Umgestaltung Rathausforum / Marx-Engels-Forum

  • Passend zum Thema will ich noch auf eine Veranstaltung hinweisen: am 3. Mai 2013 veranstaltet die TU von 10 bis 19 Uhr ein Symposium zum Rathausforum. Der Ort ist das Hauptgebäude, der Raum 3005. Die Veranstaltung ist hochkarätig besetzt und lässt sowohl Anhänger als auch Gegner einer Bebauung zu Wort kommen. Referenten sind u. a. Benedikt Goebel, Roman Hillmann, Axel Zutz, Harald Engler, Gabi Dolfff-Bohnekämper, Thomas Flierl, Florian Mausbach und andere.


    http://arthist.net/archive/5140/view=pdf


    Ich finde es gut, dass die TU Platz für solch eine Debatte bietet, vor allem, weil auf solch einem Symposium die Fragestellungen sachlich anhand von Fakten und wissenschaftlichen Forschungserbnissen diskutiert werden können.

  • Dass das Schicksal des armen Johnny K. bemüht wird, um die Unwirtlichkeit des Ortes zu unterstreichen ist insofern sehr schief, als dass es (im wiedervereinigten Berlin mit all den neuen Möglichkeiten) 22 Jahre bereits so aussah, ohne, dass jemand feige totgeprügelt wurde.


    Sicher ist Lüschers Angst vor jüdischen Restitutionsansprüchen nicht antisemitisch zu erklären, eher kalt-technokratisch - ungeschickt ist es dennoch!


    Übrigens Klarenbach: wer die Angriffe auf Wilfried Nerdinger im Zuge seiner Münchner Rekonstruktionsausstellung mitverfolgt hat, dürfte zumindest an Frau Dolff-Bonekämpers "Sachlichkeit" zweifeln (selbst wenn ich die Frau im Studium eigentlich mochte)....

  • ^ja, das glaube ich auch. Nach Angaben des Stadthistorikers Benedikt Goebel gab es 1933 im fraglichen Bereich (Rathausforum und MEF) 152 Grundstücke (heute etwa 50 im ganzen Stadtkern!) von denen 54 Eigentümer in der Nazizeit rassistisch verfolgt und ausnahmslos enteignet wurden. Hiervon hat niemand sein Grundstück zurückbekommen, nur die Familie Brenninkmeijer darf das Alea 101 bauen (musste aber wohl erneut kaufen).


    Der Horror für die Senatsbaudirektorin wären wohl 54 Grundeigentümer, egal ob Alt- oder Neueigentümer (die die Grundstücke den Begünstigten abgekauft haben), die alle eigene Ideen haben.


    @ Baukunst, Klarenbach: Und dem Hansdampf der Berliner Stadtentwicklung, Florian Mausbach, ist auch keine große Wissenschaftlichkeit vorzuwerfen. Ich glaube die TU-Diskussion ist eher eine vorhersehbare Alt-68er-Runde. Entschieden wird gottlob heute von Jüngeren.

  • 54 verschiedene Eigentümer könnten 54 verschiedene Baustile und Gebäude hervorbringen. Das käme einer kleinteiligen Bebauung doch zugute?


    Vergleicht man mal das daneben liegende Gebiet um Aquadom sind dort vielleicht 6 verschiedene Bauten mit reichlich änhlichem Stil.

  • Bei de facto und de jure durch Enteignung in staatlichen Besitz gelangten Kunstgegenständen lässt die Politik kaum eine Gelegenheit aus um zu betonen, dass sie zu den Washingtoner Prinzipien und zur eigenen Verantwortung steht. Gleichwohl es sich auch nicht in der Einstellung von Personal ausdrückt.
    Wenn Frau Lüscher jetzt ernsthaft die rechtmäßigen Restitutionsansprüche von rassisch und politisch verfolgten vors Loch schiebt, um von einer Bebauung abzusehen, erweist sie ihrer Sache damit einen Bärendienst. Das kann man jedenfalls nur hoffen. Sollte sie diese Ansicht tatsächlich weiterhin so vertreten wäre das in meinen Augen wirklich eine Unart, die einen Proteststurm rechtfertigen würde. Aber der wird wohl leider ausbleiben.

  • ^Genau. Es geht so oder so.


    Marienviertel vom Dach des Marstalles aus gesehen, um 1936.



