Trümmerkultstadt Berlin?

  • Nur weil die positiven Beispiele überwiegen mögen, beließ und belässt man an genug anderen Gebäuden Schusslöcher und starke Patina (z.B. Kolonnadenhof, Elisabethkirche, Postfuhramt, Naturkundemuseum, das Innere der Parochialkirche) oder abbröckenden Putz (eben die Kronenhöfe oder wie die heißen).


    Nicht zu vergessen die erst sanierte Siegessäule mit ihren bewusst erhaltenen Einschusslöchern und Abplatzungen am roten Granit

  • Wobei ich noch mal sagen muss, dass in manchen Fällen die Schusslöcher vielelciht besser sind, als wenn man neuen Stein einfügt, der ne andere Farbe, Maserung etc. hat. SO sauber, wie den neuen Stein, bekommste den alten sicher nie wieder. Nachher siehts dann aus, wie ein Schachbrett. Aber das ist ne andere Geschichte :D.

    2 Mal editiert, zuletzt von Ben ()

  • Dies ist zwar eine "alles reine Ansichtssache" Diskussion, dennoch ein paar Anmerkungen zu den letzten Beiträgen:


    Postfuhramt und Naturkundemuseum wurden in jüngerer Zeit, in der eine bewusste Konservierung von Kriegsschäden en vogue ist, noch gar nicht restauriert/saniert.


    Bei der Elisabethkirche war es von vorneherein nur möglich, vor allem aus Kostengründen, nur das äußerliche Erscheinungsbild wieder erlebbar zu machen und eine Nutzbarkeit des Innenraumes überhaupt wieder zu ermöglichen. Bei der Parochialkirche ist es ähnlich. Diese soll ja erst jetzt endlich ihren Turm wiederbekommen. Außen sind m. W. hier keine Kriegsschäden bewusst konserviert worden. Außerdem, was wäre denn bei diesen beiden Kirchen die Alternative gewesen? Die Trümmer liegenzulassen/abzuräumen, bis mal Geld vom Himmel regnet, um eine 100%ig exakte 1:1 Rekonstruktion zu ermöglichen? Oder statt dessen was modernes auf den Grundstücken zu errichten?


    Zur Siegessäule: Für diejenigen, die nicht direkt wenige Meter davor stehen, sieht sie wie nagelneu aus. Die fehlenden Reliefplatten sind nummal verschwunden und die Einschusslöcher in den polierten Granitblöcke auszufüllen hätte nach Flickschusterei ausgesehen, wie Ben schon richtig bemerkte. Ein Austausch durch neue Granitplatten hätte einen unnötigen Verlust von Originalsubstanz und unnötige Kosten bedeutet.


    Mit Ruinenkult hat das doch alles nichts zu tun. Weitere Beispiele für sanierte Gebäude und Bauwerke, bei denen tatsächlich ähnlich wie beim NM oder dem Altbau an der G.-Scholl-Str. Kriegsschäden bewusst konserviert (bzw. meinetwegen "kultiviert") wurden, kann ich daher in euren Beispielen nicht erkennen.

  • Soweit ich weiß, sind alle Reliefs der Siegessäule wieder an ihrem Platz. 3 wurden auf Verlangen der Franzosen entfernt und eins überdauerte in Spandau.

  • Bronzereliefs Siegessäule

    ^ Wenn man davorsteht, sieht man, dass einige Teile der Reliefs fehlen. Genauso hier bei Wikipedia zu sehen.


    Ich weiß jetzt nicht, ob sie zerstört waren oder irgendwann verloren gingen. Ansonsten hast du recht. Hatte mich unklar ausgedrückt, Reliefteile wäre genauer gewesen.

  • Ich bin ein Befürworter des Erhalt und der Sichtbarmachung von Kriegsschäden oder einfach auch Gebrauchsspuren.


    Mahnmale,die oft abstrakt und lehrmeisterhaft gestaltet sind,können den Orginaleindruck nicht ersetzen.
    Gerade jetzt,wo die Zeitzeugen und Protagonisten des II.WK weitgehend von uns gegangen sind,können solche authentischen Überlieferungen des II.WK sehr zum Nachdenken und Innehalten anregen.


