Beiträge von Heinzer

    Wobei das auch eine Entwicklung der letzten Jahre ist, davor war hier auch oft Tabula rasa angesagt. Aber es gibt wirklich viele kleine und größere gut gemachte Sachen. Ich habe noch einiges op Täsch, wobei viele Dinge jetzt eher Sachen sind, die noch sehr stark im Planungsstadium sind. Das akut interessanteste Gebiet ist sicherlich das ehemalige Kelloggs-Areal, das jetzt "Überseeinsel" genannt wird, das habe ich im Überseestadt-Strang gepostet, allerdings noch relativ inkomplett. Da mache ich auch nochmal ein Update mit aktuellem Stand und neuen Planungen demnächst.

    Im hinteren Teil werden alte Tabaklagerhallen zu einer Mischung aus Reihenhäusern und Büros umgebaut:





    Der erste der großen 3 Tabakspeicher am Südrand des Grundstücks ist bereits fertiggestellt:



    Der Rest ist jetzt im Bau:



    Ebenfalls bereits im Bau ist dieses "Forum" genannte große Bürogebäude, das ebenfalls am Südrand des Gebiets auf einer ehemaligen Brache entsteht:



    (Quelle für alle Visualisierungen: https://tabakquartier.com)


    Mir gefällt, dass hier sogar industrielle Nachkriegsarchitektur umgenutzt statt abgerissen wird. Insgesamt ein vielleicht wenig spektakuläres, aber doch sehr gelungenes Umnutzungsprojekt.

    Das Areal ist die Fläche der ehemaligen Zigarettenfabrik Brinkmann, die einige der bekanntesten Zigarettenmarken Nachkriegsdeutschlands produzierte, die bekannteste war vielleicht "Lord Extra", die in meiner Kindheit und Jugend noch sehr verbreitet war und ähnlich wie Marlboro oder heute vielleicht Gauloises von vielen Menschen geraucht wurde. Da ich nicht (mehr) rauche, weiß ich gar nicht, ob es die Marke überhaupt noch gibt, gefühlt würde ich sagen, nein.


    Der Bremer Immobilienplayer Grosse hat das Areal vor einigen Jahren gekauft und hat sich nun Schritt für Schritt an die Umsetzung gemacht. Nochmal eine Karte mit dem Tabakquartier im Hintergrund in seinem städtebaulichen Kontext, im Vordergrund befindet sich das "Gaswerksquartier", welches ebenfalls Bestandteil des Masterplans "Vorderes Woltmershausen" ist. Die rot gefärbten Gebäude stehen unter Denkmalschutz.


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    Quelle: ELBBERG Städteplaner


    Rangezoomt nun die Rahmenplanung für das Tabakquartier:


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    Als erstes wurde die alte Fabrik (im Vordergrund) umgewandelt, der Vorgang ist schon recht weit fortgeschritten, das Interesse an den Räumen war sehr groß, es haben sich viele Startups/Unternehmen aus dem Dienstleistungsbereich angesiedelt.


    Blick in den umgestalteten Innenhof:


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    Nach Abriss eines Nachkriegsanbaus ist hier außerdem ein Hotel entstanden:


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    Im Innenhof der "Fabrik" steht außerdem das Alte Heizwerk, welches in eine "Event Location" umgewandelt wurde unter weitgehendem Erhalt auch des Innenlebens:


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    (hier die Rundung rechts im Bild, im Hintergrund das Hotel im Rohbau)


    Vor dem Umbau:


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    Neugestalteter Eingang:


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    Innen:




    Eine wie ich finde sehr gelungene Umnutzung eines alten Fabrikgebäudes aus den 1930er Jahren. Es geht noch weiter.

    Zurück in der Stadt geschieht gerade sehr viel auf der Neustadtseite der Weser. Perspektivisch soll hier außerdem eine neue Weserbrücke die Umnutzungsareale im Bereich Vorderes Woltmershausen mit der Überseestadt verbinden. Außerdem gibt es zahlreiche kleine Konversionsflächen in der industriell geprägten Alten Neustadt. Im Prinzip zeigt sich hier exemplarisch der Niedergang von Bremens Nahrungs- und Genussmittelindustrie.


