Zukunft des Rathausforums / Marx-Engels-Forums

  • Und noch mehr Spass macht eine Diskussion, wenn ein Andersdenkender nicht immer gleich persönlich diffamiert wird, wie zuletzt z. B. im Beitrag 1397 zu lesen. Aber die Diskussion hier dreht sich eh im Kreis.

  • Klar dreht sich die Diskussion im Kreis. Seit Jahren. Spannend ist sie dennoch (und sehr lachen musste ich über "Dumpf-Bohnenkraut, obwohl ich die seit Jahren kenne und sehr schätze und mag). Z. B. die Unmöglichkeit sich auf bestimmte Punkte zu einigen. Was IST überhaupt ein historisches Verständnis? Diejenigen, die glauben, Geschichte hätte 1939 oder 1945 aufgehört, sind für mein Verständnis in einer sehr problematischen Diskussionssituation, da da numal irgendwas nicht stimmen kann.


    Meine Sehnsucht, so naiv sie auch ist, wäre folgende (was die Diskussion angeht): Die Befürworter von Rekonstruktionen, seien sie allgemein räumlicher Art oder konkret-architektonisch sagen ganz klar, dass das mit Geschichtlichkeit in dem Sinne nichts zu tun hat, aber, dass sie sich eben in einem Raum, der modern gestaltet ist und mit Offenheit und freien Raumkörpern statt mit geschlossenen Raumschalen arbeitet, unwohl fühlen. Sie geben zu, dass es ihnen nicht um eigentliche Geschichtlichkeit, sondern um einen Geschichtsaussschnitt oder einfach um Gestaltung geht.


    DANN nämlich wäre ich in der Lage, mit ihnen zu diskutieren, DANN nämlich würden wir uns nicht mehr im Kreise drehen. Und DANN könnte ich die, die von meiner Meinung gravierend abweichen, auch mal zu verstehen beginnen, wenn sie sich nicht hinter angeblichem Besser-Verstehen verstecken würden. Dann könnte ich sie aber auch genauer fragen, wie sie zur tatsächlichen Geschichte denn stehen, wie sie damit umgehen, dass sie sich dieser tatsächlich stattgefunden Geschichte viel zu wenig öffnen und sie daher versuchen zu vergessen und zu beseitigen. Denn, ich hoffe, ihr habt das noch nicht auf einer der 90 Seiten diskutiert, wenn man Rekonstruktionen welcher Art auch immer mit Geschichtlichkeit begründet, dann verliert man sich in einer angeblich stichhaltigen Begründungs-Rhetorik. Ich empfinde es so, dass diese die Diskussion blockiert. Denn das ist nicht ehrlich, und ohne Ehrlichkeit läuft eben keine Diskussion. Sie dreht sich im Kreis.

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    Ich glaube manche Leute hier können die vorhandene Realität, die ja auch historisch und das Ergebnis historischer Prozesse ist nicht akzeptieren und betreiben hysterische Realitätsverweigerung, weil sich die tatsächliche Realität


    Es ist schlichtweg falsch, den heutigen Zustand des Marx-Engels- und Rathausforums als historischen Prozess zu bezeichnen. Er ist das Ergebnis der Entscheidung weniger SED-Eliten, 800 Jahre Siedlungsgeschichte an dieser Stelle nahezu vollständig auszuradieren. Und heute will man ausgerechnet das Produkt dieser völligen Gleichgültigkeit konservieren und es als bloses Resultat kontiniuierlicher Stadtentwicklung betrachten selbige für die Zukunft aber gleichzeitig unterbinden. Paradox.


    Freiraum
    Rekonstruktionsfreunde sind nicht der Grund dafür, dass sich dieser Diskussion im Kreis dreht. Das ist doch eine recht gewagt These. Es gibt hier im Forum soweit ich weiß keinen einzigen, der auf der exakten Rekonstruktion des Vorzustandes samt Gebäuden beharrt.
    Und ganz im allgemeinen sind Rekonstruktionen kein Zeichen fehlenden Geschichtsverständnisses sondern ein beliebtes Mittel die nicht mehr vorhandene Historizität eines Ortes oder allgemein eines Zustandes zu suggerieren. Immer noch besser als sie völlig zu ignorieren.