    Interessant sind solche Kriegsspuren auf jeden Fall,ich finde,entsprechend
    "attraktive" Kriegsschäden sollten durchaus in Architektur und Stadtführern Eingang finden.
    Vielleicht erwächst das häufige Sichtbarmachen von Kriegsnarben des II.WK in Berlin auch aus einer gewissen Subkultur heraus.Gerade die Klubs der alten Frontstadt Berlin und des Berlin der 90er Jahre lebten von ihrer Subkultur,die in Orten zelebriert wurde,deren Authentizität bewusst belassen wurden.(z.B.Tresor,Ex n Pop,E-Werk,).
    Wenn man sieht,wie viele Berliner und Touristen zu historischen Orten wie der Mauer strömen,weiss man,dass
    das Sichtbarmachen von authentischen Kriegsschäden der Stadt und ihrem Image sehr zuträglich seinen können.

  • Gut, Kleist, das ist deine Meinung.
    Ich halte es eher mit dem Rest der Welt, der Narben nur dann zeigt, wenn sie selbst ihren Weg durch die Geschichte zurück gelegt haben.
    Niemand in den Ländern mit Kriegszerstörungen aus dem letzten Jahrhundert kommt auf die Idee, solche Schäden zu konservieren. Das Erinnern geschieht durch singuläre Gebäude: das Kaufhaus in Hiroshima, die Kathedrale in Coventry und in Berlin der Stumpf der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Aber über solche einzelnen mahmale hinaus wird neu gebaut oder so gut wie irgend möglich rekonstruiert.
    Schäden werden nicht konserviert:
    Nicht in England, nicht in Frankreich, nicht in Polen, nicht in den Niederlanden, nicht in Italien. Nirgendwo.
    Es muß wohl mit unserem Schuldkult zu tun haben, daß uns eine Minderheit immerwieder die Kriegsnarben präsentieren will.
    Ganz Berlin ist eine einzige Kriegsnarbe.
    Das kann jeder sehen, der sehen will.

  • Berlin ist Provinz! :lach:


    Zumindest was das politische Personal angeht.
    Und Berlin ist die einzige Hauptstadt, deren BIP unter dem Landesdurchschnitt liegt.
    Das merkt man auf jeden Schritt und Tritt.
    So what?

  • Berlin war halt noch nie Mainstream. Auch wenn man das in der Provinz gern so hätte :lach:


    Die Diskussion begann interessant und offen zu werden, da musst du mit Bullshit-Bingo anfangen.


    Ich finde künstlichen Gedenkkult, wie er seit 1968 zur hohlen Gewohnheit wurde, recht absurd. Aber gleichzeitig finde ich dass das ein Zeugnis von Geschichte ist - und zwar der Nachkriegsgeschichte. Allein darum finde ich das erhaltenswert - zB die Gedächtniskirche.


    Was Mahnmale gegen den eigentlichen Krieg angeht muss ich mich voll und ganz ReinhardR anschließen. Anstatt inflationäre Denkmäler und Mahnmale ist es viel anschaulicher, geht wahrlich unter die Haut, wenn man so seines Weges geht und dann auf einmal eine alte Aufnahme der "Stunde Null" auf einer Informationstafel erblickt, sieht zu welcher Zerstörung der Nazikult geführt hat. Und das wäre umso mahnender wenn rundherum die Stadt Berlin wieder in ihrem alten preußischen Glanz und Gloria erstrahlen würde.


    Und der Betrachter wäre umso dankbarer, dafür dass die einstigen Gegner wieder zu Freunden wurden und sich mit uns versöhnten, dankbar dass die Trümmerfrauen das Land wieder aufgebaut haben, dankbar dass wir selbst in ganz anderen Zeiten leben dürfen - dankbar für den Frieden, die Sicherheit, den Wohlstand. Und damit hat man dann nicht einfach ein schlechtes Gewissen erzeugt, eine "Sackgasse", die letztlich nirgendwo hinführt als sich für sein Land zu schämen (als ob die Deutschen heutzutage an zu großem Nationalstolz kranken würden...). Sondern man hat den Leuten wahrhaft die Augen geöffnet. Wertschätzung für den Frieden erzeugt. Das ist dann auch in die Zukunft gerichtet.


    Und wenn in diesem Geiste, nicht aus Trotz, eine alte Stadt wiederaufgebaut wird dann hat das auch einen ganz anderen Charakter. Ich denke für diesen Geist ist die Zeit nun reif, die Generation die Trotz hätte empfinden können ist ohnehin schon lange im Altersheim - oder darüber hinaus. Die junge Generation hat die Chance - und das Recht! - diese Fragen gänzlich neu zu verhandeln. Das muss gewahrt bleiben. Wenn zum Ende der Karrieren der etablierten Architekten, Stadtplaner und Politiker jedoch noch auf weitere Jahrzehnte der bisherige Umgang fortgeschrieben wird, dann habe ich dafür kein Verständnis mehr. Beispielsweise der zwanghaft-demonstrative "kritische" Plan nicht alle Fassaden des Stadtschlosses zu rekonstruieren, mit dem mir willkürlich erscheinenden Argument dass diese Fassade eh nicht "original" sei bzw. aus einer anderen Epoche. Sollte wohl den Kritikern entgegenkommen.


