Rahmenplan "Innenstadtkonzept Frankfurt"

  • Man kann an den wenigen neuralgischen Punkten ja auch sehen, wie gut entsprechende Angebote angenommen werden, siehe etwa das Fischerplätzchen mit dem Langosch, dem Moloko oder dem Naiv – in dieser Intensität stelle ich mir altstädtisches Leben vor und so kennt man es auch aus intakten Altstädten. Im ganzen Quartier zwischen Fahrgasse bis hin zum Ex-Degussa-Areal ist es aber ansonsten eine einzige hochnotpeinliche Wüstenei, wo bis auf wenige Ausnahmen um 22.00 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt sind. Das mag der Zweck neo-biedermeierlicher Vorstellungen der 1950er Jahre gewesen sein, es passt aber nicht mehr in das hier und jetzt.


    Dem, was Schmittchen sagt, ist wenig hinzuzufügen. Minimalforderung darf flächendeckende gewerbliche Nutzung der Erdgeschosse im Altstadtbereich sein, was ohne Neubau überwiegend nicht machbar sein dürfte. Und anstatt die halbe Innenstadt mit Baumreihen, Grünanlagen, Radwegen und Spielplätzen zu tapezieren, was im genannten Areal den Spießigkeitsfaktor noch erhöht sollten sich die verantwortlichen Politiker lieber einmal Gedanken machen, was wirklich vonnöten wäre. Bei dem ganzen Konzept ist schwer zu glauben, dass es von einer Partei verantwortet wird, die mal gegen das Establishment Sturm lief. :nono:

  • Mein Vorschlag wäre, nach Fertigstellung von den Projekten DomRömer, MainTor, Berliner Straße und Rechnungshof mindestens 10 Jahre die Entwicklung zu verfolgen.


    Zugegeben bricht gerade viel über die Bewohner der Altstadt ein, aber im Zentrum Frankfurts hat sich das auch früher oder später abgezeichnet. Zudem sollte man bei den verschiedenen Projekten differenzieren. MainTor und Kornmarkt Arkaden werden eher aus kommerziellen Gesichtspunkten gebaut (soll heißen: ein freiwilliger Verzicht auf solche Stadtreparatur, Steuereinnahmen und Arbeitsplätze ist schwer vermittelbar). Bei DomRömer geht es um DAS Prestigeprojekt der Stadt der letzten Jahrzehnte und folgt dem Bürgerwillen. Der Umbau der Berliner Str. ist wiederum dem Rückbau der „autogerechten Stadt“ geschuldet, wie man ihn von Aachen bis Zwickau bundesweit erleben kann. Man kann sagen, dass diese 4 Projekte sich untereinander beeinflussen und beschleunigen. Diesen Schwung sollte man nutzen, anstatt ihn abzuwürgen. Eine Neugestaltung des Paulsplatzes würde somit auch in den Fokus rücken.


    Der Magistrat ist generell auf dem richtigen Dampfer den massiven Investitionsstau in die Infrastruktur der Stadt aufholen zu wollen. Man wäre als Entwickler bei den extrem günstigen Investitionskonditionen am Markt schon fast fahrlässig nicht zu handeln. Die Investoren stehen ja geradezu Schlange um in Großprojekte investieren zu dürfen. Ebenso hat Frankfurt die 80er und 90er Jahre stadtplanerisch etwas verschlafen (das Technische Rathaus und das Historische Museum hat man deutlich zu spät abgerissen) und versucht jetzt im Eiltempo aufzuholen (Museumsufer, Westend Campus, Neue Zeil, Hauptwache, Bahnhofsviertel, Alt-Sachs, Niederrad, Europaviertel, Riedberg, usw.). Das ist mir deutlich lieber als Aussitzen und Verwalten.

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  • trotz meines langsamen Verstehens von unaufbrechbaren Feststellungen hier aufgrund Nachfrage nochmal die Grafik:



    Google maps, bearbeitung adama

    3 Mal editiert, zuletzt von Adama ()

  • Bis auf die Verlagerung der Tunnelausfahrt: Nein, so nicht.
    Das ist, wie in diesem Thread inzwischen festgestellt wurde, zentralste Innenstadtlage. Da braucht es keinen neuen Grünzug sondern ein vernünftiges Maß an Bebauung und Verkehrsflächen.