    Zu den Konversionsflächen beiderseits der Weser gehören: Eine Zigarettenfabrik, eine Cornflakesfabrik, eine Schnapsbrennerei, eine Reismühle, eine Schokoladenfabrik, die Zentrale eines Kaffeeherstellers und perspektivisch wohl auch zumindest Teil-Flächen einer weltweit agierenden Brauerei ;). Das ganze Gebiet wird geteilt von der Weser und der B75, die als Hochstraße das Gebiet orthogonal zur Weser zerschneidet.


    Zunächst ein Überblick bei GoogleMaps:


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    Grün umrahmt sind Projekte in Umsetzung oder bei denen der Baubeginn unmittelbar bevorsteht, in gelb Projekte, die in einer konkreten Planungsphase sind und rot sind Gebiete, deren Beteiligung am städtebaulichen Umwandlungsprozess auf mittlere bis lange Sicht sehr logisch erscheint.


    Als Erstes möchte ich das Tabakquartier vorstellen, das auf der Karte "links unten", also im Südwesten der Kartenausschnitts liegt mit dem rechteckigen grünen Rahmen.

    Einige der letzten Bauten erinnern an Klinkerriegel in der Bremer Überseestadt. Die großflächigen Strukturen muss man einfach über Form, Farbe, Ornament aufbrechen. Ansonsten sehr schöne Bilder, danke dafür!

    Das stimmt, wobei Hannover sich da etwas geschickter anstellt, zumindest bei den hier gezeigten Objekten. Bremen ist aber -wenn man ehrlich ist- auch gar keine richtige Klinkerstadt, Hannover ist zumindest wesentlich röter und weist mehr dieser klassischen, an Hamburg erinnernden Zwischenkriegssiedlungen auf, auf die sich zur Zeit in Norddeutschland gerade fast alle permanent beziehen. Selbst die Gründerzeit ist in Hannover oft in Backstein/Klinker gewesen, das gab es in Bremen nur bei öffentlichen Gebäuden wie Schulen etc., die gründerzeitlichen Stadterweiterungen waren überwiegend verputzt und oft weiß/hell.


    Vor 10 Jahren habe ich mich noch über jedes Klinkerprojekt gefreut in Bremen, weil die Alternative sonst oft weißes WDVS hieß, aber mittlerweile hängen mir zumindest die uninspirierteren echt zum Halse raus. Bin ganz froh, dass jetzt vermehrt mit weiteren Gestaltungsmerkmalen wie Dachformen oder wenigstens mal den Klinkerfarben gespielt wird. Auch geht es nach Jahren des Zeilen- und Punktbaus selbst in der Überseestadt langsam wieder Richtung Blockrand, was auch eine Menge bringt.

    Es geht weiter, nun wieder Bremen-Nord, Gelände der ehemaligen Bremer Wollkämmerei (BWK), einst dem größten wollverarbeitenden Unternehmen der Welt. Nach jahrzehntelangem Niedergang wurde der Betrieb auf einem großen Betriebsgelände in direkter Weserlage 2009 endgültig abgewickelt. Seitdem hat die Bremer Wirtschaftsförderung versucht, das Gelände als neuen Gewerbe- und Industriestandort zu vermarkten, mit sehr gemischten Ergebnissen. Vereinzelt haben sich kleinere Betriebe (z.B. Handwerker) und einige kleinere produzierende Unternehmen wie ein Türenhersteller niedergelassen, aber von einem "Run" auf das Gelände kann man nicht gerade sprechen. Gerade der historische Gebäudebestand gammelte jahrelang vor sich hin und verfiel bzw. wurde auch Vandalismus zum Opfer.


    Das "Problem" der Wirtschaftsförderung war, dass es ihr um die Wiederansiedlung neuer Arbeitsplätze im produzierenden Gewerbe ging, aber dafür ist die Lage zu peripher, die boomende Zulieferindustrie z.B. siedelt sich lieber in den wuchernden Industriegebieten an der A1 an und nicht hier im Bremer Norden. Auch der Faktor seeschifftaugliche Kajen zog nicht wie erhofft. Nach ziemlich viel Gewürge wurde die Strategie nun komplett geändert.