    Ich finde die Reko des Stadtschlosses zwar überflüssig aber wenn dann bitte richtig, originalgetreu, von hoher Qualität. Kein Kulissenzauber, wo einem 0815 Stahlbetonbau ein altes Gewand angelegt wird damit es ein schöneres Postkartenmotiv gibt. Darin kann ich keinen Zugewinn erkennen. Durch die wiedererstandenen Räume und Höfe des alten Kaiserschlosses zu flanieren, das hingegen stelle ich mir sehr aufregend vor. Dabei ist mir auch egal ob jene Tür oder diese Wand Anno Dazumal gefertigt wurde, oder 2011. Das entsprechende Gestein, was aus dem Steinbruch geholt wurde, ist ohnehin vor Äonen der Erdgeschichte entstanden - eine für mich absurde Vorstellung einem Stück größere Originalität zuzuschreiben nur weil ein Mensch das einen kleinen erdgeschichtlichen Augenblick später angefasst hat. Oder später diese und jene Baumart gefällt wurde um daraus eine Wandvertäfelung zu fertigen. Was daran beeindruckt ist nicht das Baujahr sondern die Kunstfertigkeit.

  • ^ Was ist denn bitteschön interessant und offen daran, zu behaupten, Berlin wäre eine einzige Kriegsnarbe, und nachdem die These, in Berlin würde besonders viel explizit konserviert werden, bereits von Backstein nachvollziehbar wiederlegt wurde und ein paar Tage Ruhe war, völlig unbeeindruckt davon wieder damit um die Ecke zu kommen? Die größten Kriegsnarben Berlins sind weiterhin nicht Marx-Engels-Forum oder Alexanderplatz, sondern die über die Ganze Stadt verteilten Brachflächen, deren Wiederbebauung seit Jahren en Masse erfolgt. Hier wird geradezu so getan, als ob in Berlin ein Bauverbot herrschte und im Zentrum der Stadt seit 1945 ungenutzte Brachflächen vor sich hingammelten.


    Zu der grandios-innovativen Idee, ein paar Informationsstelen mit Bildchen von 1945 aufzustellen, sage ich mal besser nichts, das ruft nur wieder ein paar anonyme Bewerter (die manchmal übrigens nicht in der Lage sind, den richtigen Radiobutton für ihre textlich negative Bewertung zu finden - danke für den grünen Punkt :lach:) auf den Plan.


    Der Rest deines Beitrags hat dann mit dem ursprünglichen Thema Trümmerkult auch nur noch wenig zu tun - oder gibt es nichts zwischen Rekonstruktion und Ruinen-stehen-lassen? Ich frage mich, wieso du glaubst, für deine ganze Generation zu sprechen. Mit einem Berlin in Preußens Glanz und Gloria, den Rest von Berlins Rolle in der Weltgeschichte des vergangenen Jahrhunderts völlig ausklammernd, kann ich jedenfalls nichts anfangen. Berlin ist eben auch aufgrund seiner Vielschichtigkeit und seiner heterogenen Gestalt so beliebt, das ist ein Alleinstellungsmerkmal der Stadt. Allerdings sollte für Besucher weder ein ihrem Berlin-Klischee-Bild entsprechender künstlich-temporärer Artsy-Zustand erhalten noch eine künstliche Wohlfühlatmosphäre geschaffen werden. Wenn dann der Wunsch nach reiner preußischer Atmosphäre, ideal geeignet für einen touristischen Sonntagsspaziergang und adrettes Fotomotiv, von Personen geäußert wird, die vermutlich gern ihre Wochenendbesuche aufgehübscht sähen, (habe ich persönlich auch bereits von Leuten gehört, die ihren Soli da gern am Werk gesehen hätten) passt das ins Bild und wird von mir sicherlich auch künftig thematisiert. Berlin ist keine Stadt nur für Wochenendbesucher, sondern da leben Menschen.

