Beiträge von FloMZ

    Mod: Hierher verschoben aus "Frankfurter Nahverkehr - Bauprojekte und konkrete Planungen".
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    Ich nutze ehrlich gesagt ungerne den ÖPNV in Frankfurt und fahre dort möglichst mit meinem Auto.


    Dies hat ettliche Gründe. Der gewichtigste ist wohl, dass man in großen Teilen der Innenstadt keine Alternative zur unterirdischen Stadtbahn hat. Dies fängt schon beim Weg zum Bahnsteig an. Der dauert an manchen Stationen schon mal ein paar Minuten und der Geschwindigkeitsvorteil gegenüber der klassischen Straßenbahn ist dann häufig schon dahin oder minimal.


    Des Weiteren finde ich die unterirdischen, stickigen "Schienenbunker" unattraktiv. Für Frauen und Ältere sind es auch oft Angsträume. Oftmals denke ich mir auch "ist Frankfurt so hässlich, dass man als Fahrgast nichts von der Stadt sehen darf?". :nono:


    Ich sehe die Frankfurter Stadtbahn in großen Teilen nur als Prestigeprojekt an. Man wollte halt wie eine europäische Metropole wirken. Dafür wurden Milliarden von Steuergeldern unnötig geopfert und zudem eine "autogerechte Stadt" geschaffen.


    Die sinnvollere Variante wäre gewesen die vorhandene Straßenbahn zu modernisieren und nur im Ausnahmefall kurze Tunnelstrecken zu verwenden. Hierfür hätten schon 1968 Straßenbahntriebwagen mit einer Länge ab 38 m genutzt werden können (alternativ auch Traktionen) und die Beförderungskapazität hätte somit auch ausgereicht - in Verbindung mit einem attraktiven, dichten Takt.


    Im Zuge des Stadtbahnbaus wurden viele Stadtgebiete vom städtischen Schienenverkehr abgehängt. Heute muss man dort mit dem Bus (Beförderungsmittel untersten Standards) fahren. Eine unnötige Zerstörung von Infrastruktur!


    Mir ist so manche Stadt mit klassischem Straßenbahnbetrieb wesentlich lieber. Frankfurt hat ja leider nur noch ein Rumpfnetz, wenn ich an die ehemalige Ausdehnung denke und zudem werden relativ kleine Straßenbahntriebwagen genutzt - der Kapazitätsvorteil gegenüber dem Bus ist gering. Schade!

    Mainzelbahn

    Hallo zusammen,


    ich erlaube mir mal einen Themenstrang zur geplanten Mainzelbahn zu erstellen. Auf http://www.mvg-mainzelbahn.de gibt es jede Menge Informationen über das geplante Projekt.


    Nach dem Anfang des letzten Jahrzehnts das erste Mal in Straßburg war und auf die dortige Straßenbahn traf interessiere ich mich sehr für die Gestaltung von neuen oder modernisierten Straßenbahnstrecken, einhergehend mit der Umgestaltung ganzer Viertel.


    Ich hoffe doch sehr, dass wenn die Mainzelbahn kommt, man sie nach französischem Vorbild baut. Alleine der Glaube fehlt mir daran. In den letzten Jahren wurden in Deutschland viele Neubaustrecken, wenn es überhaupt welche gab, einfach "hingerotzt". Hochkettenfahrleitungen innerorts, Schottergleis und unansehnliche Haltestellen nenne ich mal nur als Beispiel. Der einzige Lichtblick ist wohl die Pennricher Neubaustrecke in Dresden. Dort hat man einiges richtig gemacht und ich kann meine vorübergehende Heimat nur loben.


    Die MVG plant übrigens nur alle 15 Minuten in der HVZ eine Straßenbahn in die Altstadt (und weiter nach Hechtsheim) fahren zu lassen. Die andere Linie fährt ab dem Hauptbahnhof nach Finthen. Ob das gut bei der Bevölkerung ankommen wird? Ich finde das Angebot nicht attraktiv, ist wohl aus Ermangelung geeigneter Infrastruktur aber nicht anders möglich.


