Wie weiter wachsen? Stadtplanung & Siedlungsentwicklung Region

  • Truderinger,


    Bitte um eine kleine Aufklärung für einen naiven Techniker :

    Welche Baurechts Ausweitungen sind dir eingefallen und wieso die rechtliche/politische "NICHT- Umsetzbarkeit" vielen Dank derweil.

  • Schachbrett


    Ein paar Anhaltspunkte vorneweg:

    • Pro WE (ca. 2,3 Personen/WE) kann man grob mit 100 qm BGF in reinen Wohngebieten ausgehen.
    • D.h. eine GFZ von 1 (über ein ganzes Gebiet) führt zu ca. 100WE/ ha und damit hochgerechnet zu einer Dichte von ca. 23.000 EW/km2.
    • Mit Blockrandbebauung erreich man leicht eine GFZ von 2-3 je nach Abstandsflächen und Größe der Innenhöfe.
    • GFZ 3 ist maximal zulässige in urbanen Gebieten, nach Verträglichkeit kann man aber auch darüber hinaus gehen
    • Zum Vergleich: erlaubte GFZ in Manhattan liegt je nach Block (Zoning) bei bis zu 15 (meist eher ca. 10


    • Zentrale Gartenstadtgebiete umstrukturieren:
      • Es gibt Bereiche, wie z. B. an der U-Bahn Kreillerstraße (U-Bahn, Tram, Nachttram, Hauptverkehrsstraße!), wo eine sehr viel höhere Dichte angemessen wäre. Der Bereich dürfte geschätzt bei einer GFZ von 0.7 (Neubau), bzw. 0.3 (Altbestand) liegen, mit Blockrand wäre bei geringfügig höherer Versiegelung (vs. Neubau Flächendeckend) auch eine GFZ von locker 2 drin, je nach Lage auch 3. Extrem schwierig umzusetzen mit deutschen Gesetzen, aber es gibt ein Dutzend U-Bahnhöfe, in deren näheren Umgebung große Flächen nur sehr geringfügig genutzt werden. Rechnet man das hoch, kommt man sehr schnell auf Potenzial für zusätzliche 20.000 WE (46.000 EW) verteilt auf 200 Hektar um bestehende U-Bahnhöfe. In den USA würde man schlicht ein Rezoning machen und die zulässige GFZ + Bauweise (geschlossen statt offen) ändern, hier geht das natürlich nicht (wobei auch München eine sehr einfach gehaltene und solide Staffelbauordnung lange Zeit hatte, von der wir städtebaulich heute noch profitieren). In D braucht man ein vollständiges B-Plan-Verfahren, und das ist schlicht zu komplex bei so vielen Parteien (die sich alle einig werden müssen).
    • Hochhäuser zulassen
      • Hilft nicht überall, aber dort wo es hilft, kann es die Flächenausnutzung doch erheblich verbessern. Es gibt einige städtische Flächen, wie zum Beispiel am Vogelweideplatz, Parkplatz Studentenstadt, Messestadt West U-Bahnaufgang, die geradzu prädestiniert sind für große Hochhäuser. Es ist auch nicht schlimm, wenn dann dort Bürogebäude entstehen, denn die so frei werdenden Flächen in Verwaltungsbauten könnten im Zweifel auch umgenutzt werden. In Neubaugebieten dienen Hochhäuser als Identifikationspunkt und erhöhen die Dichte, ohne dabei zu einer höheren Versiegelung zu führen. Einzelne Apartmenthochhäuser können schnell mehrere Hundert kleine Wohneinheiten bereitstellen, und hier gibt es momentan den größten Mangel. Über die Hochhausdebatte muss ich aber vermutlich nichts sagen.
    • SEM-Nordost mit 50.000 EW planen
      • Bei 600 Hektar Fläche eigentlich kein Problem, denn für die eigentlichen Wohngebiete erforderlich bei einer GFZ von 2 sind nur gute 100 Hektar. Mit Schulen, Parks, Friedhof und Straßen kommt man also mit 300 Hektar Siedlungsfläche weg. Die Hälfte des Gebiets könnte also nach wie vor erhalten bleiben. Das wäre dann ähnlich der Pläne für die Bayernkaserne, nur ca. 4 mal so groß im Umfang. Mit ein bis zwei neuen Ü-Bahnstationen und Verlängerung des Schatzbogens/Anbindung an die Johanneskirchner Straße und die M3 aber erschließungstechnisch und rechtlich eigentlich kein Problem. Hier fehlt die politische Bereitschaft. Zum Vergleich: 22.000 WE (im Nordosten) entsprächen in etwa der Summe aller WE die in sämtlichen im B-Plan-Verfahren befindlichen Projekten entstehen sollen.
    • Abstandsflächen herabsetzen
      • Nach Novellierung der Bayerischen Bauordnung können Abstandsflächen von 1H auf bis zu 0.4H verkürzt werden per kommunaler Satzung. In Innenstadtbereichen wird selbst das historisch gesehen unterschritten. In Bereichen wie Laim/ BaL Sendling/Westpark könnten kürzere Abstandsflächen mittelfristig Quartiere lebendiger machen, weil mit entsprechender Dichte das Angebot an Läden/Restaurants in Fußentfernung steigt. Die Stadt prüft tatsächlich eine Reduktion der Abstandsflächen für solche Bereiche und nimmt die niedrigeren Abstandswerte in Zukunft als Maßstab für neue Bebauungspläne.
    • Höhere Bebauung in Neubaugebieten
      • Momentan liegen viele Neubaugebiete bei ca. 100WE/He (meist GFZ von ca. 2 in Wohngebieten, da nur Hälfte der Flächen wirklich Wohnbauflächen sind). Hier könnte man durchaus eher in Richtung GFZ 3 gehen, also eher in Richtung 150 WE/ Hektar, bei kleinen Projekten ohne Bedarf an Schulen/größeren Straßen auch in Richtung 200 WE/Hektar.
    • Mischnutzungen in Gewerbegebieten
      • Man nehme das Werksviertel als Vorbild, setze nochmals eine deutlich höhere Dichte an, und kopiere diese Art von Konzept in existierende Gewerbegebiete, die halbwegs gut erschlossen sind, und in denen klassische Produktion eh keine Zukunft mehr hat. Büroflächen könnten auf einem Bruchteil der Flächen gestapelt werden, frei werdende Flächen werden mit Wohnungen bebaut. Beispiele: Canary Wharf in London oder auch die Gegend um Darling Harbour in Sydney.


