Umgestaltung Rathausforum / Marx-Engels-Forum

  • Wieder so eine neurotische Diskussion mit künstlichen Nebenkriegsschauplätzen. Meiner Meinung nach handelt es sich bei dem Denkmal um recht simple Staatskunst. Ich bin froh, wenn das weg ist und die Gegend dort nach historischem Grundriß wiederaufgebaut ist.


    Es gibt sicherlich Orte, wo man die beiden Denker, deren Philosophie in sich schon totalitäre Züge trägt und äußerst radikal auf Enteignungen setzt, sonst noch aufstellen kann. Das Denkmal ist nun gewiß kein Glanzstück oder etwas, worauf man stolz sein müßte.


    Tel33 hat den Preußenadler übrigens aus purer Verachtung für die preußische und deutsche Monarchie als Avatar. Er ist ein glühender Anhänger des Kommunismus. Man sollte also keine vorschnellen Schlüsse aus seinem Avatar ziehen und sich stattdessen auf die Sachebene begeben. Sorry, daß ich diesen Diskussionsstil karikiere. :)

  • Marx und Engels gehören in die Rumpelkammer der Geschichte. Ihre Werke kann oder sollte man sich sogar mal im Rahmen der Soziologie oder Politkwissenschaften anschauen, aber ein Ehrenmal finde ich sehr unangebracht.

  • Marx und Engels gehören in die Rumpelkammer der Geschichte.


    Naja - wie Saxonia richtig bemerkte, gehören Marx und Engels auch heute noch zum Standardrepertoire auf ihrem Gebiet.


    Dem Denkmal selber stehe ich recht emotionslos gegenüber. Eine Komplettbebauung des Forums hielte ich allerdings wegen des Verlustet an Frei und Grünflächen für einen Fehler. Gerade umliegenden Areale weiter verdichtet werden, gewinnt ein zentraler Ort mit Licht, Luft und Grün erheblich an Bedeutung. Eine Bebauung an ein oder zwei Seiten des Forums zur Steigerung der Aufenthaltsqualität könnte ich mir aber gut vorstellen.


  • Und so etwas kommt von jemandem, der einen Preußenadler im Profil hat. Die Glaubwürdigkeit ist jetzt leider ein wenig dahin.


    Warum, was hast du gegen den Preußenadler?



    Das Marx-Engels Denkmal ist meiner Meinung nach nicht nur aus künstlerischer Sicht erhaltenswert, sondern auch aus historischer. Gerade dieses Ensemble, das die Geschichte der Arbeiterbewegung so eindrucksvoll darstellt


    Also jetzt wirds doch arg lächerlich. Es gibt keinen noch so abwegigen Grund ein derartiges 'Denkmal' ausgerechnet an dieser Stelle platzieren zu müssen. Schon garnicht aus historischer Sicht. Tatsache ist, dass diese Fläche bis in die 80er Jahre hinein eine ungenutzte Brachfläche war, die dann irgendwie zwanghaft in den Rest des Ensembles eingemeindet werden musste. Nur zu diesem Zweck wurden die Skulpturen geschaffen - sie sind als solche selbst für die kurze DDR Geschichte völlig unbedeutend und dienten ausschließlich der weiteren Ideologisierung des öffentlichen Stadtraumes.


  • Das Marx-Engels Denkmal ist meiner Meinung nach nicht nur aus künstlerischer Sicht erhaltenswert, sondern auch aus historischer. Gerade dieses Ensemble, das die Geschichte der Arbeiterbewegung so eindrucksvoll darstellt bietet sich doch wunderbar an, den (sozialistischen) Anspruch der DDR anhand der tatsächlichen Realität mit Mauer und Überwachungsstaat zu beurteilen.


    Dann ist der Ort aber besonders ungeeignet, denn hier war ja das sozialistische Zentrum, in dem gerade eben nicht Mauerstreifen und Überwachungsstaat ersichtlich waren. Auch ist dieser Ort hinter dem Schloss kein prägnanter für die Arbeiterbewegung in Deutschland (da wären die Mietskasernen passender).


