Umgestaltung Rathausforum / Marx-Engels-Forum

  • Urbanist: ... Trotzdem muss man mE beim MEF nachdenken ob man es in der gegenwärtigen Form erhalten will. Oder ob es sich nicht eher sinnvoll und ohne extreme Kosten mit dem RF zu einer attraktiven Gesamtfläche verbinden lässt


    Ich habe die Fläche also Rathausforum und Marx-Engels-Forum immer als eine einzige betrachtet, lediglich durch diese lästige Strasse voneinander getrennt.


    Der Begriff Rathausforum ist meines Erachtens auch eine Schöpfung der letzten 15 Jahre. Das ganze Areal hatte früher den Namen Marx-Engels-Forum, sowie der einige hundert Meter entfernte Bahnhof auch, der jetzt Hackescher Markt heisst.


    jan85, Urbanist DerBe, alles gute und überzeugende Argumente für eine Freihaltung der Fläche eingedenk der restitutiven Problematik.
    Wie schonmal von mir angedacht müsste es doch machbar sein die trennende Spandauer Strasse entweder zu tilgen oder dann nur für PKW in den Untergrund zu verbannen. Hierfür bräuchte man auch keine ausufernden Rampen. Ein schier unglaubliches Gestaltungspotential stünde zur Verfügung um etwas mit wirklich hoher Aufenthaltsqualität zu gestalten.

  • Die Familien wurden de facto enteignet (und Schlimmeres!). Sie hätten in der gesamten Zeit Gewinne erwirtschaften und weiter vererben können, stattdessen wurden sie nicht nur in ihrer wirtschaftlichen Existenz erschüttert - manche wurden bis auf den letzten Goldzahn und das letzte Bisschen Arbeitskraft ausgenommen und dann in anonyme Massengräber geworfen.


    Das kann man eigentlich garnicht oft genug wiederholen. All dieses sinnlos planierte Terrain, das da heute als Tummelplatz von der Spiel- und Spaßfraktion ganz selbstverständlich beansprucht wird, wurde gestohlen, die Gebäude zerstört und die Besitzer vertrieben bzw. zu einem Großteil sogar ermordet. Und mit typisch deutscher Gründlichkeit wurde dem Ganzen dann sogar noch nachträglich per Umwidmung eine quasi gesetzliche Grundlage verpasst.
    Selbst wenn niemand irgendwelche Rückübertragungsansprüche stellen würde, wäre es unsere Verpflichtung, hier wieder einen der historischen Kontinuität entsprechenden Stadtraum zu schaffen. Anstatt bis zum Sankt-Nimmerleinstag das steingewordene Spiegelbild einer totalitären Gesellschaftsform (als Grünfläche!) zu konservieren.


  • Der Begriff Rathausforum ist meines Erachtens auch eine Schöpfung der letzten 15 Jahre. Das ganze Areal hatte früher den Namen Marx-Engels-Forum, sowie der einige hundert Meter entfernte Bahnhof auch, der jetzt Hackescher Markt heisst.


    Nein, der Begriff Marx-Engels-Forum ist ein Neuschöpfung aus der Spätphase der DDR, als eben dieses Areal überhaupt erst entstand. Was du meinst ist der Marx-Engels-Platz, der umfasste den PdR mitsamt großem Parkplatz bis hin zum Außenministerium. Die S-Bahnstation hieß auch so, war aber eigentlich weit davon entfernt.
    Der Bereich vor dem Rathaus hatte nie einen Namen.

  • Der hieß M-E-Platz und das war der Name des heutigen Schlossplatzes. Da das MEF erst in den 80ern kam, die Umbenennung fand allerdings schon in den 50ern statt.


    PWK in den Tunnel hieße Tunneleinfahrten. Die sind nicht auch grad das Wahre, je nach dem, wo sie sich befänden. Innerstädtische Tunnel sind außerdem eine Idee des Nachkriegsstädtebaus und werden heute weitestgehend infrage gestellt. Und bei so einer kleinen Straße ließe sich das wohl kaum rechtfertigen, was das Preis-Leistungs-Verhältnis angeht.


    Könnte man regeln, ob sich da der xte Starbucks, Subway oder Ampelmännchenladen niederließe?


    Ach manno, war wieder jemand schneller :(.

