja selbst, dass der Pavillon mit dem Pressecafé nur einen Teil der daneben stehenden Hochhausscheibe (Haus des Berliner Verlags) darstellt. Man hätte das Haus des Berliner Verlags entweder direkt an die Kreuzung setzen sollen oder einen deutlich größeren Abstand zur Kreuzung wählen sollen. Entweder richtig oder gar nicht! Stattdessen hat man sich zu DDR-Zeiten für eine dritte Möglichkeit entscheiden, die bescheiden aussieht und keinen Sinn macht.

    Deswegen habe ich auch nicht von Achse, sondern von Magistrale gesprochen. Und diese Magistrale endet hier am Pavillon, und eben nicht am Strausberger Platz.


    Einverstanden! Ich bin auch dafür, das Beste draus zu machen. Aber genau das macht man ja eben nicht.


    Das Beste wäre, Änderungen vorzunehmen. Aber genau das passiert ja eben nicht. Stattdessen wird der verkorkste Ist-Zustand konserviert, indem man (fast) alle Änderungen verhindert.

    Wenn man von Osten kommend ins Zentrum fährt, bewegt man sich über eine viele Kilometer lange Magistrale (Bundestraße, Frankfurter Allee, Karl-Marx Alle), die zwischen Frankfurt Tor und Strausberger Platz sogar den Charakter eines Prachtboulevards besitzt. Und dennoch setzt man an das westliche Ende dieser bedeutenden Magistrale kein bedeutendes Bauwerk mit Landmark-Charakter (wie einen Triumphbogen, eine Kathedrale oder einen hoch aufstrebenden Wolkenkratzer) sondern einen kleinen Pavillon in Flachbauweise. Ob dieser Pavillon als Pressecafé, als Nahversorger a lá Tante Emma oder als Grill-Imbiss a lá Bratwurstmaxxe genützt wurde, ändert nichts an der Tatsache, dass die bauliche Situation Züge einer städtebaulichen Satire trägt.


    Im napoleonischen Frankreich hätte man an einer solche Stelle einen Triumphbogen gebaut. Im Rom der Barockpäpste hätte man an einer solche Stelle eine große Kathedrale errichtet. Im New York der 1930er hätte man an diese Stelle einen Wolkenkratzer wie das Rockefeller Center gebaut. Im Moskau der Stalinzeit hätte man an einer solche Stelle ein Hochhaus im Stile der "Sieben Schwestern" gebaut. Und was macht die kleine DDR? Man kann es kaum glauben, dass die DDR ans Ende einer mehr als 15 Kilometer reichenden Magistrale einen Pavillon mit Flachdach setzt. Es gibt keinen besseren Beleg für die Provinzialität der DDR wie den Städtebau an dieser Stelle. Um wieviel besser wäre das Ergebnis gewesen, wenn die DDR-Hauptstadtplaner das Hotel-Hochhaus am Alexanderplatz um wenige Meter verschoben hätte, so dass dieses heute an der Stelle des Pavillons stehen würde. Um den Pavillon herum hat die DDR Hochhäuser (Hotel am Alex, Berliner Verlag) errichtet. Und an die entscheidende Stelle, wo man zwingend ein Hochhaus setzten müsste, baut man einen .... richtig .... einen Flachdach-Pavillon! Und ich stelle mir die Frage, ob ich lachen oder heulen soll.

    Man hat sich beim diskutierten Neubau also daran orientiert, dass die Kreuzkirche auch früher schon verdeckt war. [...] Man hat sich nicht daran orientiert, dass dort früher kleinteilige Bauten standen.

    Du sagst ja selbst, dass man sich bezüglich der Kleinteiligkeit nicht an der frühreren Kleinteiligkeit orientiert hat. Das Argument der historischen Kontinuität wäre jedoch nur dann überzeugend, wenn man anstelle des Neubaus auch tatsächlich vier kleinteilige Bürgerhäuser gebaut hätte. Daran sieht man, wie beliebig solche Argumente in der Debatte eingesetzt werden. Die Kreuzkirche soll verdeckt werden wie früher. Aber bitte nicht mit der Kleinteiligkeit wie früher.


