Stadtschloss Berlin: Der Thread für den Wiederaufbau

  • Wahrscheinlich bringt es die Diskussion nicht gerade weiter, aber ist euch mal aufgefallen was am Tag dieser Meldung (ADAC fordert Fußgängerzone und Tunnel für 300 Millionen) in Berlin sonst so Thema war? (rechte Spalte)


    - ein Berliner Polizist tötet einen Tatverdächtigen, schießt ihm aus nächster Nähe und ohne Not mit einem ganzen Magazin quasi den Kopf weg


    - Ein Palästinenser schlägt mitten in Berlin zwei Wachmänner mit einer Eisenstange nieder


    - "Blick in den Notlagebezirk": Katastrophale Zustände in einigen Berliner Schulen, auch in direkter Nachbarschaft zu den Schaltzentralen unserer Republik. Teilweise reichts noch nicht einmal um die Gebäude richtig zu beheizen, von vernünftiger Lernatmosphäre in den Klassen gar nicht erst zu sprechen, die Rektoren schreiben schriftliche Hilferufe..



    Nicht von mir ausgesucht, das sind die zufällig an diesem Tag erschienenen Meldungen, wenn ich das richtig sehe alle aus dem Bezirk Mitte.
    Der Kontrast dieser "harten Realität" zu solch einem Prestigebau der Investitionen im hohen zehnstelligen Bereich erforderlich macht ist schon wirklich krass.
    Ich möchte jetzt keine Grundsatzdiskussion beginnen - aber es bleibt den Berlinern zu wünschen, dass man dort die Prioritäten nicht komplett falsch setzt, sondern auch die "alltäglichen Probleme" im Blick hat und in den Griff bekommt und nicht nur über schöne Fassaden für die Touristen nachdenkt. (jaja ich weiß - ideologische Bedeutung und so - das Schloss kann und wird hoffentlich mehr sein als nur eine Touri-Fassade - aber Prestigebauten sind nicht alles)

  • Mit dem 50Mrd Konjunkturprogramm soll ja auch in die Bildung investiert werden, also gegen eine der Meldungen wird was getan ;)

  • Recht hast du auf jeden Fall. Aber das sind ja ganz andere Kassen, insofern kann man die Parallele nicht so direkt ziehen.
    Zum Lustgarten: Ich finde zwar, dass das schön aussehen könnte, aber ein Tunnel? Das wäre ja noch viel hässlicher. Einerseits von historischer Mitte reden und dann Tunnel bauen. Wenn eh die U-Bahn gebaut wird, kann man doch einen Fußgängertunnel etc. machen. Komische Forderung. Schöner Ansatz, aber nicht zu Ende gedacht.

  • Meinst du das rekonstruierte Denkmal auf der Schlossfreiheit? So wird es glücklicherweise nicht kommen, denn dort soll das Einheitsdenkmal seinen Platz finden...

    Ist doch kein Problem, solange es die Fassaden der Schlossfreiheit bekommt, kann das Denkmal doch heißen wie es will. ;)


    Der Skandal an dem Artikel ist, dass der ADAC natürlich nicht selbst einen Tunnel bauen will. Er möchte, das andere für ihn einen Tunnel bauen. Solche nicht durchfinanzierten Vorschläge dürften gar nicht erst in der Presse erscheinen, sondern müssten gleich in den Papierkorb wandern. Der Satz: "Der Senat lehnt beides ab." ist die einzig valide Information in dem ganzen Text.