    Einmal editiert, zuletzt von Ben ()

  • Sie hätten in der gesamten Zeit Gewinne erwirtschaften und weiter vererben können, stattdessen wurden sie nicht nur in ihrer wirtschaftlichen Existenz erschüttert - manche wurden bis auf den letzten Goldzahn und das letzte Bisschen Arbeitskraft ausgenommen und dann in anonyme Massengräber geworfen. Da müssen die Erben mE keine eigene "Leistung" erbringen, um einen moralischen und wirtschaftlichen Anspruch auf Entschädigung zu haben, auch wenn dadurch andere weniger Gewinne einstreichen können.


    Dein Post zeigt, daß das beabsichtigte Spiel zur Not auch vor moralischen Nötigungen nicht Halt zu machen um eine Bebauung des Bereichs durchzusetzen ja scheinbar bestens funktioniert; damit will ich nicht sagen daß Du persönlich nötigst, sondern daß deine Reaktion den beabsichtigten Resonanzeffekt zeigt.
    Ich halte das für ein ziemlich perfides und auch durchschaubares Spiel was hier gespielt werden soll, die jüdischen Alteigentümer quasi als Türöffner vorzuschieben und damit mächtig auf die PC-Tränendrüse zu drücken, um am Ende die Restitution ALLER Alteigentümer durchzusetzen; wenn ich mir die Karte von "Geraubte Mitte" anschaue, waren mehr als 3/4 aller Liegenschaften im Bereich Rathausforum/MEF NICHT von der Arisierung betroffen, sondern "nur" von der Vergesellschaftung nach 1945, und die Revision eben dieses Vorgangs ist doch hier das eigentliche Ziel des ganzen Diskurses.
    Im übrigen bin ich dafür, daß dort heute und in Zukunft niemand "Gewinne einstreichen" kann.

  • Urbanist: Danke für Deine Sorge um mich, aber ich kann sehr wohl reflektieren ob ich Argumente fundiert und berechtigt finde oder nicht. Ich bin daher nicht mehr oder weniger manipuliert/ instrumentalisiert als Du oder andere hier. Ein Denken frei von Beeinflussungen jedweder Art gibt es ohnehin nicht. Ich finde es aber ganz im Gegensatz erschreckend, dass jemand die Ansprüche der Nachfahren von Opfern des NS-Regimes so abwertet wie Du es tust. Diese Thematik steht für mich auch erst einmal völlig unabhängig von der Frage ob ich persönlich eine Bebauung am RF wünschenswert finde - finde ich ja wie gesagt auch eher nicht. Aber selbst wenn die Folgen einem nicht passen, muss man sich mE sowohl als Individuum als auch als Kollektiv anständig verhalten. Sonst ist man nicht viel besser als die Menschen und Instanzen die früher andere enteignet haben. Wenn jemand Dich oder meinetwegen Deine Großeltern bestiehlt und erst nach Jahrzehnten erwischt und zur Rechenschaft gezogen wird, würdest Du ihm doch auch nicht Absolution erteilen und ihm aus Gewohnheitsrecht Dein Eigentum oder das Deiner Vorfahren dauerhaft überlassen. Oder täusche ich mich da? Falls nicht, sollte auch in diesem Fall der kategorische Imperativ gelten.


    Dann würdest Du nicht sagen diese Menschen hätten nichts geleistet und würden nun ja auch ohnehin nur als Türöffner benutzt (also wieder nur die passiven Opfer oder wie, die wie unmündig mit dem aufgezwungenen Besitz agieren und dabei doch nur den Interessen Dritter dienen müssten?). Baurecht zu schaffen würde daher die Büchse der Pandorra öffnen. Ganz ehrlich: Die Büchse der Pandorra wurde vielmehr geöffnet als die Vorfahren dieser Menschen enteignet wurden und viele weitere Gräueltaten passierten. Jetzt wenigstens den Erben das Eigentum zurückzugeben (oder aber eine entsprechende Entschädigung zu zahlen) ist einfach nur angemessen. Und ja: Auch Deutsche die im Dritten Reich oder der DDR-Zeit enteignet wurden, sollten mE angemessen entschädigt werden. Leider braucht eine Gesellschaft oft Generationen bevor so etwas passiert und dann sind es meist - wenn überhaupt noch vorhanden - höchstens noch späte Nachfahren, die aber nichtsdestominder durchaus einen direkten wirtschaftlichen Verlust durch diese Dinge erleiden mussten.