    Als erstes wie immer ein Überblick mittels Luftbild (GoogleMaps):


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    De Zwarte Hond (Köln/Groningen) hat den städtebaulichen Rahmenplan erstellt - entstehen soll hier ein großer Berufsschulcampus:


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    Der Bestand ist sehr interessant:


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    Alter Wasserturm:


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    In der ehemaligen Direktion ist jetzt eine Kita:


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    Ein paar Visualisierungen gibt es auch:


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    Eine alte Lagerhalle soll in ein Schwimmbad umgewandelt werden:


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    (Visualisierungen alle: De Zwarte Hond - Berufsschulcampus Bremen-Blumenthal/Fotos: eigene Bilder, dürfen verwendet werden)


    Ich halte es für einen Fehler, dass auf dem Gelände weiterhin kein Wohnen möglich sein soll. Dies würde die Gegend auch abends beleben. Trotzdem erscheinen mir die Pläne, auch wenn ihre Umsetzung sich aus vielerlei Gründen verzögert und nun erst in diesem Jahr mit ersten vorbereitenden Maßnahmen begonnen werden soll, für gelungen.


    Erneut zeigt sich dieser zumindest für Bremen "neue" Trend zu anderen Dachformen und einer insgesamt recht spannenden, abwechslungsreichen und doch modernen Architektur, die sich gut in den Bestand einfügt.

    Obwohl auch in Bremen-Nord noch einiges im Köcher ist, jetzt mal eine kleine, aber feine 3ha-Angelegenheit in der Bremer Neustadt, das Kornquartier. Geplant ist die Umnutzung einer Autohaus- und Gewerbebrache südlich der Kornstraße, eine der West-Ost-Verbindungsstraßen in der Bremer Neustadt, zunächst als GoogleMaps Screenshot in der Übersicht:



    Einmal gedreht und rangezoomt:



    Städtebaulicher Rahmenplan, die übliche Mischung aus Wohnen und Gewerbe:


    Plankontor-Bremen







    Kornquartier Bremen - Wirth Architekten und Hilmes Lamprecht Architekten Bremen


    Interessant ist hieran auch wieder gar nicht so sehr die unheimliche, bahnbrechende Städtebauqualität oder Architektur, sondern die enorme Entwicklung, die die Gestaltung solcher Konversionsflächen in den letzten 10 Jahren genommen hat. Ich bin mir absolut sicher, dass dieses Gebiet noch vor 10 Jahren ein ödes "Stadtvillengebiet" mit zwischen dunkelroten Spaltriemchen und weißem WDVS changierenden Fassadengestaltungen geworden wäre.


    Es ist einiges passiert, aber ob es auch wirklich gut wird und funktioniert, wird erst die Realisierung zeigen, natürlich gibt es Ärger mit Anwohnern, denen der "Hochpunkt" zu hoch ist und das ganze zu dicht und sowieso der Verkehr - naja, wie immer halt, wenn im Bestand gebaut wird.

    Ein weiteres Großprojekt in Bremen-Nord ist das sogenannte "Steingutquartier" (gibt heute anscheinend nur noch "Quartiere" ;)). Es soll an der Strecke der S-Bahn zwischen Bremen-Stadt und Bremen-Nord auf dem Gelände einer ehemaligen Steingut/Porzellanfabrik entstehen. Bislang ist das Gelände praktisch vollkommen von den Produktionsstätten überbaut, wie dieses Luftbild (GoogleEarth) zeigt:



    In für Bremer Verhältnisse überraschend hoher Geschwindigkeit fand -nach einer politisch vorgebenen Rahmenplanung, die den Erhalt einzelner Altgebäude vorsah- nun ein städtebaulicher Wettbewerb statt, aus dem das Berliner Büro Schönborn-Schmitz Architekten hervorging. Interessant am Vorgang war, dass die 6 Wettbewerbsbeiträge erst in der Öffentlichkeit präsentiert wurden und erst dann dem Preisgericht (bzw. konnte sich dieses natürlich die Entwürfe auf der öffentlichen Veranstaltung auch anschauen).


