Beiträge von cinerama

    Ich halte die Idee für sehr sinnvoll..wenn der Kudamm wieder zur Flaniermeile Nummer 1 wird, dann belebt sich das ganze Areal mit Kinos und so weiter...


    Das wird nach den Abrissen der Traditionstheater um die Jahrtausendwende (einst rühmliche Architektur, aber in den letzten Jahren vernachlässigt oder verschandelt) nicht mehr realisierbar sein.
    Da ich mit den o.g. Politikern bzgl. einer Abrissverhinderung seinerzeit lange Gespräche führte und man wußte, damit die Passantenfrequenz nach Feierabend, abends und an Feiertagen dramatisch sinkt, ist die Neubebauung einer Flaniermeile zwar positiv zu bewerten, aber keine Rückkehr mehr zum Weltstadt-Boulevard.


    Derzeit sind die Kinobetreiber nahezu insolvent und auch die Investoren meiden Kontakte zu dieser Branche, leider. Der Multiplex-Wahn hat somit nicht ausgelastete Säle produziert. Und ein Neubau noch weiterer, uniformer Black-Box-Säle à la CineStar Potsdamer Platz oder sog. Kinofassaden wie UCI Friedrichshain oder CinemaxX Postdamer Platz (adaptierte Bürohausfassade) dürfte den Kudamm zu keiner Kinomeile mehr machen. "Früher war's besser" und Film wandert leider ab ins Home Cinema. (Das hätte man mit Zoo-Palast und Royal-Palast verhindern können, wenn diese ambitiös betrieben worden wären: siehe Kinos an anderen Weltstadtboulevards.)


    It's over.

    Ein besonders schlimme Nachricht für die City-West, die als Geschäftmeile und Weltstadtboulevard einen Neuanfang behauptet, leider sich aber fast aller Kultur- und Unterhaltungsmagneten entledigt hat.


    Der hervorragende architektonische Entwurf des ROYAL PALAST-Lichtspielhauses - äußerlich konzipiert von Hentrich, im Inneren von Prof. Heese und der Breitwandgeschichte schreibenden Cinerama Incorporation vorangetrieben - ist nicht durch ein gläsern-luftiges Kaufhaus zu ersetzen. Ganz abgesehen von der Bedürfnisbefriedigung eines Elektronik-Riesen, was eher an die A 10 paßt, langweilt die Architektur Sergej Tchobans fast zu Tode.


    Kollegen, denen ich die Entwürfe einmal zeigt, spotteten bereits darüber: "Ist dies eine moderne Sträflingsanstalt?", fragte man mich.


    Man schaue bitte wriklich einmal "hinter" eine "Fassade", und es offenbart sich gähnenden Leere auf 6 flachen Stockwerken entloser Berieselung mit flackerndern und piepsenden Elektronik-Sortiment bis zur geistigen Abtötung.


    Mit einem Lichtspieltempel, einem Theater, einer Unterhaltungsstätte oder einem Konzert- und Veranstaltungsraum, wie er in eine weltstädtische City gehört, hat all dies leider nichts zu tun.


    Es ist ein trauriges Erleben, daß sich Berlin seines Tafelsilbers mehr und mehr entledigt hat und die Bürger passiv hinnehmen (oder bejubeln), was ihnen Immobilien-Kaufleute in ihrer menschlichen und kulturellen Engstirnigkeit oktroyieren.


    Das Europcenter hat damit ganz unzweifelhaft seinen seit langem angeschlagenen Ruf zur Gänze zerstört: von den Attraktionen, mit denen es 1965 eröffnet hatte, ist nun nicht mehr als ein x-beliebies Shopping-Areal übrig geblieben, das weder historische Faszination ausübt, noch den modernen Konzeptionen von Architektur oder Urbanität entspricht.


    Ein Fehlgeburt, die der City-West als Publikumsmagnet größten Schaden zufügt!




    (Bild: Sammlung des Verf.)