    Vielleicht sollte man sich vom Gedanken leiten lassen, wie es heute gut aussehen würde. Ohne diese Verdeckung hätte die Ecke viel mehr plastische Tiefe. Zudem muss man feststellen, dass dieser Neubau das schlechteste Gebäude am Altmarkt ist. Ausgerechnet das Gebäude, das die schlechteste Fassade am Altmarkt aufweist, verdeckt die Kreuzkirche.

    Wundert mich, dass der Entwurf von Kleihues so positiv bewertet wird. Den Entwurf empfinde ich als viel zu kantig und grobschlächtig. Der Turmabschluss ist furchtbar, weil er wie eine Bauruine aussieht. Will man beim Turmabschluss tatsächlich auf die Nutzung durch Geschossfläche verzichten? Oder hat man da einfach nur vergessen, die Fenster einzusetzen? Die oberen beiden Geschosse des Sockelgebäudes (mit den Loggien) sollen wohl ein Pendant zum Turmabschluss darstellen, indem sie dessen gestalterisches Motiv aufnehmen. In gestalterischer Hinsicht empfinde ich diese Loggien als völlig misslungen.

    Ich würde gerne wissen, wie wichtig die AMLA-Standortentscheidung (für Frankfurt) im Vergleich zur EBA-Standortentscheidung (für Paris) ist? Welche der beiden Institutionen ist wichtiger? Ist die Ansiedlung der AMLA in Frankfurt oder der EBA in Paris wichtiger im Wettbewerb der europäischen Finanzplätze untereinander?

    Der Staab-Turm erinnert mich immer wieder an einen freistehenden Glockenturm (Campanile), wie er in Italien häufig zu finden ist. Das ist durchaus als Kompliment gedacht. Die Sache hat nur einen Haken. Während ein Campanile Bezug zum zugehörigen Kirchenschiff nimmt, kann der Staab-Turm keinen Bezug zu den weiteren Teilen des Neubaus nehmen, da man diese ja leider unter der Erde untergebracht hat.


    Aus meiner Sicht steht der Staab-Turm bezugslos in der Gegend herum. Ich verstehe nicht, warum die durchaus gelungene Sheddach-Architektur des älteren Teils nicht einfach aufgenommen und diese bis zur Klingelhöferstraße Straße hin weitergeführt hat. Das Ganze hätte man dann mit einem solch gut gemachten Turm kombinieren können.


    Als erste Zutat bringt man große Teile des Neubaus unter die Erde (Sitchwort: Bunker-Architektur). Als zweite Zutat produziert man auf der EG-Ebene nicht-gefasste Freiflächen (Stichwort: Marx-Engels-Forum). Als dritte Zutat setzt man eine zur Adressbildung benötigte Dominate (Stichwort: Campanile) vorne an die Straße.


    Fazit: Auch wenn einige Teile (insbesondere der Turm) gut geworden sind, wirkt für mich die gesamte Komposition unstimmig und unausgereift.

    ^ Ich finde die CDU-Zentrale (mit der Form eines Schiffs hinter Glas) überhaupt nicht abweisend. Und das Haus der Kreislaufwirtschaft ist sicher keine Schönheit, aber als abweisend würde ich es dennoch nicht bezeichnen. Das KPMG-Gebäude hat tatsächlich ein ziemlich abweisendes Erdgeschoss; trotz der horizontalen Betonung finde ich die Glasfassade nicht schlecht. Das Heydt-Eins (https://www.noefer.de/de/projekte/heydt-eins/) kann man gerne als Kitsch bezeichnen, ich kann mit dem Kitsch gut leben.


    Bevor wir jetzt jedes einzelne Gebäude im Umfeld bewerten:

    Vor 25 Jahren waren Klingelhöfer-Dreieck und Köbis-Dreieck noch wüste Fläche. Und heute ist es gefasster Stadtraum. Dabei mag nicht jede Fassade überzeugen. Dennoch ist der hier umgesetzte Städtebau deutlich besser der Städtebau südlich des Landwehrkanals in Richtung Nollendorfplatz und Wittenbergplatz, wo die Nachkriegsarchitektur des alten West-Berlin ihre hässliche Fratze zeigt.