    4 Mal editiert, zuletzt von DaseBLN ()

  • Exakt und gerade weil da Menschen leben muss es mehr geben als die für Wochenendbesucher attraktiven sog. "Brüche" und Szenerien die eher durch ihre grotestke Einmaligkeit bestechen. Ich kenne im Übrigen keinen einzigen gebürtigen Urberliner der so argumentiert wie du, habe mich schon mit zahlreichen darüber unterhalten, das waren bisher die größten Befürworter von Rekonstruktionen und schärfsten Kritiker der ganzen Nachkriegsarchitektur mit denen ich gesprochen habe. Eben genau weil sie dort leben müssen. Also tu bitte nicht so als seist du das Sprachrohr Berlins.


    Ich habe mich nie zum Sprachrohr einer Generation erklärt, lediglich angemerkt dass der Umgang mit der "Trümmerkultur" - darum geht das Thema - und dem im Krieg in Trümmer gelegten alten Gebäude neu ausdiskutiert werden muss und wird. Und das von den vorherigen Generationen, die das für sich entschieden haben, akzeptiert werden muss.

  • Gute Stadtplanungen, stimmiges Wohnumfeld, lebbare Häuser, Plätze und Stadträume, wo man sich wohl fühlt, können nur entstehen, wenn man die Gefühle, Wünsche, Erinnerungen und Bedürfnisse der Bürger ernst nimmt.
    Nicht nur das: Man muß sie nicht nur rational sondern vor allem emotional nachvollziehen können.


    Ein Kühlschrank ist etwas anderes als die Vitrine für die selbst gebastelten Modellautos und die Anforderungen an ein Lesesofa unterscheiden sich sehr von denen an einen Bürostuhl.
    Wer ein herunter gewirtschaftetes Haus renoviert und modernisiert hat, der will nicht an allen möglichen Ecken und Enden Stellen sehen, wo noch der Urzustand zu erkennen ist.


    Als die Diskussion um die Gestaltungssatzung für den Pariser Platz ihren Höhepunkt erreichte, das war Mitte der 90er Jahre, da war die Abscheu über das entstehende Adlon groß - bei den Architekten.
    Die "Gemütlichkeit" und die "gute Stube", die die Mehrheit der Bürger gerne gehabt hätte, galt es zu verhindern.
    Was für eine Überheblichkeit!


    Die Stadt muß den Menschen gefallen, nicht den Architekten. ;)

  • @ Baumeista: schön, dass du so viele Urberliner kennst. Ich kenne auch viele, inklusive gebürtiger Verwandtschaft. Und von denen hört beispielsweise man großes Lob über das Neue Museum oder das neue Hackesche Quartier. Was lehrt uns das: man sollte nicht von sich und seinem Umfeld auf die Allgemeinheit bzw. die "Volksmeinung" schließen, im Klartext: Berlin ist heterogen und genauso soll und wird die künftige Stadtentwicklung erfolgen. Entsprechend ist für jeden etwas dabei: Rekonstruktionen, Wiederaufbau auf altem Grundriss, völlige städtebauliche Neuplanung. Die Befürworter einer Stadtmitte, die exakt dem Zustand der vorvergangenen Jahrhundertwende entspricht, damit "man da schön flanieren kann", akzeptieren eben diese Heterogenität nicht. Das ist pure Arroganz, nichts weiter. Berlin als Metropole lässt sich jedenfalls nicht unter eine provinzielle Käseglocke stülpen.

  • Die Stadt muß den Menschen gefallen, nicht den Architekten. ;)


    Was nur all zu oft vergessen wird. Und Debatten laufen entweder so ab dass Kategorien wie Gemütlichkeit und Schönheit als naiv oder kleinkariert abgekanzelt werden oder es werden Totschlagargumente gebracht, die die Debatte im Keim ersticken, a lá "Das muss jeder selbst entscheiden" oder "Das liegt im Auge des Betrachters". Es gibt in diesem Lande keine Diskussionskultur über Architektur und Städtebau.


    DaseBLN: eine sachliche Diskussion verzichtet auf Polemik und persönliche Angriffe, wie andere der "Arroganz" zu bezichtigen. Und da du in jedem Kommentar "Provinz" oder "provinziell" als Vokabeln bemühst: wenn der Maßstab das Provinzielle ist, selbst als Antithese, dann ist dies im Kern in einem Höchstmaß provinziell und das Gegenteil von souveränem Großstadtbürgertum. Mehr möchte ich zu dir nicht mehr sagen.