    (C) akg-images


    Oberwallstraße, 2013:



    (C) Selbst

  • Der Horror für die Senatsbaudirektorin wären wohl 54 Grundeigentümer, egal ob Alt- oder Neueigentümer (die die Grundstücke den Begünstigten abgekauft haben), die alle eigene Ideen haben.


    Das Thema hatten wir vor 2 Jahren schon mal behandelt. Die Menschen denen die Grundstücke vor der Nazizeit gehörten werden heute wohl nicht mehr leben. Und bei Erbengemeinschaften (weit mehr als 54 Einzeleigentümer) zieht es sich oft viele Jahre hin bis die Ansprüche geklärt sind und noch mal viele Jahre bis sie sich einigen was mit dem Grundstück geschehen soll.



    Ich glaube die TU-Diskussion ist eher eine vorhersehbare Alt-68er-Runde. Entschieden wird gottlob heute von Jüngeren.


    Naja, manch Jüngerer wirkt in seinen Ansichten älter als alte 68er.

  • ^*lächel. Ja, das ist immer Ansichtssache. Bei der "Alt-68er-Veranstaltung" aber bleibe ich.


    Zu den Restitutionen: Zurückgegeben wird meist ungeteilt an die Erbengemeinschaft. Das ging bis dato im Stadtzentrum stets fix. Alle Fälle sind bestens dokumentiert, so daß schnell mit Entscheidungen zu rechnen ist. Angesichts der Geschwindigkeiten, mit der das Land Berlin Grundstücke, deren Verkauf es beschlossen hat, am Markt plaziert ist dieser Weg allemal schneller.


    Im September eröffnet im übrigen das Stadtmuseum die Ausstellung "Geraubte Mitte" über die Enteignungen und die rassistische Verfolgung von 33-45. Der Kurator Benedikt Goebel konnte im LAROV alle Fälle nachvollziehen, da scheint kaum mehr etwas strittig.

  • Ich weiß, dass diese Streitigkeiten (auch von Erbgemeinschaften untereinander) nerven- und zeitaufreibend sind. In der Erfurter Kürschnergasse (Karte), unweit der Krämerbrücke, wird derzeit ein Neubau errichtet und ein ruinöses Gebäude am Wenigemarkt saniert.
    Große Teile des kleinen Quartiers wurden in den 60er abgebrochen und die schmale Gasse verbreitert. Auf diesem kleinen Grundstück sind dutzende Parzellen und Flurstücke mit winziger Fläche. Seit Jahren gab und gibt es Streit mit einigen der privaten Eigentümern von außerhalb. Als Resultat muss der Neubau an der Ecke eine Lücke von 30m² lassen. Das sieht nicht nur kurios aus sondern erschwert auch die zukünftige Schließung der winzigen Lücke. So bitter das ist aber da muss man ganz einfach durch. Einfach zu sagen da bau ich nicht weil einige auf ihr gutes Recht bestehen könnten ist ein Totschlagargument und dazu noch moralisch und städtebaulich verwerflich.

  • Erst einmal würde ich all jenen widersprechen, die behaupten, dass das Rathausforum von den Bürgern gemieden würde. Bei entsprechendem Wetter ist das Rathausforum durchaus belebt. Bei schlechtem Wetter gibt es natürlich weniger Nutzer, aber dann ist beispielsweise der Lustgarten auch ziemlich leer.








    Weiterhin finde ich, dass gerade dieser Raum mit der wunderbar leichtfüßigen Fernsehturmumbauung und den Wasserspielen zu den schönsten Plätzen Berlins zählt. Gerade die wechselnden Formen der Wasserkaskaden tragen zu einer heiter-entspannten Atmosphäre auf diesem Platz bei.


















    Die Zerstörung dieses - im übrigen denkmalgeschützten - Stadtraumes wäre ein Stück Kulturfrevel und würde Chancen auf eine produktive Weiterentwicklung dieses Raumes vernichten.


    Zum Schluss noch eine Frontalansicht auf den Fernsehturm, die deutlich macht, dass dieser Turm tatsächlich seinen Freiraum braucht. Ich finde, dass dieses "Drei-Turm-Panorama" eine grandiose Inszenierung darstellt, die unbedingt erhalten werden sollte.



