Danke Klarenbach, für die Eröffnung des Threads und den einführenden Überblick zu dem Thema. Ich finde den derzeitigen Stand des Konzeptes sehr interessant. Ich glaube aber, dass die Erwartungen, die der Begriff "IBA" auslöst, sehr unterschiedlich sind. Ich verstehe eine IBA nicht als neuen Plan zur Entwicklung bestimmter Bereiche der Stadt, sondern als ein offenes Experiment, in dem Verfahrensweisen, Instrumente und Gebäude für bestimmte Probleme erprobt werden, für die noch niemand Lösungen hat. Für 2020 soll es um die Urbanisierung der "gefühlten Peripherie" gehen, sowohl außerhalb als auch innerhalb des S-Bahnrings. Die Leitfrage wäre, wie geht man mit dem Erbe der modernen, funktionel getrennten, autogerechten Stadt um. Das sind die Großsiedlungen am Stadtrand, wie die Gropiusstadt, aber auch Gebiete wie die Karl-Marx-Allee II. Bauabschnitt sowie die Einfamilienhaussiedlungen. Ich würde schätzen, dass vielleicht ein Drittel aller Berliner Wohnungen in diese Kategorien fällt, vielleicht noch mehr. Das zeigt, die Bedeutung des Themas und schließt andererseits die Rückgewinnung der historischen Mitte nicht aus. Ich finde vielmehr, eine Bauausstellung wäre das letzte, was der Bereich des alten Berlins braucht. Dort muss wieder ein Stück lebendige, funktionierende Stadt entstehen, aber kein "Architekturzoo". Hat die IBA dazu nicht bereits vor 30 Jahren stattgefunden? Sind die Instrumente nicht längst entwickelt und erprobt? Was in der historischen Mitte fehlt, ist der politische Wille Auseinandersetzungen mit z.B. den Verkehrsplanern oder dem Finanzsenator/der Bafin zu führen. Wie auch immer. Die Gruppe think-berlin, die das "radikal radial"-Konzept ausgearbeitet hat, stellt auf ihrer website die Argumente gegen eine Innenstadt-IBA und für das Senats-Konzept vor (think-berlin). Soweit ich weiß, ist das radikal-radial-Konzept Bestandteil der Senatsplanungen. Dabei geht es um eine Wiederbelebung der alten Radialstraßen als Zentren der entsprechenden Stadtteile, nicht um einen Ausbau als Verkehrskorridor, eher im Gegenteil. Diese Straßen sollen wieder Aufenthaltsqualität bekommen und die umliegenden Viertel "zusammenhalten" sowie die äußeren Stadtteile mit der Innenstadt verknüpfen sowie mit dem Umland.
Die Senatsverwaltung hat einige Dokumente, zum bisherigen Arbeitsstand auf ihrer website veröffentlich, die für mich interessant und lesenswert sind (allerding auch umfangreich). Eine Auswahl:
IBA-Werkstattgespräch Verdichten (26 Seiten)
Darin gibt es einen kurzen Vortrag zur Geschichte der Dichte ("Indeß ist Dichtigkeit etwas Relatives") und zu den Verwaltungsvorschriften ("Höhere bauliche Dichte-geht das rechtlich überhaupt?") Anschließend ist die Podiumsdiskussion der Veranstaltung abgedruckt.
IBA-Studie Nr.5 Das Leitbild von der "Urbanen Mischung". Geschichte, Stand der Forschung, Ein- und Ausblicke (47 Seiten)
Die Geschichte der Trennung/Mischung/Stand der Forschung zur Mischung (Nutzungsmischung, soziale, ethnische Mischung, neue urbane Mischung/Ein-Ausblicke)
Urbane Lebenswelten. Strategien zur Entwicklung großer Siedlungen (109 Seiten)
Darin ist u.a. eine Auswahl einiger Fallbeispiele nach baulich-räumlichen, gesellschaftlichen und ökonomischen Kriterien, wie Oleanderweg in Halle-Neustadt, Schorfheideviertel Marzahn, Treehouses Hamburg, Tour Bois-le-Prêtre Paris (ein Zwilling davon steht im Hansaviertel), Törnrosen Tower Malmö, Mehr als Wohnen Zürich und weitere