Wie weiter wachsen? Stadtplanung & Siedlungsentwicklung Region

  • Also, dass es für diesen trivialen Zusammenhang eine Studie braucht :lach: Genau das ist ja auch einer der großen Vorteile der 2.Stammstrecke.


    Neben diesem "Vorteil" verursacht Pendeln gleichzeitig aber eine stärkere Infrastrukturbelastung des IV-Straßennetzes, Zersiedlung, Senkung der Lebensqualität, Umweltbelastung, Redundanzen etc. als wenn gezielt in der Stadt selbst nachverdichtet wird.


    Entlastungsstädte auf dem Reisbrett sind zudem nicht unbedingt die nötige Konsequenz aus diesem Preiseffekt. Genauso vorstellbar wäre eine weitere Verdichtung der bestehenden und organisch gewachsenen Vorortstrukturen (Garching, Germering etc.).


    Ohne eine umfassende Planungs- und Steuerungseinheit gelingt dies aber sowieso nicht. Und wenn wir ehrlich sind, wird es die selbst in 10 Jahren wohl noch nicht geben...

  • Ich hab mir grad mal so gedacht wenn München 1972 zur Eröffnung der 1.Stammstrecke knapp 1,3Mio Einwohner hatte braucht man wohl kaum beim 1,45Mio Einwohnern eine 2.Stammstrecke. Sry, aber das ist einfache Logik.

  • ^


    Ich glaube du bist da echt auf was gestoßen! So einfach und doch so elegant. Der Nobelpreis für Logik wäre dir bestimmt sicher. Jemand muss dem Freistaat schnell einen Brief schreiben! Stamm2 darf nicht gebaut werden! Die Sachlage ist zu eindeutig.


    Ach da fällt mir ein, - auch wenn ich Gefahr laufe, dir deine logische Beweisführung zu stehlen- wenn 1972 34PS in einem Kleinwagen gereicht haben, um von A nach B zu kommen, warum braucht man dann heute 110PS?
    Da stimmt doch was ganz und gar nicht mehr. Mit der Logik.


    :banana:

  • Endokin: Du bist kein Münchner, oder? Wo hast Du denn die EW Zahl her?


    Ende Mai 2016 betrug die melderegisterbasierte Einwohnerzahl 1.530.359 Personen


    https://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%BCnchen


    Die Prognosen lauten, daß München 2030 bis zu 1,8 Millionen EW haben wird.


    Was ist daran falsch für die Zukunft zu planen?


    Sonst hätten wir ja auch noch den Riemer Airport mit 7 Mio Pax/Jahr und stünden genauso schlecht da, wie Berlin :)))))

  • Vor allem handelt es sich bei der 2. Stammstrecke um ein Projekt für die Region (wenn nur S-Bahnen fahren) und den erweiterten Wirtschaftsraum (wenn auch Regionalzüge fahren), nicht für die Stadt München. Der Landkreis München z.B. ist seit 1970 von 168 000 auf 330 000 (2013) Einwohner gewachsen. FFB von 118 000 (1970) auf 210 000 (2013). Und so weiter.

  • Ich möchte Endokin zumindest zugestehen, dass er recht damit hat, einmal den ständigen Ausbau der Verkehrswege zu hinterfragen. Denn ja, die Einwohnerzahl ist gestiegen und steigt, aber jenseits der S-Bahn wurden ja massiv Kapazitäten bei Tram und v. a. der U-Bahn Münchens ausgebaut. Und wir sind auch nur Homo Sapiens, wie schon vor Jahrzehnten bewegt man sich für die im Grunde selben Dinge in einer Stadt voran: Arbeit, Ausbildug, Freizeit, Konsum.


    Was den Zuwachs an Verkehren verursacht ist nicht Zuzug von Einwohnern, der Zuwachs an Verkehren ist weit überproportional. Der Zuwachs kommt durch die seit Jahrzehnten, bis heute, andauernde, Entflechtung von Lebenswelten - die große Sackgasse des modernen Städtebaus. Wir müssen immer weitere Wege zurücklegen - und müssen dabei auch immer öfter Fahrzeuge benutzen, weil die fußläufige Erreichbarkeit ganz besonders abgenommen hat und weiter abnimmt - weil die oben genannten Lebenswelten immer weiter voneinander entfernt sind.