  • Ist doch kein Problem, solange es die Fassaden der Schlossfreiheit bekommt, kann das Denkmal doch heißen wie es will. ;)


    Ich fände es gelinde gesagt mehr als bedenklich, wenn an dieser Stelle etwas entstehen würde, dass wenn auch nur optisch an eine Wiedererrichtung des Denkmals erinnern würde. Man muss sich vor Augen führen, dass dies ein monarchisches Nationaldenkmal war, das den verstorbenen Kaiser Wilhelm mit allerlei repräsentativem Pomp huldigte. Dazu gehört die für das preußische Kaiserreich übliche Siegesmetaphorik der vier Löwen. Das alles ist für die heutige Zeit mehr als unangemessen und ließe sich kaum mit einer Umbenennung in Einheitsdenkmal überschminken.
    Nicht zuletzt ist das Denkmal künstlerisch jetzt nicht die Jahrhunderleistung, dass man es aus diesen Erwägung unbedingt wieder haben müsste. Es ist eher ein opulenter, in typischem Neobarock schwelgender Standardentwurf für die damalige Zeit. Nichts von Weltbedeutung, da im Grunde genommen generisch.


    Der Platz ist mit einem neuen Entwurf weit besser gefüllt.


    Grüße, Jan


    PS: Bevor der Vorwurf kommt. Die obige Begründung gegen eine Rekonstruktion ist nicht gleichzeit Rechtfertigung für den Abriss, denn vorhandenes (auch weniger bequemes) gilt es natürlich zu konservieren.

  • Ich fände es sehr bedenklich wenn das Einheitsdenkmal genau hier gebaut wird.


    Sicherlich war das Nationaldenkmal sehr protzig. Die gesamte hist. Umgebung wäre dann aber auch Sinnbild für die Monarchie und das Kaiserreich. Der Dom, das Alte Museum, die "Linden" und natürlich dann auch das "neue" Schloss, da kommt es auf ein Denkmal auch nicht mehr an. Die Wiederaufstellung vom Reiterstandbild des Alten Fritz hatte auch eine gewisse metaphorische Symbolik. Der Kaiser scheint aber heute (noch) nicht salonfähig zu sein.


    Der Sockel des ehem. Nationaldenkmals steht heute unter Denkmalschutz und unter einer Asphaltschicht befinden sich immer noch die Mosaike, mit den Darstellungen aller Provinzen des "Reichs". Das könnte zwar für ein Einheitsdenkmal gelegen kommen, aber die ehem. Ostgebiete sind natürlich auch dabei. Das wäre schon ziemlich grotesk. Das Einheitsdenkmal auf dem wilhelminischen Präsentierteller. Dieser Standort würde einen guten Entwurf für ein Einheitsdenkmal auch extrem beschränken.


    Für mich wird damit der Schlossbezirk erst richtig bis zum Anschlag ideologisch überfrachtet. Ein rekonstruiertes Schloss mit den Außereuropäischen Sammlungen, als "Multikulti" meets Tradition. Ein bisschen zeitgenössische Architektur darf nicht fehlen und der sozialistische PdR natürlich auch nicht. Man wird schon genug damit beschäftigt sein, die hist. Gebäude mit der verbleibenden sozialistischen Umgebung im Einklang zu bringen. In einer solch historischen, monomental überfrachteten Umgebung ein "Liliput"-Einheitsdenkmal für unsere jüngste Vergangenheit hinein zu quetschen finde ich falsch.
    Ein Denkmal für unsere heutige Republik hätte an dieser Stelle immer einen sehr engen Bezug zum ("Kaiser")Schloss. Es würde immer vom Schloss dominiert werden. Eigentlich eine viel bedenklichere Konstellation als ein rekonstruiertes Denkmal für Wilhelm I im "kaiserlichen Umfeld". Mal ganz ideologisch übertrieben: Unsere Republik gründet auf dem Kaiserreich und wird noch immer von ihn dominiert. Damit tut man keinen der beiden Bauwerke einen Gefallen.
    (Nicht das jetzt jemand denkt ich halte das Schloss für ein Symbol des Absolutismus und des Kaiserreichs, soviel Geschmack traue ich einem deutschen Kaiser auch wieder nicht zu.;))


    Dann lieber "Kaisers Sockel" sanieren, neu einfassen, vieleicht um den Rekonstruktionsbeführwortern entgegen zu kommen, auch mit einer schlichten Kolonnade, von mir aus platziert man die Löwen aus dem Tierpark Friedrichsfelde wieder hierher, ein paar Bänke und Infotafeln für die Touris und alle sind zufrieden.


