S21-Grundsatzdiskussion: A new hope

  • Da es sich um eine geschützte Tierart handelt verstehe ich die Aufregung darum nicht.

    Ich noch weniger.
    Schon seltsam, daß sich eine geschützte Tierart ausgerechnet im Zentrum eines der größten deutschen Ballungsräume zwischen Auto-, Zug- und Menschenmassen, noch dazu nahe der gemessen höchsten Feinstaubbelastung, wohlzufühlen scheint.


    Muß das wertvolle Tier am Ende gar vor der widrigen Natur samt deren so skrupellosen wie egoistischen Freß- und Futterfeinden geschützt werden?

  • Schon seltsam, daß sich eine geschützte Tierart ausgerechnet im Zentrum eines der größten deutschen Ballungsräume zwischen Auto-, Zug- und Menschenmassen, noch dazu nahe der gemessen höchsten Feinstaubbelastung, wohlzufühlen scheint.

    Eigentlich nicht, denn genau dort findet z.B. der Juchtenkäfer seine Lebensbedingungen. Wie der Name Schlosspark schon sagt, ist er der Park eines Schlosses, also ein Zierpark und keine forstwirtschaftliche Bewirtschaftungsfläche. Die Bäume werden also nicht gefällt, wenn sie "reif" zu Vermarktung sind, sondern werden uralt. Genau deren Baumhöhlen sind aber das geeignete Habitat des Juchternkäfers. Die kann man also nicht auf irgendwelche Bäume setzen, Foto knipsen und dann ein Projekt stoppen.

  • Ein Käfer, der es schafft, es sich in einem feucht-ungemütlichem Baumloch mitten zwischen Feinstaub, Autolärm und Demos gemütlich zu machen, der wird es auch schaffen, den nächsten alten Baum in fünfzig Meter Entfernung zu beziehen.


    Eigentlich ist die ganze Situation aber ziemlich abstrus. Da wird ein Bär über den Haufen geschossen, nur weil er es wagt, auf deutschem Gebiet rumzumarschieren. Aber um ein paar Käfer wird erbittert gekämpft.


    P.S. endlich geht die Grundsatzdiskussion weiter. Habe mich schon gelangweilt ;)

  • Es gibt aber nicht nur diesen Schloßpark(teil) und forstwirtschaftliche Bewirtschaftungsflächen, sondern auch andere Parks, Einzelbiotope, Auen, Friedhöfe, geschützte Hanglagen, ungenutzte Waldflächen und und und.


    Offensichtlich ließen sich keine durch S21 bedrohten Amphibien oder Säugetiere finden, also muß man als Notnagel schon zu Insekten greifen. "Serengeti am Nesenbach" wurde in dem Zusammenhang ebenfalls schon zum peinlich geflügelten Wort.


    Ich frage mich, ob manche Projektgegner überhaupt noch über irgendeine Peinlichkeitsgrenze bei der Wahl ihrer Argumente verfügen. Die Befürworter führen als Pro für den Tiefbahnhof doch auch nicht die statistisch geringere Blitzschlagsgefahr in unterirdischen Bauwerken an.

  • Ein Käfer, der es schafft, es sich in einem feucht-ungemütlichem Baumloch mitten zwischen Feinstaub, Autolärm und Demos gemütlich zu machen, der wird es auch schaffen, den nächsten alten Baum in fünfzig Meter Entfernung zu beziehen.


    Problem ist halt, daß er seinen gewählten, mindestens 150 Jahre alten Baum, naturgemäß nicht verlässt. Jetzt während der Winterstarre schon gleich sowieso nicht. Der Bahn wird also nichts anderes übrig bleiben, als den betroffenen Käferfamilien geeignete Ersatzstandorte zu suchen und sie eigenhändig dort hin zu bringen.


    Vorher schickt der Züfle seine Prügelbrigaden nicht los :)

  • Problem ist halt, daß er seinen gewählten, mindestens 150 Jahre alten Baum, naturgemäß nicht verlässt. Jetzt während der Winterstarre schon gleich sowieso nicht. Der Bahn wird also nichts anderes übrig bleiben, als den betroffenen Käferfamilien geeignete Ersatzstandorte zu suchen und sie eigenhändig dort hin zu bringen.

    Genau darüber wollte man von der Bahn ja ein Konzept haben, was die Bahn bisher versäumte vorzulegen. In der Nacht zum 1.10.11 wurden Juchtenkäfer gesichert und in ein Terrarium untergebracht, was einige Larven nicht überlebten. Ob das jedoch die gesamte Population der gefällten Platane war, oder nur einige Vorzeigeexemplare, lässt sich nicht mehr feststellen, denn der gesamte Baum mit den Bruthöhlen wurde vor Ort geschreddert.