    Meinetwegen kann das Denkmal in ein neues Quartier am heutigen M-E-Forum eingebunden werden, vielleicht in einer Fußgängerzone. Diese Inszenierung innerhalb des M-E-Forums finde ich aber ziemlich grotesk und auch nicht mehr zeitgemäß, von den Proportionen ganz zu schweigen.

  • Naja - wie Saxonia richtig bemerkte, gehören Marx und Engels auch heute noch zum Standardrepertoire auf ihrem Gebiet.


    Standardreportoire? Vielleicht in Politik- oder Geschichstwissenschaften aber sicherlich nicht in modener Wirtschafts- oder Sozialwissenschaften.

  • Aber sicher dat. Es gibt keine Einführungsveranstaltungen in Philosophie, Soziologie und Ökonomie, die sich nicht mit dem Marxismus beschäftigen.

  • ^Diese Nebendiskussion ufert zwar langsam aus, aber man kann doch nicht ernsthaft bestreiten, dass Marx und Engels einen prägenden Einfluss auf dieses Land und diese Stadt ebenso wie auf weltweite politische, ökonomische und auch kulturelle Diskurse hatten und ihn auch heute noch haben. Für einen Diskurs ist es auch nicht wirklich entscheidend, dass alle Marx und Engels verehren müssen sondern vielmehr, dass man sich eben noch immer häufig auf sie bezieht und sei es kritisch.


    Davon abgesehen ging es aber mE in der Diskussion zuletzt weniger darum ob man das Denkmal vernichten sollte und eher darum, wo es angemessen aufgehoben wäre. Ich denke dabei schon an das ehemalige Ost-Berliner Zentrum und eine prominente Stelle, unabhängig davon ob es jetzt genau dieser Standort bleiben muss.

  • Aber sicher dat. Es gibt keine Einführungsveranstaltungen in Philosophie, Soziologie und Ökonomie, die sich nicht mit dem Marxismus beschäftigen.


    Das habe ich nicht bestritten. Ich habe bezweiflet, ob es 'Standardreportoire' ist, also von einem Studenten in mehr als einer Hausaufgabe abgefrühstückt werden muss. Im Physikstudium macht man ja auch gelegentlich ein paar Exkurse zu den alten oder den weniger erfolgreichen physikalischen Erklärungsansätzen aber üblicherweise liest heutzutage niemand mehr die Originaltexte von Demokrit oder etwas über Goethes Farbenlehre.


    Und um mal wieder zum Thema zu kommen, es gibt genügend bedeutendere Leute die man ehren könnte als die Vorreiter des industriezeitalternen Despotismus. Der einzige Grund warum diese Plastiken vermutlich witer da rumstehen weden ist die Feigheit der Gesellschaft für ein klares Statement gegen Ostalgie und sozialistische Utopien.

  • ^man kann doch nicht ernsthaft bestreiten, dass Marx und Engels einen prägenden Einfluss auf dieses Land und diese Stadt ebenso wie auf weltweite politische, ökonomische und auch kulturelle Diskurse hatten und ihn auch heute noch haben.


    Dies gilt doch für fast jeden theoretischen Ansatz mit totalitären Folgen. Das war nicht die Frage.


    Die Frage in einem Architekturforum besteht darin, ob (1) Marx und Engels (beide zusammen) (2) an diesem Ort zwischen künftigem Humboldtforum und Rotem Rathaus (3) mit einem Denkmal aus der DDR-Zeit geehrt werden sollen und ggf. das Umfeld in Anlehnung an die DDR-Gestaltung wiederhergerichtet werden soll. Und hier muss man angesichts dessen, was der Kommunismus für Unheil angerichtet hat, noch zweifeln dürfen ohne zum Halbnazi oder Vollpfosten erklärt zu werden.