    Mit dem Einheitsdenkmal kann man sich dann auf dem öden Platz der Republik austoben. Dort ist doch schon ohnehin das "Denkmalviertel" von Berlin. So könnte endlich auch mal das eigentliche Symbol der Republik, der Reichstag/Bundestag mit einbezogen werden. Braunfels hat mit seinem alles zerschneidenden "Band des Bundes" den Reichstag einfach links liegen lassen. Mit diesem Ort hätte man einen direkten Bezug auf die Berliner Mauer, das Symbol der geteilten/wiedervereinten Stadt, das Brandenburger Tor, zum Ort der Feierlichkeiten zur Wiedervereinigung und dem Symbol der "neuen Republik", dem Reichstag.
    Was soll da ein eingeschränktes Einheitsdenkmal zwischen preußischer Repräsentanz, Bauten für die Weltkultur und sozialistischer Weltanschauung?

  • Was den Tunnel unter dem Lustgarten angeht, finde ich diesen Vorschlag etwas bedenklich. Unter den Linden werde ich einfach mit meinem Auto verschluckt, bekomme von Berlins zukünftig schönsten Ecke nicht zu Gesicht und werde jenseits der Spree im Plattenbau umstellten Marx-Engels-Forum wieder ausgespuckt. Wäre für mich ein seltsames Erlebnis.
    Sinn hätte es aber auf jeden Fall über eine Verkehrsberuhigung an manchen Stellen nachzudenken.


    Der eigentliche Boulevard Unter den Linden ging eigentlich nur bis zum "Forum Fridericianum". Dort begann der Schlossbezirk. Der städtebauliche Zusammenhang der einzelnen Gebäude wurde mit dem Ausbau über den Lustgarten hinaus und mit dem Durchbruch der Kaiser-Wilhelm-Brücke/Liebknechtbrücke, ziemlich verwischt. Wer sich alte Bilder vor 1880 ansieht, bemerkt das ab dem Reiterstandbild Friedrich II noch eine gewisse Einheit, auch im Straßenbelag, vom Forum Fridericianum bis zum Schloss, vorhanden war. Heute wird alles durch eine große, stark befahrene Verkehsschneise zerschnitten. Der heutige Bebelplatz ist ein "Durchgangsplatz" geworden und der Lustgarten bildet nicht mehr das "endgültige Ende" der "Linden".


    Es scheint aber heute sehr schwer zu gelingen, den den Verkehr irgendwie umzuleiten oder zu reduzieren. Vieleicht eine Umleitung von den "Linden", über die Friedrichs- oder Charlottenstraße, zur Französische Straße, zum Alex. Das würde aber dann eher in einem Verkehrschaos enden.
    Da bleibt nur noch die Möglichkeit den Verkehr vom Lustgarten über die Schlossfreiheit in die Spandauer Straße und Rathausstraße zu leiten. Man müsste zwar einen Bogen um das Schloss machen, aber das könnte man in Kauf nehmen. Der zukünftige Schlossplatz wäre dann das was er einmal war, ein quirliger Platz, zu der noch belebteren, heutigen Rathausstraße. Und das Wichtigste das Schlossvolumen würde wieder als verbindendes "Gelenk", zwischen dem "Alten" Berlin und der barocken Stadterweiterung, der Friedrichstadt in erscheinung treten.


    PS: Tut mir sehr leid, wenn meine letzten Kommentare in diesem Thread, in ähnlicher Weise schon lange durchdiskutiert wurden. Mein weiß bei der andauernden Diskursion und dem ständigen in Frage stellen aller Entscheidungen auch nicht mehr ganz wo hinten und vorne ist.:)

  • Timmi, mit Bus, Fahrrad oder zu Fuß würdest du auch zukünftig Berlins "schönsten Ecke" zu Gesicht bekommen - Berlin muss nicht für eine Autobesichtigung optimiert sein ... ;)


    Im Ernst: Die Idee eines zusammenhängenden Platzes und Fußgängerbereichs zwischen Museumsinsel und zukünftigem Schloss ist sicher reizvoll. Heute war eine Grafik in der Berliner Zeitung, in der der Verkehr über Rathausstr., Schlossfreiheit und dann UdL geführt wird. Das sieht da wirklich nett aus.