    (Beiträge #41 - #44 verschoben, Manuel)

    Pressesammlung:


    http://www.rbb-online.de/_/sti…bruchbeitrag_3472317.html
    http://www.welt.de/data/2005/12/02/811868.html
    http://www.fr-aktuell.de/resso…b3c64404cd4b321b4f1b3f282
    und etwas aktueller:
    http://www.tagesspiegel.de/ber…7.01.2006/2277807.asp#art
    http://www.tagesspiegel.de/ber…1.01.2006/2283983.asp#art



    Die Photos an dieser Stelle sind urheberrechtlich geschützt und dürfen auf ausdrücklichen Hinweis des Inhabers nicht verbreitet werden, bitte nächstes Mal unbedingt beachten - Die Moderation


    Fotos:http://www.theater-am-kurfuers…php?isSWF=1&nlact=&isJS=1


    Auf dem Gelände am Kurfürstendamm/Nähe Uhlandstraße war 1913-21 sowie 1948 ein Kinematographen-Theater gewesen, der Theaterbau machte aber erstrangig als Sprechbühne Geschichte: als dortTheaterarchitekt Oskar Kaufmann umbaute und der Regisseurs Max Reinhardt inszenierte. Nach Kriegzerstörungen erfolgte 1950 einer Wiederaufbau unter Beteiligung des berliner Baulöwen Karl Heinz Pepper (1963 Bauherr des Europa-Center und Royal-Palast): die Theater werden seitdem von der Familie Wölffer geleitet.
    1974 umschließt der Mantel eines neuen Einkaufszentrums, des Kudamm-Karrees, die Theaterbauten: ein Pendant der Architektin Siegried Kressmann-Zschach (verantwortlich zeitgleich auch für den Bau des Steglitzer Kreisel am Rathaus Steglitz) zum Eruopa-Center, könnte man annehmen. Die beiden Traditionsbühnen sind äußerlich kaum mehr identifizierbar und lassen vulgäres 70er-Jahre-Ambiente vermuten - gleich daneben befinden sich einschlägige Porno-Kinos und eine Reihe von Billig-Kneipen bis ans Ende des Kudamm-Karrees versprühen wenig Charme.
    Mit Bau des Kudamm-Karree wurde auch das kleine Kino 'KuLi' (anfangs: Kudamm-Lichtspiele) aus der taufe gehoben, das sich besonders als Anlaufpunkt für Fangemeinden von Langzeitbrennern wie "Der Clou" u.a. eignete.



    Bild: http://www.kinokompendium.de


    Noch in den 90er-Jahren mochte man glauben, die Kudamm-Karree-Geschäftsleitung um Peter Ristau und Barbara Bund-Stolle sei weiterhin am Erhalt der vielfältigen Infrastruktur des Kudamm-Karree interessiert. (Vgl. auch: http://www.kudamm-karree.de ). Da jedoch mit der "Niemandsland"-City am Potsdamer Platz die City West verödete, zog dies wohl auch einen Mieterabfluß nach sich, und der Auszug des Elektronik-Kaufhauses Makro-Markt im Juni 2005 zeigte einen Handlungsbedarf der neuen Eigentümergemeinschaft, der Real Estate, einem offenen Fond der Deutschen Bank (und somit nicht im Direktbesitz der DB). Nachdem in den letzten Wochen sich ü berschlagende Zeitungsmeldungen Anleger-Geschäfte und Kreditauflösungen des DB-Vorstandschefs Ackermann brandtmarkten, stehen diverse Fonds der DB zur Disposition. Sinn macht es für die Real Estate möglicherweise, so viel wie möglich an Mietverträgen aufzulösen oder zu kündigen, um den Verkaufswert der Immobilie zu erhöhen.
    Dabei wurde den beiden Kudamm-Karree-Theatern jetzt zu Ultimo 2006 gekündigt. Briefe der Bezirksbürgermeisterin Thiemen blieben unbeantwortet, der einzige kurze Kommentar, der der Real Estate zu entlocken war, lautete, man sei nur den eigenen Anlegern und einer geschäftlich optimierten Nutzung der Immobilie als Einkaufszentrum verpflichtet, aber für "Kultur" seien "andere zuständig".