  • ^Diese Nebendiskussion ufert zwar langsam aus, aber man kann doch nicht ernsthaft bestreiten, dass Marx und Engels einen prägenden Einfluss auf dieses Land und diese Stadt ebenso wie auf weltweite politische, ökonomische und auch kulturelle Diskurse hatten


    Richtig. Und es war historisch und global betrachtet leider kein wirklich positiv prägender Einfluss. Auch Stalin, Pol Pot, Mao und ein gutes Dutzend halbseidener Drittwelt-Despoten stehen nun mal in direkter Linie zu den Vätern des theoretischen Kommunismus. Insofern ist eine Ehrung in Form eines Denkmals an zentraler Stätte zumindest mal kritisch zu hinterfragen. Das Ensemble selbst hat aus meiner Sicht ohnehin keine historisch relevante Bedeutung.

  • OK; Marx und Engels sind irgendwie bedeutend, zurück zum Thema

    Ich lese hier ja schon seit einer ganzen Weile, da ich diesen Thread besonders spannend finde, da alle Meinungen vertreten sind. Er hat mich, zusammen mit der allgemeinen Diskussion, von einigem abgebracht, sodass ich etwas milder geworden bin, aber bestimmte Positionen von mir haben sich auch bestärkt. Da ich hier bisher nur sehr ausführlich gelesen habe, erlaube ich mir heute mal etwas mehr zu formulieren, als Antwort auf euch eben auch. Das ist ein Kraftakt:


    Mir ist wichtig die historische Betrachtung des Themas Rathausforum. Und unter „historisch“ verstehe ich wissenschaftlich-historisch, eben, wie die Geschichtswissenschaften das tun. D.h. nach 30 Jahren, einer Generation, sind Architektur und Städtebau in einem Gebiet historisch, und man sollte die Architektur dann also schon so betrachten, dass man ihren Wert erstmal versucht zu verstehen, statt, wie bei jüngerer Architektur, Architekturkritik zu betreiben. Alle Teile werden dann also mit einem Respekt vor der Leistung einer älteren Generation mit einer gewissen Ehrfurcht aber dennoch kritisch-objektivierend betrachtet. Hier wurde oft kritisiert, dass angeblich die, die den Bestand des Rathausforums begründen, nur die eine Schicht, die der DDR, verteidigen würden, nicht aber die historische Schicht des alten Berlin, das da gewesen sei. Diese Argumentation erstaunt mich zutiefst. Denn ich gehe wie ein Restaurator davon aus, dass zur Erhaltung nur das wertvoll ist, was da ist, also nur das materiell noch vorhandene. Das, was da war an Barocken und vormodernen Häusern, war wertvoll, da besteht überhaupt kein Zweifel, und es IST bedauerlich dass es zerstört wurde. Aber, da es hinfort ist, ist es für mich doch auch für immer verloren. Ich sehe alles als wertvoll an, was älter als 30 Jahre ist, wenn ich gründe für seinen Wert finde. Und diese Gründe finde ich in der persönlichen Betrachtung vor Ort und in der Betrachtung durch Architekturhistoriker, die herausarbeiten, wie das gemeint war und wie es auch tatsächlich ist, was sich benennen lässt an gestalterischen Werten.


    Das also zunächst, mit vielen Worten, vorausgesetzt, kann ich nun klarer gliedern, was ich meine:


    • Das Rathausforum ist mit allen seinen historischen Gebäuden wertvoll, Marienkirche, Rathaus, wie auch Fernsehturm und Wohnscheiben. Dazu gehört auch der Freiraum insgesamt.


    • Die Bedeutung liegt darin, dass eine moderne Gestaltung nach den gravierenden Zerstörungen des 2 WK einiges von dem Vormodernen erhalten, und in eine neue Gestaltung integriert hat. Und dieses haben die Vorträge bei der TU-Veranstaltung für meine Begriffe sehr klar herausgearbeitet. Ich fand da einiges Neu und es gar nicht langweilig (also der Vortrag nach der Pause, den Ben nicht mochte).


