Der 26er Ring (Teil VII)
Siebtes Kapitel: Vom Straßburger Platz zur Sachsenallee
Geschichtliche Vorbetrachtungen
Auch die Linie 26 erlebte in ihrem vierundzwanzig Jahre anhaltenden zweiten Leben eine Reihe von Umleitungen, manche recht kurioser Natur. Einige möchte ich hier vorstellen.
Besonders „lang“ war diese Umleitung. Zur Abwechslung befuhr die 26 hierbei nicht den Westring, sondern es ging von Zschertnitz direkt zum Fucikplatz und von dort aus weiter nach Johannstadt. Das Schild stammt von 1981, die Überklebung kann zeitlich nicht genau eingeordnet werden.

Hier hat man aus einem Grundschild aus dem Jahre 1979 eine E26 gebastelt. Ursprüngliches zweites Ziel war Wilder Mann. Nun aber ging es vom Bahnhof Neustadt sicher weiter im Zuge der Linie 6 zum Schillerplatz und von dort aus nach Loschwitz. Das Schild muss also definitiv bis 1985 verwendet worden sein, denn in jenem Jahr war Schluss mit dem Straßenbahnverkehr über das blaue Wunder.

Die beiden folgenden Schilder gehören zusammen und stammen von einer Umleitung aus dem Jahr 1983. Die 26 befuhr mal wieder den Komplettring, aber mit einem Abstecher nach Zschertnitz. Dabei wurde nur der Außenring als 26 bezeichnet….

…den Innenring bezeichnete man kurzerhand als 36. Früher hatte man da weniger Skrupel…

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Wir verlassen den Straßburger Platz und folgen auf der Güntzstraße der 1928 eröffneten Ringstrecke zur Sachsenallee. Bis 1938 hieß sie Eliasstraße, benannt nach dem an ihrem Nordausgang liegenden Eliasfriedhof.

Bereits an der Güntzstraße liegt das Berufliche Schulzentrum für Technik. Als Bauberufsschule wuchs der Altbau als eines der ersten Gebäude bereits Anfang der fünfziger Jahre aus dem Ruinenmeer der total zerstörten Pirnaischen Vorstadt, genutzt wurde hierfür das Grundstück der 11. Volksschule am Seidnitzer Platz. Der Straßenabschnitt vor dem Schulgebäude gehörte ursprünglich zur Comeniusstraße, die am Seidnitzer Platz endete. Nach dem Krieg schlug man es nach Auflassung und Überbauung des Platzes der Seidnitzer Straße zu.

Die Comeniusstraße war jahrzehntelang wegen Überbauung an der Marschnerstraße unterbrochen. Mit dem Bau des grauenhaften Einkaufszentrums SP1 stellte man wenigstens den Abschnitt zwischen Marschner- und Güntzstraße wieder her.

Während man die Großplatten am Straßburger Platz selbst abriss (warum eigentlich?), wurde der Nachbarblock an der Güntzstraße in auffälliger Weise saniert.

Annäherung an die Kreuzung mit der Pillnitzer Straße.

An der Kreuzung stand die 1874 bis 1878 nach Plänen von Möckel errichtete Johanneskirche, bedeutendster neogotischer Kirchenbau der Stadt. 1951 beseitigte man zunächst die gut erhaltene Ruine des Kirchenschiffs, der fast unbeschädigte Turm wurde 1954 gesprengt. Wie gut täte der Bau doch der arg geschundenen Pirnaischen Vorstadt…


Hinter der Johanneskirche, ebenfalls noch auf dem heutigen Gelände des St.-Benno-Gymnasiums, befand sich die 1. Volksschule.

Auf der gegenüberliegenden Straßenseite treffen wir auf das Studentenwohnheim Güntzstraße, errichtet 1953 bis 1955 (Wolfgang Rauda und Kollektiv).

Davor der „Flugwille des Menschen“ von Max Lachnit, mit Brunnen in zeittypischer Nierentischform. Ja ja, die Fünfziger…

Geschwungenes Vordach am Haupteingang.

Nur ein Katzensprung ist es bis zur Holbeinstraße.

