Museumsinsel und Erweiterungsbauten (James-Simon-Galerie)

  • Jeder würde es für lächerlich halten, antike Ruinen Originalgetreu wieder auf zu bauen, sie sind unter gegangen und so wird höchstens ergänzt und gesichert. Die Bauwerke stehen sinnbildlich für den Verfall einer Kultur.


    Ja, das mag durchaus sein. Aber erstens ist das Neue Museum kein antiker Bau und zweitens steht eine Reko des Kolosseums oder der Akropolis überhaupt nicht zur Debatte. Und wenn jemand auf die Idee käme, deren fehlende Teile durch Beton, Glas oder was auch immer zu ergänzen, würde man ihn für verrückt erklären. OK, vielleicht nicht die Architekten-Lobby, aber die ungebildeten Bürger. Ja, die beiden stehen für den Verfall der altgriechischen bzw. altrömischen Kultur (Verlust ihrer Funktion) bzw. deren Missachtung (gezielte Demontage von Bauteilen fürs Museum/den Petersplatz). Außerdem ist es in einem Zeitraum von rund 2000 Jahre passiert. Aber unsere Kultur besteht nun mal noch (jedenfalls ansatzweise). Auf "natürlichem" Wege, also ohne Bomben, würde das Neue Museum heute nicht so aussehen, sondern würde wahrscheinlich wie die anderen zur Zeit saniert werden, weil das Museum noch genutzt würde, die Kultur eben noch besteht und man sich darum bemüht, dass sie es auch weiterhin tut.


    Das Rekonstruktionen heute wieder beliebter werden, liegt womöglich daran, das Architekten oftmals nicht in der Lage sind, mit ihren zahlreichen Möglichkeiten, Gesellschaftskompatible Architektur zu schaffen, welche Tradition und Moderne vereint.


    Du sagst es doch selbst. Die meisten Architekten sind heute unfähig, etwas zu schaffen, was den Leuten gefällt, ob es nun um das einzelne Gebäude geht oder um ein Ensemble, wie die MI. Die meisten sind nur noch für Solitäre zu gebrauchen, die für sich zwar durchaus beeindruckend sein können, sich aber nicht in eine gegeben Umgebung einfügen können.


    Zitat von NewUrban

    Was Berlin gerade betreibt ist Geschichte zu beschönigen, Misstöne vergangener Zeiten sollen aus der Sinfonie dieser Großstadt getilgt werden. Unter dem Deckmäntelchen der Stadverschönerung bewegen wir uns nicht nur städtebaulich rückwärts!


    Wo wird denn in Berlin bitte Geschichte beschönigt? Dass das Museum in seiner Grundstruktur überhaupt wieder vervollständigt wird? Oder, dass die ranzigen Peitschenmasten UdL durch die Schupmannkandelaber, wie sie auch an den restl. 2/3 der Straße stehen?


    Zitat von arnd

    Ausserdem, wenn die mit Chipperfields Plan ein Problem haben, können sie selbst etwas besseres aus dem Hut zaubern? Denn wenn mich etwas tierisch aufregt, dann sind das Typen die die Vorschläge anderer so mirnichts Dirnichts in der Luft zerreissen, aber selber nichts Besseres vorweisen können, das sind meines Erachtens nach die größten Rindviecher bei solchen Diskussionen.


    Wir sind hier nicht die Architekten. Wieso sollten wir uns was ausm Hut zaubern? Wir kennen die genauen Zahlen nicht. Wie also sollen wir hier sagen, wie/ob man das Eingangsgebäude sonst noch anders bauen könnte. Außerdem sagen die meisten hier ja, wie man es ihrer Meinung nach hätte besser machen können. Die einen wollen ne Reko, die anderen findens gut wie es ist und wieder andere sagen wieder was anderes...

  • Mal abgesehen davon, dass Architektur auch immer eine Frage des Zeitgeist und des persönlichen Geschmacks ist: die ziterten Ruinen n Ägypten werden der Touristen wegen rekonstruiert, da diese die Haupteinnahmequelle der ägyptischen Wirtschaft sind... die Frage ob die Gemäuer schön sind oder nicht, stellt sich her überhaupt nicht.