    • Die entstandene Gestaltung ist einzigartig und eine unglaubliche, nie wiederkehrende Qualität, so viel Freiraum in einer Stadt zu haben, der für die Bürger, Passanten und Touristen frei zur täglichen Nutzung steht.


    • Die Intention der damaligen Planer ist auch recht spannend, nämlich, anstelle eines ursprünglich geplanten brutalen Stalin-mäßigen Hochhauses einen vielfältigen Stadtraum zu schaffen, an dem man auch noch WOHNEN konnte, obwohl das das Zentrum war. Das ist eine ideale Komposition aus übergeordnet bedeutend und ganz normal.


    • Ich verstehe inzwischen, dass viele Berliner anscheinend möchten, dass in diesem Raum einige Erinnerungen daran aufgestellt werden, wie der Raum vor der DDR-Veränderung war. Ich denke, dass das in Form von Denkmälern durchaus denkbar ist, ohne der gesamten Gestaltung zu sehr zu schaden. Luther und einige weitere Denkmale werden wieder aufgestellt werden, das ist beschlossen, und das ist OK. Benedikt Goebel hat das auf der TU-Veranstaltung schön gezeigt. (Nur die Kolonnaden werden gestalterisch so nicht mehr reinpassen, daher bleiben sie hoffentlich, wo sie sind, im Kleistpark. Und das sage ich, obwohl ich ihr Verschwinden an dem Ort tatsächlich am meisten bedauere, denn ich liebe alleine diese Geschichte: Die Kolonaden sollten ursprünglich den Blick auf den verkommenden Festungsgraben zugleich versperren als auch diese Versperrung verschönern helfen. Statt den Festungsgraben als Wasserfläche zu gestalten. Dann, als der Graben nicht mehr da war, waren die Kolonaden immer noch eine sehr beeindruckende Herausleitung aus der Stadt auf den Ochsenplatz und späteren Alexanderplatz.)


    • Ich meine aber, dass eine Bebauung des Rathausforums und des Marx-Engels-Forums mit Häusern eine Katastrophe wäre! Das sieht man schon an dem neuen Riesenbau gegenüber Kubix.


    • Der Grund: Ein Freiraum, wie dieser, funktioniert als Großform. Und das meine ich ja gerade als Nutzer: Ich genieße es jedes Mal auf dem Platz, die vertrauten Gebäude, Kleihues Kaufhof, das damalige „Hotel Stadt Berlin“, den Fernsehturm, die Marienkirche, die Wohnscheiben, die Friedrichswerdersche Kirche, etc, all das von quasi jedem Punkt des Platzes aus zu sehen, zu bewundern, wie sie in Proportionsverhältnisse treten, die sich aus jeder neuen Perspektive wieder ändern.


    • Ich genieße die Weitläufigkeit, die Chance, sich selber immer wieder neue Ecken dieses Riesenraumes zu erschließen (Goebel sagte, dass der viel Größer ist, als man i der Wahrnehmung eigentlich realisieren kann, das hat mir gut gefallen), ganz verschiedene Menschen zu sehen und das Gefühl zu haben, dass die alle gemeinsam und mit mir auf diesem Platz sind.


    • Wenn man hier wirklich weitere Häuser hinbaut, etwa gegenüber dem Rathaus, dann schadet man dem Platz in einer Weise, die entweder unwissentlich oder bewusst von vielen nicht benannt wird: Solch eine Großforum funktioniert nur, solange der Blick frei bleibt. Sie funktioniert an Rathausforum und Marx-Engels-Forum insbesondere nur, wenn die Geschlossenheit, die durch die Wohnscheiben entsteht, nur von außen von ihnen definiert wird, während im inneren nur wenige, historische Bauwerke stehen. Hier sind es ja sehr wenige, also ganz konzentriert und (im gänzlich positiven Sinne) bescheiden: Marienkirche und Fernsehturm.
  • ^ Na, die "unglaubliche, nie wiederkehrende Qualität", die "ideale Komposition" und die "Weitläufigkeit" die man geniessen kann hast Du wirklich exklusiv - zusammen mit anderen Foristen, die in den gemütlichen Gründerzeitgebieten wohnen und sich ab und an an sonnigen Sonntagen zum Fotografieren im Statkern aufhalten.


