Städtebaulich kann man aus dem "alten Westen" in Berlin doch mit Abstand das meiste herausholen. Mich ärgerte schon lange, dass lange Zeit großflächige Stagnation herrschte. Inzwischen gibt es ja deutliche Aufwärtsbewegungen, v.a. aus dem privaten Bereich wird investiert. Aber auch von Berlin durch richtig Steuergeld getragene Ambitionen die zB mit den unentwegten Bemühungen, aus dem Alex wieder irgendwas zu machen, vergleichbar sind gibt es ja nicht einmal im Ansatz. Dabei könnte man im Westen mit viel weniger Steuergeld viel mehr erreichen. Etwas mehr Grünpflege, was an der Stadtmöblierung, Pflasterung und nicht zuletzt den Laternen machen (findet sonst niemand diesen Lampentyp, der zB rund um die Gedächtniskirche steht, scheußlich? http://commons.wikimedia.org/w…ed%C3%A4chtniskirche1.JPG ).
Wo gibt es denn sowas nochmal in Europa? Von den historischen U-Bahnstationen, über das altehrwürdige Großkaufhaus, den großbürgerlichen und urbanen Anlagen der Straßenzüge, über die sehenswerten und imposanten modernen Bauwerke und die einzigartige Gedächtniskirche, bis hin zum artenreichsten Zoo direkt daneben, auf den man vom neuen Bikini einen tollen Blick hat. Das gibt es doch nirgendwo sonst! Während man sich am Alex politisch seit Jahren abmüht, Investoren zum Bau einer "Skyline" zu bewegen, muss man Investoren dort nicht lange bitten. Ich denke zum Zoofenster, Upper West, Europacenter usw. werden sich in Zukunft noch weitere Hochhäuser gesellen. Dazu macht zusammen mit dem individuelleren und exklusiveren Shoppingangebot sowie dem Kulturangebot des Kudamm und dem Zoo, dem angrenzenden Schwulenviertel in Schöneberg, usw. was richtig weltstädtisches aus der Gegend. Solch eine Dichte und solch ein Nebeneinander von "Alt und Neu" und solch abwechslungsreiche Nutzungen (Nobelkaufhaus in Sichtweite eines schwulen Lederfetischclubs) kenne ich sonst eigentlich nur aus Manhattan (den "niedriger" bebauten Bereichen natürlich). Und würde man sich dazu durchringen zB den Bereich zwischen Zoo und Gedächtniskirche für den Durchgangsverkehr zu sperren, dann hätte die Ecke fast schon "Times Square"-Potential.
Am Alex kann man dagegen die selben Flachbildfernseher oder Zahnbürsten wie in Pusemuckel kaufen, Bargeld abheben und wie auf jedem Skaterplatz in der Provinz hängen da gerne Jugendliche zum Trinken rum. Das hat jetzt nicht unbedingt was urbanes, weltstädtisches, das "Besondere" fehlt. Wäre nicht der Fernsehturm, man würde nicht einmal glauben, dass man nicht sich nicht in einer Trabantenstadt befindet, sondern im historischen Herzen einer deutschen Metropole. Dieses Feeling gibt es in Berlin nur noch "Rund um Kudamm und Tauentzien". Und anstatt immer so zu tun, als wäre Charlottenburg irgendwie "unberlinerisch", weil "berlinerisch" ja nur "Szene" und Jutebeutel sind, würde ich mir echt wünschen dass die Berliner stolz darauf sind, dass ihre Stadt soviele Seiten hat. Und aufhören, den alten Westen immer als "spießig" oder so abzukanzeln (nicht nur, weil ich die Hipsterszene im Osten der Stadt im Kern weitaus spießiger finde). Ich glaube, damit wäre auch schon viel gewonnen. Ihr habt ja selbst darauf hingewiesen, irgendwie fehlt "subjektiv" zB dem Wittenbergplatz was, obwohl objektiv der Platz eigentlich ein Juwel ist bzw. sein könnte. Wieso nur ist man in Berlin so lieblos im Umgang mit dem alten Westen?