    Des Weiteren hätte ich mir eine direkte Führung über den Universitätscampus gewünscht. Die elektromagnetische Verträglichkeit wäre mittels Stromspeicherlösungen wie "MITRAC Energy Saver" (Fahren ohne externe Stromzufuhr) möglich gewesen.


    Nun zu den Fahrzeugen: Die GT6M waren schon bei ihrer Anschaffung in den Neunzigern zu klein für einen Großstadtverkehr. Selbst ein Gelenkbus hat mehr Sitzplätze! Die Variobahnen (30 m lang) sind schon ein Fortschritt aber eigentlich auch noch zu klein (erst recht für zu erwartenden Fahrgastzahlen der Mainzelbahn). Da lob ich mir doch das um einiges kleinere Heidelberg, wo auf stark ausgelasteten Linien Straßenbahnen mit fast 40 m Länge verkehren. Mir ist schon klar, dass man für längere Trambahnen in Mainz auch die Bahnsteige verlängern müsste. Tja, aber was soll ich sagen, das haben die Heidelberger auch geschafft. ;) Und seien wir mal ehrlich viele der Haltestellen sind stark heruntergekommen und ein nahezu ebenerdiger Einstieg ist meines Wissens nach nirgendwo möglich (selbst bei der verlegten Haltestelle "Gonsbachterrassen" wurden keine Bahnsteige gebaut, die für eine Einstiegshöhe von 300 mm geeignet sind).


    Nun aber genug gemeckert. Ich stehe dem Bau der Mainzelbahn sehr positiv gegenüber. Es ist eine deutliche Attraktivitätssteigerung gegenüber dem Bus, der auch gerne mal Beförderungsmittel untersten Standards genannt wird. Die Mieten für Wohnungen in Straßenbahnnähe werden steigen, weil die Interessenten sich einen Tramanschluss wünschen. Die ist kein subjektiver Eindruck von mir, sondern wurde am Beispiel Straßburg nachgewiesen.


    Was mich nur sehr traurig machen würde, wäre wenn nach dem Bau der Mainzelbahn Schluss mit dem Ausbau der Mainzer Straßenbahn sein würde. Die Tram hat noch viel Erschließungspotential in Mainz und dem Umland. Diese werden unter Umständen schwieriger umzusetzen sein als die Mainzelbahn, weil entsprechende Flächen nicht freigehalten worden sind. Die Franzosen haben es aber trotzdem geschafft Straßenbahnstrecken in vorbildlicherweise in das Stadtbild einzufügen (und nicht andersherum). Am wichtigsten wäre wohl eine weitergehende Erschließung von Alt- und Neustadt (derartige Pläne gab es schon vor längerer Zeit und wurden „Cityring“ getauft). Langfristig müsste das Ziel heißen: stark ausgelastete Strecken übernimmt die Straßenbahn mit entsprechender Kapazität und der Bus übernimmt die Feinerschließung, z. B. mit Quartierbuslinien. So nutzen beide Verkehrsmittel optimal ihre Vorteile.


    Nun habe ich noch einen Literaturtipp für euch. Wer sich mit modernen Straßenbahnen beschäftigt, dem wird der Name Christoph Groneck etwas sagen. Er hat sich intensiv mit dem Bau neuer Straßenbahnstrecken beschäftigt und eine Dissertation „Französische Planungsleitbilder für Straßenbahnsysteme im Vergleich zu Deutschland“ geschrieben. Diese kann auf folgender Website herunterladen: http://elpub.bib.uni-wuppertal…eurwesen/diss2007/groneck Sehr interessant wie ich finde!


    Aus einem seiner Vorträge habe ich auch folgende Zitate:


    „Das antiquierteste, vorsintflutlichste, armseligste, betagtste, archaischste, primitivste, störendste, lästigste, unlogischste, dümmste Stadtverkehrsmittel ist die elektrische Straßenbahn.“


    Marcel Noppeney, Schriftsteller, 1939


    „Die Straßenbahn ist die städtebauliche Idee des Jahrhunderts.“


    Alain Chenard, ehem. Oberbürgermeister von Nantes, 2001



    Wer wohl recht hat? ;)


    Viele Grüße
    FloMZ