    Vom Fantasiegespinst eines Tunnel halte ich nichts. Anderswo überlegt man, solche Relikte aus Autowahn-Zeiten wieder zuzuschütten (Alex Südost) oder hat es bereits getan (Budapester Str.).


    Ohne Tunnel dürfte die Schließung des genannten Bereichs für den Autoverkehr nur bei einer massiven Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs in der Innenstadt realisierbar sein. Derzeit ist das (aus meiner Sicht leider) sicher nicht durchsetzbar. Aber vielleicht ändert sich das ja in 10 oder 20 Jahren. Langfristig ist das also eine gar nicht so schlechte Idee, und zwar ohne den viel zu teuren Tunnel.

  • Dazu gehört die für das preußische Kaiserreich übliche Siegesmetaphorik der vier Löwen. Das alles ist für die heutige Zeit mehr als unangemessen und ließe sich kaum mit einer Umbenennung in Einheitsdenkmal überschminken.

    Für die Siegesmetaphorik haben wir schon die Goldelse. Die von Hitler extra noch um eine Trommel erhöht und auf den Großen Stern verpflanzt wurde. Daran stört sich komischer Weise keiner, obwohl das mal eine echte imperialistische Symbolik ist. Außerdem huldigen wir hier in Preußen Streitwagen und Reiterstandbildern. Beide Symbole finden sich nicht nur auf dem Nationaldenkmal. Die vier Löwen sind eher typisch für Bayern. Und symbolisieren in der Regel nicht Militär und Nation, sondern nur den König (der Löwen) selbst.

    Nicht zuletzt ist das Denkmal künstlerisch jetzt nicht die Jahrhunderleistung, dass man es aus diesen Erwägung unbedingt wieder haben müsste.

    Den Vergleich zu dem, was die Gegenwart bisher als Gestaltung für ein Einheitsdenkmal vorgeschlagen hat, hält es ästhetisch aber allemal stand.

  • Dann lieber "Kaisers Sockel" sanieren, neu einfassen, vieleicht um den Rekonstruktionsbefürwortern entgegen zu kommen, auch mit einer schlichten Kolonnade, von mir aus platziert man die Löwen aus dem Tierpark Friedrichsfelde wieder hierher, ein paar Bänke und Infotafeln für die Touris und alle sind zufrieden.

    Ja, das unterschreibe ich sofort, weit besser als die Geschichte ganz zu begraben oder an ihr herum zu deuteln. Neu errichten braucht man das Nationaldenkmal nicht gerade. Aber durch etwas anderes zu ersetzen, braucht man es auch nicht.

    Mit dem Einheitsdenkmal kann man sich dann auf dem öden Platz der Republik austoben.

    Obwohl dort natürlich eigentlich das Bismarck Denkmal hingehört. Dies symbolisiert nun wirklich die Anfänge der Republik und das Ende der Monarchie. Und so versteckt im Tiergarten wird man diesem originalen historischen Monument auch nicht gerecht.

    Braunfels hat mit seinem alles zerschneidenden "Band des Bundes" den Reichstag einfach links liegen lassen.

    Meine Rede, die „Wand des Bundes“ ist ein großer Frevel am Städtebau. Unglaublich, das Berlin so etwas mit sich machen lassen hat. :nono:

  • Da sind wir uns ja fast einig.;)


    Obwohl dort natürlich eigentlich das Bismarck Denkmal hingehört. Dies symbolisiert nun wirklich die Anfänge der Republik und das Ende der Monarchie.