    Der Stadtkern ist kein Erholungspark für Salonsozialisten wie der Britzer Garten oder die Gärten der Welt in Marzahn sondern muss wieder Stadt werden dürfen, Innenstadt - nicht Castrop Rauxel. Deshalb wäre eine Bebauung sicher eine "Katastrophe" für den sozialistischen Städtebau an diesem Ort aber ein Glücksfall für Berlin.

  • Dichte und Unfreiheit

    Wer schon mal in einer richtigen Metropole wie London oder New York gewohnt hat, der lernt Freiräume, wie man sie in Berlin erleben kann, zu schätzen. Dieser Freiraum am Fernsehturm ist geradezu die Verkörperung (oder deren Abwesenheit) der Freiheit, die man in Berlin leben kann. Berlin hat eben keine privatisierte, kontrollierte, verdichtete Innenstadt. Das ist ein sehr großes Gut und darf nicht verspielt werden, um irgendeinen Gestaltungszwang auszuleben.

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  • Ich meine aber, dass eine Bebauung des Rathausforums und des Marx-Engels-Forums mit Häusern eine Katastrophe wäre! Das sieht man schon an dem neuen Riesenbau gegenüber Kubix.


    Und wie wäre eine Bebauung a la Hackescher Markt? Oder a la Rathausplatz in Hamburg (wenn wir schon bei Rathausplätzen sind).


    Die Diskussion ist zwar im Grunde noch im Anfangsstadium, aber einige konkretere Sachen sollte man auch ruhig schon bedenken, bspw. was die Qualität der Bauten angeht, ob Solitäre (wie Alea,Aquadom) oder Blockrandbauten (wie Hackescher Markt). Und ich bin mir ziemlich sicher, daß, wenn die Entscheidung pro Bebauung fällt, eher das Letztere favorisiert wird. Wobei man durchaus auch vom alten Straßenraster abweichen kann, bspw. was Zugangsachsen zwischen Spree, Spandauer Straße und Fernsehturm betrifft.


    Schon von vornerein zu behaupten, eine Bebauung des Areals ist zwangsläufig eine nach dem Vorbild Cubix, Alea und Alexa (sprich plumpe Solitäre, die einzig zu Shopping gedacht sind), halte ich teilweise schon für grobe Desinformation, da die Diskussion überhaupt noch garnicht so konkret ist.

  • Berlin hat eben keine privatisierte, kontrollierte, verdichtete Innenstadt. Das ist ein sehr großen Gut und darf nicht verspielt werden, um irgendeinen Gestaltungszwang auszuleben.


    Das Problem mangelnder Privatisierung, und ich meine damit nicht durch Großkonzerne oder Wohngesellschaften, sehe ich bei einem mangelnden Engagement der bloßen "Bewohner", statt "Besitzer".


    Man schaue doch mal die gern gehassten Gentrifizierungsviertel: meist Privatbesitz, bei denen sich die Besitzer aber auch mehr engagieren (allein schon des Werterhalts wegen).