    Dies sind die 6 Beiträge in Kartenform:


    (Der Gewinnerentwurf ist unten rechts die Nummer 6)


    Hier ein Weserkurierartikel, der über die Homepage des Entwicklers Procon frei zugänglich ist:


    Schönborn-Schmitz-Architekten gewinnen Wettbewerb fürs Steingutquartier


    Es folgen die Visualisierungen des Gewinnerentwurfs, zunächst das "Luftbild":



    Bei der Feinbetrachtung ist zu berücksichtigen, dass es sich hier um einen groben Entwurf handelt/Baumassenstudien, und nicht um voll ausgeplante Fassaden:






    Auch wieder ein wie ich finde gelungener Entwurf. Was mir erst seit einer kurzen Zeit auffällt bei vielen dieser Umnutzungsprojekte ist die deutlich gesteigerte Qualität der Entwürfe. Noch vor 5, sicher aber 10 Jahren wäre so ein Gelände in Bremen einfach mit ein paar weißen, maximal teilverklinkerten Bürowürfeln zur Bahn hin und ebenso WDVS-weißen, als "Stadtvillen" verbrämten Wohnhäusern in einer Art Parklandschaft zugebaut worden. Geringe Dichten, trotzdem viel Verkehr, alles irgendwie unbefriedigend und schon nach 10 Jahren aus der Zeit gefallen.


    Aber seit etwa 3-4 Jahren regiert plötzlich Dichte und Urbanität in den Entwürfen, keine Angst mehr vor Blockrandbebauung, variable Dachlandschaften, einfallsreichere Fassadengestaltungen, allerdings verdammt viel Klinker, was manchmal auch schon wieder fast zuviel sein kann. Nun gut, man kann nicht alles haben.


    Frage ist nun: Macht Ihr ähnliche Beobachtungen in Euren Städten, so eine Art "neuen Stil", irgendwo zwischen Mid-Century und postmoderner Verspieltheit? Finde ich wirklich ganz interessant, diese Entwicklung. Wenn auch nur die Hälfte vom geplanten in Umsetzung geht (ich habe ja noch mehr auf Lager), dann wird das die Stadt wirklich verändern.

    In Bremen gibt es auch außerhalb der Überseestadt eine Reihe sehr interessanter Neunutzungsprojekte. Neben einigen Projekten in der Kernstadt möchte ich in diesem Thread auch auf die interessante Entwicklung in Bremen-Nord aufmerksam machen. Das Zentrum dieses Stadtteils mit immerhin 100.000 Einwohnern ist Vegesack; es hat eine eigene kleine Innenstadt mit Fußgängerzone etc. Grundsätzlich hat Bremen-Nord seit Jahrzehnten mit der Deindustrialisierung zu kämpfen, es sind mehrere große industrielle Arbeitgeber weggebrochen (Werften, Textilindustrie, etc.), und der Stadtteil hat aufgrund seiner peripheren Lage auch mehr Probleme dabei, adäquaten Ersatz zu finden. Aufgrund der länglichen Ausrichtung Bremens, das sich über 40 km die Weser entlangzieht, liegt dieser Stadtteil ca. 25 km von der Innenstadt entfernt, was selbst in Berlin eine periphere Lage, an vielen Stellen schon in Brandenburg liegend, wäre.


    Das erste Gebiet, um das es gehen soll, liegt sehr reizvoll an der Mündung der Lesum in die Weser. Interessant ist hier, dass keine Industriebrache neuentwickelt wird, sondern ein seinerseits bereits Anfang der 2000er Jahre aus einer Brache der Lürssenwerft hervorgegangenes Einkaufszentrum teilabgerissen und neuentwickelt wird. Es handelt sich also bereits um die zweite Neuentwicklung innerhalb von 20 Jahren. Das Einkaufszentrum "Haven-Höövt" ist vom Start 2003 weg nur mäßig gelaufen und musste recht früh mit Leerstand kämpfen bzw. hatte relativ viele unattraktive Geschäfte im Discounterbereich. Der hintere Teil des Einkaufszentrums an der Lesum bleibt erhalten und ist bereits 2019/2020 nach Renovierung als "Kontor am Alten Speicher" neueröffnet worden. Zunächst ein GoogleEarth-Luftbild der Lesummündung, das noch den alten Zustand bis 2020 zeigt:


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    (Im Hintergrund weiß die relativ berüchtigte "Grohner Düne", ein klassisches Großwohnprojekt aus den 70ern, das seit Jahrzehnten einen schlechten Ruf hat und mit Verwahrlosung, Leerstand und Kriminalität zu kämpfen hat.)


