Lieber mkwiteaux, du bringst ein Berliner Problem unserer Zeit auf den Punkt. Strenge und Sachlichkeit sind wunderbar bei meiner Steuererklärung oder im Zusammenhang mit Hirnchirurgie. Wenn aber durch eine Stadtbaudirektorin ästhetische Gestaltung von Lebensräumen besonders gepriesen wird, wenn sie streng und sachlich ist, dann offenbart das eine problematische Verirrung der Werte. Vielleicht sollte Frau Lüscher sich mehr um den Bau von Vollzugseinrichtungen oder Lagerhallen kümmern. Da kann sie dann ihre ganze ästhetische Verklemmtheit ausleben.
Und tatsächlich ist es auch das, was mich an den Entwürfen etwas stört. Ich kann zwar gar nicht sagen, dass ich sie besonders sachlich finde. Aber sie wirken auf mich verklemmt. Weil sie einerseits der Vorgabe folgen, Materialschönheit zu bieten, indem auf Natursteinfassaden gesetzt wird; andererseits aber eine große Angst zum Ausdruck kommt, dass die Fassaden irgendwie gefällig werden könnten. Also konterkarriert man das Angenehme mit Rastern oder wie bei Tophof mit einer plastisch-monumentalen Kantigkeit. Ich will gar nicht sagen, dass diese Sprache nicht gefallen kann. Vieles an den Entwürfen ist sehr qualitätvoll. Aber es wirkt auf mich auch unterkühlt und dadurch unfrei und eben verklemmt. Weil es sich ja hier um eine Bauaufgabe dreht, die besonders Richtung Niederlagstraße einen intimen Kirchhof bilden soll, an dem Menschen wohnen werden. Es wird also auch ein teils privater und intimer Ort. Aber vor lauter Panik, irgendjemand könnte ihn als 'hübsch' empfinden, wird dann immer gleich zu diesen wie ich finde verkopften Dissonanzen gegriffen.
Ich finde dieses Phänomen besonders in Deutschland und habe das Gefühl, dass man in vielen anderen Ländern mit Poesie, mit der Vorstellung des an sich Schönen und mit Leichtigkeit weniger Berührungsängste hat. Leider bedient Frau Lüscher diese Ängste mit Feuereifer.