    Insgesamt macht die Stadt in meinen Augen vieles in den Ansätzen richtig, es fehlt halt nur der Mut zu klotzen statt zu kleckern, und die Bereitschaft, Investoren/ Eigentümern ausreichend Anreize zu geben, um alle Parteien an einen Tisch zu kriegen. Auch die rechtliche Ausgangssituation macht schnelle und unbürokratische Baurechtsschaffung in München schwerer, denn in Deutschland gibt es nur wenig Optionen zwischen Bebauungsplan und §34.

  • Vielen Dank Truderinger für die viele Mühe um die ganzen Ausführungen zu erstellen.


    Frage : Wär GFZ von 5 möglich bei Öpnv Kreuzungen zB?


    Seit der Einführung der Frau Thalgott seinerzeit wird von offizieller Seite der Stadt mehr Mut zu hoher Dichte propagiert, das ist also nicht ganz neu.


    Wenn immer weniger Einwohner sich Eigentumswohnungen erwerben können, sowie immer mehr Zuschüsse für das Absenken der Miete gezahlt werden muss, ist aus meiner Sicht das Modell der Stadt, welche nicht mehr dichter werden darf, nicht mehr tragfähig.


    Da man jetzt viele Jahrzehnte den Weg in Richtung Romantik gegangen ist, ist der weitere Weg Richtung Klimaschutz erheblich erschwert worden, da ja jetzt viele weitere Dinge teurer werden sollen.

  • Hallo an Alle, ich bin kein Bauexperte wie Ihr, aber bin als Einheimischer, der in den letzten Jahren mehrmals in München auf Wohnungssuche war, mit der Münchner Wohnsituation bestens vertraut. Ich habe einige Fragen, die mir schon länger im Kopf herumgeistern, und mich würde Eure Experten-Sichtweise zu diesen brennend interessieren.


    Ausgangslage (Wenn zu viel Text, einfach überspringen): Wir sehen in München eine Boomtown, die dabei ist, in die Riege europäischer Top-Städte aufzusteigen. Es kommen mittlerweile immer mehr auch internationale Firmen und deren Arbeitnehmer nach München (z.B. Apple). Gleichzeitig ist München die bereits die am dichtesten bebaute Großstadt in Deutschland, dazu mit extrem wenig Park-/Sport-/Freizeitflächen (abgesehen von Isar und Englischer Garten). Der unkontrollierbare Siedlungsdruck geht bereits weit über den MVV-Bereich hinaus, bis hinter Augsburg, Ingolstadt, Rosenheim und ins gesamte Alpenvorland.


