Licht und Schatten
Entlassungen bei Vattenfall und Air Berlin geplant:
Beim einen (Vattenfall) ein heftiger Einbruch, beim anderen Alltag (Air Berlin) - zwei große Arbeitgeber der Region haben tiefrote Zahlen präsentiert. Die einen haben u.a. mit Abschreibungen und Anpassungen rund um Energiewende zu kämpfen, die anderen u.a. mit Altschulden und starker Konkurrenz. Das Rezept ist dann aber das Gleiche: Personalabbau. Vattenfall will zunächst mal 400 Kundendienstleister "outsourcen" (was im besten Fall heißen kann, dass immerhin nicht alle Stellen für den Standort verloren sind - immerhin 8% der aktuellen Belegschaft mit 5.000 Mitarbeitern). Bei Air Berlin sollen vorläufig 200 Pilotenjobs auf der Kippe stehen - wobei es da noch keine definitive Klarheit gibt und es nicht allein Berlin treffen dürfte. Dennoch sind beides keine guten Nachrichten für die Berliner Wirtschaft. Wäre ja auch zu schön gewesen, wenn es immer nur gute Nachrichten geben würde...
Wertschöpfung im digitalen Sektor:
Auf der anderen Seite gibt es neue Größen. Zalando will dieses Jahr bekanntlich erneut tausende neue Jobs schaffen. Trotz des anhaltend rasanten Wachstums und der bekannten Schwierigkeiten (hohe Retour-Quote) ist das Unternehmen aber weiterhin profitabel, wenn auch in schwankendem Ausmaß. Aber man honoriert, dass das Samwer-Modell hier offenbar aufgeht: Die Marktkapitalisierung beträgt durch steigende Aktienkurse nunmehr gut 8 Mia Euro. Immerhin 2,4 Mia Wert hat Nokias Kartendienst Here für ein Konsortium der deutschen Autoindustrie (bisher Audi, BMW und Daimler) erreicht, die den Dienst übernahmen und ihn nun gemeinsam mit anderen Konzernen in Eigenregie weiterentwickeln und nutzen wollen. So will man unabhängig von Google und Apple bleiben. Eigentlich hatte man Here sogar deutlich mehr Wert attestiert. Da der Dienst jedoch speziell für die Autoindustrie ins Leben gerufen wurde, hatte diese ein gutes Druckmittel: Wenn sie überboten worden wäre (u.a. chinesische und amerikanische Investoren wie Facebook und Uber waren wohl sehr interessiert), hätte man künftig angeblich auf ein Konkurrenzprodukt gesetzt. Für Here und Berlin sind es aber gute Nachrichten. Wenn mindestens die hochprofitablen deutschen Premiumhersteller auf Here setzen, wird weiter investiert werden.
Generell wird dabei deutlich, wie gewaltig das Wertschöpfungspotential in dem Tech-Sektor ist. Die gesamte Industrie ist einem gewaltigen Innovationsdruck ausgesetzt. In diesem Zusammenhang erklärt sich auch, dass Deutschland und China eine Innovationspartnerschaft anstreben, um der Vormachtstellung der USA beizukommen (vgl. unterste Zeile des vorigen Beitrags). Analog wird die Verflechtung des Berliner Tech-Sektors mit anderen Gründerzentren wie dem Silicon Valley aber vor allem auch Tel Aviv immer enger. Zugleich investiert die Bundesregierung nun 31,6 Mio in schnelles Internet für Berlin (und entsprechende Summen in andere Regionen), damit die deutsche Wirtschaft nicht abgehängt wird.
Auch spannend: Statt ein leichtes Sommerprogramm einzuläuten, veranstaltete Bürgermeister Müller u.a. sein erstes "Wirtschaftsessen". Während sich die Opposition über das Fehlen der Wirtschaftssenatorin Yzer ärgerte, fiel mir besonders die Gästeliste auf: Oliver Tuszik (Cisco), Hartmut Thomsen (SAP), Alexander Ljung (Soundcloud), Rubin Ritter (Zalando) und Mathias Döpfner (Axel Springer SE) stehen alle für Tech- und Mediensektor; Peter Albiez (Pfizer) und Reinhard Uppenkamp (Berlin Chemie) u.a. für den Pharmasektor; Lutz Bertling (Bombardier); Rüdiger Grube (Deutsche Bahn) und Stefan Pichler (Air Berlin) für Bahnindustrie bzw. Verkehrsunternehmen; Johannes Teyssen (Eon) wahlweise für alte oder neue Energie und Olaf Koch (Metro) für den klassischen Handel. Johannes Evers (Landesbank Berlin) und Eric Schweitzer (DIHK) sind klar. Auffallend ist mE, dass hier zwar viele der identifizierten Wachstumsfelder vertreten sind, aber die erstgenannte Gruppe deutlich stärker vertreten ist als die anderen. Während solche Wirtschaftsessen schon unter Wowereit Tradition erlangten, merkt man durch die Terminfestlegung mE einerseits, wie umtriebig Herr Müller momentan ist (nach eigener Aussage schläft er nur 5 Stunden pro Nacht). Andererseits ist klar, dass es in Berlin primär um moderne Industrien und Sektoren, insbesondere IT, gehen soll.
Iran kauft Büroflächen für Berliner Handelszentrum:
Das iranische Atomabkommen ist gerade erst unterzeichnet, da reibt sich die deutsche Wirtschaft bereits die Hände (man geht von Milliardengeschäften aus). Offenbar nicht ganz unbegründet, denn nun wurde ein erstes Investment des Irans bekannt. Der Nah- und Mittelost-Verein (NUMOV) hat kürzlich neue eigene Flächen bezogen, wovon der Iran 1.000m² kaufte, um dort Wirtschaftsförderung zu betreiben. Es sollen große Holdings angesiedelt werden und Kontakte zwischen deutscher und iranischer Industrie ermöglicht werden. Auch ein Büro des sogenannten "Promotion Office" werde hier eingerichtet.