  • ...Wenn jemand Dich oder meinetwegen Deine Großeltern bestiehlt und erst nach Jahrzehnten erwischt und zur Rechenschaft gezogen wird, würdest Du ihm doch auch nicht Absolution erteilen und ihm aus Gewohnheitsrecht Dein Eigentum oder das Deiner Vorfahren dauerhaft überlassen. Oder täusche ich mich da? Falls nicht, sollte auch in diesem Fall der kategorische Imperativ gelten.
    .......


    Es ist für mich schon ein extremer Unterschied ob jemand mich enteignet oder vor 80 Jahren meine längst verstorbenen Großeltern enteignet hätte. Das Rumgeheule von Leuten deren Groß-Urgroßeltern vorm Krieg nennenswerte Besitztümer hatten und diese dann (wie auch immer) verloren haben finde ich eher albern. Ja nun, müssen sie eben heute selbst fürs Einkommen arbeiten wie die meisten anderen Menschen auch.


    Wenn die Großeltern auf zwielichtige Weise zu Vermögen gekommen sind und die Enkel heute noch schön davon leben wäre es meiner Meinung nach eher angebracht jetzt noch rumzumäkeln. Wobei es letztlich auch egal ist woher das geerbte Vermögen kommt. Selbst vom Erben erarbeitet ist es ja so oder so nicht. Der Effekt ist also derselbe wie beim Lottogewinn o.ä..

  • Lieber jan85, ich bin dafür, die Flächen dort als öffentliche Freiflächen zu behalten, und u.a. deswegen Baurecht und die damit verbundenen Reprivatisierung zu vermeiden; ich halte es auch für unrealistisch, jedes Unrecht des 20. Jahrhunderts kompensieren oder wiedergutmachen zu wollen. Wenn man in dieser Logik weiterdenkt, was sollen dann eigentlich die Millionen machen, die im WK2 keine Besitztümer, sondern z.B. ihr Leben verloren haben? Wären sie nicht auch berechtigt ihr Leben restitutiert zu bekommen? Oder wenn Du schon das Beispiel meiner Großeltern bringst, meine Urgroßeltern haben durch die Bombardierungen zu dieser Zeit einen großen Teil ihres Besitzes verloren, sollte ich da nicht auch eine Restituierung verlorenen Erbes geltend machen? Oder wie sieht es mit Ostdeutschen aus, die im Gegensatz zu vielen ihrer westdeutschen Altersgenossen auch praktisch nichts erben, weil ihre Vorfahren in der DDR keine Möglichkeit hatten Reichtümer anzuhäufen, sollten sie nicht auch entschädigt werden?
    Diese ganze Aufrechnerei hat keinen Sinn, und das gilt auch für enteignete Grundstücke, irgendwann ist Faktizität der Geschichte anzuerkennen.

  • Bezüglich der Rückübertragungsdebatte für jüdische Opfer wird sich sicher etwas bewegen, ob das nun als moralische Nötigung verstanden wird oder nicht.


    Die Alteigentümer sind ja nicht in der 3. Generation (meine Mutter ist 92 und war zur Nazizeit in den 20er-jahren), der Kurator der Ausstellung "Geraubte Mitte" hat ja lebendige Beispiele präsentiert.


    Nur weil man die "nichtkommerzielle Nutzung" des Großen Freiraumes schön findet (die gibt es ja besser in jedem anderen der vielen Berliner Parks) kann man doch nicht Mord und Totschlag sowie Quasi-Enteignungen sanktionieren. Das ist nicht nur antijudaistisch, sondern auch ideologisch - nur um die Bebauungsstruktur der DDR-Moderne zu retten. Man erinnere sich an den Einsatz von moralischen Nötigungen beim Abbruch des Palastes der Republik und die vielen Diskreditierungsversuche unter der Gürtellinie, die der Kubus des Berliner Schlosses erdulden musste.


    Kultur-Staatssekretär Schmitz (SPD) hat schon eine freiwillige Rückgabe gefordert. Im Falle eines Grundstückes am Molkenmarkt ist schon nach Aufstellung eines B-Planes (als Planungsabsicht des Landes) naturalrestituiert worden. Ebenso am Spittelmarkt. Also würden mit Aufstellung eines B-Planes für das MF/RHF Restitutionen erfolgreich.