    In den Threads zu München werden von Euch hauptsächlich alle Arten von Nachverdichtung und die Hochhausfrage diskutiert, meiner Meinung nach zu Recht, aber doch etwas verkürzt. Der politische Wille im Stadtrat scheint langsam mehr und mehr zu kommen, beschränkt sich aus meiner Sicht jedoch auf wenig ambitioniertes "Herumdoktern". Das Ideal des "Millionendorfs" scheint mir immer noch sehr dominant, und man will sich nicht wirklich eingestehen, dass dieses mittlerweile halt einfach Geschichte ist und die Realität eigene Tatsachen geschaffen hat.


    Viel Text, jetzt meine Fragen: Warum werden in der gesamten Diskussion eigentlich keine deutlich größer gedachten (= RADIKALERE) Maßnahmen diskutiert?


    - Eingemeindungen: Früher hat man bei stark wachsenden Großstädten einfach mal das Umland eingemeindet und diese Gemeinden dann vollgebaut. Bestes Beispiel Berlin vor 100 Jahren. Es gibt in den Nachbargemeinden von München unendlich viel Platz (Brunnthal, Kirchheim, Höhenkirchen, um nur einige zu nennen), und die Gemeinderäte stehen schon seit Jahrzehnten nur auf der Bremse was das Thema Bauland angeht. Das Münchner Stadtgebiet stößt doch schon lange an seine Grenzen, aber das Wort Eingemeindung habe ich bisher noch nie gehört. Warum?


    - Entlastungsstadtviertel: Mir fehlen die ambitionierten Würfe für neue, große Stadtviertel wie früher Neuperlach oder Hasenbergl. Dass die nicht gelungen sind ist klar, nur heute könnte man das ja schöner machen. Beispiel: Seestadt Aspern in Wien. Tolles Viertel mit hoher Wohnqualität. Nur Freiham alleine ist mir persönlich zu wenig (dauert auch alles zu lange), und beim neuen Stadtviertel Daglfing/SEM-Nordost sorgt man sich ja eher, ein paar Bauern zu verärgern, als mit Schwung ein ordentliches Viertel mit 30-40.000 Einwohnern zu entwickeln. Warum?


    - Entlastungsstadt: Mein Lieblingsthema - mit dem ich leider alleine dastehe. Warum ist es nicht möglich, eine oder mehrere Entlastungsstädte zu bauen? Beispiel Milton Keynes/London. Es gibt rund um München, über die direkt angrenzenden Gemeinden hinaus, ebenfalls massig Platz. Ich denke hier besonders über die Gegend an der A94 nach Osten raus (hinter Markt Schwaben) oder über die Gegend zwischen Augsburg und Pasing an der A8 bei Odelzhausen. Wann wurde denn überhaupt in Deutschland in den letzten 200 Jahren mal eine neue Siedlung, oder eine neue Stadt gegründet? Milton Keynes hat übrigens heute 230.000 Einwohner und wurde in den 60ern auch quer über bestehende Ortschaften und Kulturlandschaft drüber geplant.


    Meine Meinung ist, dass die Situation so angespannt ist, dass es Zeit wird, endlich mal in richtig großen Bahnen zu denken. Mal hier 50 Wohnungen und da 200 Wohnungen irgendwo reinzupressen ist schlichtweg zu WENIG. Es macht mich wütend, dass ich als Einheimischer als Gutverdiener (deutschlandweit gesehen) im erweiterten Großraum nur unter größten Anstrengungen eine Wohnung kaufen kann, von einem EFH wage ich schon gar nicht mehr zu träumen. Das ist nicht mehr normal, und trotzdem scheinen sich alle irgendwie damit zu arrangieren ("München war immer schon teuer, ist halt so"). Aus meiner Sicht ist der einzige Weg, Druck aus dem Kessel zu nehmen, Bauland zu schaffen, und zwar in großem (= mehr, als sich das gerade jemand vorstellen mag) Stil.


    Wenn ich mit Freunden solche Themen diskutiere, ist immer das Hauptargument "dann müsste man ja Bauern das Land wegnehmen" oder "dann ändert sich ja so viel für die, die ja schon dort wohnen, das wäre ja blöd für die". Auch gerne kommt das Argument, dass wir eh schon zuviel Flächenversiegelung haben. Obwohl ich das aus persönlicher Sicht immer gut nachvollziehen kann, stehe ich auf dem Standpunkt, dass es hier um die Lebensrealität von 5 Millionen Menschen in der Metropolregion geht, für die dieser krasse Siedlungsdruck handfeste negative Auswirkungen auf das Leben hat. Das wiegt aus meiner Sicht deutlich schwerer als diese Argumente.