  • Für unsere Schlusstrichpolitiker, die meinen mit 1990 sei die Geschichte am Rathausforum zu Ende und müsse auf alle Zeiten konserviert werden sei gesagt, dass der Stadtkern aus historischer Sicht nicht unter zu vielen, sondern zu wenigen Zeitschichten leidet. Es muss ein Konzept her, in dem die gesamte Zeit der Besiedlung seit etwa 1150 n. Chr. ihre Rolle spielt, nicht nur eine Zeitschicht von 20 Jahren.


    Da reichen kaum ein paar Metallbänder auf dem Pflaster, können aber ein erster Schritt sein. Mit der Wiederkehr von Martin Luther an den ehem. Neuen Markt ist ein weitere Schritt getan. Ich glaube nicht daran, dass damit Schluss ist...

  • Ich denke niemand redet hier davon das Rathausforum genau so zu lassen wie es jetzt ist und sicher nicht für alle Ewigkeit. Wo die Divergenzen bestehen ist der Grad der Umgestaltung des Rathausforums, also ob mit zusätzlicher Bebauung im traditionellen Raster oder frei davon, oder ganz ohne zusätzliche Bebauung mit lediglich neuer Freiraumgestaltung.


    Im übrigen nervt mich die ideologische Überhöhung die hier bei manchen Diskutanten mitschwingt: Der eigene Geschmack wird nicht dadurch besser, indem man ihn mit 800 Jahren Stadtgeschichte begründet. Berlin sieht heute de facto anders aus als damals, ob nun durch Willkürakt oder organische Veränderung, und vom Ist-Zustand sollte man ausgehen, um an ihm jene schrittweisen Veränderungen durchzuführen, die notwendig und wünschenswert sind, um heutigen Bedürfnissen an Stadtstruktur und Stadtfunktion gerecht zu werden.


    Und apropos Willkürakt: London und Paris sähen ohne eine gehörige Portion Willkür nicht so aus wie sie heute aussehen, muss also städtebaulich nicht immer schlecht sein.

  • der modernen Überformung eine städtebaulich völlig andere Situation ergeben hat die eben auf die Wirkung einzelner Solitäre abzielt. Und die verträgt sich m.M.n. nicht mit der Hineinpressung des historischen Straßenrasters


    Über welche Solitäre reden wir denn überhaupt? Ich sehe auf dem ganzen Areal keinen - außer der einsamen Marienkirche. Und die steht dort bekanntermaßen seit über 700 Jahren. Diese in ein historisches Straßenraster zu 'pressen' sollte wohl nicht allzu schwer fallen. Die einzige Frage, die sich hier überhaupt stellt ist, wie man einen halbwegs ästhetischen Übergang zum Fernsehturm und seiner Sockelbebauung schafft. Es wäre tatsächlich eine spannende Aufgabe für Architekten und Planer.

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    Allerdings wird dieses Stück garantiert als Letztes zur Debatte stehen. Ich denke mal, daß da erst frühstens in 10 Jahren etwas konkreter wird, wenn M-E-Forum und Molkenmarkt nachverdichtet werden würden.

  • Meine Sehnsucht, so naiv sie auch ist, wäre folgende (was die Diskussion angeht): Die Befürworter von Rekonstruktionen, seien sie allgemein räumlicher Art oder konkret-architektonisch sagen ganz klar, dass das mit Geschichtlichkeit in dem Sinne nichts zu tun hat, aber, dass sie sich eben in einem Raum, der modern gestaltet ist und mit Offenheit und freien Raumkörpern statt mit geschlossenen Raumschalen arbeitet, unwohl fühlen. Sie geben zu, dass es ihnen nicht um eigentliche Geschichtlichkeit, sondern um einen Geschichtsaussschnitt oder einfach um Gestaltung geht.


    Und wenn beides der Fall ist? Ich finde eine dichtere (Innen)Stadt besser, als die aufgelockerte mit 1000 auf Kriegsverluste zurückgehenden Freiräumen. Und hier Berlin ist groß und grün genug, sodass wird sich für jeden ein Freiraum finden wird. Deswegen kann ich, wie bereits gesagt, dem Freiraum-Argument nicht viel abgewinnen. Das soll nicht heißen, dass ich alle einst bebauten Quartiere wieder bebaut sehen möchte. Das Gipsdreieck finde ich z.B. ne gute Sache. Wäre es nicht zerstört worden, fände ichs natürlich auch gut, aber der heutige Park ist bei dem ganzen Gassengewirr ist sicher eine Aufwertung.