  • Ich finde auch, wer Freiraum zum entspannen will, der ist im geographischen Zentrum einer Stadt am falschen Ort. Frau Dumpf-Bohnenkraut hat auch immer mit dem "größten Himmel über Berlin" oder so argumentiert. Aber wenn ich fahre "in die Stadt", dann weil ich etwas machen oder erleben will. Wenn man entspannen und einen Blick bis zum Horizont will, dann soll man in den Park, an den See oder eben gleich aufs Land. Es gibt genug/einige Parks in der Nähe, die weitaus kuscheliger sind, als dieser Ort. Man soll mal nicht so tun, als hätte Berlin zu wenig Frei- und Grünflächen. Aber wie ich schon mehrfach gesagt habe, das RF ist mir eigentlich eher egal und ich fände eine Nichtbebauung eigentlich besser. Schon alleine des Rathauses wegen. Die Vorkriegssituation war einfach...naja, ich sage mal, nicht "normal" hinsichtlich dem Umfeld des Rathauses. Die meisten Städte haben ja schließlich einen (Markt)Platz vor ihrem Rathaus. Es ist schade um die Wirkung der Kirche, aber irgendwelche Stummelbauten auf 5m² um sie herum, um ihr einen Rahmen zu geben, würden auch lächerlich wirken. Dann lieber belassen, wie es ist.


    Das eigentliche Problem sehen ich neben dem MEF in den Platten (vor allem der nördlichen). Nicht für das RF, sondern für die Flächen dahinter. Und sollte/darf man das Dahinter für das Davor aufgeben? Argumente, wie das von Frau D-B, dass man ja auf dem Zwischengeschoss der Markthalle sone tolle Aussicht hätte, können mich nicht überzeugen. Schließlich spielt sich das Leben nicht auf den Zwischengeschossen, sondern auf den Bürgersteigen ab. Zumal diese ganze Ensemble-Wirkung von den meisten Passanten gar nicht wahrgenommen wird. Wenn man täglich dort langläuft, nimmt mans irgendwann nicht mehr wahr und der Durchschnittstouri, der ohne Reiseleiter unterwegs ist, sieht bestimmt auch nur Turm, Brunnen und Rathaus für sich und wundern sich, wieso die Kirche so komisch in er Gegend rumsteht (was natürlich auch das Interesse wecken kann). Und irgendwann muss mal wohl jede versteckte Ecke gefunden haben. Neue Leute findet man überall in der Stadt.


    Es ist nicht jeder Stadtplaner, Architekturhistoriker oder Denkmalschützer. Darüber scheinen sich mir diese manchmal nicht ganz bewusst zu sein. Zumal das Vorgehen und die Argumente des Denkmalschutzes teilweise eh eher Weltfremd erscheinen. Einerseits wird bei einem 500 Jahre alten Gebäude der DS aufgehoben, damit es einem Aldi-Parkplatz weichen kann, andererseits darf man bei einem ebenso alten Gebäude kein neuen Klingelschild anbringen.


    Am geilsten fand ich ja außerdem das Argument von dem, der das Interview gezeigt hat, eine Bebauung und somit quasi eine Enteignung der Nutzer dieses öffentlichen Raums, käme der Arisierung damals gleich.

  • Auch ich habe das Symposium am Freitag über den Freiraum unter dem Fernsehturm in der TU besucht. Insgesamt fand ich die Veranstaltung sehr gut, sie hat doch eine Menge neuer Forschungsergebnisse zu diesem Stadtraum gebracht.


    Veranstaltet wurde das Symposium vom Institut für Kunstwissenschaft und Historische Urbanistik und dem Center for Metropolitan Studies und Fachgebiet Kunstgeschichte der TU Berlin. Die Veranstaltung bestand aus acht Vorträgen, die sich jeweils einen Aspekt dieses Freiraumes widmeten.