    Wie wäre es mit einem Abriss der Südseite zwischen Paulsplatz und dem ersten Gässchen östlich davon? Neubebauung nach Norden schieben, etwa dahin wo der Schattenwurf bei Google Maps endet - südlich eine Fußgängergasse - damit ist die breite Schneise weg.
    In gleicher Flucht kann man dann westlich der neuen Kräme bis zur Paulskirche, mit einer Tiefe bis an die zweite nördliche Baumreihe, dem Paulsplatze einen Rahmen auf seiner Nordseite geben. Das war schon mal in der Diskussion, fiel dann aber der mangelnden möglichen Gebäudetiefe zum Opfer. Mit der Fläche der bisherigen Fahrspuren ist der Raum da.

  • Ich sehe es genauso:
    Grünflächen brauchen wir an der Stelle nicht. Die Wallanlagen und das Mainufer sind von dort nur einen Katzensprung entfernt.

  • Schmittchens Beitrag ist nichts hinzuzufügen. Angesichts der dort überwiegenden Wohnnutzung wird kaum jemand ein sofortiges Tabula Rasa fordern, aber ein auf ewig zu garantierender Erhalt der 50er-Blöcke in der Altstadt würde jegliche Bemühungen die Innenstadt attraktiver zu machen vollkommen ad absurdum führen. Hier wäre das Innenstadtkonzept in der Pflicht Leitlinien zumindest für den zukünftigen Grundriss vorzugeben, der sich natürlich am Vorkriegsgrundriss orientieren sollte.
    Ansonsten entsteht nämlich solcher Wildwuchs wie vor kurzem das Mäckler-Gebäude an der Großen Fischergasse, das zwar gar nicht mal so schlecht aussieht allerdings ebenfalls wieder völlig den historischen Grundriss negiert und bei hoffentlich nicht auszuschließenden zukünftigen Projekten in diesem Bereich wieder nur für neuerliche Komplikationen sorgen wird.


    Ruhig, günstig, viel Grün und trotzdem im Zentrum ist die eierlegende Wollmilchsau die man dort zwar für die neuen Bewohner geschaffen hat - aber damit die Stadt und alle ihre Einwohner (von Touristen und Umlandbevölkerung ganz zu schweigen) eines großen Teils ihres Zentrums beraubt hat.

  • ^


    Das verstehe ich nicht. Die meisten 50er-Bauten folgen dem alten Stadtplan, selbst die Fußwege in den Höfen.
    Der Mäcklerbau schließt nur den alten Vorkriegsblock (Gr. Fischer, Weckmarkt, Fürsteneck, Fahrgasse) auf der Südseite . Wo ist die Negation?


    Ruhig, günstig, viel Grün und trotzdem im Zentrum ist die eierlegende Wollmilchsau die man dort zwar für die neuen Bewohner geschaffen hat - aber damit die Stadt und alle ihre Einwohner (von Touristen und Umlandbevölkerung ganz zu schweigen) eines großen Teils ihres Zentrums beraubt hat.


    Die Altstadt hat sich selbst durch ihre lange Nichtveränderung schon vor dem Krieg ihrer Zentrumfunktion beraubt. Es war vor allem ein überbevölkertes Wohnviertel. Und gerade die westliche Altstadt hat vermutlich zusätzlich durch Nord- und Südbau sowohl Kleinteiligkeit als auch Lebendigkeit verloren. Was nach wie vor der Fall ist: Die beiden Bauten lähmen doch Körnmarkt, Bethmannstraße, Münzgasse und die Gegend westlich der Paulskirche. Gerade durch Bethmannbank und Rathaus-Südbau erschließt sich mir nicht die inselartige Belebung der Münzgasse.


    Die nächsten Schwerpunkte sollten auf der Berliner Straße liegen um die Trennwirkungen aufzuheben. Dann kann die Fahrgasse als zusätzlicher Zugang zur Altstadt aufgewertet werden (inklusive Rad-Highways), vielleicht der Platz Braubachstraße/Fahrgasse ähnlich dem Platz Fahrgasse/Alte Brücke belebt werden. Anderseit sollte Rücksicht auf die Kunstszene genommen werden. Die Galerien bilden zusammen mit dem Kunstverein, MMK und Schirn ein Zentrum für zeitgenössische Kunst, und das sollte erhalten bleiben. Das ist doch ein wichtiges Teil der Marke Frankfurt als Kulturmetropole.


    Wichtig wäre auch die Umgestaltung des Paulsplatzes inklusive der Bebauung der westlichen Neue-Kräme-Zeile (die Baumfreunde werden schreien) und vielleicht doch noch die Öffnung der Arkaden in der Bethmannstraße. Ein Teil der Busparkplätze sollte auf die Nordseite des MMKs umziehen.