    Aber es ist ja nicht so, als wäre die enge Spandauer Vorstadt trotz/wegen der Dichte unpopulär. Eher im Gegenteil, oder? Man fällt vom einen Geschäft oder Cafe/Bar ins nächste und muss abends nicht 5 Minuten vom Nikolaiviertel zum Domaquaree durch dunkles Dickicht laufen. Dass diese beiden Quartiere nicht mit der Spandauer Vorstadt vergleichbar ist, ist mir schon klar. Ist einfach nur beispielhaft. Dass da früher schon Häuser standen, bestärkt mich in meiner Überzeugung zusätzlich. Auf Rekos lege ich da keinen Wert. Es klang nicht so, als hätte dort mal etwas rekonstruktionswürdiges gestanden.


    Auch wenn einst. die Blockstrukturen hier 700 Jahre alt sind, auch sie wurden mal mehr mal weniger modifiziert. Die Kirche wurde teilweise freigestellt, die Gebäude selbst wurden erneuert usw. Dann kam der große öffentliche Raum von heute...Und wo steht, dass dieser das non plus ultra ist und sich die Entwicklung nur auf die Blumenbeete beschränken darf. Wer rastet, der rostet und so...

  • Mich verwirrt auch teilweise die Geschichts-Argumentation, sind wir denn nicht im Jetzt nicht auch Teil einer Geschichte, die ihre Spuren in diesem Gebiet hinterlassen darf?
    Wenn wir es schaffen beides, also 700 Jahre Grundriss UND Freiraumgestaltung zusammenzufassen, dann wäre das auch nicht schlecht.


    Dabei müsste man natürlich die Vorteile beider Seiten genau beleuchten und bewerten, als da wären:
    - alte Struktur:
    -> Urbanität, Historisch wertvoll(?), Erbe und Tradition der Altstadt wieder erkennbar
    machen (durch einige alte Straßenraster, wie bspw die Jüdenstraße bis hin zur Karl-Liebknecht)
    -> Nachfrage nach Wohnen und Arbeiten und den Raum nicht nur als Freigangszone bei schönem Wetter nutzen, sondern Bürger direkt am Rathaus wohnen lassen.


    - neue Struktur:
    -> Sichtachsen, Struktur der Bezugsebenen zum Fernsehturm (wäre bspw. hier eine Freilassung des Areals zwischen Fernsehturmbrunnenanlage und Rathausstraße dafür nötig? Oder kann hier ein Gebäuderiegel als Gegengewicht zur Marienkirche die Symmetrie des Platzes nicht sogar unterstützen?)
    -> Definierung des heutigen einen großen Platzes hin zu mehreren kleineren Plätzen (ich stellte hier bspw. drei neue Plätze Rathausplatz, Platz um den Neptunbrunnen und Lutherplatz zur Diskussion)


    Ich plädiere bspw. auch für eine konkrete Bebauung der Rathausstraße hin zu einer Einkaufsstraße, um die Nachfrage nach Konsum der Besucherströme vom Alex zum Humboldtforum auch zu befriedigen. So viel Laufkundschaft und man lässt sich das im Grunde einfach so entgehen.


    Meine Fazit:
    Eine Synthese ist hier meiner Meinung nach durchaus möglich und vielleicht auch sogar nötig, um das Areal für alle Generationen und Meinungen gestalten zu können.

  • Über welche Solitäre reden wir denn überhaupt?


    Na in erster Linie um den Fernsehturm. Er ist der bestimmende Solitär auf dem Areal. Und er steht dort bekanntermaßen seit über 40 Jahren. Diesen mitsamt seiner Fußbebauung in ein historisches Straßenraster zu 'pressen' sollte wohl nicht allzu einfach fallen. Denn zum einen benötigt er auch weiterhin eine umfangreiche Fußbebauung um die Besucherströme aufzunehmen. Und zum anderen Raum um entsprechend seine Wirkung als städtebauliche Dominante auch in der näheren Umgebung zu entfalten. Ihn in ein historisches Raster zu zwängen und das wenige noch vorhandene Grün (in der Annahme, dass das MEF langfristig bebaut wird) zu überbauen halte ich für unpassend.
    Diese ganzen Klötzchenbeispiele hier im Forum haben das m.M.n. oft genug gezeigt.