An dieser erspähen wir einen weiteren Altbau, die 1921 durch Schilling und Gräbner errichtete Erweiterung der Sächsischen Landesversicherungsanstalt. Beim Wiederaufbau wurde die Dachpartie verändert, und nach der Wende erhielt sie einen großzügigen Erweiterungsbau an der Holbeinstraße.


Fassadendetails.


Blick in die benachbarte Dürerstraße. Die gleichnamige Haltestelle existiert seit Streckeneröffnung 1928 und ersetzte die Haltestelle Holbeinplatz an der stillgelegten alten Route. Wir blicken auf den arg gerupften Südflügel der 1901 bis 1908 durch Lossow und Viehweger errichteten Kunstgewerbeschule. Beim Wiederaufbau des schwer beschädigten Komplexes verzichtete man auf die Rekonstruktion der bewegten historischen Dachlandschaft.

Eingang der Kunstgewerbeschule an der Güntzstraße. Bei der barocken Tür handelt es sich um die Eingangspforte des abgerissenen Brühlschen Palais.


Gegenüber befindet sich das einzige noch existierende Vorkriegs-Wohngebäude der Pirnaischen Vorstadt.

Daneben erstreckt sich bis zur Ziegelstraße der Eliasfriedhof, kulturgeschichtlich sicherlich die bedeutendste Dresdner Begräbnisstätte.

Blick in das Innere. Der Friedhof wurde 1680 als Pestfriedhof damals noch weit vor den Toren der Stadt am Ziegelschlag angelegt und bereits 1876 geschlossen.

Wiederhergestellte Grufthäuser von George Bähr entlang der Ziegelstraße.

Wir sind am Güntzplatz angelangt, den der 26er Ring kreuzt. Auch er hieß bis 1938 analog zur gleichnamigen Straße Eliasplatz.

Das ehemalige Sparkassengebäude wurde 1912 zugunsten des Stadthauses Johannstadt abgerissen und der Platz erweitert.

Stadthaus Johannstadt von Hans Erlwein, 1912 bis 1914, nach dem Krieg als Sparkassenzentrale wieder aufgebaut und Anfang der 1990er Jahre beträchtlich erweitert. Vom historischen Bau existiert nur noch der Sockel, die oberen Etagen mussten damals wegen Baufälligkeit komplett neu aufgebaut werden.

Historische Ansicht des Stadthauses von der Gerokstraße aus.

Frontalansicht, heute durch Bäume weitgehend verstellt.

Reger Straßenbahnverkehr am Stadthaus zu Beginn der zwanziger Jahre. Rechts geht es noch heute in die Gerokstraße, links die völlig verschwundene Strecke der Linie 18 durch die Blumenstraße zur Pfotenhauerstraße und weiter über die Emser Allee zum Schillerplatz, erste elektrische Straßenbahnlinie in Sachsen. Noch trennte die Städtische Straßenbahn säuberlich in rote (gerade Nummern) und gelbe (ungerade Nummern) Linien mit entsprechend lackierten Wagen, ein Erbe der Privatbahnzeit und der konkurrierenden Gesellschaften. Es fehlt noch die in die Eliasstraße führende Strecke des 26er Ringes.

Kunstgewerbeschule, rechts die Güntzstraße.

Historische Ansicht um 1910. Links angeschnitten das alte Sparkassengebäude, um das die Bahn damals eng herumkurven musste. Die „gelbe“ Strecke bog in die Sachsenallee ein.

Die Linie 26 nutzte bis 1928 die „rote“ Gleisanlage in der Ziegel- und Lothringer Straße. Am dortigen Amtsgerichtsgebäude findet sich dieses wunderschöne doppelreihige Straßenschild. Legt man die Erbauungszeit des Gebäudes (1888 bis 1892) zugrunde, so dürfte es von etwa 1890 stammen.

Noch einmal ein Blick auf die Kunstgewerbeschule, diesmal mit der Litfasssäule auf dem Güntzplatz.

Das war’s für heute, den Weg zurück in die Neustadt setzen wir in Kürze fort.





















































































































































































































































































































































































































































































