    Mir ist klar, dass das meiste davon wahrscheinlich Themen sind, die auf politischer Ebene angeschoben werden müssten. Vielleicht liegt da ja der Hund begraben, denn ich traue es unserer politischen Führungsebene schlicht nicht zu, solche großen Projekte zu starten und dann durchzuboxen. Mir fehlt generell in der ganzen Debatte bei allen Beteiligten die große Linie, die Vision für eine bessere Zukunft, und auch der Mut, mal andere Wege zu gehen als über Änderungen an Fußnoten des Bebauungsplans zu diskutieren. Man sollte das beschließen und einfach mal ordentlich ranklotzen. Man sollte sich die Chinesen wirklich nicht zum Vorbild nehmen, aber die kriegen das irgendwie besser hin mit mehr Tatkraft. Warum sollten wir das nicht auch können, nur in fair und schön?


    Teil dieser Debatte seid aber eigentlich auch Ihr Architekten, Stadtplaner und Baufachleute, und aus Eurer Ecke hört man auch wenig, was über die geregelten und bewährten Bahnen hinaus geht.


    Mich würde ehrlich interessieren, was Ihr über meine vorgeschlagenen Maßnahmen denkt. Dazu könnt ihr gerne über meine Naivität und fehlende Fachkompetenz drüberfahren. Es würde mich extrem freuen, wenn sich hier eine konstruktive Diskussion inkl. Einblicke/Vorschläge über das normale Denken hinaus etc. entwickeln würde. Das Thema brennt mir wirklich auf den Nägeln. Vielen Dank.

    2 Mal editiert, zuletzt von Aldemar ()

  • Passt alles nicht zur großpolitischen Lage in Deutschland. Von je her war Deutschland geprägt durch eine Abneigung zur Metropole. Heute mit der Rückentwicklung auf eine kleinteilige ländliche Struktur und der fundamentalen Ablehnung gegen Wachstum ist dieser Trend wichtiger denn je. Die Metropole hat nur Bedeutung bei der Immigration von durch Großstadt geprägte Menschen. In den meisten Ländern der Welt ist die Großstadt immer noch das Ziel und der Idealzustand.

  • Hallo an Alle, ich bin kein Bauexperte wie Ihr, ...

    Ich bin selber auch nur Laie und ich glaube, die Mehrheit in diesem Forum besteht aus Laien.



    - Eingemeindungen:


    Da bin ich ganz bei Dir.


    Ich würde mindestens alles eingemeinden, was innerhalb des Autobahnringes liegt: Unterföhring, Ascheim, Feldkirchen, Haar, Ottobrunn, Unterhaching und Taufkirchen, sowie das Würmtal südlich von Pasing bis Stockdorf.


    Dort dürfte mMn gebaut werden, doch VORHER würde ich Folgendes in Angriff nehmen:


    - Entlastungsstadtviertel:


    Nachdem Freiham, Feldmoching und Daglfin abgeschlossen sind sehe ich dafür auf derzeitigem Stadgebiet noch Platz im Norden. Da ist meiner Meinung nach mit der Bayernkaserne nur der Anfang gemacht.


    Ich sehe da Raum für eine echtes zweites Stadtzentrum zwischen Moosach, Freimann und Schwabing. Am Nordring könnte ein großer Bahnhof entstehen für S-Bahn, Regionalbahn und ICE. Züge aus Augsburg kommend könnten via Nordbahnhof weiter zum Flughafen. Entlang der Lileinthalallee ist noch viel Platz, die Großmärkte entlang der Maria-Probst können nach Garching-Hochbrück, auch östlich entlang Ingolstädterstraße nördlich des EIP ist noch reichlich Entwicklungspotential. Die Tanklager an der Detmoldstraße müßten verlegt werden, damit dort zwischen BMW-Stammwerk und BMW-FIZ ein urbanes Gebiet entstehen kann.


    Insgesamt sehe ich hier Wohnraum für eine 6-stellige Anzahl an Menschen und zigtausende Arbeistplätze, sowie Kultur und Freizeit. Das dürfte genauso dicht werden wie die Gegend zwischen Ostbahnhof und Friedenheimer Brücke.


    Ich würde auch zuerst solche Flächen dichter nutzen, bevor ich anfange, Äcker am Stadtrand oder außerhalb der Stadt bebaue.


    - Entlastungsstadt:


    Da bin ich eher skeptisch. Ich halte es ökologisch und ökönomisch für besser, bestehende Strukturen zu verdichten und zu erweitern, als etwas völlig neues aus dem Boden zu stampfen.

    2 Mal editiert, zuletzt von derzberb ()

  • Auch wenn undenkbar in der deutschen Konstellation: die Entlastungsstadt war und ist immer noch ein großes Mittel in Holland. Ein Land, das ähnlich wie die deutsche Elite auf dem Weg in die ökosoziale Transzendenz Ist. So pauschal schlecht kann dieses Werkzeug nicht sein.