    Alle Fotos: Klarenbach

    4 Mal editiert, zuletzt von Klarenbach ()

  • :confused: Ich denke niemand hat vor, die Wasserspiele vom Fernsehturm tatsächlich vor das Rathaus oder gar zum Marx-Engels-Forum zu versetzen...

  • Was ist denn eine "produktive Weiterentwicklung dieses Raumes" bzw. wie sollte die deiner Meinung nach aussehen?
    Den letzten Blick gibt es in absehbarer Zeit ohnehin nicht mehr und wirklich berauschend bzw. erhaltenswert ist er jetzt meiner Ansicht nach vom anderen Ufer auch nicht.

  • Na, die Fotos sind aber älter. Da war ja auch noch die Nordseite der vor ein paar Jahren mit EU-Mittel zur "Förderung der regionalen Wirtschaftskraft" sanierten Fontänen noch nicht durch Vandalismus gesperrt. Und dann must Du immer hinter dem BSR-Wagen her fotografiert haben - ich gehen hier täglich durch und sehen die Ecke nie so sauber.


    Dein "3-Türme-Blick" ist ja schon ein "4-Türme-Blick" und bald kommt der 5. Turm hinzu. Den Weitblick gibt's auch die Stalinallee runter.


    Über den Themenkreis des "Annehmens" durch die Menschen ist ja hier schon 1.000 Mal diskutiert worden. Es bezweifelt ja niemand, dass der Platz an ein paar schönen Sonnentagen belebt ist. Aber die Öde an 90 Prozent der anderen Tagen ist doch nicht durch ein paar Archivaufnahmen von Klarenbach wegzuschieben: Mach bitte die gleichen Perspektiven einmal morgen!


    Bei meinem Spaziergang heute abend bin ich über gefühlte 15 (tatsächliche 5) Schnapsleichen gestiegen, habe frisch aufgestellte Holzbänke gesehen, die nach keinen zwei Wochen schon von oben bis unten besprayt waren und bin zwei Gruppen Jugendlicher mit Hunden ohne Maulkorb ausgewichen. Klarenbach: der Tag hat 24 Stunden.

  • Ich bin bei der Freifläche zwischen Fernsehturm und Spree immer ein bisschen im Zwiespalt. Heute am Nachmittag habe ich mich eine ganze Weile am sogenannten Rathausforum aufgehalten und bin zwischen Neptunbrunnen und Bahnhof herumspaziert. Ich mag diese Weite im Sommer sehr gerne. Sie hat etwas sehr großzügiges, auch die Brunnen am Fernsehturm, ich würde sie als gelungene Betonlandschaft bezeichnen wollen und meine das keineswegs ironisch. Gerade die neuen Hochbeete und Abtufungen haben den Platz aufgewertet.


    Und doch fühlt sich die Fläche irgendwie nicht _connected_ an. Als wäre sie nicht Teil der Stadt. Als würde sich der Ort von der Stadt abwenden. Es mag vielleicht an den Straßenschneisen liegen oder am Effekt der Riegel. Ich bin ja der Meinung, dass Riegel nur aus der Autofahrerperspektive funktionieren, aber nicht für Fußgänger oder Radfahrer und somit zwei unterschiedliche Konzepte von Urbanität verfolgen.
    Die Berliner finden da jedenfalls nicht hin, es gibt dort keine "natürlichen Laufwege" (z.B vom Onkel zum Supermarkt und in die Kneipe), bzw. sind die Dimensionen zu lang um sie zu laufen.
    Allerdings funktioniert er als Ruheort für Touristen. Wenn die Busse die Scharen an der Spandauer Straße ausladen, oder wenn sie vom S-Bahnhof kommen.
    Zwar finde ich, dass auch Orte für Touristen ihre Berechtigung haben, aber doch finde ich es tragisch, wenn die Bewohner an so einen zentralen Teil der Stadt nicht teilnehmen.