    Das eigentliche 'Problem' am Museumsbau ist doch: schafft man eine Kopie der zerstörten Kopie eines zerfallenen Originals oder baut man den heutigen Ansprüchen und Kenntnissen entsprechend.

  • Sicherlich ist es immer der einfachere Weg, alte Gebäude wiederherzustellen wie sie waren oder 'einfach' schön zu sanieren.
    Das mag in vielen Fällen auch das Beste sein. Allerdings würde die Museumsinsel und das Neue Museum bei weitem keine solche öffentliche Beachtung erhalten, wenn Chipperfield nicht ein umstrittenes Konzept verfolgen würde. Und ich glaub schon diese Tatsache ist etwas unglaublich Wertvolles, da es viel - ansonsten eher unbeteiligte und gleichgültige - Zeitgenossen zu einer Meinung oder Aufmerksamkeit motiviert. Diskussionen, auch öffentliche Auseinandersetzungen sind doch besser, als wenn quasi unbemerkt etwas saniert wird und jeder sagt, 'ja, ganz nett' und das war's dann auch.
    Die Dresdner Frauenkirche wieder herzustellen war bestimmt für viele ein Anliegen, aber architektonisch ist es eher uninteressant, ich empfinde das wie wenn ein begabter Maler die Mona Lisa nachmalt. Technisch hervorragend aber es fehlt einfach etwas.
    Ausserdem haben architektonische Gegensätze - anders als baulich harmonisches ergänzen - oftmals die positive Eigenschaft, Spannungen zu erzeugen, was nicht nur der Aufmerksamkeit des urprünglichen Objekts dient sondern eben auch die allgemeine Debatte über Architektur und seine Funktion belebt. Da denke ich immer an die Louvre Pyramide. Ohne diese wäre der Louvre sanft entschlafen, als grossartiges Museum nur halb so wahrgenommen worden, obwohl die Glaskuppel selbst sicherlich am wenigsten gekostet hat gemessen am Milliardenauftwand der Sanierung.
    Über die Frauenkirche wird niemand mehr ein Wort verlieren, die steht da nun sauber wiederaufgebaut.
    Selbst die Gedächtniskirche wurde besonders dadurch als Wahrzeichen (man vergisst ja heute schon wieder, dass es DAS Wahrzeichen von Westberlin war bis zum Mauerfall, quasi auf jeder Postkarte) und Diskussionsthema wahrgenommen, weil eben ein moderner Glasbau neben die Ruinen gesetzt wurde und somit ein Spannungsbogen erzeugt wurde. Hätte man die Kirche wiederaufgebaut und die zerstörten Teile historisch wiederergänzt, ich bin sicher es wäre bei weitem nicht diese Aufmerksamkeit erzielt worden.


    Bei der Museumsinsel wurde das bewahrt was noch da ist und daran wird sich auch nichts änders. Das allerdings, was zerstört wurde oder niemals gab (ein Eingangsgebäude) kann durchaus in einer anderen - also modernen - Formensprache ergänzt werden. Das ist nichts Neues, das war in jeder Epoche so. Es gibt Beispiele, die gelingen und es gibt Beispiele die misslingen, jeder kann hierbei Argumente für das Befürworten oder Ablehen zur Genüge finden.
    Eines ist für mich jedoch unbestritten. Eine historische Wiederherstellung würde niemals für diese wichtigen gesellschaftlichen Diskussionen sorgen und Architektur in den Mittelpunkt des Interesses rücken, und würde so - nebenbei bemerkt - sicher nicht zu vier sonder vielleicht nur drei Millionen jährlichen Besuchern führen, ein nicht zu vernachlässigender Aspekt im globalen 'Kampf' um die Museumstouristen.

  • Allerdings würde die Museumsinsel und das Neue Museum bei weitem keine solche öffentliche Beachtung erhalten, wenn Chipperfield nicht ein umstrittenes Konzept verfolgen würde. Und ich glaub schon diese Tatsache ist etwas unglaublich Wertvolles, da es viel - ansonsten eher unbeteiligte und gleichgültige - Zeitgenossen zu einer Meinung oder Aufmerksamkeit motiviert.