    Der erste Vortrag von Benedikt Goebel beschäftigte sich mit der Entwicklung dieses Gebietes zwischen 1865 und 1965. Goebel ist eigentlich ein ausgewiesener Experte für die Entwicklung des Berliner Altstadtkerns vom Mittelalter bis zur Kaiserzeit, von ihm stammt das sehr lesenswerte Buch "Der Umbau Alt-Berlins zum modernen Stadtzentrum". Im Vergleich zu diesem Buch fand ich aber seinen Vortrag am Freitag enttäuschend. Er war doch insgesamt relativ konfus und enthielt wenig Fakten. Insgesamt stellte er dar, dass die Struktur von Alt-Berlin schon 1868 als hinderlich für den Ost-West-Verkehr gehalten wurde, und dass es schon damals Pläne für große Straßendurchbrüche gab. Insgesamt wurden dann während der Kaiserzeit 120 Straßendurchbrüche und -verbreiterungen realisiert. Zum Schluss vertrat er die Position, dass die Alteigentümer in dem Gebiet ihre Grundstücke zurückerhalten sollten.


    Christian Freigang sprach über andere große Platzräume, wie den Wenzelsplatz in Prag, den Place de Concorde in Paris, die Mall in Washington und die zentrale Achse in Brasilia. Er stellte dar, dass diese Platzräume immer wieder Umdeutungsprozessen ausgesetzt waren.


    Roman Hillmann sprach dann über die städtebauliche und architektonische Gestaltung des Freiraumes während der DDR-Zeit. Er zeigte, dass dieser Raum in den fünfziger und frühen sechziger Jahren noch nicht im Mittelpunkt der gestalterischen Ambitionen stand. Damals war das Ziel der Planer die Schaffung eines zentralen Demonstrations- und Paradeplatzes auf dem Marx-Engels-Platz (dem heutigen Schlossplatz). Dieser sollte durch ein zentrales Regierungshochhaus und eine Tribüne für die Staatsführung betont werden. Diese Konzeption wurde aber 1964 aufgegeben und durch ein völlig neues Konzept ersetzt. Nun sollte das Zentrum durch den Fernsehturm betont werden, der an seinem jetzigen Standort angeordnet wurde. Im Zusammenhang mit dieser Standortentscheidung entstand auch das Konzept, dem Fernsehturm einen angemessenen baulichen und landschaftsarchitektonischen Rahmen in Form eines großen Freiraumes zu geben. Dieser Freiraum war auch nicht als Demonstrations- und Paradeplatz, sondern als ein städtischer Garten gedacht.


    Harald Engler sprach anschließend über die Nutzung des Freiraumes während der DDR-Zeit. Er stellte dar, dass dieser Raum schon damals von jugendlichen Subkulturen, darunter Skater und Punks genutzt wurden. Während es bei den Skatern eher Bemühungen gab, diese in das DDR-System zu integrieren, wurden die Punks von der Staatsmacht eher repressiv behandelt. Teilweise gab es sogar Platzverweise.


    Axel Zutz berichtete dann über die landschaftsarchitektonische Gestaltung dieses Raumes. Dabei wurde auch in Film über ein Gespräch mit dem Landschaftsarchitekten Hubert Matthes eingespielt, der für die Freiraumgestaltung verantwortlich war. Zutz bestätigte die These von Roman Hillmann, nach der dieser Freiraum eben kein Demonstrations- und Paradeplatz, sondern ein städtischer Garten war, der der Erholung, dem Tourismus und dem Einkauf diente. Er führte aus, dass dieser Freiraum die Kreuzung zweier für die DDR-Freiraumplanung wichtige Räume darstellte: Der eine Raum war dabei das Zentrumsband Karl-Marx-Allee - Alexanderplatz - Fernsehturm - Unter den Linden, den anderen Raum bildete die Spree.


    Der Vortrag von Eckhart Gillen beschäftigte sich mit dem Marx-Engels-Denkmal. Er stellte dar, dass dieses Denkmal ursprünglich auf dem Marx-Engels-Platz errichtet werden sollte, und Teil des geplanten Demonstrations- und Paradeplatzes war. Von diesem Ziel ist die DDR aber schrittweise abgerückt, so dass am Ende ein vergleichsweise bescheidenes Denkmal auf dem Marx-Engels-Forum errichtet wurde.


