Stadtgespräch Berlin / dies und das

  • Natürlich interessieren sie sich auch sehr für alles, was mit der Mauer zu tun hat und teilweise auch für Nazibauten, aber Berlin hat eben all das und offensichtlich ist das für Besucher nicht nur spannend, sondern auch interessant, attraktiv, monumental und durchaus schön.


    Viele sagen auch oft, dass sie eine ganz andere Erwartung hatten und sehr positiv überrascht sind von Berlin.


    Ich kann den Eindruck von Backstein bestätigen. Seit 2 - 3 Jahren lese ich immer wieder Blogs aus der englischsprachigen Sphäre, die sich mit Berlin beschäftigen. Viele der Schreiber sind Besucher oder Kurzzeitstudenten gewesen. Die meisten hatten ein diffus-düsteres oder streng-deutsches Bild von Berlin, wenn sie noch nie in der Stadt waren und nichts vom Berlin Hype wussten. Nach einem Aufenthalt sind fast alle überrascht über Vielfältigkeit der Gegenden, Entspannte Atmosspäre, Weitläufigkeit und authentischen den Puls der Zeit. Einer der Traveller hat vor kurzem den liberalen Lebensstil gepriesen und Berlin in einer Linie mit Barcelona und San Francisco gesehen. Ein großes Plus wird in der äußerst eklektischen Bebauung gesehen, die als abwechslungsreich, spannend und geschichtlich relevant empfunden wird.


    Stadtplanerisch wird Berlin bei fast allen weltweit großen Kongressen als vorbildlich genannt. Die hohe Lebensqualität, Infrastruktur und gesellschaftliches Zusammenleben werden gewürdigt. Stimmann hin oder her, es gibt in ganz Deutschland einen hohen Grad an konzeptionellem, gesamtheitlichem Denken wenn es um Stadtplanung geht.

  • Na, dass man eine strenge, düstere Stadt erwartet liegt nun mal eher an den allgemeinen Vorurteilen ggü. den Deutschen. Dass die Studenten und jüngeren Besucher es dann anders empfinden liegt wohl daran, dass sie 90% ihrer Zeit in Prenzl.Berg und Umgebung verbringen und weniger an der Infrastruktur...

  • @ Ben: Meinst du jetzt, Berlin ist eine "strenge, düstere Stadt" außerhalb "Prenzl.Berg und Umgebung"?


    Und was hat das mit der Infrastruktur zu tun?


    Die Touris, von denen ich berichtet habe, gehören übrigens überwiegend der Altersstufe 50++ an und logieren meist in Hotels außerhalb dieser Hip-Gegenden...

  • und weniger an der Infrastruktur...


    Das Gegenteil ist der Fall. Im Sinne der Verkehrsinfrastruktur wird Berlin als "perfekt" beschrieben. Die BVG Angobte werden beschrieben als: Leicht zu benutzen (keine Eingangssperre), Schnell, Sauber, Mit hohem Sicherheitsgefühl, Verlässlichem 24-Std-Betrieb. Hinzu kommt ein sehr ausgebautes Fahrradwegenetz was den meisten auffällt.

  • Backstein
    Wie man am Inhalt wohl erkennen kann, bezog ich mich auf Lears Beitrag, sonst hätte ich das schon verdeutlicht.


    @Lear
    Ja, die Öffentlichen sind sehr gut, keine Frage. Die Radwege vielleicht auch - nur nutzt sie keiner ;). Aber was hat die Infrastruktur nun mit der Empfunden liberalität zu tun? Dass man wegen der fehlenden Schranken auch schwarzfahren kann, oder was?

  • Das war mir durchaus bewusst. Dennoch hat sich mir diese Frage zu deinem Beitrag gestellt.


    Und das tut auch eine weitere: Wo lebst du, dass die Radwege deiner Meinung nach nicht genutzt werden?

  • Guderian,


    so wird das nie etwas mit der Weltherrschaft. Mal zu den Fakten und zu einer groben Analyse deines wirren Beitrages: Aufhänger ist für dich der weltweit einmalige Wiederaufbau großer Teile der Warschauer Altstadt. Das betreffende Areal ist ungefähr 200ha groß. Das ist wirklich eine tolle Aufbauleistung, speziell für diese Zeit. Von einem "kompletten Wiederaufbau" zu sprechen, ist aber dennoch reichlich verfehlt. Das kriegszerstörte Gebiet war etwa um das 50fache größer als die Altstadt. Der noch junge Historismus war also auch in Polen zu der Zeit nicht besonders viel wert. Das gesamte Stadtgebiet Warschaus ist heute über 500km² groß. Da passen die drei aufgebauten Stadtviertel mehrere hundert Male hinein. Es besteht zu großen Teilen aus Bauten, die man nicht einmal in der Gropiusstadt oder in Hellersdorf als annehmbar bezeichnen würde.