    Nachdem das Einkaufszentrum bereits 2012 zum ersten Mal in Konkurs gegangen ist, weiteten sich Leerstand immer weiter aus, schließlich wurde das Grundstück verkauft und für eine Neunutzung freigegeben. Aus dem Wettbewerb gingen Wirth Architekten (Bremen) hervor, ein Brüderpaar, das hier seit ein paar Jahren für Furore sorgt. Alle folgenden Bilder sind von ihrer Homepage Wirth Architekten, zunächst ein Lageplan des "Quartiers am Alten Speicher":


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    Der hintere Teil des großen Komplexes (rechts oben hinter dem an dem kleinen Hafen liegenden Teil) ist erhalten worden und bereits wiedereröffnet. Es geht im folgenden um den vorne am Wasser liegenden Riegel (oben mit der Anzeige des Namens "Müller").


    Der Clou ist hier, dass praktisch ein ganzes kleines Stadtviertel neu entstehen soll mit kleinen Gassen und abwechslungsreich gestalteten Gebäuden:


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    Um den Hochpunkt im Hintergrund auf dem letzten Bild gab es ziemliche Diskussionen, er wurde entsprechend etwas gestutzt und von der Ausrichtung leicht verändert. Die letzten beiden Visualisierungen zeigen den aktuellen Planungsstand, der Baubeginn steht unmittelbar bevor, das Gelände ist bereits geräumt, die Bauvorbereitungen laufen:


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    Und das Luftbild mit dem aktuellen Planungsstand:


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    Es folgen in der nächsten Zeit in loser Reihenfolge weitere vergleichbare Projekte dieser Art aus Bremen.


    Interessant finde ich eine Art "neuen" Stil, in dem diese Gebiete seit wenigen Jahren in Bremen geplant werden, wieder Schrägdächer, viel Klinker, oft Sheddächer, insgesamt relativ abwechslungsreich und kleinteilig und im Charakter völlig anders als solche Projekte noch vor 10, fast 5 Jahren realisiert worden wären.

    Auch wenn ich den Ärger über Altbauabrisse teile und Euch inhaltlich komplett zustimme, muss ich doch daraufhinweisen, dass Berlin ohne die "Alt-68er" noch an wesentlich mehr Stellen so aussähe wie am Kotti. Insofern bin ich mir nicht sicher, wer oder was genau "überwunden" werden muss. Mein Eindruck ist auch nicht, dass die lautesten Verfechter der Moderne dieser Generation angehörten, viel eher derjenigen in ihrem Schatten sozialisierten (also von Leuten, die ca. 1975-1990 erwachsen geworden sind), mithin den sogenannten "Boomern". Die 68er-Generation ist eigentlich mit Gerhard Schröder und Konsorten weitgehend abgetreten. Leute, die 1968 auch nur 20 waren (und somit wohl jünger als der durchschnittliche Revoluzzer seiner Zeit), werden dieses Jahr 74. Die meisten 68er dürften auf die 80 zugehen oder schon drüber sein und mithin ungeeignet, ein echtes Feindbild für die Verfehlungen der heutigen Zeit und Architektur abzugeben.


    Im Gegenteil dürften sich die meisten 68er leicht verwundert die Augen reiben über die Aufgeregtheiten und Empfindsamkeiten unserer Zeit.

    Auch von der Überseeinsel gibt es Neues zu berichten. Der Umbau des alten Getreidesilos zum Hotel ist weiter fortgeschritten, die davorstehende "Reishalle" musste allerdings abgerissen werden aufgrund der schlechten Statik, wird aber rekonstruiert (hier im Vordergrund die Tiefbauarbeiten der Reishalle, im Hintergrund das Hotel):


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    Und eine neue Visualisierung eines Bürogebäudes Muggenburg, auch wieder mit dem Sheddach:


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    Quelle: ueberseeinsel.de

    Der Zechturm im Projekt "Europahafenkopf" ist schon seit einiger Zeit "topped out", das ganze Projekt in seinen Ausmaßen jetzt schon sehr gut zu erleben:


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    Von der Europahafenseite an einem trüben Tag:


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    Auffallend ist auch bei vielen weiteren Projekten, dass diese Sheddächer verwendet werden, mir ist das in anderen Städten noch nicht so aufgefallen. Auch von den Gebäuden auf der Überseeinsel werden ganz viele Gebäude diese Fabrikdächer bekommen.