    • Wo wäre denn ein geeigneter Standort?
    • Was ist der Vorteil gegenüber einer Fortentwicklung bestehender Siedlungen?

    Ich sehe da in jeder relevanten Hinsicht nur Nachteile.

    Einmal editiert, zuletzt von derzberb ()

  • Im Nordosten, südlich oder nördlich vom Speichersee. Im Gegensatz zu einer Fortentwicklung, kann man gleich von Anfang an eine Infrastruktur in der Stadtmitte für zb 100.000 Leute planen und neue Trends der stadtentwicklung gleich mitaufnehmen. Zb Stadtteilverbindende Grünzüge, oder Fahrradschnellwege.

  • Dann doch lieber fleißig eingemeinden und im Nordosten zwischen Feldkirchen und Unterföhring als Entlastungsstadtteil.

  • Man braucht diese zwei Ansätze nicht gegeneinander ausspielen. Amsterdam, London, Paris oder Madrid werden sowohl sowohl innen verdichtet, die Ränder gefüllt als auch an entscheidender Infrastruktur wie etwas Bahnlinien grundhaft und einem gewissen Abstand zum Zentrum erweitert. Entlastungsstadt ist vielleicht ein wenig sinnvoller Begriff für das Marketing.

    • Wo wäre denn ein geeigneter Standort?
    • Was ist der Vorteil gegenüber einer Fortentwicklung bestehender Siedlungen?

    Ich sehe da in jeder relevanten Hinsicht nur Nachteile.

    derzberb Wo genau, das habe ich natürlich nicht untersucht. Da müsste man halt erst mal eine Kommission bilden, bei der das weitere Umland gescannt wird. Dann sollte man Kriterien wie geeignete Topografie (nicht zu hügelig), Anbindung (gibt es schon Autobahn/Zuganschluss), gibt es andere bestehende Synergien, die man nutzen kann? Zusätzlich sollte auch ein Kriterium sein, dass genügend Reserven für das Wachsen solch einer Stadt da sind. Ich bin mir sicher, dass dann schlaue Lösungen herauskommen. Eine Mindestgröße von 100.000 Einwohnern sollte es schon sein, dass das für mich Sinn ergibt. Man kann auch eine Ansammlung von bestehenden Vororten/Kleinstädten nehmen und die dann zu einer neuen Stadt überplanen, wie man es in Milton Keynes gemacht hat.


    Gedankenspiele:

    - Bereich Markt Schwaben/Pastetten/Forstern, da es dort schon die A94 gibt und den Arm der Südostbayernbahn

    - Idee von LugPaj: Im Bereich der Speicherseen

    - Der gesamte Ebersberger Forst ist im Wesentlichen eine flache Ebene

    - Ebenfalls gut wäre das Gebiet zwischen Brunnthal/Sauerlach/Höhenkirchen/Holzkirchen. Hier gibt es die A8 und die Zuglinie.

    - Odelzhausen/Pfaffenhofen an der Glonn an der A8 Richtung Augsburg

    - es würde noch einiges rauskommen, worauf ich jetzt nicht gekommen bin


    Der Vorteil gegenüber der Fortentwicklung von bestehenden Siedlungen besteht für mich in der zu erzielenden Baudichte. Wenn ich weitere Stadtgebiete an München anbinde, dann wird man darauf achten, keine zu große Dichte zu erzielen, da dies dann ja Außenbezirke darstellen. Bei einer ganz neuen Stadt kann ich im Zentrum eine richtig hohe Bevölkerungsdichte relativ zur eingesetzten Fläche realisieren. Zusätzlich kann ich die Infrastruktur genau so aufsetzen, dass es auch verkehrsmäßig gut funktioniert. Zudem würde es Oberbayern nicht schaden, ein Gegengewicht zur Zentralisierung durch München zu haben.


    Schlussendlich möchte ich das Argument von Isek aufgreifen und behaupten, dass sich eine neue Stadt und die Fortentwicklung von München ja nicht gegenseitig ausschließen. Das kann und sollte man durchaus parallel und aggressiv treiben. Kern meiner Argumentation ist ja, dass der Siedlungsdruck und der Rückstand so riesig ist, dass jetzt eben radikale Maßnahmen notwendig sind. Aus meiner Sicht würden diese Maßnahmen sofort greifen und die Leute würden ohne zu zögern dort hinziehen. Der zusätzliche Siedlungsraum wird einfach so dringend benötigt in Oberbayern.

  • Den Standort an den Speicherseen halte ich für schlecht. Da gibts es kaum Infrastruktur, an die man anschließen, die man ausbauen kann. Da gibt es keine Synergieeffekte mit bestehenden Siedlungen.