    Die Stadtplanung nimmt das aber nicht nur einfach als gegeben hin, wenn sie immer neue Verkehrswege errichtet, sie befördert das auch noch aktiv. Es wäre schon zu überlegen gewesen, ob man statt einer neuen Stammstrecke mit dem selben Geld nicht massiv in Städtebauförderung investiert und das Konzept "Stadt der kurzen Wege" verfolgt und möglichst viele Lebenswelten wieder in fußläufige Distanz zueinander bringt. Das schließt auch vermeintlich banale Dinge ein - zB dafür zu sorgen, dass Lebensmitteleinzelhandel mit kleineren Verkaufsflächen, a lá "Rewe City" in die Wohngegenden zurück kehrt, sodass man für die täglichen Haushaltsbesorgungen eben kein Verkehrsmittel braucht, sondern diese Besorgungen fußläufig erledigen kann. Das mag banal klingen, aber wir alle erledigen solche Besorgungen, üblicherweise sogar mehrfach die Woche. Wenn pro Besorgung die individuelle Hin- und Rückfahrt entfällt, weil es im Viertel einen Laden für den täglichen Bedarf gibt, dann macht sich das bemerkbar, wenn das in der ganzen Stadt so ist. Das kann man kommunal gezielt fördern, durch Satzung sogar weitgehend kostenneutral, indem zB gar keine Lebensmitteleinzelhändler mit großen Flächen genehmigt werden! Dann bleibt auch den Ketten gar keine Alternative. New York City hat es genau mit dieser Stadtplanung konsequent geschafft, Wal Mart komplett aus New York herauszuhalten und umgekehrt die kleinen Lebensmittelhändler - selbst im teuren Manhattan - in den Nachbarschaften zu halten!


    Und München legt gerade die Grundlage für den Bedarf einer 3. Stammstrecke (zumindest bzgl. der benötigten Kapazitäten im Gesamtnetz des ÖPNV), weil der aktuelle und noch weiter zu erwartende Zuzug auch wieder in reine, funktionale Trennung geleitet wird. Und auch dort, wo München neue Siedlungsflächen erschließt, bleibt es bei der Monofunktionalität. Handel, Gewerbe, Wohnen, alles voneinander getrennt. Das ist bezogen auf die schon jetzt offenkundigen Engpässe im münchner Verkehrsnetz so, als würde man Benzin ins Feuer gießen, anstatt dem Feuer die Grundlage zu entziehen.


    Solange das nicht einmal als Problem erkannt und diskutiert wird kann sich daran auch nichts ändern. München ist damit auch nicht alleine, aber München ist mit diesem massiven Einwohnerzuwauchs, wenn man einmal den Zeitraum 2005-2025 (gem. Prognosen) zu Grunde legt, in Deutschland die Ausnahme - was sind schon 20 Jahre in der Stadt- und Verkehrsplanung, wo Vorhaben von der ersten Idee bis zur Fertigstellung im Regelfall über Jahrzehnte hinweg ablaufen. Siehe 2. Stammstrecke! Wenn die Stadtplanung Münchens weiterhin bewirkt, das Verkehrswachstum zu beschleunigen und dem dann mit Ausbauten hinterher zu hecheln, dann wird München diesen Kampf in absehbarer Zeit verlieren - Dauerstaus und überlasteter ÖPNV werden so zum dauerhaften Begleiter für die Münchner.

    Einmal editiert, zuletzt von Pumpernickel ()

  • Es ist schon prinzipiell richtig, was du schreibst, nur hat der Ausbau der intraregionalen Infrastruktur sicher nichts mit einer fehlenden Nahversorgung zu tun. Die lokale Nahversorgung wird eigentlich bei jedem neuen Wohnprojekt mitberücksichtigt (einen Supermarkt etc. gibt es wirklich bei jedem größeren Projekt).


    Das Problem kommt eher durch das Pendeln von und zur Arbeit zustande. Und auch hier werden oft Wohnungen neben Bürogebäude gesetzt. Aber selbst wenn ich jetzt bei einem neuen Job in die Nähe des Arbeitsplatzes ziehe, wer sagt denn, dass ich in fünf Jahren immer noch da arbeite? Vielleicht ist mein neuer Job dann auf der anderen Seite der Stadt? Soll ich dann wieder umziehen? Das geht sicherlich einigen so, dass ein Zusammentreffen von Wohn- und Arbeitsplatz immer seltener dauerhaft gegeben ist, auch weil die Verweilzeit in einem Job nicht mehr 20 Jahre sondern oft nur noch drei Jahre beträgt.