    Ben, und wo steht geschrieben, dass die Marienkirche ewig und drei Tage stehen muss? Warum nicht einfach abreißen und was Neues hin bauen? Ist zwar ein Extrembeispiel und für mich auch nicht wünschenswert würde aber mit deiner Wer-rastet-der-rostet-Argumentation d’accord gehen.
    Warum du jetzt Berlins Grünflächen im Ganzen hier in die Diskussion einwirfst erschließt sich mir auch nicht wirklich. Das spielt doch für dieses Areal und die direkte Umgebung nur eine untergeordnete Rolle. Und wenn ich mich zum hundertsten Male wiederhole: wenn die direkte Umgebung mittel- bis langfristig noch stärker verdichtet ist macht das RF Sinn.

  • Und apropos Willkürakt: London und Paris sähen ohne eine gehörige Portion Willkür nicht so aus wie sie heute aussehen, muss also städtebaulich nicht immer schlecht sein.


    Herrje. Zu was sich aufgeklärte Menschen in einem Architekturforum nicht manchmal versteigen. Alle Welt redet über demokratisierung von Stadtplanung und hier heisst's: ein bisschen Willkür ist nicht schlecht. Es war ja nicht aaalllles schlecht....


    Das ist es ja, was die Diskussion so ideologisch macht: es werden kaum mehr Sachargumente ausgetauscht sondern sondern mit'm Hammer druff gehauen.

  • Ich fände es auch nicht schlimm, wenn das MEF bebaut würde, ob anhand historischer Grundrisse oder anderer. Aber trotzdem würde ich das Denkmal erhalten und es auch wieder in Zentrumsnähe aufstellen. Nicht als Ehrung, sondern als Bezug zu den dramatischen Entwicklungen, die von diesen beiden Denkern teilweise vorausgedeutet und wohl auch ein gutes Stück mitgeprägt wurden (zudem waren ihre kritischen Ansätze zu ihrer Zeit anhand des Massenelends sicher nicht ganz unberechtigt und für die politische Ausgestaltung des "realen Sozialismus" die mE erschreckend starke Parallelen zum dritten Reich aufwies konnten sie auch nichts mehr). Ich finde es bedauerlich, dass die Befürworter einer Rekonstruktion älterer historischer Verhältnisse so einseitig argumentieren (was nach irgendwelchen Kaisern und Königen passierte ist halt keine Geschichte mehr) und dann ausgerechnet anderen vermeintliche Ideologien vorwerfen müssen (Stichwort: Glashaus). Man muss doch kein Marxist und auch kein DDR-Nostalgiker sein (was keinesfalls das Gleiche ist) um einem solchen Denkmal Berechtigung zuzusprechen. Ich ziehe mir nämlich keinen dieser beiden Schuhe an (ich war ja auch nie DDR Bürger) und trete trotzdem dafür ein. Ebenso wie ich für die historische Fassade des Stadtschlosses und die Wiedererrichtung der Bauakademie und einiger andere alten Stadtzüge bin. Aber ich sehe eben auch Relevanz in einigen DDR-Vermächtnissen, während ich andere wiederum für entbehrlich erachte. Stadtentwicklung ist eben manchmal auch ein Abwägen.

  • Diesen mitsamt seiner Fußbebauung in ein historisches Straßenraster zu 'pressen' sollte wohl nicht allzu einfach fallen.


    Wieso nicht, Bato? Sieht doch prima und urban aus:


  • @Bato
    Ja, so herum kann man die Frage natürlich auch stellen. Aber trotz Heidentum ist diese Option wohl auch heutzutage noch unwahrscheinlicher, als eine Bebauung des MEF. Mal abgesehen davon, dass das weder hier noch sonstwo zur Debatte steht.


    Ich erwähne die Grünflächen und Freiräume, weil das auch immer wieder als ein Argument gegen eine Bebauung aufkommt. Die vielen Leute, die sich am Neptunbrunnen aufhalten und die zunehmende Verdichtung...Wie du ja selbst auch grad vormachst. Was wird denn in Zukunft so viel verdichtet? Der Molkenmarkt? Auch wenn dort nichts steht, als Freiraum kann man das ja wohl kaum bezeichnen. Das Schloss? Ja, Herr Jott, das war ein paar Monate ein Freiraum in Form einer großen Wiese. Die wird ebenso schnell wieder vergessen sein, wie sie kam. Oder trauert man dem schönen freistehenden Parkplatz nach, der vor dem Hackeschen Quartier dort war? Es wird verdichtet, aber nicht unter Verlust von Freiraum udn Grünflächen. Wenns irgendwann nur noch Grünflächen und Freiräume gibt, dann braucht man auch keine Stadt mehr...Dann haben wir Scharoun und LeCorbusier. Aber wieso nicht? Wo steht, Berlin, wie man es heute kennt, sei das non plus ultra. Und dem RF spreche ich seine Bedeutung ja auch nicht ab. Habe ja mehrfach gesagt, dass es mir ums MEF geht, wie dir ja auch.