    Da hier der polnische Fall der Einmalige ist, ist es absurd, im Umkehrschluss aus allen anderen Fällen den Deutschen herauszufiltern und ihn zum einzigartig Negativen zu machen. Du vergisst scheinbar auch viele Zerstörungen in Frankreich oder England, deren zeitgemäße Wiederaufbauten sich nicht mit einem "Schuldkomplex" erklären lassen.


    Wenn du dann noch etwas differenzieren könntest, würdest Du vielleicht bemerken, dass Polen eher zentralistisch geprägt ist und sich der intensive Wiederaufbau auf wenige Zentren bezog. In Deutschland wurden dagegen in unzähligen Städten vor allem historisch wertvolle(!) Einzelbauten saniert. Selbst die DDR machte sich daran zu schaffen. In Relation zur Bevölkerungszahl wurde in Deutschland weit mehr originalgetreu wiedererrichtet (logisch, wurde ja auch noch mehr zerstört) - noch interessanter wird es, wenn man den Aufbau auf andere Bereiche ausdehnt. Da sieht Polen plötzlich sehr alt aus. Dass das Ganze hierzulande nur wenige städtebauliche Ensembles betraf, ändert nicht's daran. Klar, es wurde vor allem in der DDR sehr selektiv aufgebaut, eher entsprechend der jeweiligen ideologischen Zuordnung des einzelnen Bauwerks, als an dessen städtebaulicher Funktion orientiert. Die Prioritäten verschoben sich aber auch dort mit der Zeit. In Warschau wurde aber nach ähnlichen Direktiven selektiert. Nach der Altstadt kam lange Zeit nichts. Und Polen hatte auch weniger Assoziationen seiner Architektur mit Krieg und Militarismus zu bewältigen.


    Nächster Punkt: die in Berlin aufeinander stoßenden Paradigmen haben so gut wie nichts mit den von uns geführten Weltkriegen zu tun. Allenfalls die etwas hysterische Klassifizierung bestimmter neoklassizistischer Spielarten als "Faschistische Diktatur" würde ich da ad hoc durchgehen lassen. Die Charta von Athen, die unter anderem das Dogma der Funktionstrennung und Mobilitätsorientierung manifestierte, stammt von 1933. Aber selbst der Weg dorhin war eher kontinuierlich und bereits international auf parallelen Gleisen verlaufen. In Deutschland hat man das vor allem wegen der beinahe komplett aussetzenden Bautätigkeit zwischen 1914 und 1918 und dem anschließenden zaghaften Neubeginn etwas fragmentierter wahrgenommen. Viele deutsche und Berliner Großsiedlungen, die sich den Prinzipien der CvA unterordnen, sind bereits in den Zwanzigern realisiert worden. Das gilt auch für Villen und EFHs. Einen deutschen Sonderweg hat es in dieser Beziehung so gut wie nie gegeben, auch wenn sich das wegen der historisch bedingten, stoßartigen Etablierung neuer Leitsätze oberflächlich so darstellen mag! Mag sein, dass die Deutschen oft tonangebend waren oder zumindest in der ersten Reihe vieler Entwicklungen standen.


    "Das Mehrparteiensystem Deutschlands hat erheblichen Schaden in Sachen Disziplin und Gehorsam angerichtet" 'Sag' mal, geht's eigentlich noch? Sicher, die Demokratie hat so ihre Tücken (ich verweise hier mal auf Churchills berühmten Spruch). Aber was glaubst du, was mit dir im Ein-Parteien-System, einer Monarchie oder einer Diktatur geschieht, falls sie dich nicht als Führer haben wollen - wovon ich an deiner Stelle mal ausgehen würde? Denkst du, Faktenverdreher und Realitätsverweigerer kriegen da einen hoch dekorierten Platz in der zweiten Reihe? Und die besagten Regeln, die die Aufpasser gegenüber Architekten durchzusetzen haben, wer schreibt die? Du? :lach:


    Deine Beweisführung kann schon deshalb niemals schlüssig werden, da bereits deine Ausgangsthesen an den Haaren herbeigezogen sind.