    Oranien, Ziegel,

    Was das Thema "unwirtliche Umgebung" angeht:

    Sowohl das Klingelhöfer-Dreieck, als auch das Köbis-Dreieck haben die Umgebung aufgewertet. In Richtung Osten geht der ganze Bereich zwischen Tiergartenstraße (im Norden) und Von-der-Heydt-Straße / Reichpietschufer (im Süden) ins Diplomatenviertel über mit Botschaften, Landesvertretungen, Stiftungen usw.. Unwirtlich wird es eigentlich nur dann, wenn man sich über den Lützow-Platz in Richtung Süden ins alte West-Berliner-Zentrum bewegt. Ansonsten scheint mir die Gegend nicht so unwirtlich zu sein.

    klangraum

    Wie kommst du nur darauf, dass der erste Kolllhoff-Plan nicht dazu geeignet gewesen sein soll, um Investoren zum Bau von Hochhäusern anzuregen? Der erste Kolllhoff-Plan war deutlich investorenfreundlicher als alle Änderungen, die später am Plan vorgenommen worden sind.


    Vermutlich zielst du darauf ab, dass es damals keine Investoren gegeben hat, die den ersten Kollhoff-Plan umsetzen wollten. Das ist natürlich richtig. Das lag aber schlichtweg daran, dass in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre und der ersten Hälfte der 2000-Jahre alle großen Immobilienentwickler und Kapitalgeber einen großen Bogen um Deutschland gemacht haben. In dieser Zeit war deutschlandweit Flaute angesagt. Mit dem Alexanderplatz im allgemeinen oder dem Kollhoff-Plan im speziellen hatte diese Entwicklung wenig zu tun. Auch in Frankfurt wurden in dieser Zeit nur wenige Hochhäuser gebaut.

    ^

    Indem man die ursprünglich angedachte Höhe der am Alex geplanten Hochhäuser reduziert hat, hat man die Kalkulation für die Investoren weniger attraktiv gemacht. Dieses Vorgehen bezeichne ich als Abwürgen von Investitionen.


    Lass mich raten:

    Als nächtes wirst du wahrscheinlich die Frage stellen, wo und wann und durch wen man am Alexanderplatz jemals die Höhe geplanter Hochhäuser reduziert hat. Stimmt's?

    ^ Was erhoffst du dir von einem neuen Masterplan?


    Ein neuer Masterplan wird überhaupt nichts bringen, solange die Protagonisten, die im Brei herumrühren dürfen, die gleichen bleiben. Die Stadtpolitiker, die ja ein bestimmtes politsches Spektrum bedienen, werden auch in Zukunft am Alexanderplatz Investitionen abwürgen, die Höhe für angedachte Hochhäuser so weit wie möglich reduzieren und den völlig verkorksten Städtebau aus der DDR-Zeit schützen.

    Der Verlust an Verkaufs- / Mietfläche wäre erheblich; weshalb ich mir nicht vorstellen kann, wer so viel Geld ausgeben wollte, um den historischen bzw. auch nur einen annähernden Zustand wieder herzustellen.

    Ja, der Verlust an Verkaufs- und Mietfläche wäre erheblich. Aber die Verkaufsfläche ist eben nicht das einzige Argument. Warenhäuser - wie der gesamte Einzelhandel - müssen sich heutzutage gegen den Internethandel behaupten. Die Warenhauskonzerne müssen die Leute dazu bringen, dass die Leute unbedingt in die Warenhäuser gehen wollen. Beim Artikelpreis kann das Warenhaus ohnehin nicht mit dem Internethandel mithalten. Wenn man mit dem Onlinehandel konkurrieren will, muss man das Einkaufen zu einem besonderes Erlebnis machen. Insofern kann eine Steigerung der Attraktivität durch Wiederherstellung des Originalzustands im prächtigen Jugendstil auch ein Faktor sein, der sich in einem Gesamtkonzept rechnet.

    Das einzige stichhaltige Argument für den Erhalt des Hauses der Statistik war und ist der Erhalt des sozialistischen Gesamtensembles. Wenn man jetzt konsequent wäre, müsste man an anderen Stellen der Stadt gleichermaßen konsequent auf Gesamtensembles setzen. Und zwar auch dann, wenn es keine sozialistischen, sondern historische Gesamtensembles sind. Stichwort: Schlossumfeld. Aber ich fürchte, da ist dann plötzlich alles anders!


    Während man beim Haus der Statistik jedes andere Argument für das sozialistische Gesamtensemble geopfert hat, werden die gleichen Protagonisten aus der Stadtpolitik plötzlich ganz viele Argumente aus dem Hut zaubern, warum es im Schlossumfeld auf gar keinen Fall ein historisches Gesamtensemble geben darf.