    Mein Petitum: Sanierungsgebiet. Dann wird der Gewinn der Baurechtschaffung abgeschöpft und wir können mit Sanierungsmitteln im stadtkern arbeiten. Vom sozialistischen Staatszentrum muss man sich allerdings verabschieden. Es ist nach den vielen Überformungen ohnhin nur noch ein Zerrbild der sozialistischen Realität.

  • Nur weil man die "nichtkommerzielle Nutzung" des Großen Freiraumes schön findet (die gibt es ja besser in jedem anderen der vielen Berliner Parks) kann man doch nicht Mord und Totschlag sowie Quasi-Enteignungen sanktionieren. Das ist nicht nur antijudaistisch, sondern auch ideologisch - nur um die Bebauungsstruktur der DDR-Moderne zu retten.


    Und genau diese Argumentationslinie stört mich ungemein, daß wer den Freiraum behalten will und sich gegen eine Bebauung des Freiraums wendet also praktisch zum Nazi-Komplizen erklärt wird; ist das eine Nazi-Keule auf bürgerlich?
    Mal abgesehen davon, daß Mord und Totschlag davon auch nicht wieder gutgemacht werden können.
    Außerdem wage ich zu bezweifeln, daß wenn Baurecht geschaffen wird eine Unterscheidung in jüdische und nichtjüdische Alteigentümer, mit deren Restitutionsansprüchen unterschiedlich zu verfahren sei juristisch überhaupt aufrecht zu erhalten ist.

  • Chandler: Dann hast Du ein ziemlich anderes Konzept von Eigentum als ich. Ich behaupte ja nicht, dass jeder Tellerwäscher ebenso Millionär sein könnte aber jedwede Kausalität als Zufall abzutun ist mir dann doch zu fatalistisch. Wenn ich hart arbeite und einen Teil für meine Erben zurücklassen möchte, ist das in meinen Augen völlig legitim und nachvollziehbar und so ziemlich das Gegenteil von Lottospielen (was ja rein gar nichts mit Arbeit zu tun hat und mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auch eher Verluste als Zuwächse bringen wird).


    Urbanist: Keiner kann alles Unrecht ausgleichen, so weit gehe ich d'accord. Der Verlust von Leben, körperlicher oder emotional-psychischer Unversehrtheit lässt sich zudem wie so manches andere erlittene Unrecht nicht in Euro quantifizieren. Bei den Alliierten etwaige Schäden einzuklagen, dürfte auch in der Tat ebenso aussichtslos sein wie die nicht vorhandene Chance ein Vermögen zu machen (Die teils krassen Effekte solch ungleicher Schicksale zumindest etwas zu entschärfen sollte aber durchaus die Aufgabe von guter Bildungs- und Sozialpolitik sein). Aber wieso sollten diese Aussagen dagegen sprechen, in einem konkreten Fall wo sich Ansprüche belegen lassen diese auch zu begleichen? Die Logik teile ich nicht: Nur weil ich nicht alles richtig machen kann, braucht mich der Rest den ich tun könnte dann auch nicht mehr groß zu scheren? Das ist mE wiederum krasser Fatalismus.

  • ....... und so ziemlich das Gegenteil von Lottospielen (was ja rein gar nichts mit Arbeit zu tun hat und mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auch eher Verluste als Zuwächse bringen wird).


    Hmm. Du meinst Reichtum ist genetisch bedingt und Kinder armer Eltern sind eh zu doof um mit Geld umzugehen. Wir haben in der Tat ein sehr unterschiedliches Weltbild. Würde im Umkehrschluss bedeuten, dass es für Kinder reicher Familien kein Problem darstellen sollte das Erbe zu verlieren da sie dank ihrer Überlegenheit leicht ein neues Vermögen anhäufen könnten.


    Wenn man das Konzept von Chancengleichheit und Leistungsgesellschaft usw. ernst meinen würde dürfte es selbstverständlich keinerlei Erbschaften geben. Ich denke das ist unmittelbar einleuchtend.

  • ^Nee, meint er nicht und das ist eine böswillige Unterstellund deinerseits. Und mehr: Umkehrschlüsse stimmen selten.