    Ich bin mir nicht sicher aber, die Diskussion über das für oder wieder des Chipperfield Entwurf wird wohl nicht in der breiten Masse geführt, sondern wohl nur unter Architektur Interessierten.
    Wenn ein Tourist möglicherweise ein Pauschaltourist der 7 Länder in 3 Tagen besucht per Bus zur Museumsinsel gefahren wird, ist es für ihn vermutlich einerlei ob ein Empfangsgebäude von Chipperfield stammt oder nicht. Für ihn ist der erste Eindruck wichtig und vermutlich das er ein schönes Fotomotiv hat. Ich könnte mir vorstellen das der Chipperfield Riegel vor den Museumsbauten wie ein störender LKW oder Bus vor einem Fotomotiv wirken wird. Auf alle Fälle verdeckt er die frei Sicht auf die Muesumsfassaden. Möglicherweise wird das der bleibende Eindruck bei vielen Touristen sein und Berlin bekommt dann den Stempel als eine total verbaute Stadt.
    Ein Bauwerk von Chipperfield als Solitär oder in einem modernen Umfeld könnte schon interessant sein. Aber, bitte nicht als Sichtschutz vor der Museumsinsel.
    Um nochmal die These von dem Spannungbogen zwischen Alt und Neu aufzugreifen. Bei mir erzeugt es keine positiven Emotionen wenn ich auf einem historischen Gebäude ein modernes Dach ala Glaskasten sehe. Wenn ich durch ein Gründerzeit- oder Jugendstilviertel spaziere welches noch intakt ist, wie zum Beispiel in Wiesbaden, dann überkommt mich ein Hochgefühl von all der Schönheit um mich herum. Das einzelne Gebäude mag im Ensemble untergehen aber der Gesamteindruck zählt. Ein moderner Glasbau würde den ganzen Eindruck des Ensembles stören. Denke so wird es vielen gehen und nur ein relativ kleine Gruppe mag sich an so einem Spannungsbogen erfreuen. Das ist wohl so ähnlich wie mit abstrakter Kunst, oder Neu-Ton Musik. Den meißten Menschen sagt ein Bild von Canaletto oder Caspar David Friedrich mehr zu, als ein Kasimir Malewitsch.

  • Theseus532
    Das wird wieder eine diese ergebnislosen, ausufernden Diskussionen - aber ich kann mich nicht zurückhalten (habe es aber versucht):
    Moderne Architektur sei als Kontrast unerlässlich um Spannung zu erzeugen, die man im Kampf um Touristen dringend braucht? Über die Dresdner Frauenkirche wird niemand ein Wort verlieren? Ohne die Glaspyramide wäre der Louvre sanft entschlafen? Die Debatte um den Chipperfield-Entwurf hatte erst zur Beachtung der Museumsinsel geführt?
    Diese Aussagen halte ich einfach nur für absurd! Ich bin sicher, dass viele Deutsche zwar die Museumsinsel kennen, aber bestimmt 97% nicht den Chipperfield-Entwurf. Der Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche war ein nationales Ereignis, eben weil er historisch möglichst genau war - eine moderne Ergänzung hätten die meisten nicht mitgetragen und den Charakter des Gebäudes sowie der Wiederherstellung geschadet.
    Sicher, die Gedächtniskirche war das Wahrzeichen von West-Berlin - aber auch nur, weil es keine Alternativen gab. Gedächtniskirche, Schloss Charlottenburg, Siegessäule - das war es auch schon an bekannten Sehenswürdigkeiten... da bekam dann selbst die "Hungerharke" Wahrzeichenstatus.
    Eine Stadt ist kein Freiluftmuseum, moderne Ergänzungen halte ich für legitim und sinnvoll - aber nicht wegen eines plumpen Effektes. Historische Gebäude sollten ihren historischen Kontext behalten. Das beeindruckt mich an Barcelona immer wieder: Die Stadt ist architektonisch unglaublich spannend und vielfältig, aber die einzelnen Teile (Altstadt, Eixample) in sich wieder sehr geschlossen und stimmig - und das ist alles andere als langweilig oder uninteressant, schließlich werden Bauten anders als Gemälde, Skulpturen oder Lieder für einen städtebaulichen Kontext geschaffen. Man kann auch die Frauenkirche nicht mit der "Mona Lisa" vergleichen - beim Gemälde oder einer Skulptur zählt die Handschrift eines individuellen Künstlers, bei Gebäuden ist der Entwurf das geniale, aber die handwerkliche Ausführung wird von vielen unbekannt bleibenden Arbeitern ausgeführt, ganz davon abgesehen dass an Gebäuden im Lauf der Zeit immer wieder Erneuerungen durchgeführt werden müssen.