  • Urbanist,


    dieses Buch habe ich sogar hier stehen. Allerdings kann ich mich nicht erinnern, es jemals wirklich gelesen zu haben. Es sieht auch noch ganz frisch aus. Aber wenn ich mal annehme, dass ich es bei Erstveröffentlichung erworben habe, dann hatte die Druckerfarbe jetzt schon acht Jahre Zeit, sich per Brownscher Molekularbewegung langsam, aber sicher in Richtung Schädelinnentapete durchzumogeln - wobei man noch den mittleren Öffnungswnkel der Zimmertüren mit einberechnen müsste. keine Ahnung, wie man das macht. :(

  • Backstein
    Sorry, hab was falsch gelesen...


    Nein, ich meine nicht, dass es außerhalb des PB nicht liberal sei. Lear meinte, dass viele dieser Blogs von Kurzeitstudenten stammen würden. Dazu meinte ich dann, dass die 90% ihrer Zeit eh in PB, FH usw. verbringen, sodass es nicht verwunderlich ist, dass sie es als liberal etc. empfinden, ungeachtet davon, wie liberal der Rest der Stadt ist oder nicht. Und was die Liberalität und Offenheit mit der von Lear erwähnten Infrastruktur zu tun hat, habe ich ja auch gefragt.


    Ich wohne in Lichterfelde. Auf dem Weg in die Stadt gibt es lange, gerade,gut erkennbare Radwege, die zwar teilw. auf dem Bürgersteig, aber dennoch gut zu nutzen sind. Trotzdem fahren die meisten Radfahrer z.B. in der Altensteinstr. oder Unter den Eichen/Berliner Str. auf der Fahrbahn ohne Rücksicht, auf den restl. Verkehr oder auch Fußgänger zu nehmen. Aber das ist ein anderes Thema...


    AeG
    Kannste dich vielleicht nächstes mal etwas kürzer fassen ;)? Vielleicht bezieht sich Guderian in dem Bespiel ja auch nur auf die Warschauer Altstadt und nicht auf die angrenzenden Viertel. Und der Ansicht, dass nur die eigene Meinung die richtige ist, sind ja hier so einige. Außerdem muss man nicht jedes Wort hier auf die Goldwage legen.

  • Gerade Polen mit seiner rücksichtlosen Restaurierung einzelner Projekte sollte nicht als Maßstab genommen werden. In Polen wurden sehr viele alte Projekte abgerissen um Baumaterial für einige wenige Prestigeprojekte zu gewinnen. Dies ist m.M. nach der schlechteste Weg um eine Rekonstruktion durchzuführen!


    2. In Polen wurde nur sehr selektiv restauriert. Dahinter stand der Gedanke Spuren von österreichischer, russischer oder preußischer Herrschaft zu vernichten!

  • Sorry Ben, aber als passionierter Radfahrer muss ich das fragen: ;)


    "Auf dem Weg in die Stadt gibt es lange, gerade,gut erkennbare Radwege, die zwar teilw. auf dem Bürgersteig, aber dennoch gut zu nutzen sind. Trotzdem fahren die meisten Radfahrer ... auf der Fahrbahn ohne Rücksicht, auf den restl. Verkehr oder auch Fußgänger zu nehmen."


    Gut zu nutzen aus Autofahrer-Sicht? ;)


    Dass es seit 1998 keine Radwege-Benutzungspflicht mehr gibt (Ausnahme: Blaues Schild und eingehaltene Mindeststandards bzgl. Breite und Belag) ist dir aber bekannt? Viele dieser ganz üblen Uralt-Radwege auf dem Bürgersteig sind inzwischen sogar durch Baken gesperrt.


    Frage nur deshalb, weil auch mich tagtäglich etliche Autofahrer nerven, die aggressiv rumhupen, weil ich (völlig zu recht) auf der Straße fahre anstatt auf dem vorsintflutlichen Zickzack-Holper-Radweg von 1975 auf dem Gehweg...


    Zurück zum eigentlichen Threadthema: Deinen Kommentar gegenüber AeG wollte ich so ähnlich auch gerade schreiben :D - allerdings ist Guderians Kommentar zum Mehrparteiensystem wirklich hahnebüchen.