    Widerstand regt sich allemal: West-Berlins "größte Zeitung", die B.Z., seit 1961 Kampfblatt der konservativen Axel-Springer-AG gegen alles, was nach "Sozi" riecht, macht Front gegen die westberliner Grundstücksspekulanten! Von "Bodenspekulation wie ins Las Vegas", "Sex und Spielsalons", "Verödung und Untergang Westberlins" ist plötzlich die Rede, man hält der Deutschen Bank direkt (!) Raffgier und Menschenfeindlichkeit entgegen, fährt Politprominenz von Bürgermeister Wowereit bis zum "Ex" Walter Momper (der mit dem "roten Schal") auf, wo es heißt, die DB werde "mächtig Ärger bekommen, sollte sie das durchziehen - Berlin könnte sich genehmigungsrechtlich auf die Hinterbeine stellen".

    (Pers. Einschätzungen von: cinerama)

    Ging zu dieser Zeit auch pleite und wurde an einen Öbaron gekauft, der primär Hotelgeschäfte betrieb.
    Ist bis heute so geblieben: der klassische "Filmstock" ist bei der Warner geendet, die heutige MGM-Eigenproduktion ist minimal ...

    Das ist auch löblich so.
    Und auch eine andere SCHAUBURG, die in Karlsruhe, kann als Fanal der Filmpalast-Kultur gelten: http://www.schauburg.de


    In Berlin ist dies systematisch durch hyperagressive Handelsketten, geldgierige Vermieter, konzeptlose Center-Eigner und geistig zurückgebliebene Theaterbetreiber der Abrißbrine überantwortet worden.


    Man denke nur an das MGM-Theater Kurfürstendamm.


    Um auf Lagerfeld und Armani zu kommen: wo wollen oder sollen diese denn einziehen?
    Im Moment fällt mir nur der Leerstand im Kudamm-Karree ein, wo im Juni der PRO-MARKT gekündigt hatte und kein ähnlich lukrativer Nachmieter in Sicht war.
    (Zeitweilig hoffte man ja auf SATURN, damit dieses Unternehmen unseren Royal-Filmpalast im Europa-Center verschont ... was leider eine unerfüllte Hoffnung blieb).

    Zum übergeordneten Thema "Bikini-Haus"?
    Zum "Architekturgespräch 77" http://www.stadtentwicklung.be…ungen/downloads/ag_77.pdf (da ich gefragt wurde) möchte ich nachtragen, daß ich auf diesem Symposium anwesend war und dort die Auffassungen sehr kontrovers vertreten wurden. Allgemein schien mir die Vorläufigkeit der Konzepte evident zu bleiben: man will zwar eine Shopping-Mall, aber ein ganz bestimmtes Gebäude verunmöglicht diese Trasse vom Hochhausriegel zur blauen Kugel. Ähnlich diesem Forum war auf dem Symposium das Landesdenkmalamt primär an Aspekten der Stadtansicht, des Stadtbildes und seiner "Balance" interessiert. Zu kurz kam dabei m.E. ein damit konform gehendes Nutzungskonzept. Dieses folglich somit nur vom Investor, der Bayerischen Immobilien AG konkretisiert, wobei die denkmalschützerischen Aspekte ein eminentes Hindernis darstellten.
    Wollte man nun für das Denkmalamt Partei ergreifen, dann muß man diesem jedoch zum Vorwurf machen, dass es weder die Nutzungssituation noch die Bedeutung der Innenarchitektur ausreichend verdeutlicht hat.
    Das war dann auch der Gund, warum ich kurz in meinem obigen Beitrag hierfür ein Beispiel herausgriff, das aufzeigen soll, daß man eventuell künftig wieder "von innen nach aussen" denken sollte, und sich nicht nur auf Probleme des "Stadtbildes" beschränken kann. Es sind doch beide Variabeln unbedingt miteinander verknüpft, sei behauptet.

    @Jo King... dies ist einerseits richtig. Jedoch wurde von den Usern genau in diesem Thread (und nicht ein einem anderen) eine ZOO PALAST-Diskussion begonnen. Ich war dies also nicht gewesen, der diese Problematik angerissen hatte.


    Und da eine Abrissempfehlung im Raum stand (ein ernstzunehmender Diskussionspunkt), mochte ich gerne direkt darauf antworten, hierbei auch kurz die beiden Bilder einstellen, womit ich deutlich hinter dem von Dir vorgestellten Konvolut (an alten aber auch aktuellen Bildern) zurückliege.