    Zudem sollte dieser Anwohnerparkplatz am Leonhardskirchhof aufgelöst werden, und neu belebt werden. Auch die Umgestaltung der Flächen rund um die Kleinmarkthalle und die südlich davon gelegenen Garagen zu Läden hatte für mich Priorität.


    Generell halte ich es für sinnvoll zu überprüfen, welche Auswirkung einer "Vollbespielung der Alstadt" auf Straßen wie Berger Str., Brückenstraße etc. hat.


    Jede Altstadt/Innenstadt hat ihre Ruhezonen. Eine ruhige Ecke wie Alte Mainzer / Karmelitergasse hat ihren Charme und eine existenzberechtigung.

  • Überlagere einfach mal ein aktuelles Luftbild mit einem Stadtplan von vor dem Krieg. Besonders die Bereiche südlich von Limpurger Gasse, Saalgasse und Weckmarkt passen nicht mehr im geringsten mit dem historischen Grundriss überein. Und der Mäcklerbau steht völlig bezugslos über der ehemaligen Großen Fischergasse. Letztere ließe sich zumindest an dieser Stelle überhaupt nicht wiederherstellen.
    Die Trennwirkung hat die Berliner doch vor allem am MMK und besonders krass am Bundesrechnungshof, aber genau für diese Bereiche hat das Innenstadtkonzept ja immer noch keine Lösung. Stattdessen soll ausgerechnet der schlimmste Teil des BRH zum Kornmarkt hin stehen bleiben und auch in Zukunft einen alles anderen als angenehmen Stadtraum prägen, Neubauteile werden viel zu hohe bzw viel zu lange monotone Großbauten und die Tunnelrampe wird auch nicht beseitigt.
    Gegen kleine "Ruhezonen" auch in der Altstadt hab ich ja nichts, beispielsweise an der Stadtwaage und im Handwerkerhöfchen gabs die ja auch schon vor der Zerstörung. Das ist allerdings was völlig anderes als wenn wie im vorliegenden Fall nahezu die gesamte südliche Altstadt aufgrund eben der Bebauung antiurbane Vorstadttristesse versprüht. Und es ist schon eine ziemliche Barbarei dass zwar gerade noch am Domturm etwas altstadtflair aufkommt, aber zwei Schritte weiter östlich die gesamte Domumgebung aussieht wie eine x-beliebige Vorstadtsiedlung. Gartenstadt mitten im Stadtzentrum? Nein, danke!

  • ^^


    Ja, selbst in der Vorstadt ist es einem angenehmer. Denn dort gibt es ja oft noch den historischen Kontext. Und wenn man ehrlich ist, selten so ein tristes Einerlei. Ja, da weiß man auf was man sich einlässt.


    Was früher als innerstädtisch überbevölkert galt, ist heute doch nichts anderes als unterpopuliert. Wie konnte denn eine Lösung sein, das Gegenteil davon zu erzeugen?? Und das scheinbar bis heute! Wie will man denn eine Grünfläche "bevölkern", wenn die Menschen dort nicht bleiben wollen. Das Fundament fehlt doch!


    Wie oft wandere ich durch die begrünten überdimensionierten Innenhöfe der Altstadt und atme spießiges Rentnerdasein ein. Das lässt sich nur noch durch das Altersheim-Vorgarten-Ambiente toppen. Höchstens ein paar Kaninchen können einen zum Schmunzeln bringen. Ansonsten gähnende Leere. Es wundert einen nicht, dass die meisten Beschwerden gegen eine Neubebauung aus eben dieser Altersklasse einhergehen. Ja, nicht einmal Kinder sieht man dort spielen. Das muss man erstmal schaffen bei soviel Freifläche. Dies steht geradezu symbolisch für die alles abweisende Haltung der dortigen Bewohner. Kinder stehen in meinen Augen sinnbildlich für die versunkene Altstadt. Man kennt kaum ein Foto auf dem nicht ein paar Kinder herumtollten.


    Der Mäcklerbau mag historisch nicht sofort im Kontext erkennbar sein, doch spricht er eine ästhetische Sprache, mit der sich im Kompromis leben lässt. Und ohne Kompromis geht es heute leider nicht. Eine Fahrgasse mit eben solchen Mäcklerbauten, man stelle sich vor, gleicher historischer Grundriss auf beiden Seiten, ein paar Spolien der Erinnerung zu ehren. Oh welche Wunden würden heilen, und dies von mir aus ohne eine einzige Rekonstruktion (oh, was hab ich da gesagt!). Denn solange die Fahrgasse ihrer Seele beraubt ist, solange gibt es faktisch keine Altstadt. Da ist leider noch viel zu tun. Das weiß auch Mäckler.