    Nach langer Zeit wurden gegen drei Projektverantwortliche Strafbefehle erlassen. Die werden von manchen als Bauernopfer gesehen. Wie dem auch sei, damit ist die Rechtswidrigkeit der damaligen Fällaktion amtlich. Es ist kein Ruhmesblatt für die Stuttgarter Polizei, dass dies unter ihrem Schutz geschah. Das zu wiederholen, will Polizeipräsident Züfle diesmal natürlich vermeiden.

  • Genau darüber wollte man von der Bahn ja ein Konzept haben, was die Bahn bisher versäumte vorzulegen.


    Da sind wir bei einem entscheidenden Punkt.


    Ich hole mal ein klein wenig aus: Für mich als S21 Gegner der ersten Stunde gab es seit 1994 keine Wahlentscheidung, egal auf welcher Ebene, die nicht von diesem Projekt beeinflusst war. Dies mündete sogar darin, daß ich, als jemand, der sein Wahlrecht so begreift, daß er gradezu die Pflicht hat wählen zu gehen 2004 bei der Stichwahl zur OB-Wahl in Stuttgart gar nicht erst hingegangen ist, weil es keine Option gab gegen S21 zu stimmen.


    Mit der VA hat sich aber eine Kleinigkeit geändert. Ich erkenne das Ergebnis an und die Bahn darf von mir aus jetzt gerne bauen. Demonstrieren werde ich dagegen nicht mehr, da das Ergebnis der Abstimmung mehr als nur eindeutig war. Selbstverständlich ging es "nur" um das Ausstiegsgesetz, aber jedem halbwegs klar denken Menschen dürfte klar sein, daß die eigentliche Frage mehr in der Metaebene zu suchen war. Und da haben "wir" verloren. Und das sogar wider meines Erwartens sehr eindeutig in Stuttgart.


    Aber wie gesagt, alles Schnee von gestern. Heute erwarte ich, daß die Bahn all ihre hohlen Phrasen in Taten umsetzt. Sie ist seit 27.11. in der Bringschuld. Und immerwieder seit Jahren wird von ihr kolportiert, daß es sich bei S21 "um das am besten geplante Bahnprojekt" handelt. Ich erwarte also, daß die Bahn bei dem lächlich kleinen Problem eines hunderbärmlichen Käfers, von dem sie mindestens 1,5 Jahren Kenntnis hat, eine akzeptable Lösung anbietet.


    Das Problem des Juchtenkäfers konnte die Bahn aber bislang nur so ungenügend lösen, daß sich mit dem Stuttgarter Polizeipräsidium sogar die eigene Seite von ihr abwendet und ihr die Pistole auf die Brust setzt. Und das eine Woche bevor das Problem hätte befriedigend gelöst sein müssen.


    Das finde ich nicht sonderlich vertrauenserweckend. Jemanden, der auf vergleichsweise einfache Fragen keine Antwort hat, sollte man eigentlich nicht unreflektiert in schwierigsten geologischen Formationen rumbohren lassen. Und die Bahn muß da mal endlich zu Potte kommen und erklären, wie sie das gesamte Projekt in vereinbartem Zeitrahmen, zu vereinbarten Kosten, verträglich für Mensch und Natur umsetzen will.


    Und da sehe ich momentan nichts. Nicht mal in Ansätzen. Aber ich will, mehr, als jemals zuvor, daß sie mir Argumente liefert ihr mein vollstes VErtrauen auszusprechen. Wieso kriegen die das nicht hin?

  • ^Können wir den Satz "bestgeplante Projekt aller Zeiten" bitte endlich beerdigen? Dieser Satz kam soweit ich weiss nicht von der Bahn sondern von einem Politiker und die Bahn ist damit erst recht nicht über Jahre durch die Straßen gezogen. Volker Kefer meinte bei der Schlichtung mal: "ob es das bestgeplante Projekt aller Zeit ist weiss ich nicht, aber es ist sicher das bestgeprüfte". Darauf könnten wir uns einigen.


    Zum Thema Bringschuld: wenn man die Bahn denn schon vor zwei Jahren hätte machen lassen, dann wären wir viel weiter. Und sorry, ich finde es schon etwas unverschämt, dass ein Gegner von der Bahn fordert, sie möge bitte erklären, wie sie im vereinbarten Zeitrahmen mit allem fertig werden will, wo doch die Gegner die ganzen Verzögerungen verursacht haben.