    Das Bismarck eine Republik repräsentiert hat geht aber etwas zu weit. Vieleicht in einer ähnlichen Aufassung wie eine spätere Deutsch-Demokratischen-Republik. Bismarck war unfreiwilliger Mitbegründer des Kaiserreichs. Er war nur ein Zugeständnis vom König an die demokratischen/liberalen Kräfte und an die anderen deutschen Kleinstaaten, die Wilhelms Thron gefährden konnten. Er hat aber natürlich maßgeblich zum deutschen Einigungsprozess beigetragen. Also auch ein Einheitsdenkmal, nur für eine andere Einigung.


    Dass das Bismarck Denkmal etwas zu versteckt ist und allenfalls bei nächtlicher Beleutung wahrgenommen wird, finde ich auch.
    Dann könnte man gleich die Siegessäule zurück auf den "Königsplatz" (Platz der Republik) stellen, was natürlich auch quatsch wäre.


    Aber anderes Thema...


    Über Braunfels städtebauliche Geniestreiche könnte ich noch mehr sagen. Das sieht man auch wieder an seinen tollen Wettbewerbsbeitrag zum Stadtschloss. Aber diese Diskursion will ich jetzt nicht wieder anfangen...

  • Naja, sein Schloss war nicht so der Hit. Allerdings finde ich die Idee der an den Linden orientierten Achse zum Fernsehturm hin an sich ziemlich gut und ausbaufähig. Dann wäre die Freifläche weg, aber immer noch viel Platz da und Rathaus und Marienkirche wären auch würdig mit eingebunden. Schau

  • Ich versuchs mal kurz zu formulieren....
    Die "preußischbarocke - sozialistische Stadtachse" über alle Hindernisse, wie der Spree hinweg, finde ich lächerlich. Der Fernsehturm auf Du und Du mit einem idealisierten Schloss(neu-/nachbau). Er stellt die gesamte Konzeption des Schlosses auf den Kopf. Die Fassaden ergaben sich aus genau dieser Gebäudeform (das weiß er aber dem anschein nach). Das man es immer mit einer Ehrenhof-Anlage bzw. Dreiflügelanlage versuchen muss. Das Schloss wird zu einem Zwitterwesen. Eine exakt senkrecht, auf einer gesamten Seite des Schlossvolumens, zulaufende monomentale Achse, finde ich generell fatal.
    Das Rote Rathaus und die Marienkirche sind wie heute wieder nur Statisten und jetzt zur Huldigung des Fernsehturms, der städtebaulich so prägnant ist und einer Huldigung nicht bedarf, schon lange nicht mit einer nur auf sich bezogenen Stadtachse. Die Marienkirche steht immer noch frei, nur groß aufgefädelt an den Würfeln der Achsbebauung. Die Bebauung an der Karl-Liebknecht-Straße springt zu einer weiteren Achse zurück mit der Marienkirche im Vesir.


    Wusste garnicht mehr das er soviele Bilder über den Entwurf auf seiner Seite hat. Danke nochmal Aixois!


    Ansich hat Braunfels aber nicht so ein schlechtes Gespür für städtebauliche Fragen, wie ich es eben angedeutet habe. Er hat sich mit seinem Entwurf auch mit dem Schloss stark auseinandergesetzt und es akzeptiert. Man verlangt dem Gebäude wieder zu viel ab und sieht seine wahren Qualitäten nicht. Das Braunfels diese wenigstens erkannte sieht man HIER Seite 10


    Ich kannte ja schon die Ähnlichkeit zum Palazzo Madama in Rom, aber diese Gegenüberstellung... Ich bin fast sprachlos. Man beachte das Mezzaningeschoss! Hier nochmal Rom:
    (sorry hab das Bild herausgenommen, war etwas zu groß)
    Quelle: http://upload.wikimedia.org/wi…s/5/5e/Palazzo_madama.JPG

    2 Mal editiert, zuletzt von Timmi ()

  • Ich muss sagen das gesamte Konzept auf der Seite ist sehr gelungen und überschneidet sich auch mit den hier erstellten Konzepten zur Bebauung des Forums. Das Schloss würde dadurch einen viel besseren städtebaulichen Status bekommen...