    Aber dein Tipp mit den modernen Ergänzungen wird den Welttourismus sicherlich verändern. Langweilige Städte, in denen einfach nur Häuser aus alten Zeiten ohne jede Spannung herumstehen, müssen diesen Eindruck nur durch kontrastreiche moderne Architektur brechen, und plötzlich werden sie auch für Touristen interessant - endlich eine Chance für bisher unbekannte Orte wie Florenz, Venedig, Rom, Heidelberg oder Rothenburg. Eine Glaskuppel auf die Frauenkirche, einen Betonriegel vor Schloss Neuschwanstein, dann werden selbst diese entlegenen Orte plötzlich von dem ein oder anderen Touristen aufgesucht.

  • Wahnfried


    Also ich stehe zu meiner Behauptung. Ich war beim Tag der offenen Tür letztes Jahr, als man einen ersten Blick in das Neue Museum werfen konnte.
    Die Anzahl der Leute die stundenlang anstanden um das anzugucken, war schon beeindruckend und die Diskussionen. Das habe ich so noch nie erlebt. Von Begeisterung bis Ablehnung und sogar - man muss es so nennen - Hass war alles geboten. und das waren bestimmt keine Architekten oder dem professionnellen Kunstbetrieb Zugehörigen, sondern ganz einfach Kunst und Museumsinteressierte. Da flogen alle Argumente und Gefühle durch die Gegend und das hat mir schon sehr gut gefallen. Und ähnlich wird doch dann auch in der Presse weltweit darüber geschrieben. Und wenn ein 'normaler' Tourist im Reiseführer nur liest, dass hier Auseinandersetzungen stattgefunden haben, dann ist schon Interesse geweckt, denke ich mal.


    Danach habe ich auch das 'Gästebuch' durchgeblättert und die ganzen Einträge - viele von ausländischen Touristen - die sicherlich zufällig erst vor Ort die Diskussion um das Gebäude mitbekommen haben, durchgelesen. Ich würde sagen 70%-80% haben sich positiv geäussert, sicherlich nicht repräsentativ, aber besser als keine Einträger oder einfach nur, 'ja, sehr schön! finde ich jedenfalls.


    Jetzt noch zu deinen Gründerzeitvierteln. Also Prag ist für mich das beste Beispiel, Eine wunderschön wiederhergestellte Mittelalterstadt. Ich finde Sie wirklich schön, aber ehrlich gesagt, gucke ich mir das einmal an und ich weiss die nächsten 50 Jahre wird das dort genauso aussehen. Und in einem Freilichtmuseum - so würde ich mich da fühlen - möchte ich auch nicht wohnen.
    Da finde ich Städte in denen etwas passiert wesentlich interessanter, und das muss mir nicht immer unbedingt gefallen. Einfach die Tatsache, dass etwas Neues, Aussergewöhnliches (wozu ja Berlin eher eingeschränkt gehört) oder Umstrittenes gebaut wird, ist doch ein Zeichen Vitalität und Attraktivität einer Stadt.

  • Da finde ich Städte in denen etwas passiert wesentlich interessanter, und das muss mir nicht immer unbedingt gefallen. Einfach die Tatsache, dass etwas Neues, Aussergewöhnliches (wozu ja Berlin eher eingeschränkt gehört) oder Umstrittenes gebaut wird, ist doch ein Zeichen Vitalität und Attraktivität einer Stadt.