  • ...Dahinter stand der Gedanke Spuren von österreichischer, russischer oder preußischer Herrschaft zu vernichten!...


    Nun, das kann ich durchaus verstehen. Da wurden zig Tausende Polen u. a. aus den der Ukraine zugeschlagenen Gebieten Ostpolens in die ehem. deutschen Gebiete wie die Ostmark zwangsumgesiedelt. Also in Gebiete, die zuvor denen gehört haben, die nicht gerade wenig Leid über die Polen gebracht haben, und die zudem weitestgehen zerstört waren. Toller Gedanke. Und dann sollten diese Polen gleich die "Spuren deutscher Herrschaft" oder sagen wir es mal weniger polemisch, deutsche Kulturbauten respektieren?
    Es hat mind. eine Generation gedauert, bis diese Menschen auch die Zeugen der deutschen (Bau)Geschichte auf ihrem neuen Territorium akzeptieren und schätzen konnten.

  • @ Backstein:
    1. Darum geht es in diesem Zusammenhang nicht! Wenn man um Teile der Altstadt von Danzig zu rekonstruieren ganze Dörfer abreißt um das historische Baumaterial zu nutzen ist dies unter Garantie kein vorbildlicher Weg.


    2. Ich denke an den Umbau von historischen Gebäuden in Krakau. Dort wurden bewußt Relikte aus bestimmten Epochen vernichtet.
    Krakau war übrigens bevor es zu Österreich Ungarn kam eine Reichsfreie Stadt (Republik Krakau!). Die polnische Bevölkerung in dem Königreich Galizien hatte wesenlich mehr Rechte als die Bevölkerung in Kongresspolen. In Ö-U durfte gab es sogar polnischsprachige Universitäten. Waren es nicht polnische Juristen die das ABGB den Österreichern geschrieben haben? Und vergiss nicht, dass es keinen Aufstand in Galizien gegen die Österreicher gab! Ungarn und Tschechen haben Aufstände gemacht! Außerdem haben die Polen in Österreich Ungarn immer eine entscheidene Rolle gespielt und höchste Ministerämter belegt!
    Dies ist auch der Grund, dass man sich in Krakau eher mit Wien als mit Warschau identifizieren möchte! Und nun überleg mal warum die Warschauer so unbeliebt sind in Krakau!

  • Ich bin auch schon mal Rad gefahren, stell dir vor ;).


    Man hat auch in "Deutschland-Preußen" preuß. Gebäue abgerissen...Dann kann mans den Polen ja wohl nicht verübeln, oder?

  • Arghh... nochmal: wenn man ein historisches Gebäude restauriert und dann ganze intakte Flügelbauten abreißt, weil sie aus einer Epoche stammen die einem nicht gefällt kann das sicherlich nicht vorbildhaft sein oder?

  • Und Polen hatte auch weniger Assoziationen seiner Architektur mit Krieg und Militarismus zu bewältigen.

    Deutschland hat überhaupt keine Assoziationen seiner Architektur zu bewältigen. Dies bilden wir uns nur ein, weil wir an einem ausgeprägten Schuldkomplex leiden, der uns dazu zwingt, das Rad alle Nase lang neu zu erfinden. Man kann auch ganz normal weiterleben, ohne bei "Autobahnen", "Duschen" und "Führerscheinen" zwanghaft an Hitler denken zu müssen. Man kann auch das Parlament "Reichstag" nennen oder [url=http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,508184,00.html]hakenkreuzförmige Gebäude[/url] bauen. Alles kein Problem solange man es nicht zu einem macht. Leider haben die Deutschen eine Profession darin entwickelt, ganz normale Dinge zu Problemen aufzublasen. Dazu zählt auch gerade der Umgang mit der Architketur aus vordemokratischen Zeiten. Die bei uns ein unwillkürliches Distinktionsbedürfnis auslösen.

    Nächster Punkt: die in Berlin aufeinander stoßenden Paradigmen haben so gut wie nichts mit den von uns geführten Weltkriegen zu tun.

    Aber die zugrunde liegende Psychologie, die uns überhaupt erst nach neuen Paradigmen suchen lässt, hat viel mit den verlorenen Weltkriegen zu tun. Nach beiden Niederlagen haben wir unser Gesellschaftssystem komplett in Frage gestellt und radikal verändert. Dazu zählen auch die architektonischen und stadtplanerischen Konzepte, die jeweils Gegenentwürfe zu den vorhergehenden Ansichten waren. Wie die Bilderstürmer haben die Deutschen den Stuck von ihren Häusern geschlagen, als könnten sie dadurch Monarchismus und Faschismus (was in Deutschland gerne synonym gebraucht wird) symbolisch besiegen. Ohne die Psychose der beiden Niederlagen hätte es einen viel weicheren Übergang von einem Baustil zum nächsten gegeben.