  • Überlagere einfach mal ein aktuelles Luftbild mit einem Stadtplan von vor dem Krieg. Besonders ... (Mod: Zitat gekürzt. Für den gesamten Text das blaue Quadrat anklicken.)


    Das stimmt leider alles nicht.
    Bereich südlich der Limpurger Gasse:
    Kaffeegasse ist der Fußweg zw. Limpurger und Alte Mainzer, auch die Fortsetzung zum Mainkai ist noch vorhanden aber mit einem Tor versperrt (zwischen Hausnummer 40 und 39). Da kann man sich übrigens die Breite der Gasse anschauen, wer will das heute noch so schmal?
    Die Kerbergasse ist der Fußweg am Schöppenbrunnen (allerdings unhistorisch verlängert bis zum Mainkai, da hat man die Gasse An der Holzpforte etwas nach Osten verschoben).
    Es Fehlen die Karpfengasse und die Falkengasse.
    Nord- und Südbau haben die Kälbergasse verschwinden lassen und die Limpurger mit der westlichen Römergasse verschmolzen.


    Bereich südlich der Saalgasse:
    Mal davon abgesehen, das Saalgasse und Bendergasse ein wenig durch den Fleischwolf gedreht wurden, die südlichen Gassen existieren alle noch:
    Am Geistpförtchen ist an der korrekten Stelle.
    Die Schlachthausgasse ist der Fußweg nördlich der Mainkaibebauung und verbindet nach wie vor Am Pfarrturm mit Am Geistpförtchen.
    Ein Rumpf der Metzgergasse ist als Fußweg auch noch zu erkennen.


    Bereich südlich des Weckmarktes:
    Beim genauen Besehen dürften die Mäckler-Bauten südlich bzw. östlich der alten Gr. Fischerstraße liegen. Ansonsten stimmt hier in der Tat fast nichts mit dem alten Plan überein. Aber wer will ernsthaft dieses alte Kuddelmuddel wieder haben?

  • Zu der Frage, ob und inwieweit der Wiederaufbau nach 45 den alten Stadtgrundriss respektiert hat, kann sich ja jeder wunderbar anhand eines Planes, den mal Palatino gepostet hat, sein eigenes Bild machen und ist dann nicht mehr auf subjetive Deutungen anderer angewiesen:


    Zum Thema Alte Börse und Paulsplatz und der teilweise völlig veränderten räumlichen Situation eine graphische Überlappung von Altstadt vor 1944 und dem heutigen Zustand.
    http://img143.imageshack.us/im…873/ffmmitlegende2kq5.jpg


    Meine Meinung dazu: erschütternd unhistorisch, geradezu barbarisch und nicht schönzureden

  • Warum fordert eigentlich niemand die Rückkehr zum Stand vor dem Durchbruch der Braubachstraße? Das war doch auch die Herstellung eines völlig unhistorischen Zustands - und der erfolgte noch nicht einmal unter dem Motto der autogerechten Stadt, obwohl er mit Verbesserung der Verkehrsbedingungen begründet wurde.


    Das Straßennetz der historischen Altstadt erfüllte noch nicht einmal wirklich die Anforderungen zum Zeitpunkt ihrer Zerstörung - diesen Stadtgrundriss außerhalb des aktuellen Rekonstruktionsgebietes wieder herstellen zu wollen, hat außer dem Altstadtmodell 1:1 und der Freude der Hobbyhistoriker keinen Sinn.


    Dass der Nachkriegsgrundriss widerum den heutigen Anforderungen nicht gerecht wird - da muss man sehen, welche Anforderungen man denn umsetzen will und kann.
    Gleichzeitig verrdichtetes Wohnen und Gestaltungssatzung und Verkehrsbeziehungen und touristische Attraktivität wird wohl nicht gehen.


    Wesentlich ist für mich aber, dass diese Stimmung von "Die haben das alles mit (böser) Absicht kaputtgermacht" Niemanden voranbringt. Der (eben nicht Wieder-)Aufbau nach dem Krieg geschah nach Prinzipien des Wohnungsbaus, die in den 1920er und 1930er Jahren entwickelt und (auch von denen, die sie in der Altstadt verdammen) anderenorts hoch gelobt werden.