    Das kann ich nachvollziehen. Ich habe lange in Frankfurt gelebt, seit einigen Jahren bin ich allerdings vorwiegend im Ausland auf Kraftwerksbaustellen als Bauleiter unterwegs. In Frankfurt gefaellt mir das Kosmopolitische und die Dynamik wie sich die Stadt entwickelt. Die Hochhaeusser oder die neuen Viertel am Deutschherrnufer oder Westhafen haben ihren Reiz, genauso wie historische Gruenderzeitler wie Sachsenhausen, West- und Nordend. Das einzige was ich absolut Grauenhaft finde ist die unmittelbare Nachkriegsarchitektur. Leider hat der Krieg schwere Verheerungen angerichtet welche den Staedten ihr Gesicht geraubt hat. Wuerde mich freuen wenn wenigsten die Innenstadte ihr altes Gesicht wieder bekommen wuerden. Fuer moderne Architektur ist ueberall sonst genuegend Platz vorhanden.
    Wenn man sich mal die modernen Anbauten am Neuen-Museum ansieht, so kann man nur sagen, das sich moderne Architektur auch wenn sie versucht die Formensprache der Ursprungsbebauung anzupassen, nur verlieren kann. Die Anbauten sind groeber weniger kunstvoll und ein Armutszeugniss verglichen mit dem Orginal. Das sollte sich moderne Architektur nicht antun.

  • ^Aber wenn nicht so, wie dann? Wenn jemand unbedingt noch Anregungen sucht, dann sollten sie oder er sich vielleicht mal an den missglückten Wettbewerb von 1994 erinnern. Da gibt es noch einige Eindrücke.
    Aber wie Vertigo schon sagte: Wo soll das Gezeter enden? Ich meine, im Prinzip hat doch jede Zeit ihren Fussabdruck auf dem Gelände hintertlassen.Warum sollte dann nicht so eine Reminiszenz da entstehen? Der Umgang mit Geschichte ist nun einmal wichtig, und dafür steht ein Museum nun einmal. Und wenn der Eingang nicht auf dem Areal des alten Packhofes sein soll, wo denn dann? Etwa im Innenhof des Pergamon-Museums? Oder im Humboldt-Forum? Ganz zu schweigen von der Ästhetik! Wieso werden die Leute immer gleich sauer, wenn da was enthüllt wird? Was ist eigentlich das Problem? Und jetzt wieder der Streit um das Material. Chipperfields Entwurf lierß das Ganze doch als Sandsteinverkleidung erahnen. Von daher kann ich den jetzigen Streit echt nicht verstehen. Ich meine, wenn da so brutal vorgegangen wäre, wie es die Nazis wollten (Erster und zweiter Block), dann könnte ich alles voll und ganz verstehen, aber der jetzige Streit stösst bei mir persönlich eher auf Unverständnis.

  • arnd


    Wie ich schon sagte ein historisierender Kolonadengang wuerde sich wunderbar einfuegen. Wieso so ein brutaler Schlag ins Gesicht der Museumsinsel wie dieser Chipperfield Entwurf? Die Nazi-Gebaeude sollten ja nicht direkt auf der Museuminsel stehen, sondern auf dem gegenueberliegenden Ufer. Wobei ich sagen muss das diese Speerbauten auch wenn sie ziemlich monumental waren doch beeindrucken. Zumindest auf dem Papier. Womit ich natuerlich keineswegs die Ideologie der Nazis gutheise. In Frankfurt gibt es das IG-Farbenhaus. Ein geschichtlich sehr belastetes Gebaeude. Welche die Nachkriegszeit vermutlich nur ueberstanden hat weil es die Amerikaner als Hauptquartier fuer eines ihrer Armeekorps verwendet hatten. Heute ist dort die Goethe-Universitaet angesiedelt. Die Erweiterungsbauten sind im Stil dieser Architektur (20er Jahre) ausgefuehrt. Das ganze hat einen besonderen Reiz. Es wirkt beeindruckend und Monumental. Ein Glasbau wuerde diesen Reiz sofort zerstoeren. Genauso denke ich wird der Chipperfield Bau auf die Museumsinsel ausstrahlen. Das ist jedenfalls meine Prognose. Wenn es anders kommt wuerde ich mich freuen, aber ich zweifle daran. Wie es aussieht laesst sich das ganze nicht mehr verhindern. Wir koennen ja dann wenn das alles steht nochmal resuemieren.