    4 Mal editiert, zuletzt von Ben ()

  • Na in erster Linie um den Fernsehturm. Er ist der bestimmende Solitär auf dem Areal.


    Der Fernsehturm steht nicht auf dem Areal das man 'Rathausforum' nennt, er begrenzt es. Und das wird auch zukünftig so sein.
    Warum man deswegen die Freiflächen nicht bebauen dürfte, will sich mir ganz und garnicht erschließen. Er wird dadurch weder verdeckt (Traufhöhe?) noch sonst irgendwie in seiner alles überragenden Dominanz beeinträchtigt. Tatsächlich baut man bereits in unmittelbarer Nähe diesen wunderhübschen Würfel ganz ohne Rücksicht auf historische Raster - ist das vielleicht auch einer dieser eindrucksvollen Solitäre? Da ist mir eine solide Stadtplanung auf Basis bekannter Strukturen aber hundertmal lieber...

  • Ich fand die Veranstaltung auch deshalb so gut, weil dort doch insgesamt sachlich diskutiert wurde. Ich finde, wir sollten es auch in diesem Forum so halten.
    Daher finde ich es nicht gut, wenn hier, wie von Ben, Referenten Äußerungen in den Mund gelegt werden, die sie nicht getan haben. Axel Zutz hat nie gesagt, dass eine Bebauung des Rathausforums eine zweite Arisierung wäre. Vielmehr hat er gesagt, dass dies eine Privatisierung öffentlichen Eigentums wäre und dass dies mit einem zweiten Abriss des Palastes der Republik vergleichbar wäre. Der Tagesspiegel hat diese Aussage auch korrekt zitiert.


    http://www.tagesspiegel.de/ber…ueste-berlin/8162258.html


    Dann hat Eckhart Gillen das Marx-Engels-Denkmal nicht irgendeinem Herrn "Hegemann" zugeschrieben, sondern als Schöpfer des Denkmals korrekt Ludwig Engelhardt benannt. Und dass man die Thesen von Gabi Dolff-Bonekämper dadurch zu widerlegen versucht, indem man ihren Namen verballhornt, finde ich ziemlich primitiv. Sicher kann man mit den Beiträgen des Symposiums nicht einverstanden sein, aber dann sollte man doch seinen Widerspruch bitte sachlich formulieren.


    Dann fand ich noch ein paar Aussagen von Manfred Kühne interessant. Er hat argumentiert, dass die historischen Spuren an diesem Ort nur erhalten werden könnten, wenn dieser eben nicht bebaut werden würde, weil jede Bebauung mit einer Zerstörung von Bodendenkmälern verbunden wäre. Ich fand dieses Argument deshalb interessant, weil hier ein Weg aufgezeigt wird, wie Anhänger vormoderner historischer Spuren und die Anhänger der Moderne zu einem Konsens finden könnten. Ich persönlich hätte nichts dagegen, wenn man an einigen Stellen, etwa nördlich der Marienkirche, einige archäologische Fenster einrichten würde.


    Weiterhin ist es so, dass alle Sanierungen von Denkmälern in diesem Bereich natürlich mit den Denkmalpflegern abgestimmt werden. Schon die Sanierung der Fernsehturm-Fußbebauung um 2000 wurde mit den Denkmalbehörden abgestimmt. Der neue Mitteleingang setzt sich einderseits klar von der Altbausubstanz ab, andererseits ist er reversibel. Auch die aktuelle Sanierung der Freiflächen erfolgt in enger Abstimmung mit den Denkmalbehörden, dadurch wird es also nicht zu einer Aufhebung des Denkmalschutzes kommen.