    In der Überschrift dieses Threads erkenne ich nicht, dass Theater-Kino-Restaurant-Bilder vom Tauentzien/Kurfüstendamm ausgespart werden müssen, stattdessen also nur ausschliesslich über die Fassadengestaltung gesprochen wird?


    Der Sonder-Thread "Kinoarchitektur" wäre nach meinem Verständnis eher aus historischer Sicht von Relevanz. Würde dort ein Mindestinteresse vorherrschen, so hätte ich sicherlich ausführlich dort umfängliches Material eingestellt. Da aber dort kaum jemand diskutiert, sondern nur in diesem Thread die City-West-Kinos angesprochen wurden, sehe ich keine Möglichkeit, angemessen dazu eine Auffassung kundzutun.


    Wie gesagt: der Anstoss zur Kinogebäude-Debatte wurde hier stets von anderen Usern gegeben. :toll2:

    Manuel


    Der Punkt des Primats der Aussenfassade oder der Saalarchitektur sollte nicht mit einem "entweder oder" beantwortet werden (gleichwohl solche Abwägungen städtebaulich immer wieder zur "Realität" gehörten: siehe KOMISCHE OPER in Berlin, innen "Hui", aussen "Pfui"!).


    Auch entwickelten sich in diesem Thread verschiedene User-Betrachtungen, die bspw. der Fassade des ZOO PALAST wenig Originäres zuerkannten und diese gerne abreissen würden.


    Daher möchte ich gerne für die Einheit der Innen- und Aussenarchitektur sowie der Innen- und Aussenfunktionen werben.
    Übrigens haben sich die "wirtschaftlichen Bedenken", derart große (und natürlich auch expensiver zu betreibene ältere) Säle weiterzuführen, mittlerweile relativiert. So meldete sich unerwartet UCI-Kinowelt zurück, sehr wohl gerne den alten Mietvertrag verlängern zu wollen. Und plötzlich räumte auch Stindt von der Bayerischen Immobiliengruppe (Eigentümerin des Zoo-Bogens) ein, zu diesen Konditionen "ginge es".


    Natürlich: mit einem komplett neuen Multiplexbau (ergonomisch sparsame Kaufhausarchitektur) lassen sich (gleiche Besucherfrequenzen vorausgesetzt...) noch höhere Margen erzielen - und wer wünscht sie sie nicht?


    In der Abwägung Denkmalschutz resp. Eventcharakter eines Filmpalastes zur sog. Wirtschaftlichkeit erinnere ich daher an die Einheit solcher Baudenkmäler. Und hierbei stelle ich kurz die Saalarchitektur des grossen Saales im ZOO PALAST der eines heutigen Plexkinos, des CINEPLEX SPANDAU, gegenüber. Aus dieser sich ständig wiederholenden Erfahrung heraus fiel mir die Entscheidung nie schwer:




    Bildquelle: mit Erlaubnis von http://www.kinokompendium.de [Bildrechte bei © Monika Perkovic]

    @ Manuel



    Wenn (gerne) angezweifelt wird, dann müßte auch ein Gegenbeispiel genannt werden, woraus entnehme ich dieses bitte?


    Der Rest der Argumentation ist leider vollkommen widersprüchlich. "Zoo Palast eine echter Klassiker ... entkernen ... und dann innen Multiplex".
    Verzeihung: mit welcher Chuzpé werden hier Entkernungen gefordert aufgrund flüchtig goutierter Zeitungsartikel, die bereits für sich genommen von wenig Orts- und Sachkenntnis zeugen (einige der Journalisten kenne ich, die vorher nichts von den Sachverhalten wußten und nach Besuch von Bauausschüssen oder Symposien unreflektiert die Auffassung der "Investoren" übernehmen)?


    Frage an Sie: kennen Sie die wirtschaftlichen Zahlen des hier angesprochenen Betriebs und dessen Bedarf an "Modernisierung" wirklich? Und warum fordern Sie pauschal die Entkernung von architektonisch wertvollen und auch unter Denkmalschutz gestellten Auditorien?


    Sind Sie ggf. imstande, den Widerspruch Ihrer Aussagen aufzulösen?
    a) echter Klassiker ... und andererseits ihn zu
    b) entkernen!