  • Ich denke, bei der Diskussion sollte ganz klar zwischen Marx-Engels-Forum und Rathausforum unterschieden werden.
    Wenn das MEF irgendwann in den 20ern bebaut werden wird, dann sollte das unter der Vorraussetzung geschehen, das Rathausforum als Freiraum zu erhalten und von jeglicher Bebauung dort abzusehen und das Rathausforum weiter zu entwickeln, und warum nicht zu einem echten, hochwertig und kleinteilig gestalteten Park?
    Dort alles zuzubauen würde im Kontext der noch erwartbaren Verdichtung in der Umgebung nicht vertretbar sein, und das nicht nur aus stadtklimatischen Gründen.
    Dazu findet sich aktuell auf SPON ein Artikel zu einer bemerkenswerten Studie der Universität Exeter, die einen nachweisbaren Zusammenhang zwischen Leben in der Nähe von Grünflächen und Wohlbefinden, bzw. erhöhtem Risiko für psychische Erkrankungen in urbanen hochverdichteten Lebensräumen nachweist.
    Deswegen sollte man hier die Büchse der Pandora gar nicht erst öffnen und das Rathausforum als Grünfläche gewidmet lassen, um Ansprüche von Alteigentümern von vornherein zu blocken; ich denke das Wohlbefinden der heutigen und zukünftigen Bewohner des Gebiets ist wichtiger als die Restitution auch noch so kriminell abhanden gekommener Grundstücke an deren heutige Erben.

  • ^ Gut beschrieben, mkwiteaux. (Gar nicht so leicht, Deinen Namen fehlerfrei zu zitieren ;) Ich empfinde es ähnlich. Manche Architektur und manche urbanen Räume scheinen sich hartnäckig den eigenen Umwertungsbemühungen zu widersetzen. Das gilt für mich gerade für die angesprochene Freifläche westlich vom Alex.


    Es ist nicht so, dass ich den positiven Blick von Klarenbach nicht teilen könnte - ich vermag es nur nicht, mich in diesem Blick und dieser Wertung einzurichten. Ich weiß nicht, ob dies mit Prägungen zu tun hat, oder eher mit objektiven Gegebenheiten, etwa der Tatsache, dass die Fläche nach drei Seiten von Straßen abgegrenzt wird, was ihr einen ungeschützten udn unruhigen Charakter verleihen mag. Würde mich interessieren, ob es hier im Forum einen oder eine Feng Shui-Experten/in gibt, der oder die etwas dazu zu sagen hat...

  • Wäre mal interessant was für alternative Sockelbebauungen für den Fernsehturm Architekten entwerfen würden, wenn man einen Wettbewerb dafür ausrufen würde.


    Momentan kommt man aber nicht mal dazu die weißen Dreiecke sauber zu halten (besondern ärgerlich am Haupteingang).

  • Dazu findet sich aktuell auf SPON ein Artikel zu einer bemerkenswerten Studie[/URL] der Universität Exeter, die einen nachweisbaren Zusammenhang zwischen Leben in der Nähe von Grünflächen und Wohlbefinden, bzw. erhöhtem Risiko für psychische Erkrankungen in urbanen hochverdichteten Lebensräumen nachweist.


    Wenn's denn mal grün wäre! Das sog. Rathausforum besteht doch zum überwiegenden Tel aus Beton! Die paar Hochbeete machen doch aus einer Brach- oder Grünfläche keinen Park. Und am MEF gibt's auch seit geraumer Zeit kaum mehr Grün - mindestens bis 2017. Bis dato habe ich nicht davon gelsen, dass sich die Anrainer frustriert von der Platte stürzen.


    In der Berliner Zeitung gibt es die aktuellen politischen Reaktionen auf den "Vor-Stöß" zur Altstadt-IBA.

  • Klarenbach, Du erstaunst mich immer wieder von Neuem. Würde ich Deine sonstigen Postings nicht kennen, würde ich die Zitate, dass bspw. der Platz "zu den schönsten Plätzen Berlins" zählt bzw. dass das "Drei-Turm-Panorama grandios inszeniert" sei, glatt für eine Real-Satire halten. :nono:


    Allein der Turm der Marienkirche und des Roten Rathauses vermögen mich auf letzterem Foto zu überzeugen. Die sanierte Platte des Park Inns und der Betonsockel des Fernsehturms tragen hingegen nichts zu meinem ästhetischen Wohlempfinden bei. Ganz im Gegenteil!


    Vielleicht besuchst Du mal Städte wie Paris, Florenz, Wien oder Prag, um zu sehen, was einen schönen Platz ausmacht. ;)

  • Einmal zwei aktuelle Fotos von heute. Wo da der "grüngeprägte Freiraum" sein soll, ist mir schleierhaft. Das ist doch nur in den Randbereichen mit Hochbeeten begrünt, sonst eher eine Betonwüste. Staatsarchitektur eben.