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  • Diskussionen, auch öffentliche Auseinandersetzungen sind doch besser, als wenn quasi unbemerkt etwas saniert wird und jeder sagt, 'ja, ganz nett' und das war's dann auch.


    Also, Besucherzahlen rechtfertigen Skandal-Architektur, die die Harmonie eines Ensembles (zer)stört, ja? Eine Reko hätte bestimmt auch für Aufmerksamkeit gesorgt, nur eben in die andere Richtung. Und woher weißt du, ob die Besucher nicht das jetzige Treppenhaus als nur "ganz nett" empfinden werden und nicht vom originalgetreuen weitaus mehr beeindruckt wären? Im Gästebuch standen die Leute, die sich für das Thema interessieren. Aber der Durchschnittstouri hat sich wohl weniger mit der Geschichte dieses Baus beschäftigt und urteilt nur über das, was er sieht.


    Auf die Idee, dass ohne die Frauenkirche niemand über Dresden reden würde, bist du wohl noch nicht gekommen? Die meisten Touristen kommen wegen der Frauenkirche nach Dresden bzw. sind erst durch das Tamtam um diese auf die Stadt aufmerksam geworden und das, obwohl sie nicht modern ist oder irgendwelche Brüche aufweist (außer die Farbe der Steine).


    Bei der Museumsinsel wurde das bewahrt was noch da ist und daran wird sich auch nichts änders. Das allerdings, was zerstört wurde oder niemals gab (ein Eingangsgebäude) kann durchaus in einer anderen - also modernen - Formensprache ergänzt werden.


    Die zerstörten Teile der Kolonnaden werden auch grad rekonstruiert und die Kuppeln des Bodemuseums bekamen auch ihr altes Aussehen zurück.


    Und wenn der Eingang nicht auf dem Areal des alten Packhofes sein soll, wo denn dann? Etwa im Innenhof des Pergamon-Museums? Oder im Humboldt-Forum?


    Wieso nicht? Wäre dann, wie die Pyramide des Louvre.

  • Man kann es drehen und wenden, wie man will: die heutige Akzeptanz kulturhistorisch bedeutsamer Bauten aus der Frühzeit der Menschheitsgeschichte ist noch lange kein Indiz dafür, dass das immer so war. Ihr könnt das versuchen kleinzureden, indem Ihr die Geringschätzung, die oft Jahrtausende währte, auf wenige Jahre herunterredet oder gar als Problem von ein paar Ungebildeten marginalisiert. Einen Beleg für ein objektives Gestaltempfinden wird niemand finden können, schon gar nicht, wenn er es mit solchen haltlosen Argumten versucht!


    Wahnfried, mag sein, dass Du ganz genau wüsstest, wie der Eingangsbereich auszusehen habe. Aber glaubst Du, das die Debatte damit wirklich beendet wäre? Jetzt, wo man annimmt, die Stelen bestünden aus weiß gestrichenem Beton, da lässt man verlauten, wenigstens eine Sandsteinverkleidung hätte man sich gewünscht. Hätte es aber von Anbeginn eine solche Absicht gegeben, wären die Kritiker dann wohl zuhause geblieben? Ich vermute viel eher, das ist ein Spiel ohne Ende. Selbst das Gros der ärgsten Kritiker dürfte sich nicht darauf einigen, an welcher der Epochen, auf die sich die Einzelwerke der Museumsinsel beziehen, sich ein Neubau zu orientieren hat und wie er im Detail gestaltet werden soll. Welcher Ordnung sollte die Gliederung entstammen, welche Ikonografie des Schmuckes wäre angemessen und sollte man sich überhaupt zwischen Schinkel und Messel positionieren, oder doch eher direkt an Letzteren anknüpfen - was das auch wieder Konkretes zu bedeuten hat? Zu sagen, was Dir und anderen persönlich gefällt, klärt diese Fragen noch lange nicht abschließend.


    Ist der Gag um die die enormen Gagen der Stararchitekten (die in der Realität recht klar über Verordnungen geregelt sind, sogar noch von den meisten Bauherren erheblich ausgehöhlt werden und die nur einen Bruchteil der Gesamtkosten ausmachen) ein Eingeständnis, dass Deine Erklärungsversuche nichts weiter als Luftnummern sind?