    These: Besteht ein Gebäude nicht aus der Gesamtheit seiner aussen- wie innenarchtektonischen Chrakters sowie seiner ureigenen Nutzungskonzepte und urbanen wie auch geschäftlichen Bedürfnisse oder habe nur ich als "arroganter Ideolge" mir dies herausgenommen anzusprechen?
    Ist es denn Ihr Ziel oder entspricht es dem Bedürfnis der Bevölkerung und auch den veranstaltungsspezifischen Anforderungsprofilen nunmehr den obig exemplifiziertren Saal durch einen (kleineren und natürlich auch schlichteren) Multiplexsaal zu ersetzen? Hierfür ebenfalls ein kurzes Beispiel, das Folge der beworbenen Entkernung sein könnte:


    Frage: welcher "Stand der Technik" ist im Multiplex dem Traditionskino überlegen: etwa die zumeist verwackelte Bildwiedergabetechnik, die billigen, kompressionsverzerrenden Lautsprecher, die Massenabfertigung und Personalpolitik, die Steilprojektionen, Bildbeschnitte und Bildunschärfen? Oder die "einladenden" Foyers mit leckerster Gastronomie und multimedialer "Concession-Technik"?
    Es tut mir leid, aber mehrheitlich sehe ich (der die Häuser kennnt) diese Vorzüge nicht durchgreifen.


    Einen SATURN-Markt andererseits zu befürworten (dessen projektierte Kaufhausfassade am Tauentzien selbst in diesem Forum mit wenig Enthusiasmus aufgenommen wurde!) und genau an dessen Stelle Kinopaläste kahlzuschlagen, kennzeichnet nach meiner Auffassung einen zivilisatorischen Rückschritt.


    Ideen auf Konzepte aber, die "urban und sozialpolitisch bekömmlich" sind, wären ganz dringend geboten, alles andere bedeutete doch nur, der Geldarroganz der Anleger und dem Eigennutz einiger Dependenzen nachzugeben. Und eine allgemeine Ignoranz alldessen - das kann sicher nicht verantwortliches Handeln der bezirklich verantwortlichen Politiker und der schreibenden Presse ausmachen.


    "Passieren" muß unbedingt etwas am Bikini-Haus, aber nicht pauschal abnickend das, was die Investorgruppe unserer Stadt auftischt.


    Die Einseitigkeit und auch Einsilbigkeit der hier anzutreffenden Argumente und Forderungen macht mich völlig sprachlos, sie sind vermutlich auch nicht repräsentativ für die Bevölkerung und gottlob auch nicht der "repräsentativen" Politik (was man von deren Überzeugungen auch halten mag), da bin ich zuversichtlich.

    Also zur "Rückkehr des Luxus" würde ich anmerken, daß natürlich zum Weltstadtboulevard auch einige Flaggship-Dependancen oder Luxus-Einzelgeschäfte gehören.
    Nicht einmal gegen die tradierte Bezeichnung "Schaufenster des Westens" hätte ich etwas einzuwenden, da selbst für ärmere Bevölkerungsschichten das gelegentliche Gucken und Flanieren an Schaufenstern bis zu einem bestimmten Punkt Unterhaltungswert hat.
    Wie ist es aber, wenn diese Balance, die auch aus den wenigen, nunmehr auf der Kippe stehenden Theatern (Komödie und Theater am Kurfüstendamm) sowie den "Luxus"-Traditionskinos (als Antithese zur "Supermarkt-Filmabnudelbetrieb" etlicher Multiplexe, die ich nicht nur von aussen, sondern auch von den Betriebsräumen her kenne) sich zusammensetzt, nunmehr völlig kippt, wodurch der "Boulveard" nach 20 Uhr wie tot ist?
    Genau diese Friedhofsruhe ist auch die Befürchtung der Politiker - von aussen rechts bis ganz weit links. Durch die sinkende Kaufkraft, das sinkende Inlandsprodukt, Arbeitslosigkeit und Konsumflaute haben wir dann einen Zweiklassen-Boulevard geschaffen: die einen, die "rein dürfen", und die anderen, die besser "draussen bleiben" sollten.
    Es ist daher gar nicht erstrebenswert, die gesamte Region lückenlos mit Flaggship-Dependancen und Luxus-Geschäften zu überfremden, ebensowenig aber auch "Low-Price"-Dependenzen wie SATURN an die Stelle ehemaliger großer Entertainment- und Kulturstätten zu setzen.
    Um letztere Etablissements geht es mir, die in der City-West auf dem Rückzug sind. Nun kann man argumentieren, daß sei der Trend der Zeit, auch der Trend zum Großhandel und die Besucherströme bewiesen doch, daß dieses Konzpet angenommen würde.
    Das alles mag schon zutreffen, ob das alles jedoch urban und sozialpolitisch bekömmlich ist, muß ich bezweifeln. In Wiederholung: Dass nach 20 Uhr die Lichter ausgehen und ausserdem der Drogenhandel zunimmt, man ausschließlich nur noch von Flaggship-Dependancen spricht oder der Fernabhnhof geschlossen wird, ist ein Symptom des urbanen Niedergangs. Weiters nehmen die kleinen Theater und (kleinen wie grossen) Kinos immer die Funktion der Bindung auch der sozial benachteiligten Bevölkerungsschichten am öffentlichen Leben ein. Auch dies scheint (von SATURN- oder McDonalds-Vergnügungen einmal abgesehen) nunmehr einen Rückzug anzutreten.