    Solange das Eigentumsrecht inkl. Erbschaftsrecht in unserem Grundgesetz steht muss man sich nicht dafür beschimpfen lassen, dass man verfassungstreu ist.

  • Chandler: Auf was genau beziehst Du Dich überhaupt (mein Kommentar kann es eigentlich nicht sein, da ich die von Dir kritisierte Argumentation nie getätigt habe und mangels inhaltlicher Übereinstimmung auch nie würde)? Tut mir leid, ich kann Dir da leider nicht mehr folgen. Das einzige was ich verstehe ist, dass Du meinst man solle nichts vererben dürfen (außer Gene so lange sie nicht das soziale Schicksal determinieren), das ist aber in unserem System anders geregelt weil es scheinbar eine Mehrheit nicht ganz so einleuchtend findet wie Du. Wenn es keinerlei Anreiz dafür gibt sich anzustrengen, wird sich eben leider oft auch weniger angestrengt. Ungleiche Voraussetzungen (ob genetisch oder durch das sozial-ökonomische Milieu bedingt) müssen aber natürlich immer ein Stück weit ausgeglichen werden, damit es keine reine Einbahnstraße wird. Sozialismus/ Kommunismus oder marktliberaler Turbo-Kapitalismus sind ja nur Extreme, die man nicht unbedingt anpeilen muss, weshalb man unser System ja zumindest als soziale Marktwirtschaft bezeichnet und von formaler Chancengleichheit spricht (das sind die Ideale, das Reale ist natürlich leider nicht ganz so schillernd aber mE immer noch besser als die angesprochenen Extreme).


    Aber das ist alles offtopic, weil irrelevant für die reale Entwicklung des MEF und RF unter den heute realen politischen Voraussetzungen. Ich gehe wie Konstantin eher davon aus, dass es eine Entschädigung geben wird. Vielleicht wird man aber statt einer Reprivatisierung der Flächen eine Ausgleichszahlung leisten. Der Staat kann ja mW theoretisch auch heute noch enteignen so lange er Ausgleich leistet, also könnte das auch rückwirkend so gehandhabt werden - zumal wenn eine Reprivatisierung tatsächlich so einschneidend für die Allgemeinheit wäre wie manche hier befürchten.


    Edit: Konstantin war schneller und präziser, ich meinte im Langen das Gleiche wie er in Kürze ;) Ich wollte eigentlich auch darauf eingehen, dass das Recht auf Eigentum per Verfassung geschützt ist, aber es geht hier ja scheinbar mehr um generelle Überzeugungen als um die aktuelle politische Realität...

  • Genau, das ganze wird zunehmend off-topic, zumal das Melodram um die Erben der Alteigentümer denen ihr Erbe entgangen ist doch eh nur gespielt wird um der Forderung nach einer Bebauung des Freiraums moralischen Nachdruck zu verleihen und die Gegner eines solchen Vorhabens moralisch zu diskreditieren.
    Wenn schon solche Bandagen angelegt werden, sage ich ganz offen daß die Klagen um altes Unrecht und entgangenes Erbe mich ungefähr so beeindrucken wie die Alliierten irgendwelche Forderungen nach Entschädigung von WK2-Bombenopfern, nämlich überhaupt nicht.

  • Ich finde es sehr bemerkenswert welche Emotionen diese Fläche entfesselt. Ich hatte hier im Forum immer den Eindruck, daß mit der
    Wiederbebauung dieses Areals immer etwas getilgt (im Sinne von Ungeschehen machen, so als ob es nie passiert ist),
    werden soll. Entweder ein erlittenes Unrecht oder und das wurde in den letzten 2 Tagen deutlich, auch ein zugefügtes.
    Für mich nicht unbedingt die beste Basis für ein gutes Gelingen.


    Mittlerweile denke ich, dieses Areal ist zur wahren Mitte der Stadt mutiert, wenn nicht sogar des Landes.
    Die Diskussion darum ist so deutsch, alle Brüche unserer Geschichte treten hier zu Tage,
    quillen förmlich nach oben, sobald man nur den Boden öffnet.


    Unsere Generation scheint mir mit dieser Herausforderung überfordert nur einigermaßen befriedigend mit dieser Fläche umzugehen,
    ohne die eine Gruppe entweder in ihrem Streben nach wiedergewonnener Identät zu verletzen oder die anderen gänzlich zu übergehen.