    Ansonsten kann man, wie Konstantin natürlich der Meinung sein, dass eine brachiale Modernisierung ohne Rücksicht auf historische Spuren toll wäre. Allerdings führt eine solche Argumentation dazu, dass ein zentrales Argument vieler Bebauungsbefürworter wegbricht, nämlich der Vorwurf, dass die DDR-Stadtplanung rücksichtslos mit den Spuren der Geschichte umgegangen wäre und dass sie deshalb korrigiert werden müsste. Ich habe daher den Eindruck, dass bei den Bebauungsbefürwortern mittlerweile ein ziemlicher Argumentationsnotstand herrscht, dass sie solche argumentativen Purzelbäume schlagen.


    Schlussendlich hat mir das Symposium auch deshalb gefallen, weil es gezeigt hat, dass die Diskussion über diesen Freiraum langsam die Schützengräben des Kalten Krieges verlässt. Wer diese Debatten in den neunziger Jahren erlebt hat, der weiß, wie ideologiebelastet dieses Thema damals war. Bei jeder Veranstaltung des Stadtforums rückte eine große Gruppe meist älterer Herrschaften an, die mit grimmigem Blick und viel Schaum vorm Mund die Bebauung des Rathausforums als notwendigen Beitrag zur Überwindung des Sozialismus gefordert haben. Heute gibt es eine Menge Leute, wie Gabi Dolff-Bonekämper, Roman Hillmann oder Axel Zutz, die aus den alten Bundesländern kommen und den Freiraum am Fernsehturm dennoch toll finden. Und auf dem letzten Stadtforum gab es nur einen einzelnen Herrn, der die Bebauung des Rathausforums gefordert hat, und der kam aus Hamburg-Altona. Daher bin ich optimistisch, dass sich der Kalte Krieg um diesen Stadtraum allmählich legen wird.

  • Axel Zutz hat nie gesagt, dass eine Bebauung des Rathausforums eine zweite Arisierung wäre. Vielmehr hat er gesagt, dass dies eine Privatisierung öffentlichen Eigentums wäre


    Dann ist es Herrn Zutz vermutlich spontan entfallen, dass das betreffende Areal bereits arisiert wurde und zwar mit der Aneignung des Grund und Bodens durch den sozialistischen Staat. Es stellt sich in der Tat die Frage, in wessen Tradition wir diesen Staat und seine Hauptstadt sehen und welchem Rechtsverständnis wir zu folgen gedenken. Klar kann man so tun, als wäre nichts geschehen und das ganze als rein ideologische Debatte bagatellisieren - in der Sache voran kommt man damit freilich nicht. Habe aber auch nicht den Eindruck, dass man das auf der einen Seite überhaupt will.


    Und auf dem letzten Stadtforum gab es nur einen einzelnen Herrn, der die Bebauung des Rathausforums gefordert hat, und der kam aus Hamburg-Altona. Daher bin ich optimistisch, dass sich der Kalte Krieg um diesen Stadtraum allmählich legen wird.


    Interessant. Also gefällt es dir vor allem deshalb, weil niemand mehr da ist der Widerworte gibt? Das wundert mich jetzt nicht, gibt dem 'Kalter Krieger' Gerede aber eine ganz besondere Note. Aber jeder wie er mag. Der eine diskutiert lieber kontroverse Positionen, der andere fühlt sich dabei wohl gemeinsam im Takt zu klatschen.

  • Klarenbach: Was nicht alles bemüht wird um die jeweilige Gegenseite zu schwächen. Wo, bitte, habe ich denn von einer "brachialen Modernisierung" gesprochen? Das ist doch die gleiche Unterstellung, die Du Ben ankreidest. halte dich doch bitte an das, was die Leute schreiben.


    Zudem sind eine Reihe von Argumentationen nicht wirklich konsistent: Wieso können denn historische Spuren nur erhalten werden, wenn man NICHT baut? Manfred Kühne hat auch schon bessere Argumente gehabt um - was sein Job ist - die Politik seiner Chefin zu vertreten. Natürlich können historische Spuren in Bebauungen integriert werden, das nimmt Kühne ja auch für "sein" archäologisches Zentrum und das Bürohaus am Petriplatz in Anspruch.


    Was eine vermeindlich "Zweite Arisierung" betrifft stimmt wohl eher das Gegenteil. Von den etwa 150 Grundstücken vor 1970 gehörten etwa 55 jüdischen Bürgern, die Rückübertragungsansprüche gestellt haben. Diesen mit Verweis auf das angebliche Gemeinwohl durch die große, zugige, nichtgrüne "Erholungsfläche" ihr Eigentum zu verweigern ist schlicht Unrecht.