    Zum Thema Juchtenkäfer und die 1,5 Jahre: ein Bekannter meinte zu mir, dass die Bahn laut einiger Quellen keinen konkreten Plan vorgelegt hat, weil sie nicht wusste, welcher Baum am Ende versetzt oder gefällt wird. Er ergänzte, dass vor kurzem bei einem öffentlichen Treffen mit ein paar Sachverständigen anscheinend alles geklärt wurde, und daraufhin die konkrete Planung in die Wege geleitet wurde. Ob das stimmt weiss ich nicht. Bin grad zu Faul zum recherchieren.


    Die Lösung des "Problems" Juchtenkäfer ist ein meinen Augen jedenfalls recht simpel: einsammeln, versetzen und gut ist.


  • Die Lösung des "Problems" Juchtenkäfer ist ein meinen Augen jedenfalls recht simpel: einsammeln, versetzen und gut ist.

    Mist! Warum ist nur die Bahn nicht auf die Idee gekommen? :lach:

  • Juchtenkäfer - Bringschuld BUND/Nabu/... ?

    Bei diesem Thema kann man sich wirklich fragen, ob die ganze Diskussion nicht schon verrückt ist. Von außen betrachtet: bestimmt.


    Ohne Rechtsexperte auf diesem Gebiet zu sein, scheint ja wohl nur die Art und nicht Einzeltiere rein rechtlich zu schützen zu sein. Andernfalls müßte man in letzter Irrsinnskonsequenz eine Art Rettungswesen und Kliniken für Juchtenkäfer aufbauen und auch dann aktiv werden müssen, wenn ein alter Baum von ganz alleine abstirbt. Wenn es aber um das Leben des Einzeltiers geht, dann darf der Mensch auch nicht Gott spielen und andere Einzeltiere als nicht schützenswert behandeln. Dieses rechtliche Gott spielen kann seine Basis also nur im allgemeinen Erhalt von Arten und eben nicht im Erhalt jedes einzelnen Tierlebens analog dem Menschenleben haben. (Davon unabhängig sind natürlich Vorschriften z.B. hinsichtlich Tierhaltung oder Tierquälung, die vernünftigerweise zum Schutz einzelner Tiere bestehen.)


    Allein in Europa gibt es laut Wiki 919 Fundorte (offensichtlich Populationen). Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher sein, da kaum davon auszugehen ist, daß sämtliche geeignete Bäume Europas auf den Käfer untersucht worden sind. Falls doch wäre es ein weiterer Irrsinn.


    Aber sei´s drum. Wer hoffentlich noch in der Lage ist, gewöhnliche Denkmuster zu verlassen, dem könnte sich sich hier die Frage stellen, ob jetzt (spätestens nach der Volksabstimmung) nicht auch gemeinnützige bzw. öffentlich geförderte/privilegierte Institutionen wie Nabu oder BUND selbst eine (zumindest moralische) Bringschuld haben - gerade wenn ihnen der Schutz dieses Käfers so ein Anliegen ist.


    Oder geht es diesen Institutionen nur um Selbstdarstellung und politische Agitation? Ist ihnen der Juchtenkäfer in Wahrheit sch*egal und dient nur als willkommenes Instrument zur Projektverhinderung? Wer soviel Zeit und Geld für politische Teilnahme, Demos und Transparente investiert, sollte eigentlich auch eine Bruchteil für den Käfer übrig haben. Zumal dort offenbar Fachwissen bezüglich dessen Verhalten und Lebensraum vorliegt.


    Doch das wäre wohl zu konstruktiv und schon gar nicht destruktiv.
    Wenn das faktische Tun dieser Institutionen allerdings vorwiegend in der politischen Einflußnahme statt praktischer Unterstützung/Arbeit liegt, fragt sich, ob diese Institutionen Sinn machen (dafür gibt es Parteien / BI´s) und vor allem ob sie so legitimiert sind. Deren Förderung und Privilegien sind ebensowenig basisdemokratisch zustande gekommen wie der Schutz von Juchtenkäferpopulationen. Die Privilegien für Käferart, Nabu, Bund etc. sind allesamt durch die zuletzt gern kritisierte repräsentative Demokratie entschieden worden.


    Man kann es schon bemerkenswert finden, wenn sich die sogenannten Umweltschutzgruppen einheitlich gegen ein Projekt aussprechen, welches kostentechnisch und verkehrlich Kritikpunkte enthält, jedoch stadtentwicklungs- und grünflächentechnisch unbestreitbar einen Gewinn darstellt. Selbst als das globale verkehrliche Argument, mehr Bahnverkehr zuzulassen, durch den Stresstest bestätigt wurde. Es entsteht so der Verdacht, daß es sich in erster Linie doch eher um politische Untergruppierungen der Grünen als um wirkliche Naturschutzverbände handelt.