    Zur Fassadenkonstruktion zu sprechen kommend, ist mir schon klar, daß es sich heute um pflegeleichte Materialien handelt. Ob aber die Stahl-/Glaskombination (die man überall bis hin zum Potsdamer Platz en masse antrifft) in jedem Falle einer historisch-determinierten City originelle Impulse gibt, kann ebenfalls zu berechtigtem Streit führen. Persönlich würde ich aufgrund die Gleichförmigkeit (renovierte) Fassaden der derzeitigen Gebäude präferieren. Und auch an bestehenden Nutzungskonzepten festhalten, zu denen durchaus auch einige Trödel-, Tante-Emma oder Ramschläden gehören, auch und gerade etwas abseits vom gestylten Einheitsgeschmack der Verkaufsästhetik der Flaggship-Dependancen (das ist tlws. ein Reiz auch einiger Läden im Europa-Center jenseits des Mainstreams).


    Zoo-Palast als "Europas bekanntestes Filmtheater" (wiewohl ich den Rioyal-Palast immer eindeutig vorzog) läßt sich daraus ableiten, weil dieses Haus internationale über Jahrzehnte hinweg als Hauptveranstaltungsort der Berlinale in allen in- und ausländischen Medien abgelichtet wurde.

    Die Postutale auf Abriss oder Umgestaltung einiger Objekte haben massive Probleme heraufbeschworen, die aber auch durch längeren Leerstand oder Herabwirtschaftung diverser Immobilien verursacht worden sind.
    So geht es aktuell nicht mehr nur um Änderungen oder Verbesserungen von Fassaden oder des Stadtbildes, sondern auch um konkrete Folgen für die Nutzungsziele und irreversiblen Umgestaltungen etablierter sozialer Räume. Die Nutzungskonzepte, die im Raum stehen, erweisen sich als noch folgenschwerer als die Umgestaltung von Fassaden (die im Falle des Bikini-Hauses nicht einmal der gravierenste Eingriff wären, obwohl der Direktor des Landesdenkmalamtes, Herr von Buttlar, allergrößte Bedenken äußerte, wonach die "Balance" des Stadtbildes vom Schimmelpfennighaus über den Riegel am Hardenbergplatz, den Zoo-Palast, das Bikinihaus bis hin zum als massiven Störfaktor empfundenen Kugelkino "kippen" würde.)
    Das kam auf der kontroversen Veranstaltung "Architekturgespräch 77" in der Vorwoche heraus. Hierbei war dem opportunistischen Baustadtrat Dr. Gröhler (die Berliner Zeitung bezeichnet ihn als "Populisten") der Denkmalschutz weniger wichtig als das Nutzungskonzept, und auch (irgendein) Kinokomplex am Zoobogen müsse s.E. eine Komponente dieses Konzeptes sein.
    Gerade in diesem Zwiespalt entstehen verheerende Fehlentscheidungen und Fehlgeburten für die Zukunft: es kommt definitiv sowohl zu einer Aufgabe der architektonischen Balance am Zoobogen zugunsten (wirtschaftlich) erneuerter Nutzungskonzepte, die dann sogar einen "modernisierten" Kinobetrieb tragen könnten, so wie zu einer Zerrissenheit der Nutzungsarten, folgt man Gröhler.