  • Bismarck war unfreiwilliger Mitbegründer des Kaiserreichs. Er war nur ein Zugeständnis vom König an die demokratischen/liberalen Kräfte und an die anderen deutschen Kleinstaaten, die Wilhelms Thron gefährden konnten.

    Unfreiwillig oder nicht, das Kaiserreich hat mit Errichtung des Reichstags die Grundlage für die Republik gelegt. Nicht nur gäbe es heute keine staatliche Einheit einer deutschen Nation, es wäre auch nie zur Weimarer Republik gekommen, wenn es zuvor kein Deutsches Reich gegeben hätte. Letztlich sind alle Freiheiten unfreiwillige Zugeständnisse, die den Herrschenden (früher Könige, heute Parlamentarier) abgerungen werden müssen. Das hat sich nie geändert.

    Dann könnte man gleich die Siegessäule zurück auf den "Königsplatz" (Platz der Republik) stellen, was natürlich auch quatsch wäre.

    Ach die steht schon gut, da wo sie steht und man brauch sie auch nicht wieder künstlich verkleiner. Aber wenn man die echten Nazibauten (Tempelhof, Olympiastadtion etc.) unter Denkmalschutz stellt, dann darf man nicht mehr von der unheilvollen Symbolik des Kaiserreichs anfangen. Wenn Obama vor Hitlers Siegessäule reden darf, dann ist auch ein Nationaldenkmal auf der Schlossfreiheit kein Ding der Unmöglichkeit. Und scheinbar gibt es dafür sogar ein Lobby, sonst würde es doch nicht auf den Bildern des ADACs auftauchen?!

    Über Braunfels städtebauliche Geniestreiche könnte ich noch mehr sagen. Das sieht man auch wieder an seinen tollen Wettbewerbsbeitrag zum Stadtschloss. Aber diese Diskursion will ich jetzt nicht wieder anfangen...

    Solltest du vielleicht aber, denn der Braunfels Entwurf passt viel besser zum Forumsthema als die politische Einordnung bestimmter Denkmäler. Auch auf die Gefahr hin mich schon wieder im Ton zu vergreifen, haben die Entwürfe von Braunfels in ihrer Rigorosität und Monumentalität für mich immer etwas Germaniahaftes. Es werden stets breite lange überdimensionierte Achsen durch die Stadt geschlagen. Keine Straße, kein Gebäude und kein Fluß hält ihn davon ab, seine Hauptachse noch ein Stückchen zu verlängern. Sehr viel anders hätte es Albert Speer auch nicht gemacht.

  • Nicht auf Preußens Liberalismus sieht Deutschland, sondern auf seine Macht. (...) Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit entschieden, sondern durch Eisen und Blut.


    Aus Bismarcks bekannter Rede von 1862.



    Nur soviel dazu. Bismarck war wohl der Republiks schärfster Gegner. Wenn er sie auch als Reichskanzler (in dieser Funktion allerdings allein dem Kaiser, nicht dem Parlament, unterstellt) nutzte, sein Ziel war allein die Erhaltung der kaiserlichen Macht. Und warum Bismarck das Ende der Monarchie symbolisieren soll weiß ich nun wirklich nicht, die hat ihn auch überlebt.

  • Der Begriff (Blut und Eisen) geht zurück auf eine Rede, die der damalige preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck am 30. September 1862 vor der Budgetkommission des preußischen Abgeordnetenhauses hielt. Um seine Vorstellungen einer Heeresreform gegen das Budgetrecht des Abgeordnetenhauses durchzusetzen, sprach er dabei unter anderem den Satz:

    Zitat von Bismarck

    Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit entschieden, sondern durch Eisen und Blut.