    Generell hielt folgende Hierarchie bzw Reihenfolge des Vorgehens für ratsam:


    1. Freiflächen innerhalb der Stadt nutzen: nördlich und Südlich des Frankfurter Ringges kann so dicht wie im Zentrum und Maxvortsadt bebaut werden, dazu SEM Nordost und Nordwest.
    2. Nachverdichtung im gesamten Stadtgebiet.
    3. Eingemeindung der Gemeinden innerhalb des Autobahnringes und dichte Bebauung der dortigen Freiflächen.
    4. "Entlastungsstädte" und Gemeindereweiterungen in gut erschlossenen Gebieten. Z.B. könnte man die U6 verlängern über Planegg - Germering - Puchheim-Ort - Eichenau bis nach Olching. Das ergibt mehrere Knotenpunkte mit der S-Bahn und damit Potenzial zur Entwicklung urbaner Zentren.
      Städte wie Freising könnten leicht expandieren. Und wenn man schon etwas völlig Neues bauen will, dann halte ich den Bereich zwischen Schleißheim, Garching und Eching für wesentlich geeigneter als den Standort Speichersee. Auch zwischen Heimstetten und Markt Schwaben ist noch reichlich Platz bei bereits bestehender S- und Autobahn-Anbindung.

    Es ist für mich nicht einzusehen, warum man am Speichersee eine neue Siedlung in den sumpfigen Boden stampfen soll solange zb in Eichenau direkt neben S-Bahn Rübenfelder sind.


    Generell denke ich daß wegen der zwangsläufig steigenden Mobilitätskosten in den nächsten Jahrzehnten kaum noch Menschen außerhalb von gut erschlossenen Ballungsräumen in Deutschland werden leben können. Ganze Landstriche werden wahrscheinlich weitgehend entvölkert. Die Menschen werden entlang von Bahnstrecken und Autobahnen oder Bundesstraßen siedeln müssen. Kaum noch jemand wird sich einen eigenen PKW leisten können um sich in seinem preiswerten Häußchen zB bei Garching an der Alz versorgen zu können. Und es ist völlig unrealistisch, den ÖPNV in jeden Winkel des Spessart oder der Schwäbischen Alb auszubauen. Zum Ende dieses Jahrhunderts wird sich dieses Land völlig verändert haben und München wird mindestens 5 Millionen Einwohner haben - eher mehr. Ich glaube, das ist der normale Gang der Dinge. Diese Zersiedelung der Landschaft werden wir uns als Gesellschaft und jeder einzelne bald nicht mehr leisten können. Allerdings wird das nicht aus Erkenntnis oder vermittels politischem Willen geschehen. Dafür werden die ökonomischen Verhältnisse sorgen.

  • Abgesehen davon, dass Eingemeindungen und Entlastungsstädte leider politisch nicht realisierbar sind (zumindest ohne Herr Söder, der als Ministerpräsident in der Theorie bei vorhandener Notwendigkeit tatsächlich Eingemeindungen erzwingen könnte)

    Ich stimme derzberb zu, der Nordosten um den Speichersee ist aufgrund der Grundwassersituation, Naturschutzgebieten, Anbindung denkbar schlecht geeeignet.


    Die Fläche zwischen Garching, Eching, Neufahrn und U-schl. hingegen hat die U-Bahn, 2 Autobahnen, den Außenring und 2 Bundesstraßen in unmittelbarer Nähe, sowie den Campus der TU. Da kommt man schnell auf ne Fläche von 25 km2, das ist genug Platz für 200.000 Einwohner +.


    Ein Effekt der übrigens auch den Wohnungsbau in München behindert, den ich so noch nicht diskutiert gesehen habe:

    Auch die Stadt ist auf Gewerbesteuereinnahmen angewiesen und verzichtet deswegen oft auf eine Umnutzung/ Verdichtung auch in zentralen Lagen. Auch dieses Problem wäre mit Eingemeindungen weniger tragisch, denn die möglichen Ersatzstandorte befänden sich dann weiterhin auf Münchner Flur.

  • ^^

    München wird es weiter in den kommenden 50 oder 100 Jahren schaffen Wachstum so weit wie möglich fern zu halten. Nicht vergessen: Das Potential möglicher qualifizierter Zuwanderer aus Ost- und Südeuropa ist erschöpft. Die demographische Situation gibt auch perspektivisch keine großen Potentiale für Zuwanderung. Weltweit existiert ein Wettlauf um die immer geringer werdende Anzahl qualifizierter Zuwanderer. Dabei werden einige Länder in Ostasien von heute Auswandererländer in Einwandererländer transformieren. China allen voran. Daher erschließt es sich mir nicht, wie innerhalb der nächsten Dekaden bei dem gegebenen Preisniveau Millionen von neuen Einwohnern kommen sollen.