    Ausgerechnet der Behnisch-Entwurf ist für mich der Schwächste. Diese alberne Funktionsebenentrennung und auch die Architektur sehen 1:1 wie 1972 aus. Fehlen eigentlich nur noch Außenrolltreppen, die nach 3 Jahren stillgelegt werden. So entsteht keine Urbanität oder eben eine typische Renderurbanität mit unbelebten Fußgängerräumen in den Randzeiten.

    Vollkommen richtig, Endell, es gab überall in der Republik starke und höchst fragwürdige Verquickungen zwischen Politik und Bauwirtschaft, die heute weithin vergessen sind aber sicherlich mit zu der grundsätzlichen Wende ab ca. 1975 geführt haben. Für Bremen gab es eine Reihe von Skandalen ("Baulandskandal", "Neue Heimat") etc., die zunächst vertuscht und erst später wirklich aufgeklärt wurden. Und genau die Protagonisten waren auch diejenigen, die überall "Flächensanierungen" (vulgo Massenabrisse) wollten, die manchmal leider gar nicht und manchmal gottseidank gerade noch so verhindert werden konnten. Dahinter steckte zusätzlich auch noch die im Kern antiurbane, autofreundliche Charta von Athen, bei der große Straßen die Leute aus ihren Vorstadtsiedlungen in die Büros der Innenstädte bringen sollten. Der Ring an gründerzeitlicher Wohnbebauung um die Innenstädte herum war da nur im Weg und konnte weg.


    Ich möchte die Wiederaufbauleistung nicht schmälern, aber ab Mitte der 1960er Jahre war die nötigste Wohnungsnot eigentlich beseitigt, und ironischerweise fingen da die Abrisse von Gründerzeitquartieren ja erst an. Es ist ja gerade ein Beweis für nicht mehr existente Wohnungsnot, wenn man sich Flächenabrisse meint leisten zu können, denn erstmal müssen die Leute ja woanders wohnen (können), die man aus den Häusern schmeißt.


    Nein, romantisieren sollte man die Zeit ab etwa 1965 mit allen ihren Fehlleistungen dann auch nicht allzu sehr.

    Ich kann Allem zustimmen, was Du schriebst, aber hier bin ich, als jahrzehntelanger Bewohner ebendieser Häuser, anderer Meinung.

    Es wird sicher auch Negativbeispiele geben, aber vielleicht können wir uns darauf einigen, dass die Qualität durchschnittlich noch höher war als sagen wir in den 1970er Jahren. Man darf auch nicht vergessen, dass das vielfach wirklich "hochgezogene" Arbeiterquartiere waren, aus großer Not entstanden. Dafür sind sie doch überwiegend von einer beeindruckenden Qualität, sowohl funktionell als auch ästhetisch. Natürlich sind einige Dinge heute nicht mehr zeitgemäß, die häufig sehr kleinen, als Loggien realisierten Balkone, die für nicht viel mehr als den gelben Sack taugen und einen kleinen Wäscheständer, so was. Aber was die Detailliebe angeht, so macht diesen Siedlungen doch nichts danach Gebautes etwas vor.


    Durch die zumindest im Norden (Hannover, Hamburg, Hannover) auch häufig mit Klinker realisierten Fassaden sind diese auch praktisch unkaputtbar, die Gebäude brauchen vielleicht alle 30 Jahre mal neue Fenster und es muss jemand nach dem Dach kucken, das wars. Auch, dass diese Gebäude praktisch nirgends großflächig abgerissen wurden und werden, zeigt ihren Wert. Die stehen in allen deutschen Städten einfach so rum, solide und zeitlos und es spricht wenig dafür, dass das in 50 Jahren anders ist.

    Zwei Gedanken von mir zur interessanten Diskussion:


    1. finde ich es interessant, wie fluide doch sogar der eigene Geschmack im Laufe der Zeit ist. Als ich klein war, galt die Architektur der 50er und beginnend der 60er Jahre als der Inbegriff des Grauens. Großgeworden bin ich eher mit den 60er und 70er Jahren als schlimmsten Architekturjahrzehnten. Mittlerweile finde ich oft sogar die billige Postmoderne (nicht die "echte", gutgemachte) der 80er und 90er am schlimmsten, die gedrungenen Klinkereinkaufspassagen, die quietschig bunten 90er Kisten.