    Sag' mal, geht's eigentlich noch? ... Aber was glaubst du, was mit dir im Ein-Parteien-System, in einer Monarchie oder in einer Diktatur geschieht, ...

    Get a life AeG, ich hab nicht die Demokratie in Frage gestellt. Aber schau dich mal um in Berlin! In welcher Zeit sind die schönsten und wertvollsten Gebäude entstanden? Die große schöpferische Periode Berlins in Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft war die Hohenzollern Monarchie. Die völlig unnötige Glorifizierung der Demokratie deinerseits identifiziert dich nur als typischen Nachkriegsdeutschen. Du machst dich lustig über den Drang der Deutschen "stets eine Vorreiterrolle im Klub der Weltverbesserer anzustreben" und bist doch selbst mit diesem Virus infiziert. Da du Churchill zitierst, weisst du sicher auch, was Helmut Schmidt über die Deutschen sagt, die glauben den Chinesen Demokratie beibringen zu müssen.

    Und die besagten Regeln, die die Aufpasser gegenüber Architekten durchzusetzen haben (wahrscheinlich mit Waffengewalt, wie ich dich mittlerweile kenne), wer schreibt die? Du?

    Wer hat denn die Straßenverkehrsordnung geschrieben und durchgesetzt? Und bitte, tue nicht so als ob du mich kennst. :nono:

  • Kent
    Nein, habe ich ja acuh nicht behauptet. Ich bin der letzte, der Abrisse oder Verstümmelung preuß. Bauten befürwortet. So gut solltest du mich inzw. kennen...Aber man hat das ja nun mal mit pseudo-argumenten im eigenen Land getan. Dann kann mans den ehem. unterworfenen oder abhängigen oder was auch immer Staaten ja nicht vorwerfen, wenn sie als Symbole ihrer Unterdrückung empfundene Gebäude beseitigen, oder? Dass es nicht gutzuheißen ist, steht außer Frage...

  • Wir haben doch gerade in Berlin (als Hauptstadt) das Problem, das jedes Gebäude, das älter als zwei Wochen ist, politisch interpretiert wird. Da soll ein Humboldt Forum mit Stadtschloss Fassade gebaut werden, schon fragt jemand, ob das einer Demokratie überhaupt würdig ist. Natürlich nicht, weil der Untertanen-Geist hinter der monarchistischen Architektur den Faschismus angeblich erst möglich gemacht hat. Aber der Luftbrücken Flughafen muss natürlich in Betrieb bleiben, weil er nicht für den Geist des Faschismus, sondern für den Geist der Freiheit steht. Die postkommunistischen Ostberliner haben bei der Volksabstimmung selbstverständlich nur dewegen gegen Tempelhof gestimmt, weil sie etwas gegen Freiheit haben und aus Rache für den Abriss des Palasts der Republik, der natürlich auch nur aus politischen Motiven abgerissen wurde.


    Und so kann man von einem Gebäude zum nächsten gehen. Jede Architektur wird zur Glaubensfrage hochstilisiert. Jedes Mal müssen wir entweder alle sterben (Naziarchitektur), in Sklaverei leben (DDR-Architektur), auf ewig provinziell bleiben (Hochhäuser/Traufhöhe), können nie wieder richtig sehen und hören (Paulick-Saal), es kommen keine Investoren mehr nach Berlin (Mediaspree Volksentscheid) oder uns gehen ein Haufen spektakulärer Gebäude verloren (Stimmann Regeln). Das ist alles total lächlich! Wenn man eine Stadt will, die insgesamt eine architektonische Einheit bildet und in sich Sinn macht, dann muss man sich wohl oder übel an den Formen orientieren, die da sind und die vorher da waren und darf nicht rücksichtslos völlig neue dazwischen klatschen.