    Kein Mensch hat hier [übrigens] den konkreten Chipperfield-Entwurf bis auf's Messer verteidigt. Vermutlich ist das auch gar nicht möglich, da dessen reale Wirkungsweise erst noch den Praxistest durchlaufen muss.

  • Als Schreiberling in diesem Forum sollte man das aushalten, gerade wenn man seine eigenen Positionen so kompromisslos durchboxt.


    Ich bin noch neu in diesem Forum und deshalb sollte ich hier keine zu dicke Lippe riskieren. Aber, ich denke vieles werter AeG was ihr so schreibt trifft auch auf euch selbst zu.


    Aber, um die Frage zu beantworten.


    Wahnfried, mag sein, dass Du ganz genau wüsstest, wie der Eingangsbereich auszusehen habe. Aber glaubst Du, das die Debatte damit wirklich beendet wäre? Jetzt, wo man annimmt, die Stelen bestünden aus weiß gestrichenem Beton, da lässt man verlauten, wenigstens eine Sandsteinverkleidung hätte man sich gewünscht. Hätte es aber von Anbeginn eine solche Absicht gegeben, wären die Kritiker dann wohl zuhause geblieben?


    Ich gebe nur meine Meinung wieder und die ist, das ein moderner Bau (ausgefuehrt in Beton- oder Glasbauweise) in einem historischen Ensemble (Klassizismus, Barock, Jugendstil, oder was auch immer) stoerend wirkt. Fast so als ob jemand absichtlich den Zauber dieses Ensembels zerstoeren wollte. Ich habe nichts gegen Zeitgenoessige Architektur, wie zum Beispiel das Opernhaus in Sydney oder die schwangere Auster in Berlin, oder das Airrailcenter in Frankfurt. Allerdings wuerde das Airrailcenter (was ich wirklich fuer ein sehr schoenen Entwurf halte) in der Innenstadt von Prag absolut nicht hinneinpassen.

  • Wahnfried, das erste Zitat bezog sich nicht auf Dich (durch diverse Lösch- und Editier-Aktionen ist das leider etwas unkenntlich geworden). Sorry! Ich halte auch nichts davon, das persönliche Engagement an die Anzahl der Beiträge zu knüpfen.


    Ich weiß selbst nicht, ob der Chipperfield-Entwurf der Weisheit letzter Schluss ist. Mit dem zweiten Zitat wollte ich aber zum Ausdruck bringen, dass sich die Kritik bei einem anderen Entwurf allenfalls verlagern würde, egal, worauf dieser sich beziehen täte. Was Du persönlich als angemessen oder schön empfindest, bleibt davon unbenommen.

  • Volksbegehren Historische Mitte ist gestoppt

    Interessanter Artikel in der heutigen Berliner Morgenpost: http://www.morgenpost.de/berli…e_Mitte_ist_gestoppt.html dem gemäß das von der Gesellschaft Historisches Berlin initiierte Volksbegehren "Historische Mitte Berlin" (Kernthemen: Widerstand gegen den Chipperfield-Entwurf für die Museumsinsel, sowie Festsetzung einer Gestaltungssatzung für die historische Mitte) aus Mangel an der erforderlichen Zahl der Unterschriften (knapp die Hälfte der 20.000 wurden erreicht, wie viel auch immer "knapp" ist) gescheitert sei und somit zurückgezogen wurde. Die Gesellschaft besitzt übrigens allein schon 1000 Mitglieder.


    Sicher ist das kein schöner Tag für die Liebhaber klass(izist)ischer Architektur und nicht gerade hilfreich bei der Etablierung von basisdemokratischen Entscheidungsprozessen. Ich versuche es mal neutral zu formulieren: das Scheitern an der relativ niedrig angesetzen ersten Hürde bietet aber immerhin für einige die Chance, mal über manche Attitüden, Spekualtionen oder Theorien nachzudenken und ggf. in sich zu gehen (oder auch ganz neue Erklärungsmuster aus dem Hut zu zaubern).