    Das andere Ziel des Baus zum Beispiel der 2. Stammstrecke ist ja gerade, Wohnpotenziale zu erschließen die noch weiter draußen liegen. Anstatt München noch weiter zu erhitzen, wird versucht, ein Teil des Wachstums nach Rosenheim oder Augsburg oder die nähere Umgebung zu verlagern. Was ich durchaus kritisch sehe. Aber dass die Jobs sich lokal konzentrieren, die Verweilzeit in einem Job immer kürzer wurde und die Wohnbaupotenziale in direkter Nachbarschaft begrenzt sind gesamtgesellschaftliche Phänomene - man kann sie ignorieren, dann fahren die Leute mit dem Auto. Oder man kann die Infrastruktur mit diesen neuen Pendelströmen mitwachsen lassen.

  • ^das Verlagern des Wachstums ist ein Hirngespinst. Augsburg hat prozentual den selben Pendlerüberschuss wie vor 10 Jahren wenn du in die entsprechende Statistik schaust. So funktioniert Stadtentwicklung nicht. Es gibt schon was wie sog. Entlastungsstädte, das wären für München zB Dachau usw., aber so sehr die bezogen auf ihren Ist-Zustand auch gewachsen sein mögen, wirklich München entlasten konnten sie damit freilich trotzdem nicht.
    Die Probleme muss man schon in der Stadt selbst lösen und ich sage mal so, je mehr man die funktionale Trennung versucht umzukehren, desto kürzer ist, wechselnde Stellen hin oder her, die mittlere Distanz die man zB zum Arbeitsplatz zurücklegen muss, bei Stadtplanung kommt es ja nur auf solche Mittelwerte an, da macht sich jede Verringerung der mittleren Distanzen in der Masse bemerkbar.

  • Alles absolut richtig was du schreibst. Ich plädiere seit langem dafür, dass man die Stadtviertel wieder wie in den Gründerzeitjahren baut, mit Geschäften/Büros im Erdgeschoss und Wohnbebauung obendrüber. Würde neue Stadtviertel wesentlich attraktiver machen. Stattdessen baut man auf der Mikroebene funktionsgetrennte Viertel wie am Hirschgarten, wo es zwar zentral Restaurants und Supermärkte gibt, aber die Wohnviertel trotzdem monofunktional sind.
    Das gute ist, dass zumindest Büro und Wohnen in vielen neuen Vierteln gemeinsam entstehen (Hirschgarten, Parkstadt Schwabing, Werksviertel,...). Was dort fehlt, ist Einzelhandel und Gastronomie, wobei das im Werksviertel wiederum in Ordnung sein wird. Einzelhandel funktioniert gut ab einer bestimmten Populationsgröße - was also wichtig wäre, ist eine sinnvolle Subzentrenbildung oder eine Gründerzeit-artige Bebauungsdichte - ersteres kann durch letzteres organisch erfolgen.

  • Was dort fehlt, ist Einzelhandel und Gastronomie, wobei das im Werksviertel wiederum in Ordnung sein wird. Einzelhandel funktioniert gut ab einer bestimmten Populationsgröße - was also wichtig wäre, ist eine sinnvolle Subzentrenbildung oder eine Gründerzeit-artige Bebauungsdichte - ersteres kann durch letzteres organisch erfolgen.


    Das Hauptproblem sehe ich hier insbesondere in der Planung von "räumlicher und organisatorischer Konzentration von Einzelhandelsgeschäften und Dienstleistungsbetrieben" (=Shopping Mall), die massiv (und absichtlich) Verkehr erzeugen, da sie ein großes Einzugsgebiet brauchen, um zu funktionieren. U.a. diese Konzentration gibt es zwar auch innerhalb des Altstadtrings und etwas darüber hinaus in den gewachsenen Vorstädten. Das ist auch gut so und es muss weiter daran gearbeitet werden, dass das Stadtzentrum aus der ganzen Region mit dem Öffentlichen Verkehr so perfekt wie möglich angebunden ist.


    Die Stadtplanung sollte aber unbedingt versuchen, weitere über die Nahversorgung hinausgehende Shopping Malls, die als autarke Gebilde geplant sind, zu verhindern. Nach OEZ, PEP, Riem- und Pasing Arcaden muss Schluss sein. Bitte bitte erschließt Freiham und die Gebiete im Nordosten mit dezentralen, kleinteiligen Einzelhandels-Strukturen. Dahin muss man - wie Du richtig schreibst - unbedingt zurück kommen.