    Das Resultat ist ein doppelter Verlust: der des ausbalancierten Stadtbildes um den Breitscheidplatz und das Europa-Center (mit seinem kommenden Kaufhaus á la "Potsdamer Platz"-Shopping-Ästhetik) und auch der von vormals kulturell gestalteten, urbanen Nutzungskonzepten, die letzlich Business-Bauten, Firmenbüros oder 5-Sternehotels weichen. Ebenso ist der "Staubsauger"-Effekt des neuen Shopping-Mall, welche vom Hochausriegel ausgehend die Menchenstörme bereits vom Bahnhof Zoo abgreift, um sie bis zum Ende des Bikini-Hauses zu schleusen, ein urban abträgliche Lösung in dieser Region.
    Diesbezüglich warnte selbst Gröhler vor einer Verelendung des (derzeit von Drogenhändlern bevölkerten) Breitscheidplatzes, die in diesem "Staubsauger"-Konzept der Bayerischen Immobilien AG keinesfalls gestoppt würde. Gleichzeitig schlägt Gröhler (ohne über irgendwelche Branchenkenntnisse und über Umsatzzahlen zu verfügen) den Bau eines Multiplexkinos vor, in der naiven Erwartung, dies entspräche dem Trend der Zeit.
    (Hier empfehle ich einmal die Umsätze und die Architektur der UCI-Kinowelt in Friedrichshain als Zukunftsperspektive zu bewerten, die dann den Zoo-Palast überkommen wird).
    All dies zeigt m.E. die Ohnmacht und völlige Hilflosigkeit einiger Politiker, die durch beliebige Investmenterfolge Wahlen gewinnen wollen, ohne die Folgen durchdacht zu haben.


    Vollkommen unverständlich erscheinen mir aber die in diesen Thread enthusiastisch formulierten generellen Abrisspostulate, die noch die kühnsten Umgestaltungspläne diverser Immbobilienfirmen, die bekanntlich alles bauen, wofür sie geraden einen meistbietenden Mieter finden, in den Schatten stellen. Ich frage mich, ob dienjenigen, die solche Postulate erheben, ernsthaft über die Nutzungskonzepte nachgedacht haben resp. eine Vorstellung entwickelten, wie die jetzt im Raum stehenden Konzepte zukünfitg auf Touristen oder Freizeitler mit Entertainment und Kulturbedürfnissen wirken würden?
    Ebenfalls bleibt mir unverständlich, wie in dieser Diskussion die eine oder andere neue Fassade (die doch nur gut aussieht, solange sie neu ist) hier wie dort die Gewichtung der Nutzungskonzepte ausblendet oder marginalisiert.


    Nach diesen nachhaltig mich entsetzenden Bewertungen, die ich hier zur Kenntnis nehme, möche ich anmerken, daß selbst der Ist-Zustand des leicht schmuddeligen Bikini-Hauses (mit seinen "Tante-Emma-Trödelläden) absolut der sterilen Kälte eine Shopping-Mall, die Europas bekanntestes Filmtheater durchschneiden wird, noch vorzuziehen ist.


    Sollten die derzeitigen Pläne realisiert werden, wo man nur noch zu massiver Bürgergegenwehr aufrufen kann, könnte es sein, dass in wenigen Jahren die Einsicht einkehrt, dass hiermit die City-West als zwar widersprüchlicher, dennoch aber entwickelter urbaner Lebensraum irreparabel zerstört wurde.

    Dieses eine Kino (Zoo-Palast) habe nicht ich thematisiert, sondern die User. Zufällig spielt es in der Diskussion um die Bebauung des Zoo-Bogens eine zentrale Rolle.
    Sofern es Dir als Administrator dieses Forums mißhagt, hierüber unbequeme Stellungnahmen zu vernehmen, so frage ich mich, worüber sonst im Thema "Zoobogen", der Unterrubrik "Kurfürstendamm/Tauenztzine/CIty-West", diskutiert werden sollte?