    Wir sollten die Fläche in einen mehr als akzeptablen Zustand versetzen, am Rand ein kleines Dokumentationszentrum installieren,
    das all die Fragen, die auch hier im Forum immer wieder zu diversen Ausbrüchen geführt haben, profund dokumentiert.
    Dann sollten wir uns den Rändern widmen, soetwas wie eine hochwertige Kante des Areals von der Stadtseite her entwickeln.


    Mehr sehe ich nicht was wir in unserer Zeit tun sollten.
    Zeit ist Luxus heutzutage aber dieser sollte uns die Mitte wert sein.

    8 Mal editiert, zuletzt von Camondo ()

  • Die Mitte der Stadt ist es sicher, zumindest geographisch und geschichtlich. Obs aber der Berliner (nicht nur die paar, die dort wohnen und ein paar hier) als seine Mitte sieht...? Und was spricht dagegen, der Mitte des Landes ein anderes Aussehen zu verpassen? B und D sind doch immer so progressiv. "Wir stellen in paar Bänke hin, den Rest können unsere Urenkel machen." Lüscherismus vom Feinsten. Mir persönlich ists schnuppe, obs nun ein Forum des Sozialismus oder der Klingonen ist. Ich finds nur schade um die Fläche, wo es Berlin doch weder an Grün noch an sozialistischem Erbe nicht mangelt. Dass man doch gleich alle Grünflächen bebauen könnte, ich absolut unsachlich und einfallsloses Argument. Und es geht (hier) schließlich primär ums MEF, welches ohne die beiden Herren in der Mitte nur eine x-beliebige Grünfläche wäre und im Gegensatz zum RF nichts stadtplanerisch/-geschichtlich wirklich nennenswertes.
    Was jetzt diese emotionale Entschädigungsdiskussion soll, wenn man - unterstelle ich mal einfach - nicht betroffen ist, weiß ich auch nicht. Es ist nur heuchlerisch von den Verantwortlichen, deswegen dort (oder auch woanders) nicht zu machen und sich andererseits immer wieder wegen die Verbrechen von vor 70 Jahren, mit denen wohl keiner der heute in irgendwelchen Ämtern sitzenden etwas zu tun hatte, immer wieder der Selbstgeißelung auszusetzen und auf beste Freunde machen, statt letzteres als selbstverständlich anzusehen. Dann sollte man diesen Forderungen auch ohne Baurecht nachkommen.

  • Ben: Ich bin wirklich nicht direkt betroffen, aber ich habe trotzdem eine Meinung dazu. Ich habe die Diskussion auch gar nicht angefangen, aber ich finde es daneben wenn man aus Furcht vor (völlig berechtigten) Entschädigungsforderungen kein Baurecht erteilen will. Da habe ich rational wie emotional ein Problem mit. Unschön finde ich es zudem, wenn eine mE notwendige Diskussion unterbunden werden soll, nur weil sie Kontroversen enthält (Motto: "Dann sollten wir das Ganze lieber auf unbestimmte Zeit gar nicht mehr angehen."). Man kann doch nicht alle unbequemen Fragen immer weiter aufschieben, der Krieg liegt fast 70 das Ende der DDR fast 25 Jahre zurück. Außerdem habe ich den Eindruck, dass gerade die Gegner einer Bebauung so gerne den Erhalt des Status Quo rechtfertigen wollen ("Ist halt eine zu heiße Kiste, lassen wir lieber alles so wie es ist.").


    Andererseits muss man zur Kenntnis nehmen, dass sich in der Diskussion auf unerfreuliche Weise die Frage einer Entschädigung mit der einer Bebauung mischt. Ich finde daher auch, dass man wenn möglich beide Diskussionsstränge trennen sollte:


    a) Sind Entschädigungen angemessen?


    b) Soll das RF wieder bebaut werden?


    Daraus ergeben sich dann logischerweise vier mögliche Konstellationen:


    1. Wenn man zu beidem ja sagt, ist der Fall mE recht einfach. Die Erben haben dann Anteil an den Erlösen dieser Entwicklung, so wie sie ihn hätten wenn die Grundstücke im Familienbesitz verblieben wären.