  • ^ In Berlins Wohnbezirken hat man in letzter Zeit halt schlechte Erfahrungen damit gemacht, wenn Großstadt gesucht, aber Kleinstadtidylle eingefordert wird. Ich nutze übrigens "provinziell" keineswegs in sämtlichen Kommentaren, aber das war ja das Thema, auf das du so schön eingestiegen bist, nachdem der Drops bereits gelutscht war.


    Eine sachliche Diskussion verzichtet im Übrigen auch darauf, die eigenen Ansichten zu Schönheit und Gemütlichkeit als maßgebend zu betrachten. Das zeigt bereits euer beider Leitsatz "Die Stadt muß den Menschen gefallen, nicht den Architekten", der zwei Dinge impliziert:


    • Architekten sind keine Menschen
    • Das was gebaut wird, gefällt nur Architekten, aber nicht den Laien, ergo: das was ihr als schön empfindet, muss auch jeder andere gebildete Nichtarchitekt als schön empfinden
  • Da ist noch eine dritte Deutung - und m. E. die richtige:


    Architekten sind keine "Halbgötter in Schwarz" sondern Dienstleister.
    Menschen / Einwohner / Bürger sind die Konsumenten und - via Politik - die Auftraggeber!
    Diese Herausforderung gilt es begreiflich zu machen.


    Wenn also Menschen / Einwohner / Bürger sich z. B. in Dresden die Häuser zwischen Schloss und Cosel-Palais anschauen und ob der wundervollen Rekonstruktionen sich freuen, dann sollten Architekten das als Herausforderung begreifen.
    Sie sollten überlegen, wie man die Schönheit von Erkern aus Holz und Sandstein in heutige Entwürfe transferiert. Sie sollten die Anmut von Ziegeldächern, Giebeln und Gauben als Auftrag begreifen und uns mit häßlicher Fahrstuhl- und Klimatechnik verschonen.
    Architekten sollten den Ehrgeiz haben, mit ihrer Formensprache, Detailgestaltung und Zubehör die Schönheit früherer Epochen zu übertreffen.


    Sehr viele Automobile sind in ihrem Design Werke, die die künstlerische Gestaltung von historischen Kutschen
    weit hinter sich lasssen.


    Diesem Erfolg sollte die Architektur nacheifern.

  • Welche grosse deutsche oder internationale Stadt kommt denn ohne oft drastisch annmutende,architektonische Brüche aus ?


    Die Zeit ist nicht stehengeblieben und das man heute anders baut als zur Gründerzeit dürfte eigentlich keiner Diskussion bedürfen.
    Ich,als gebürtiger Spandauer,möchte nicht in einer Kulissenstadt leben.Das derzeit vielfach favorisierte,neoklassizistische Revival in der Architektur gefällt mir z.B.gar nicht.Wenn ich mir die IHMO hochpreisige Langeweile am Klingelhöfer Dreieck oder der neuen Hilde Ephraim Str. ansehe,dann werden mir die Bauten der Nachkriegsmoderne wieder symphatisch.


    Was mir heute fehlt ist eine gewisse Grosszügigkeit.Alles muss eng bebaut werden,um sog.Urbanität zu erzeugen.Breite,schnurgerade repräsentative Strassen wie der Kaiserdamm oder die Karl-Marx Allee wären heute kaum noch durchsetzbar.Da wird dann von Flugzeuglandepisten und Schneisen gesprochen.
    Da wird der Moltkemarkt wieder so eng bebaut,wie zu Zeit,als dort noch Ochsengespanne vorherrschten und Berlin nicht mehr als 300-400.000 Einwohner hatte.



    Das Sichtbarmachen und Konservieren von WK II Kriegsschäden,wird m.E. nicht durch eine "aufgezwungene Schuldkultur" vorangetrieben,sondern durch das ehrliche Interesse an authentischen,historischen Zeitzeugnissen.

  • in leichter Abänderung:
    Welcher grosse deutsche oder internationale Skifahrer kommt denn ohne oft drastisch annmutende Brüche aus ?

    :D
    Brüche sind nichts anderes als Unfälle, die aufgrund von Eigentumsverhältnissen und schwacher Kontrolle der Politik entstehen.
    Der Idealfall sollte doch sein, daß jede Ära, jede Stilepoche ihre Chance bekommt, ihren neuen Stadtteil zu gestalten.
    Beim "Bauen im Bestand" muß man sich an diesen älteren Bestand so anpassen, dass keine Brüche entstehen.
    So entsteht - jeweils innerhalb der einzelnen Stadtquartiere - ein harmonisches Bild.


    Ins Märkische Viertel passt kein Patzschke und ins Scheunenviertel kein Armand Grüntuch. ;)