  • Die ökonomische Situation wird sich in nächsten Jahrzehnten dramatisch verschlechtern. Steigende Mobilitätskosten, ungünstige demographische Entwicklung. Die fetten Jahre sind vorbei. Der Sozialstaat wird die nächsten 30 Jahre nicht überleben. Ein eigenes Auto werden sich nur noch Superreiche leisten können. Als Mittelverdiener wird man dann nicht mehr günstig in einem Dorf 60 - 80km außerhalb, abseits von Bus und Bahn wohnen können und dann morgens zur Arbeit in die Stadt fahren.


    Die Zeit der billigen Mobilität geht unwiderruflich zu Ende und das wird dieses Land und diesen Kontinent drastisch verändern. Wir werden uns den Zuständen in Indien, China und Brasilien annähern.


    Heutztage wohnt man doch in einem Dorf in der Oberpfalz und zum Einkaufen fährt man mit dem PKW zu einem Gewerbegebiet mitten irgendwo im nirgendwo bis zu 15km - so ein Leben ist ohne eigenen PKW kaum möglich und viele solcher Familien haben heute 2(!) PKWs. Das wird es in ein paar Jahrzehnten nicht mehr geben können. Eher noch werden die Menschen ihre Dörfer verlassen müssen und sich in der Nähe dieser Gewerbegebiete ansiedeln müssen.


    Das klingt jetzt sehr extrem und brutal, aber solche Dinge geschehen ständig weltweit. Warum sollte Europa von internen Wanderungsbewegungen verschont bleiben, wie sie andere Weltregionen erleben? Unser Sozial- und Subvnentionsstaat, der Zersiedelung fördert existiert nicht, weil es ein Naturgesetz ist.


    Die Zuwanderer werden also zum großen Teil aus der näheren Region kommen. Sie müssen nicht aus Asien, Afrika oder Osteuropa kommen, sondern aus en ländlichen Regionen Bayerns. Ganze Landstriche werden weitgehend entvölkert. Schon damit erreicht man 5 Millionen bis 2100.
    Bleiben werden größere und kleiner Zentren entlang von Verkehrswegen.

  • Daher erschließt es sich mir nicht, wie innerhalb der nächsten Dekaden bei dem gegebenen Preisniveau Millionen von neuen Einwohnern kommen sollen.

    Das sehe ich anders: Der große Nachholbedarf, den ich sehe, ergibt sich nicht dadurch, dass ich noch mit weiteren Millionen Zuwanderern rechne (auch wenn München natürlich weiter wachsen wird, erst recht wenn die längst fällige ordentliche Rezession kommt). Ich bin der Meinung, dass die Leute schon lange da sind, und sich alle notgedrungen mit der Schei++-Situation arrangieren. Damit meine ich u.a. folgende Leute:


    - Locked-In: Leute, die jahrelang unglücklich in Ihrer Wohnung verharren, weil ein Umzug in eine andere Wohnung (z.B. wegen Zusammenziehen als Paar oder wegen Nachwuchs, oder die Witwen in den Riesenwohnungen) nicht leistbar ist

    - WGs: Übervolle WGs mit Studenten oder Niedrigverdienern, die lieber wie anderswo in DE in Ein- oder Zweizimmerwohnungen wohnen würden

    - Pendler: In allen Groß- und Kleinstädten in der weiteren Metropolregion leben Horden von Leuten, die wegen der Mietpreise rausgezogen sind, und nicht weil sie es dort so toll finden. Nebeneffekt riesiges Verkehrsaufkommen, weil die natürlich auch irgendwie nach München in die Arbeit müssen und eben nicht mit dem Fahrrad fahren können

    - Übers-Ohr-Gehauene: Leute, die notgedrungen baurechtlich illegale Souterrain-Wohnungen, Schimmelwohnungen, Über-der-Mietpreisbremse-Wohnungen, 19m²-Wohnungen, Tegernseer-Landstraße-Wohnungen, 50er-Jahre-mit-Originalbad-für-23€-kalt-Wohnungen wohnen, einfach weil sie nichts besseres finden oder leisten können.

    - Heimatflüchtlinge: Weiteres jetzt schon bestehendes Potenzial sind alle die, die aus dem Großraum München stammen, aber wegen der irrwitzigen Wohnsituation das Weite gesucht haben, bei einer Entspannung der Lage aber zurückkommen würden


    Diese Leute sind schon lange da, aber die beschweren sich aus irgendwelchen Gründen halt nicht. Das bedeutet aber nicht, dass diese Zustände kein Problem darstellen. Daher: Massiver Handlungsbedarf bereits JETZT.