    Und wenn Gerhard Schröder einen Beschluss für irgend ein Rüstungsprojekt gegen murrende Abgeordnete seiner eigenen Koalition durchsetzen wollte, dann hat er mit der Faust auf den Tisch gehauen und gesagt:

    Zitat von Schröder

    Basta!

    Entscheidend ist nicht die Missachtung des Parlaments durch Bismarck. Sondern die blosse Existenz eines Parlaments, das überhaupt über ein Budgetrecht verfügte und in das ganz normale Bürger nach preußischem Drei-Klassen-Wahlrecht gewählt werden durften. Zuvor gab es Könige, die nach Gutdünken über die Verwendung des Staatsschatzes entschieden. Das Kaiserreich und die Gründerzeit ist eine Preiode ungeheurer Freiheiten, die es zuvor nie gegeben hat. Warum wohl wurden überall so viele Bismarckstatuen gebaut? Das Kaiserreich wurde von seinen Zeitgenossen weit positiver betrachtet als heute. Erst später hat man der Monarchie die Alleinverantwortung für den Ersten Weltkrieg in die Schuhe geschoben.

  • Mit dem Germaniavergleich ist es durchaus nicht so weit her. Allerdings wo hatte Hitler die großen Sichtaxen her? Aus Paris! Mich erinnert der Braunfelsentwurf nämlich sehr stark an das Marsfeld vorm Eiffelturm. Dort sind auch die Randgebäude nicht ganz so hoch wie die dahinterliegenden.
    Zu Timmi: Mit der Marienkirche etc. hast du völlig Recht, deswegen meine ich auch ein ausbaufähiger Entwurf. Dennoch meine ich, dass diese Idee ein gelungener Übergang von der historischen Mitte zum Alex sein könnte, wenn man es noch ein wenig ausfeilt und vor allem keine braunen Würfel hinsetzt wie in Braunfels' Simulation. Ein bisschen mehr Individualität könnte man der ehemaligen Altstadt schon zusprechen. Aber es würde auf elegante und hauptstädtische Weise diese furchtbare leere Fläche füllen, ohne sie zuzubauen. Es wird ja eher ein verkehrsabgeschirmter Fußgängerboulevard geschaffen.

  • @ GIGI DAG (& @ Aixois)


    In wie fern bekommt das Schloss einen besseren Status?


    Weil es den Fernsehturm anbiedert?
    Das Schloss hätte es so mit dem Fernsehturm nie gegeben. Der Verkehr fährt links und rechts an der Achse vorbei und? Schlüters runde Erker als Akzent am massigen Baukörper verkommen als seltsames Anhängsel an den schmalen Hofflügeln. Der Hauptrisalit des "neuen Schlüterhofs" bekommt besonders dabei seine unsymetrische Anortnung, in der auf ihn symetrischen Achse zu spüren. Was ändert sich am Status der Marienkirche und des Rathauses? Es kommen nur solitärhafte, würfelförmige Blöcke hinzu. Da schafft nicht ein Würfel an der Marienkirche einen vernünftigen "Raum". Das Schloss dreht den "Linden" den "Rücken" zu und öffnet sich in einer toten Achse zum Fernsehturm. Genau das wollte Schlüter mit diesem Bauwerk immer verhindern. Er wollte "alte Stadt" und "neue Stadt" gleich behandeln. Bis auf die Bebauung des Marienviertels ist der heutige Kontext nahezu gleich geblieben. Es sollte keine "Schokoladenseite" bekommen. Solche Seiten hatten für die Stadt immer eine Bedeutung. Es würde seiner städtebaulichen Bedeutung als verbindendes Glied beraubt werden. Der Baukörper wirkt unschlüssig. Der Schlosssolitär bekommt keinen städtebaulichen Rahmen und verschwindet in mitten von Schneisen im Stadtraum. Die Fassaden ständen dann im Wiederspruch zur Bautypologie (siehe o.g. Bild Seite 10). Das Schloss wäre dann historischer Nonsense. ...und die Rekonstruktion dann auch.