  • @Funktionale Trennung:


    Auf dem EADS Gelände in Ottobrunn will das Unternehmen Astyx (Sensorik) seine neue Zentrale errichten und gleichzeitig direkt nebenan -aufgrund des geplanten Wachstums der Firma von derzeit 50 auf 250 Mitarbeiter- gleich drei große Wohnriegel mit Vorkaufsrecht für die Mitarbeiter errichten.


    http://www.sueddeutsche.de/mue…weite-zum-buero-1.3089155


    Unternehmens Inhaber Gerhard Trummer sagt: ""Was liegt eigentlich näher, als diese beiden Dinge [Wohnen und Arbeiten] gemeinsam zu denken?".

  • ^
    https://www.google.com/maps/di…696!2d39.1885392?hl=de-DE


    Zitat Pumpernickel:
    "Stadt der kurzen Wege" verfolgt und möglichst viele Lebenswelten wieder in fußläufige Distanz zueinander bringt.


    Da München aber sowieso extrem kompakt gebaut ist und tatsächlich noch sehr viel zu Fuß erledigt werden kann, wirkt sich die Kritik an der "Entflechtung" der Lebenswelten weniger stark aus als in anderen Städten. Insofern ist ein Bestreben nach besserer Funktionsdurchmischung zwar immer gut, Stamm2 wirkt dem aber nicht entgegen, sondern verbessert die ÖPNV Erreichbarkeit der Kernstadt für Pendler. Die fahren ja nicht zum Getränke holen zum Stachus, sondern zum Arbeiten oder Bummeln. Das alles in jedes Kaff oder wie hier teils gefordert in "Entlastungsstädte" zu stecken, kann auch nicht Ziel einer nachhaltigen Stadtentwicklung sein (Zersiedlung, fragwürdige Reduzierung des Verkehrs).
    In der hiesigen Stadtplanung ist es übrigens unlängst angekommen, dass ein weiteres Wachstum nur mit Arbeiten, Einkaufen und Wohnen "in Einem" funktioniert. Die Notwendigkeit ergibt sich allein schon aus Platzgründen. So ist ein Beispiel der Überbau von Supermarktparkplätzen mit Wohnungen oder eben der direkte Wohnungsbau von Unternehmen, wie BMW, Microsoft, der SWM oder jetzt Astyx.


    Und auch dort, wo München neue Siedlungsflächen erschließt, bleibt es bei der Monofunktionalität. Handel, Gewerbe, Wohnen, alles voneinander getrennt.


    Da stellt sich nur die Frage, was man unter Monofunktionalität versteht. In Freiham hat man alles beieinander. Gewerbe aller Art, Medizinzentrum, Stadtteilzentrum, Quartierszentrum, Bildungscampus, Sportcampus, Einkaufen und Arbeiten. Man müsste den neuen Stadtteil eigentlich nicht mehr verlassen. Genauso oder noch stärker, wird es in MNO aussehen. In der Paul-Gerhard Allee, im Werksviertel, im Kreativquartier, Schwabinger Tor, Baumkirchen Mitte, Campus Süd etc. überall dort gibt und wird es ein gesundes Maß an Durchmischung geben. Klar, kann da noch Einiges verbessert werden aber in die richtige Richtung geht es. Die krassen Fehlentwicklungen wie Ackermannbogen (Totalausfall) oder Parkstadt Schwabing (Letzteres nur, was Funktionsdurchmischung betrifft) gehören der Vergangenheit an. Auch in der Messestadt hätte man fast alles was man braucht in fußläufiger Erreichbarkeit :)

    3 Mal editiert, zuletzt von MiaSanMia ()

  • @Pumpernickel: Otto Wiesheu hatte vor Jahren schon vorgeschlagen die A9 bis Holledau durchgehend auf 8 vollwertigen Fahrspuren auszubauen, da die Pendler extrem zunehmen werden.

  • Ein kleiner Fehler XD :D


    Wall Maer Super Center
    Green Acres Mall, 77 Green Acres Rd S, Valley Stream, NY 11581, Vereinigte

  • Ja, östlich vom Laurelton Parkway im Landkreis Nassau Long Island in der Nähe vom Flughafen, das liegt schon näher an der Stadtgrenze.