    Es wären im Zuge von neuer Bürgerbeteiligung, Sensibilität und Wut beispielsweise folgende Volksabstimmungen durchaus überlegenswert:


    - Sollen gesellschaftlich privilegierte Naturschutzverbände überwiegend dem praktischen Naturschutz dienen und die Gesellschaft dabei unterstützen?


    - Sollen Tierpopulationen nur bis zu einem Betrag XXX € pro Tier geschützt werden, wenn die Art nicht unmittelbar vom Aussterben bedroht ist und es im Land weitere Populationen gibt?


    (Man denke an die vielen kleinen Nahverkehrsinvestitionen und Sozialhilfen, in welche die Ersparnis fließen könnte)

  • Ohne Rechtsexperte auf diesem Gebiet zu sein, scheint ja wohl nur die Art und nicht Einzeltiere rein rechtlich zu schützen zu sein.


    Der Juchtenkäfer ist eine besonders geschützte Art nach Anhang IV 92/43/EWG (FFH-Richtlinie), und damit in §44 BNatSchG eingeschlossen. §44 verbietet das Töten, Verletzen, Fangen, Nachstellen, Inbesitznehmen, Entnehmen, Stören von Einzeltieren und Entwicklungsformen (Larven o.ä.) der Geschützten Art.


    Und ja, über jeden einzelnen ermordeten Juchtenkäfer muß rein rechtlich gesehen Buch geführt werden.

  • Geschichte einer Ausrottung


    Noch 200 Exemplare auf der Welt, dann kann man ja noch 100 erlegen.
    Noch 100 Exemplare auf der Welt, dann kann man ja noch 50 erlegen.
    Noch 50 Exemplare auf der Welt, dann kann man ja noch 25 erlegen.
    Noch 25 Exemplare auf der Welt, dann kann man ja noch 15 erlegen.
    Noch 10 Exemplare auf der Welt, dann kann man ja noch 5 erlegen.
    Noch 5 Exemplare auf der Welt, dann kann man ja noch 3 erlegen, denn ein Pärchen reicht doch.
    Noch 2 Exemplare auf der Welt. Mist, das waren zwei Männchen.

  • Also entschuldige mal, aber was soll denn der Blödsinn. Noch nie wurde bewußt derart viel für den Tierschutz getan, gerade in Deutschland. Diese ständige Polemik ist hier fehl am Platz! Mich würde interessieren wieviele Bäume im Schloßgarten denn tatsächlich als Brutbaum für den Juchtenkäfer dienen. Wenn es sich hier nur um ein paar Exemplare handelt wird sich doch wohl eine Lösung finden lassen - und da der Juchtenkäfer ja so akut vom aussterben bedroht ist kann seine Population im Schloßgarten ja anscheinend nicht so hoch sein. Aber gerade der BUND und Konsorten sind wohl wenig an einer Lösung interessiert, dient der Juchtenkäfer ja als DAS Totschlagargument gegen S21.

  • Der Juchtenkäfer ist eine besonders geschützte Art nach Anhang IV 92/43/EWG (FFH-Richtlinie), und damit in §44 BNatSchG eingeschlossen. §44 verbietet das Töten, Verletzen, Fangen, Nachstellen, Inbesitznehmen, Entnehmen, Stören von Einzeltieren und Entwicklungsformen (Larven o.ä.) der Geschützten Art.


    Und ja, über jeden einzelnen ermordeten Juchtenkäfer muß rein rechtlich gesehen Buch geführt werden.