    Dass es in der Altstadt keine Kinder gibt, die die weitläufigen Grünflächen nutzen, liegt nicht zuletzt daran, dass es innerhalb des Anlagenrings nur eine Grundschule (zwischen Bleichstraße und MA*) gibt. Da ziehen keine angehenden Eltern freiwillig hin.

  • Die Frankfurter schaffen sich gerade mit Dom-Römer eine derart positive Referenz, deren Erfolg in Aussen- und Binnenwirkung sich keiner verschließen kann. Ich wette, dass nach Abschluss von Dom-Römer angrenzende Areale equivalent, vielleicht nicht mit der gleichen Reko-Dichte, aber mit der Wiederherstellung des Stadtgrundrisses (samt Parzellen) angegangen werden.


    Dom-Römer hat da nicht nur in Frankfurt Leitbild-Funktion, sondern hoffentlich ist es auch Referenz für die alte neue Mitte in Berlin (Alt-Cölln und Alt-Berlin).


    Wenn man ganz trocken und ehrlich ist, müßte die Zeil für den Durchgangsverkehr erschlossen und alles südlich per Einbahnstraße geregelt in die alten Bau-Massen und -Maßen zurückgebaut werden. Geht nicht, ich weiß.

  • Ich denke, es geht nicht und es ging nie um die 1:1 Wiederherstellung des Stadtgrundrisses der Frankfurter Altstadt, der ja auch schon vor dem Krieg mehrfach und zum Teil ja tiefgreifend (eben Brauchbachstraße Anfang 20. Jhd.) verändert wurde.


    Aber warum gibt es doch einige gelungene Beispiele des Wiederaufbaus wie eben z.B. München oder Würzburg? Also Städte, die ähnlich stark bzw. viel stärker zerstört waren als Frankfurt. Dort hat man sich eben, bzw. musste man sich viel stärker an den alten Straßenführungen und Platzanlagen orientieren und hat sie nur punktuell geändert und den neueren Erfordernisssen angepasst. Das Ergebnis sind moderne, funktionierende, lebendige Städte, die aber nicht ihr Gesicht und ihre Geschichte verloren haben.


    Und das so eine grundsätzliche Planungsentscheidung auch heute noch möglich ist, hat uns ja Berlin gezeigt. Dort hat man sich nach der Wende und nach schwierigsten und kontroversesten Diskussionen auf den alten Stadtgrundriss und die alte bauliche Struktur der Stadt besonnen und mit der "Kritischen Rekonstruktion" doch beeindruckende Erfolge erzielt. Ich würde mir einen "Frankfurter Hans Stimmann" und ein "Frankfurter Planwerk Innenstadt" wünschen :daumen:

  • Frage:

    Wo ist eigentlich die Graphik der Grünzonen-Idee von Adama hin? Die Idee ist diskussionswürdig, finde ich.

  • zu #214:


    Die Besonderheit an Frankfurt ist, dass die Probleme der Altstadt nicht erst nach dem 2. WK anfangen. Während alle Städte (die größer sind als Büdingen) ihre Altstädte in der Zeit von Rokoko bis Historismus oder darüber hinaus zukünftsfähig umbauen, hat Frankfurt einfach gepennt. Zwischen Dombau und dem Projekt Nordbau/Südbau/Braubachstraße passiert in der Altstadt nichts, was die Lebensqualität oder die (logistische) Infrastruktur verbessert. Da herrscht die Patchwork-Bastel-Mentalität vor, für die der Römer das beste Beispiel ist.
    Die Neustadt dagegen wurde ständig modernisiert. Man schafft moderne neue Stadtquartiere vom Ostend bis ins Bahnhofsviertel, aber in der Altstadt passiert: Nichts. Und mit dieser Haltung hat man sich dann auch um die Messe gebracht, die ohne Deutsche Teilung auch nicht wieder zurückgekommen wäre.


    Wenn Frankfurt es im 19. Jahrhundert geschafft hätte, außerhalb der Altstadt ausreichend Wohnraum für die armen Bevölkerungsmassen der Altstadt zu schaffen, würden die Wiederaufbauer nach einer Alstadt in der Stilmischung Historismus, Jugendstil, Bauhaus/Neues Frankfurt rufen.