    2. Wenn man wie ich zu a) ja sagt aber zu b) eher oder zumindest erst einmal nein, sollte man Entschädigungszahlungen möglichst bald leisten. Sonst entsteht der Verdacht man warte ab bis sich Ansprüche von selbst aus der Welt schaffen und dann wirkt jede Betroffenheit bei Gedenkveranstaltungen über den NS-Terror in der Tat wie inszeniert bzw. Heuchelei. Da gebe ich Ben völlig Recht. Aber so kann man später wirklich unbelastet über eine große Grünanlage, eine Teil- oder Komplettbebauung oder whatever nachdenken ohne eine Leiche im Keller.


    3. Wenn man zu beidem nein sagt, ist der Fall natürlich auch klar. Dann wird nicht gezahlt und auch nicht gebaut. Ich sehe das anders, aber in einer Diskussion muss man eben auch mit Ergebnissen leben können, die man vorher nicht wollte.


    4. Theoretisch bleibt dann noch der Fall wo man für eine Bebauung aber gegen Entschädigungszahlungen ist. Wenn man das juristisch durchbekommt und mit dem eigenen Gewissen und dem internationalen Image vereinbaren kann, ist dieser Ansatz natürlich auch möglich. Ich fände ihn aber am Schlechtesten.


    Also sicher wird jeder die ein oder andere Variante besser oder schlechter finden, aber was ist daran so irre kompliziert, dass man es nicht jetzt diskutieren kann und sollte?


    Etwas komplizierter wird das Ganze natürlich dann, wenn man auch eine mögliche Bebauung des MEF (oder eben eine große Grünanlage aus beiden) mit in die Überlegungen aufnimmt und nicht wiederum komplett getrennt davon betrachtet. Aber auch das würde die Diskussion nur etwas komplexer gestalten, ohne dass es den Intellekt oder die Geduld überfordern muss. In der Demokratie sind solche Fragen natürlich schon komplizierter als sie durch Monarchie, Nazis oder die DDR entschieden wurden. Wenn man aber das Gefühl bekommt, Demokratie lähme nur und man kommt in vielen Fragen gar nicht mehr voran macht das unsere Staatsform nicht gerade attraktiver. Aber so oder so muss man eben in einem Teil der Fälle auch mit Entscheidungen leben, die man nicht favorisiert hat (aber das mussten viele Menschen unter den angeführten Herrschaftssystemen ja auch - nur dass sie völlig ohnmächtig da standen).


    Edit: Unabhängig davon würde ich Camondo darin zustimmen, dass sich an einem Ort der so viele Brüche erlebt hat ein Dokumentationszentrum anbieten würde.

  • Ben
    richtig lesen ist immer gut.


    der thread heißt Rathausforum/Marx-Engels-Forum


    1. ... nur weil eine Fläche nicht bebaut ist muss man sie nicht nach deubel komm raus bebauen und das noch möglichst sofort und nur zur befriedigung eines Egos.
    2. ... ich sprach von mehr als akzeptablen Zustand, das bedeutet für mich auch mehr als Parkbänke hinstellen.
    3. ... von Hände in den Schoß legen kann ebenfalls nicht die Rede sein. Eine Neubebauung der Ränder des Areals (Abriss der Platten und ersetzen durch hochwertige Wohn-Geschäftshäuser) wird schon für genügend Aufregung sorgen.
    4. ... Es geht überhaupt nicht darum sozialistische Stadtplanung zu glorifizieren.


    Ich sage nur, innehalten, wir sind noch nicht so weit und hoffe dir ist das nicht zu langweilig oder zu spiessig oder so ...

    3 Mal editiert, zuletzt von Camondo ()

  • Das Rumgeheule von Leuten deren Groß-Urgroßeltern vorm Krieg nennenswerte Besitztümer hatten und diese dann (wie auch immer) verloren haben finde ich eher albern.


    Sorry aber hier hört für mich eindeutig der Spaß auf. Wir reden doch nicht über irgendwelche Verluste beim Kartenspiel, sondern letztendlich über die Resultate von Krieg, Enteignung, Holocaust, immerhin doch der größten Verbrechen der jüngeren Menschheitsgeschichte. Dass es leider immer wieder Wirrköpfe gibt, die meinen, das ginge sie alles nichts an und man solle doch bitte endlich die Vergangenheit vergessen, ist ja leider traurige Realität - in dieser Form hab ich es zumindest in diesem Forum aber noch nicht gelesen.