Zunächst einmal finde ich die Einwürfe von Dolff-Bonekämper schlüssig und richtig, auch wenn ich daraus andere Konsequenzen ziehen würde als die werte Frau. Gerade weil die Wiederherstellung des historischen Stadtgrundrisses inzwischen zum Mantra vieler Städtebauenthusiasten geworden ist (nicht nur in Berlin!), sollte man doch hinterfragen, was es mit dem Stadtgrundriss als solchem auf sich hat.
Zum einen war der Stadtgrundriss in Berlin nie so unabänderlich wie immer getan wird. Man denke nur an die fortwährende Umgestaltung des Umfelds des Stadtschlosses und des heutigen MEFs (Anlage des Lustgartens, Abriss des Schinkeldoms und Bau des heutigen Berliner Doms, Durchbruch der Kaiser-Wilhelm-Straße, Anlage des Kaiser-Wilhelm-Denkmals nach Abriss von Wohnhäusern, Schleifung der Festungsmauern und Stadttore im 19. Jahrhundert, ... ). Nun kann man der DDR-Führung sicher zuschreiben, dass durch den sozialistischen Städtebau auch die Identität Berlins ganz bewusst umgeschrieben werden sollte, indem man Spuren der historischen Stadt gezielt beseitigt bzw. nicht mehr berücksichtigt hat. Dem städtebaulichen Wirken des 19. Jahrhunderts würde ich das z.B. nicht unterstellen!
Zum anderen bringt das Pochen auf eine historische Straßen- und Blockstruktur nicht automatisch besonders gelungende Architekturen und städtebauliche Qualitäten mit sich. Ein (interessantes/warnendes) Beispiel: Die Mannheimer Innenstadt! Dort findest du einen komplett erhaltenen bzw. nach dem Krieg wiederhergestellten Stadtgrundriss. Historisch sehr interessant, aber zur Attraktivität trägt er nicht wirklich bei.
Das heißt, es zählen eben doch auch andere Faktoren, wie Gebäudenutzung, -dimensionierung, Materialität, das Umfeld .... Das sollte und muss man berücksichtigen, wenn man über das MEF und den Rathausplatz spricht!