  • Zuerst verwechselt Endokin das eine Manhattan mit dem anderen Manhattan (vermutlich nur "Wal Mart Manhattan" gegoogled), jetzt ist ihm offenbar nicht bewusst, dass es einen ganzen US Bundesstaat gibt, der New York heißt (offenbar nur "Wal Mart New York" gegoogled). Langsam arten deine zusammenhanglos in den Raum geschmissenen und grottig recherchierten Wal Mart Adressen wirklich in Getrolle aus Endokin.


    Es ist seit Jahrzehnten u. a. erklärtes Ziel der New Yorker Stadtplanung gewesen, Großflächensupermärkte aus der Stadt New York herauszuhalten, das habe ich nicht mal eben en passant festgestellt, so allwissend bin ich dann auch nicht. Das ist viel eher ein (mehr oder weniger) allgemein bekannter Teil einer Strategie das Wachstum der Stadt, die schon vor Jahrzehnten unter Verkehrsmassen zu ächzen begann, mit Hilfe der weiter oben von mir beschriebenen Konzepte dahingehend zu lenken, dass möglichst wenig Verkehr entsteht (gleich welcher Gattung des Modalmix) und möglichst viel fußläufig in Nachbarschaften zu erledigen wäre. So hat man in New York City bereits in einer Zeit umgeplant (man dachte bereits in den 1970ern sukzessive um), in der in Deutschland noch Straßenbahnstrecken stillgelegt und Stadtautobahnen neu gebaut wurden und die strukturelle Trennung eigentlich erst richtig Fahrt aufnahm. Darum werden selbst in Manhattan, wo die Gehsteige nur so vor Menschen wuseln, bis heute mobile Verkaufsstände für Fast Food, Backwaren usw. geduldet, auch hier die Philosophie nicht die Massen dazu zu mobilisieren, einen Versorgungsort anzusteuern, sondern die Versorgung möglichst flächendeckend zu den Menschen zu bringen. Sei es die Backwarenverkäuferin in ihrem fahrbaren Verkaufsstand aus Aluminium für das Frühstück am Straßeneck, sei es der Supermarkt, der auf kleinem Raum auch mitten in Manhattan all das bietet, was man im Alltag wirklich im Haushalt braucht. Man kann auch einfach mal vom Ausland lernen, selbst von den pösen Amis.


    New York City ist dafür, was für eine Megastadt das ist, wirklich eine Stadt der kurzen Wege. Und dazu trägt auch eines bei, was der westdeutsche Nachkriegsmief scheute wie der Teufel das Weihwasser, was bis heute nachwirkt, nämlich die ganze Stadt einfach mehr in die Höhe zu bauen und so räumlich stärker zu konzentrieren. Dabei geht es nicht nur um Hochhäuser, die die arme Frauenkirche bedrohen würden wenn diese irgendwo im Hintergrund zu erkennen wären wie es immer in der münchner Debatte dazu hieß, da geht es auch darum, generell die (mehr oder weniger verbindliche) Traufhöhe aufzustocken und flächendeckend höher zu bauen. Ein europäisches Beispiel für eine Stadt der kurzen Wege ist Paris, zumindest die Kernstadt. Da gibt es bis heute an jeder Ecke Bäckereien wo man frisches Baguette für kleines Geld bekommt, das subventioniert der Staat sogar ganz direkt, um diese billige Nahversorgung zu erhalten und Discounter mit Backautomat, wo es das Baguette dann billiger gibt, fernzuhalten. Interessanterweise greifen diese Discounter ja auch in Frankreich um sich, aber speziell in der Kernstadt von Paris nach wie vor kaum bis gar nicht. Dort gibt es ebenfalls kleine, weit verstreute Nahversorgung. Und auch hier zeigt sich, auch wenn Paris nicht als Stadt von Wolkenkratzern bekannt ist baut man dort wesentlich höher.


    Selbst im historischen Haussmann-Paris betrug die maximale Traufhöhe ganze 35-37 m (je nach Bereich), wo Wohnungen auch im Dach. Jene in München, die mir bekannt ist, liegt bei lediglich 23 m. Da bekommt man dann pro km2 auch schlicht weniger Menschen in München unter, im Vergleich mit Paris. Und was man nicht in die Vertikale bekommt, das wächst dann eben in die Horizontale - in die Fläche. Je horizontaler eine Stadt ist, desto mehr Verkehr hat sie auch in der Horizontale, da die einzelnen Funktionen für den einzelnen Bürger dann im Mittel auch weitere Strecken in der Horizontalen voneinander entfernt liegen.

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