    Weil die Architekten nicht von sich aus dazu in der Lage sind, gibt es Regeln. Ausschreibungsregeln, Stimmannregeln, Denkmalregeln und die Regeln wohlhabender Mäzene. Aber von denen lässt man sich ja nichts sagen, nicht wahr AeG? Schliesslich ist man Architekt und kein unwissender Laie, der Gebäude grob in hübsch und hässlich einteilt. Dabei müsste man einfach nur den nötigen Respekt für die vergangenen Bauepochen aufbringen. Das fällt aber um so schwerer, je mehr man sich einbildet, in der besten aller Zeiten zu leben. Und in der deutschen Geschichte wird wirklich jede Epoche verteufelt, nicht einmal die Ornamente der Gründerzeit bleiben verschont. Obwohl die Gründer überhaupt niemanden umgebracht haben. Dieses gebrochene Verhältnis zur eigenen Geschichte ist gerade für die Deutschen typisch.


    Ich finde das richtig gut wie Hans Stimmann die Architekten gequält hat, sein Einfluss wird sich langfristig für Berlin auszahlen, ebenso wie der der Fördervereine, Privatspender und Bürgerinitiativen.

  • Guderian,


    mir ist durchaus bewusst, dass die quasidemokratisch zustande gekommenen architektonischen Ergebnisse der jüngeren Geschichte oft kompromissbehaftet sind. Das liegt in der Natur der Sache. Und je mehr basisdemokratische Elemente eingeführt werden, umso beliebiger wird das Ganze. Das habe ich hier über die Jahre schon oft genug geäußert. Das ist rein vom architektonischen Standpunkt betrachtet schade. Volle Zustimmung! Aber deshalb kann ich den Spieß nicht einfach umdrehen und die Gesellschaft meinen ästhetischen Vorlieben anpassen (so wie ich das bei Dir häufig rauslese). Die Architektur ist ja auch immer Spiegel ihrer Zeit. Wenn also der nächste Monarch ein Faible für bestimmte neue Moden oder Technologien haben sollte (so lief das jedenfalls in der Vergangenheit oft ab, der romantische Ludwig II. war eher die Ausnahme), dann wird das Ertragen der gebauten Umwelt für viele, die zuvor einfach mal an König = barockes Schloss (o. ä.) geglaubt haben, noch komplizierter als bisher.


    Den Führerschein/Duschen/Autobahn-Schuh ziehe ich mir erst recht nicht an! Ich bin einer der Letzten, die sich irgend eine pc-konforme Schwurbelfassade überstülpen lassen. Nur, weil ich in vielen Punkten gegenteiliger Ansicht bin, muss das noch lange nicht generalisiert werden. Ich kann mich noch dunkel an lebhafte Debatten hier erinnern, in denen ich Spießruten gelaufen bin, weil ich mal jemanden als "Gutmenschen" bezeichnet habe (der wohl auch tatsächlich einer war).




    Ben/Backstein,


    na und, vielleicht habe ich ein Problem damit, mich kurz und prägnant auszudrücken. Kann doch sein, oder? Ich versuche meistens trotzdem, irgendwie am Thema zu bleiben, auch wenn ich darin nur selten wirklich gut bin. Vielleicht schwingt da häufig die Angst mit, möglicherweise nicht richtig verstanden zu werden, wenn ich etwas weglasse, obwohl ich es gerade im Sinn hatte. Das ist doch aber nur ein formaler Aspekt. Ich beschwere mich ja auch nicht über Einzeiler, deren tieferer Sinn sich mir nicht erschließt. Oder unterstellt Ihr mir, ich würde mangelnde Inhalte durch Aufgeblasenheit kaschieren wollen (beim letzten Beitrag denke ich eigentlich auch noch nach etwas Abstand, ich war einigermaßen sachlich beim Thema)? Wenn Ihr der Meinung seid, inhaltlich interessiert Euch mein Gesülze nicht, ist's auch gut. Damit kann ich leben. Meistens richten sich meine Beiträge eh an einzelne Adressaten (und die gehen dann i. d. R. auch drauf ein)


    Auf Meinungen beharren oder sich zu schroff mit den Meinungen anderer auseinaderzusetzen, halte ich für zwei Paar Schuhe. Ich gebe meine individuelle Meinung hier sehr selten ab, eigentlich nur dann, wenn ich (wie oben ;)) glaube, dass ich sonst mit meinen, sicher von vielen als typische Kontra-Haltung empfundenen, Positionen in die völlig falsche Ecke gestellt werde.


    Wenn das jetzt auch wieder zu lang oder zu umständlich war, tut's mir leid.