    (Bitte um Aufklärung, wie es zu dieser Ghettoisierung der Kinofrage kommt, die zumindest in der Presse der letzten Tage der Hauptknackpunkt aller städtebaulichen Erwägungen in der Presse war.
    Irgendwie herrscht hier ein Verständnisproblem, was der Sinn dieses Thread denn sein soll, der doch nur durch seine Themenstellung klar beantwortbar ist. Zudem geht es nicht um Kino-Nostalgie, sondern die aktuelle Lage in der City-West. Darauf ist explizit eingegangen worden)

    Spätvorstellungen gibt es dort natürlich, jedoch arg spät. Inhaltlich/programmatisch originell genutzt weden sie kaum: http://www.uci-kinowelt.de/programm/berlin_zoo_palast/


    Für die Idee "Neuer Royal-Palast" hatte ich die Stärkung der Spätschienen angedacht: Betreiber und Vermieter zeigten sich desinteressiert, obwohl die Verlängerung der Prime-Time-Vorstellung auf die Spätschiene seit Jahren nur noch nur noch Rinnsale an Publika einbringt: http://www.royal-palast.de

    Die Mehrheit der Cineasten findet den Profan-Bau CUBIXX am Alexanderplatz schlecht, der ebenfalls vom Architektenbüro nps Tchoban stammt, der auch das SATURN-Kaufhaus anstelle des ROYAL PALAST-Kinos entwarf.
    Auch ist es technisch im CUBIXX bedeutend schlechter als in den City-West-Kinopalästen (ich stamme aus dem Gewerbe und kenne die Details): wacklige, unscharfe Projektion mit trötigem Ton, relativ niedrige Rekopaldecken, flache und kleine Leinwände, ein schwaches Programm, dürftiger Service und billige Ausstattung).


    Mir bleibt es ein Rätsel, wie man sich davon blenden lassen kann. Demgenüber waren die beiden grossen ROYAL PALAST-Säle (selbst noch im unrenovierten Zustand!) gewaltige und hochmoderne Auditorien, oder auch die beiden großen Säle im ZOO PALAST fantastische Kreationen im Stile der italienischen Opernarchitektur.
    Kritisieren kann man auch diesen Stil der moderen Sachlichkeit oder des Neo-Jugendstils von 1957 resp. 1965 - natürlich. Aber einen Vergleich zu den Kino-Billig-Modulen im CinemaxX oder Cubixx am Potsdamer Platz/Alexanderplatz zu ziehen, kennzeichnet m. E. einen depremierenden Wertewandel. Es ist so, als wenn ich meinen Roll-Royce wegwerfe und gegen einen VW-Fox ersetze, nur weil dieser einen Airback und neuen Aussenlack aufweist.


    Ganz schreckliche Zeiten sind dies, in denen wir leben!
    (Hoffentlich kommt hier irgendwann eine Revolution, nach der man solche Investoren zum Teufel schickt...)

    Völliger Schwachsinn: offenbar kennt hier keiner mehr den Unterschied zwischen der Innenarchitektur glanzvoller Filmpaläste und der Profanarchitektur billig in Modul-Baukastenweise errichteter Multiplexe (die übrigens immer mehr Besucher ankotzen, technisch miserabel, aber mitnichten wirtschaftlich sind! Bitte mal die wirtschaftlichen Tatsachen nicht verdrehen!)

    Die Filmtransparente wurden schon vor einem Viertel Jahr abgenommen, waren auch bereits zerfleddert.
    Nun folgte die Demontage des UFA-Logos (rot-weisser Rhombus) und des Neon-Schriftzugs "Marke Aldi-Vertrieb" ROYAL PALAST. Dies betrifft zunächst die Westseite des ehemaligen Kinokubus CITY, währendessen die Südseite noch unversehrt ist.
    Der Anblick ist ein Alptraum, bedenkt man, was dort vorher einmal hing!



    (Dass wir uns beim Fotografieren nicht begegneten, ist auch schon Zufall, habe dort Tage verbracht, um die Veränderungen zu dokumentieren...)