    Einmal editiert, zuletzt von Aldemar ()

  • Mit der Einführung des Internets kam der Abgesang der Städte, passiert ist genau das Gegenteil... Jetzt wo sich Remote Work durchsetzt zweifeln viele am Model "Großstadt", aber auch hier werden am Ende attraktive Städte wie München nur noch höherem Druck ausgesetzt werden, weil bestverdienende Arbeitskräfte aus ganz Deutschland & der Welt plötzlich auch in München leben können und nicht an einen Ort gebunden sind (man nehme z.B Banker aus London, Software-Ingenieure aus San Francisco, hochrangige Manager deutscher Mittelständler, Beratungen deren Kundenkontakt zurückgeht etc.)


    Auch der demographische (Schrumpf- ) Trend besteht zwar in der Theorie, aber schaut man z.B. nach Japan sieht man, dass sich die jungen Menschen lieber in den Metropolen stapeln, als in verfallenden und leerstehenden Landstrichen in billigem Wohnraum zu versauern.


    Auch auf europäischer Ebene mag die erste große Zuzugswelle aus Osteuropa nach Einführung der Personenfreizügigkeit bei manchen Ländern abebben, es ist aber gut möglich, dass zum Beispiel Italien oder Frankreich bei einem kollabierendem Sozialstaat (auch mit/dank Corona) in ein paar Jahren einen Exodus erleben werden, ähnlich der Auswanderungswelle von Spaniern/Portugiesen/Griechen im Zuge der Finanz- und Eurokrise.


    Dazu kommen all die Effekte, die Aldemar nennt, es gibt bereits jetzt einen enormen Nachfrageüberhang.


    Es hilft nur Bauen was das Zeug hält, und wenn am Ende tatsächlich ein paar Wohnungen "zu viel" vorhanden sind, kann sich eine Krankenschwester vielleicht auch in ferner Zukunft wieder eine 2-Zimmer-Wohnung leisten.

  • Vieles verstehe ich nicht.

    a) Der ländliche Raum ist so attraktiv wie noch nie (nein, der ländliche Raum beginnt nicht erst in Marktredwitz).

    b) Dass sich Mobilität gegenüber dem verfügbaren Einkommen so dramatisch verteuert, ist absolut offen und aus meiner Sicht sehr unwahrscheinlich.

    c) München wird hochpreisig und daher wenig attraktiv für viele Immigranten bleiben. Es gibt keinerlei Anhaltspunkt zu einem grundsätzlichen Politikwechsel.


    Eine realistische Bevölkerungsprognose liegt langfristig nicht über 1 % pro Jahr. Dazu gibt es nicht einmal aus Städten Anhaltspunkte, die nicht wie München grundauf dem Wachstum skeptisch gegenüber sind - sondern sogar eine wachsende Stadt propagieren / zum Ziel haben (Wien, Madrid, alle französischen Städte).

  • a) Der ländliche Raum ist so attraktiv wie noch nie (nein, der ländliche Raum beginnt nicht erst in Marktredwitz).

    Der ländliche Ram ist nur attraktiv, da Mobilität individuelle motorisierte billig ist.


    b) Dass sich Mobilität gegenüber dem verfügbaren Einkommen so dramatisch verteuert, ist absolut offen und aus meiner Sicht sehr unwahrscheinlich.


    Verbrennungsmotor wird abgeschafft. Kohle und Atomstrom werden abgeschafft (über 50% der Stromerzeugung von 2010). Durch die Elektrifizierung des Straßenverkehrs wird 25% mehr Elektrizität benötigt. Steigende Nachfrage bei sinkendem Angebot. "Ökostrom" verbraucht ebenfalls enorme Ressourcen bei der Speicherung wie der Erzeugung + enorme Anfangsinvestitionen. Der Staat braucht Geld für seine enormen Sozialprogramme und Pensionslasten und wird demuzufolge den Verkehr auch nochmal höher besteuern.


    c) München wird hochpreisig und daher wenig attraktiv für viele Immigranten bleiben. Es gibt keinerlei Anhaltspunkt zu einem grundsätzlichen Politikwechsel.

    München mag hoxhpreisig bleiben, aber der Zuzug wird sich aus oben genannten Gründen verstärken. Vielleicht werden auch die Klein- und Mittelstädte entlang der Verkehrsachsen stark wachsen. Vielleicht bilden sich Wellblechslums rund um den Speichersee. Diesen Fluß wird man kaum aufhalten können.