    Anschließend sprach Martina Levin vom Büro Levin Monsigny Landschaftsarchitekten über die aktuelle Sanierung der Freiflächen. Dabei führte sie aus, dass dabei einerseits das vorhandene Konzept respektiert wird, andererseits aber auch neue Sitzgelegenheiten geschaffen werden.


    Schließlich fasste Paul Sigel noch die Vielzahl an Planungen aus der Zeit nach 1990 zusammen.


    Den Abschluss bildete eine Diskussion mit Gabi Dolff-Bonekämper, Thomas Flierl, Manfred Kühne und Florian Mausbach. Interssant waren dabei vor allem die Aussagen von Manfred Kühne von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Er wertete es als einen großen Fortschritt, dass es im letzten Jahr gelungen ist, die Wasserkaskaden und die Freiflächen um den Neptunbrunnen unter Denkmalschutz zu stellen. Dadurch könnten mehr Gelder in die Sanierung dieser Freiflächen fließen. Weiterhin machte er deutlich, dass für die Planung dieses Gebietes nicht der Senat, sondern der Bezirk Mitte zuständig wäre. Zudem forderte er eine stärkere Einbindung der immerhin 6000 Anwohner in die Planung des Gebietes.


    Insgesamt gab es auf der Veranstaltung eine ganz klare Tendenz in die Richtung, dass dieser Stadtraum ein herausragender Stadtraum der Moderne wäre und daher erhalten werden sollte. Roman Hillmann Axel Zutz und Gabi Dolff-Bonekämper sprachen sich ganz vehement für den Erhalt des Freiraumes aus, auch Harald Engler, Martina Levin, Thomas Flierl und Manfred Kühne argumentierten für seinen Erhalt. Für eine Bebauung plädierten nur Benedikt Goebel und Florian Mausbach. Und als am Ende Gerhard Hoya von der "Gesellschaft Historisches Berlin", der im Publikum saß, erklärte, dass sich unter dem Fernsehturm "kein normaler Mensch" aufhalten würde, da erntete er lebhaften Widerspruch.


    Sehr angenehm fand ich auch, dass insgesamt sachlich diskutiert wurde und auf Polemiken verzichtet wurde. Ich denke daher, dass diese Veranstaltung eine gute Basis für die weitere Debatte über diesen Stadtraum geschaffen hat.

  • Denn ich gehe wie ein Restaurator davon aus, dass zur Erhaltung nur das wertvoll ist, was da ist, also nur das materiell noch vorhandene. Das, was da war an Barocken und vormodernen Häusern, war wertvoll, da besteht überhaupt kein Zweifel, und es IST bedauerlich dass es zerstört wurde. Aber, da es hinfort ist, ist es für mich doch auch für immer verloren.


    Nun, offensichtlich hast du aber noch garnicht erfasst, dass es hier nicht um das Erhalten um des Erhaltens willen geht, sondern um die Wiederherstellung einer mutwillig zerstörten Stadtstruktur. Das ist weniger eine restauratorische als in der Tat eine gesellschaftliche und auch politische Aufgabe.
    Niemand hat vor, auf dem betreffenden Areal 'barocke und vormoderne Häuser' zu errichten. Wohl aber reift die Erkenntnis, dass der aktuelle Zustand letztendlich nichts anderes als eine Kapitulation vor Kulturbarbarei und Gewalt darstellt. Warum sollten wir dies hinnehmen müssen? Warum darf diese Stadt in ihrem innersten Kerngebiet nicht mehr so aussehen, wie eine europäische Großstadt? Warum sollten 40 Jahre sozialistischer Tabula Rasa Vorrang vor 750 Jahren gewachsener Stadtgeschichte haben?

  • Dieser Freiraum am Fernsehturm ist geradezu die Verkörperung (oder dessen Abwesenheit) der Freiheit, die man in Berlin leben kann.


    Absurd! Dieser Freiraum ist allenfalls die Verkörperung von De-Urbanisierung und Bombenteppich.