    Erst in den letzten 10 Jahren habe ich begonnen, die Qualitäten der unmittelbaren Nachkriegsmoderne zu erkennen und erfassen und finde mittlerweile frühe Wiederaufbauleistung alles in allem durchaus gelungen. Selbst den oft im Kern brutalistischen Schul- und Universitätsgebäuden des Hochschulbooms der späten 60er und frühen 70er Jahre kann ich mittlerweile etwas abgewinnen, v.a. wenn sie original inklusive Inneneinrichtung/Beleuchtung etc. erhalten sind. Das waren für mich noch vor 15 Jahren "Betonmonster".


    Wie angesprochen (dasselbe gilt für Gründerzeitbauten und Zwischenkriegsarchitektur) sind es häufig "Renovierungen", die den Gebäuden der Nachkriegszeit eine ganze Menge ihrer Qualität rauben, unpassende Fenster mit zu breiten weißen Plastikprofilen, wo vorher filigrane Metall- oder Holzrahmen vorherrschten, unpassende Plastiktüren etc. Auch innen wurde viel kaputtgemacht. Das ZHG der Uni Göttingen, ein klassisches brutalistisches "Betonmonster" wurde etwa um die Jahrtausendwende grundsätzlich "renoviert". Der Sichtbeton wurde in irgendeinem fürchterlichen Pastellton gestrichen, die sehr gewitzte Beleuchtung mit orangenen und grünen Strahlern, die hoch von den Decken hingen durch irgendwelche modernen Spotreihen ersetzt, die hölzerne Bestuhlung der Hörsäle irgendwie "aufgemotzt" ohne Rücksicht auf den Charakter des Gebäudes usw.


    Der zweite und vielleicht wichtigere Punkt, der ein Problem aller modernen Architektur ausmacht, ist die fehlende Qualität ihrer Stangenarchitektur, also nicht das filigrane Nachkriegs-Konzerthaus, sondern die 50er-Zeilen in den Vorstädten, nicht die durchdachte brutalistische Schule aus den frühen 70ern, sondern die Großwohnsiedlungen in der Peripherie, nicht das coole postmoderne Projektwohnhaus, sondern die Ödnis der 80er-Reihenhaussiedlungen.


    Die Architektur "von der Stange" war noch in den 1920er und 1930er Jahren von viel höherer Qualität als selbst heute noch. Auch heute liegt das Elend moderner Architektur natürlich nicht im Cube am Hauptbahnhof Berlin, sondern in der Lückenbebauung in der Fußgängerzone in Neumünster oder Gießen. Und diese Architektur ist auch das Problem, das unsere Städte immer weiter banalisiert. Man könnte sagen, dass Vorkriegsarchitektur "klassenloser" war in ihrer Qualität, auch Arbeiterstadtteile wurden - ohne dass ich das Elend in vielen Gründerzeitquartieren damals romantisieren wollte - ästhetisch ansprechend gebaut und können heute bei gutem Erhaltungsgrad und Renovierungszustand nicht ohne Grund hochpreisig vermietet werden. Ein ähnliches Szenario ist für die Stangenarchitektur der 60er und 70er beim besten Willen nicht vorstellbar.

    Grandios, mehr gibt's dazu nicht zu sagen. Genau diese Dinger machen für mich Hamburg aus. Diese wirklich hochwertige klassische Moderne mit mid-century-Anleihen, in dieser Dichte wird so nirgends in Deutschland gebaut. Das Zentrum entledigt sich langsam seines übelsten Nachkriegs-Gruuschs (wobei dieser interessanterweise mittlerweile eher in den 60er und 70er, tlw. gar 80er Jahren zu finden ist als in der unmittelbaren Nachkriegszeit). Im eigentlichen Zentrum dominieren dabei wie seit mindestens 100 Jahren helle Steinfassaden, während an den Rändern des Zentrums und im Hamburger Osten viel mit qualitativ hochwertigen Anleihen an den Backsteinexpressionismus gespielt wird. Wie gesagt, eine sehr gelungene, moderne und doch wohltuend klassische Architektur, bei der man sich nicht schon bei der Erbauung Sorgen um Halbwertszeiten von unter 30 oder 40 Jahren machen muss.