  • ^ Bauhaus gehört nicht wirklich in eine Altstadt. Etwa in Breslau wie auch woanders im Nachkriegspolen wurden nicht zwingend die letzten Bauten vor dem Krieg wiederaufgebaut, sondern oft ältere, mehr in ein stimmiges Gesamtbild passende - selbst wenn sie weniger dokumentiert waren. (Das einzige Gebäude der Moderne am Breslauer Markt hat einfach den Krieg überlebt.) In der im Krieg zerstörten Frankfurter Altstadt böte es sich genauso an.
    Hier und da wurden die Innenhöfe anders als vor dem Krieg unbebaut belassen, wichtig waren die Fassaden entlang der Hauptstraßen. Auch ein gutes Beispiel für Frankfurt. Hätte man wie vielerorts in Breslau in den 1950ern Blockrandbebauung mit begrünten Innenhöfen, stilvollen (Giebel-)Fassaden und Handel/Gastronomie im EG errichtet, gäbe es das vieldiskutierte Problem der halbtoten Altstadt gar nicht.

    Einmal editiert, zuletzt von Bau-Lcfr ()

  • zu # 216:


    Bitte mal einen Gang zurückschalten, herr-mika. Die Modernisierungswelle seit dem Barock fand hauptsächlich in den fürstlichen Residenzstädten statt, wo repräsentative Gebäude und Platzanlagen gefragt waren und Geld eine mindere Rolle spielte. An allen alten Reichsstädten wie Frankfurt, Ulm oder Straßburg ging das weitestgehend vorbei.
    In Kaufmannsstädten wie Frankfurt mußten sich Neubauten für die bürgerlichen Bauherren immer rechnen und fielen demgemäß meist nüchterner und zweckmäßiger aus. 'Angeben' in gewissem Maß mußten in dieser Stadtgesellschaft nur die Zugezogenen mit Bauten wie dem Steinernen Haus, der Goldenen Waage oder später dem Thurn&Taxis-Palais, deren Ebenbürtigkeit und Bonität gern mal in Zweifel gezogen wurde. Das mag man bedauern, resultiert aber ebenso aus dem nüchternen kaufmännischen Denken wie die relativ bescheidene Dimension und Ausstattung der Frankfurter Kirchen. Sein Geld investierte man stets lieber ins Geschäft.
    Frankfurt ist auch keineswegs die einzige deutsche Stadt mit einem über Jahrhunderte ungelösten Altstadtproblem. Auch Hamburg hatte das in ähnlicher Dimension - bis zum großen Stadtbrand 1842. Und der deutlich bescheidenere Frankfurter Christenbrand von 1719 hat durchaus zu Modernisierungen geführt, wie z.B. dem barocken Eckhaus Zum Grimmvogel, das heute zu den wenigen zumindest fassadenmäßig erhaltenen Bauten in der nördlichen Altstadt zählt. Ein Forum mit Prachtbauten wie die Münchner Ludwigstraße oder Berlins Unter den Linden sind mangels Repräsentationsbedarf natürlich auch da wieder nicht entstanden. Den einzigen Repräsentationsbau der Stadtgeschichte, in dem es wirklich an nichts fehlte, leistete sich die Frankfurter Bürgerschaft erst viel später als Trotzreaktion auf die preußische Annektion: die Alte Oper.
    Man kann auch nicht die sozialen Probleme des 19. Jahrhunderts der Frankfurter Stadtregierung anlasten. Auch viele andere Städte waren seinerzeit mit dem rasanten Bevölkerungswachstum überfordert - und gerade heute sehen wir ja auch wieder, wie Politik und Planung mehr hinter dem Problem des Zuzugs herlaufen, als ihn gestalten zu können.

  • ^


    Danke. Eben genau deshalb halte ich Vergleiche mit z.B. Berlin für völlig fehl am Platz.
    Ein Gegenbeispiel ist Leipzig, wo ohne Bischoff oder Fürst schon relativ früh privatwirtschaftlich einiges an Kleinklein entsorgt wurde.

  • ^ Den meisten Leuten hier geht es gar nicht darum, die altstädtische Kleinteiligkeit zu "entsorgen", sondern ganz umgekehrt - die in Frankfurt verlorengegangene wiederherzustellen. Zur Veranschaulichung könnte etwa dieses Dokument des Bundesbauministeriums dienen, wo auf der Seite 31 die Abbildung 12 einen Entwurf für die Altstadt in Groß-groß zeigt und das Bild 13 - einen an den Ort angepassten. Der erste ist überhaupt nicht als Altstadt wahrnehmbar. Kein Wunder, dass für dieses Gebiet gerade weitgehende Rekonstruktionen gewählt wurden - was für viele andere Bereiche in der Frankfurter Altstadt genauso richtig wäre.