    Weiterhin wird im betreffenden Artikel vermerkt, dass die streitbare Vorsitzende Ahme wegen unüberbrückbarer Meinungsverschiedenheiten den Vorsitz abgegeben habe. Diese hätten jedoch nichts mit dem gescheiterten Volksbegehren zu tun (:naughty:). Ihr Nachfolger wird der Architekt Bernd Wendland.*



    Da kann man ja nur hoffen, dass das nicht der erste "mafiöse" Unterwanderungsversuch ist.

  • In letzter Zeit werden 'Volks'begehren gern verwendet, wenn eine kleine Gruppe mit einer aber umso lauter und intoleranter vertretenen Minderheitenmeinung sich in erster Distanz nicht durchsetzen konnte, Tempelhof, Mediaspree und eben dieses hier. Ich bin froh dass "Historische Mitte" erst einmal gescheitert ist. Das Berlin dass diese Menschen wollen hat nichts mit dem zu tun, was ich an dieser Stadt wertschätze (schon allein die Schlossfassaden-Rekonstruktion ist für mich ein Unding).


    Wie war das denn vor ein paar Jahren mit dem Neubau am Deutschen Historischen Museum? Zur Erinnerung: http://upload.wikimedia.org/wi…ons/5/55/Pei_Berlin_1.jpg

  • Aber selbst wenn es erfolgreich gewesen wär, heißt das ja nicht, dass der Senat dem zugestimmt hätten, wie man es ja schon bei Tempelhof angekündigt hatte. Die anderen angeführten VBs sind doch aber auch nicht mit dieser zu vergleichen. Kitas und Rauchverbot betreffen doch viel mehr Leute direkt, als ne Brücke, von denen die meisten bestimmt nicht mal wissen, wo sie liegt. Aber die Ahme ist schon ne komische...


    Ich hätte gerne mal eure Reaktionen hier gesehen, wenn es andersrum gekommen wär. Also tut mal nicht so ;).

  • Wie, "Eure"? Ich habe bewußt nur die Meldung wiedergegeben und weder spekuliert noch sonstwie reagiert, Ben. ;)

  • Ist das auf mich gemünzt? Ich gebe zu, dass ich erleichtert bin, dass das 'Volksbegehren' erst einmal gescheitert ist. Dennoch muss man abwarten, da ideologisch argumentierende Menschen sehr uneinsichtig und ausdauernd sind ;)


    Der Entwurf von Chipperfield sagt mir sehr zu, allerdings wäre mir ein Pei noch lieber.

  • Auch wenn ich von der Sache her kein Anhänger dieser historischen Gesellschaft bin, muss man wohl zugestehen, dass durch sie die Diskussionen über die Entwürfe und das Konzept richtig angheizt wurden und viele Leute sich damit zumindest mal auseinandergesetzt haben und das ist schon mal positiv, finde ich.


    Und ich denke auch, dass sie sicherlich auch bewusst oder unbewusst Einfluss auf den überarbeiteten Entwurf des neuen Eingangsgebäudes von Chipperfield hatten.
    Schliesslich ist dieser ja wesentlich 'historischer' oder der Umgebung angepasster als der ursprünglich vorgesehene Glaskasten.

  • necrokatz, ideologisch angehaucht sind sowohl die Vertreter der klass(izist)ischen Architektur, als auch die Anhänger der Bauhausarchitektur. Ein gutes Beispiel sind solche Figuren wie Ulbricht die aus ideologischen Gründen Bauten wie die Stadtschlösser in Potsdam und Berlin, sowie die Garnisonkirche in Potsdam und anderes abgerissen hatten.
    Ideologen haben die Angewohnheiten andere als ideologisch zu bezeichnen und nur ihr eigenes Weltbild anzuerkennen.


    @Topic, schade das die historische Mitte Berlins durch moderne Bauten vermutlich eine Beeinträchtigung erleiden wird. Naja, aber auch wenn das Volksbegehren durchgeschlagen hätte, hätte sich vermutlich nichts geändert. Der Proporz muß gewährt bleiben, also der Ausgleich zwischen moderner Architektur (progressiv) und klass(izist)ischen Architektur (konservativ). Was natürlich bedeutet das es vermutlich keine architektonisch einheitlichen Stadtviertel mehr geben wird, ausser natürlich solcher moderner Industriebauten und Wohnbauten.