    Die Sache verhält sich schon etwas anders als hier bislang dargestellt. Da ich mit solchen Fragen tagtäglich konfrontiert bin, erlaube ich mir dies ein wenig differenzierter darzustellen.
    Grundsätzlich regelt § 44 BNatSchG die Frage des Besonderen Artenschutzes durch verschiedene Verbote. Von Bedeutung sind im vorliegenden Fall die so genannten Zugriffsverbote des § 44 Abs. 1 Nr. 1 bis 4. Demnach ist es verboten,
    1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
    2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
    3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
    4. wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören.
    Vor dem Hintergrund der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 BNatSchG ist daher grundsätzlich immer zu ermitteln, ob und in welcher Weise in Folge der mit dem Vorhaben artenschutzrechtliche Verbote tangiert werden können.
    Allerdings sind hierbei die Besonderheiten der so genannten Legalausnahme nach § 44 Abs. 5 BNatSchG zu berücksichtigen. Danach gelten die Verbote bei (nach § 15 BNatSchG zulässigen) Eingriffen in Natur und Landschaft nur für die in Anhang IV der FFH-RL aufge¬führten Tier- und Pflanzenarten sowie für die Europäischen Vogelarten (europarechtlich geschützte Arten). Darüber hinaus sind die artenschutzrechtlichen Bestimmungen des § 44 Abs. 1 Nr. 1 (Tötungs¬verbot) nicht in Verbindung mit § 44 Abs. 1 Nr. 3 (Zerstörung von Fortpflanzungs- oder Ruhe¬stätten) anzuwenden, wenn sie unvermeidbar sind und die ökologische Funktion im räumlichen Zusammenhang wei¬terhin erfüllt wird. Bei Gewährleistung der ökologischen Funktion der vom Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhe¬stätten ist auch § 44 Abs. 1 Nr. 3 nicht gegenständlich.
    Das heißt zusammengefasst:
    Natürlich geht es beim Juchtenkäfer nicht um den Verlust oder die Tötung eines Individuums. Vielmehr stellt sich die Frage, ob bei Fällung der durch die Art besetzten Bäume die gesamte Population im Mittleren Schlossgarten in ihrem Fortbestand bedroht ist. Wäre dies zu prognostizieren, hätte die Bahn die Verpflichtung, durch so genannte CEF-Maßnahmen das Fortbestehen der Population sicher zu stellen. Dies könnte bspw. durch Impfung geeigneter Bäume in benachbarten Bereichen mit Larvenvorkommen etc. geschehen. Warum die Bahn dies nicht schon längst veranlasst hat, erschließt sich niemandem mit gesundem Menschenverstand, denn der Aufwand hierzu wäre minimal und den rechtlichem Anforderungen könnte so längst entsprochen sein. Genau das und nichts anders hat der VGH in seinem Beschluss vom Dezember klar gestellt. Im Übrigen werden solche Maßnahmen landauf und –ab bei den verschiedensten Vorhaben ausgeführt und die Bahn selbst verfügt eigentlich über genügend Erfahrung im Umgang mit diesen Dingen. Den Projektverantwortlichen in diesem konkreten Fall sollte man m.E. schnellstens sonst wohin schicken.

  • Hallo bushaltestelle, herzlich willkommen und vielen Dank für den sach- wie rechtskundigen Debütbeitrag. Ich kann mich dem und der sich daraus ergebenden Schlussfolgerung nur anschließen bzw. auch nur noch wiederholen: Die DB AG bzw. auch das EBA haben hier offensichtlich schlicht ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Wie oben: Ich habe mich sowieso immer gefragt, warum diese alten Projekthasen in einem zentralen Kritikpunkt der Parkschwätzer-BUND-Allianz wie hier nicht alles wasserdicht abzuliefern im Stande waren. An Knowhow und Zeit kann es doch nun wirklich nicht gemangelt haben (Beim Personal möglicherweise beim EBA). Bei S21 kann es aber kein Sichmalsodurchwurschteln geben.

  • bushaltestelle: mich würde interessieren wieviel Zeit eine geeignete Maßnahme in der Regel in Anspruch nimmt


    Muß man, bevor man die Bäume fällen darf abwarten, bis klar ist, ob die Maßnahme erfolgreich war?

  • Hallo
    Das kann man leider nicht so einfach beantworten. Es kommt generell auf die betroffene Art und die einzelnen Umstände an. Wenn bspw. für Amphibien- oder Reptilienarten zunächst neue Lebensstätten geschaffen werden müssen, in die eine betroffene Population dann versetzt werden soll, muss selbstverständlich diese Voraussetzung zunächst gegeben sein. Was heißt, dass der Ersatzlebensraum vorab funktionsfähig sein muss, ehe in die bisherige Lebensstätte eingegriffen werden kann.
    Bei den im Schlossgarten ggf. betroffenen Arten (in erster Linie der Juchtenkäfer) könnte man jedoch - wie schon angedeutet - in der näheren Umgebung vorhandene Habitatstrukturen nutzen. Selbstverständlich ist der Erfolg der Maßnahme jedoch zu kontrollieren. Hierzu wird als Auflage zu einer CEF-Maßnahme auch regelmäßig ein Monitoring festgeschrieben, dessen Dauer und Inhalt einzelfallbezogen und artspezifisch festgelegt wird. Beim Juchtenkäfer wäre damit jedoch wohl kein zeitlicher Aufschub zur Baumfällung verbunden. Denn, wenn sich im Laufe des Monitorings Schwierigkeiten zeigen würden, könnte man immer noch durch flankierende Maßnahmen regulierend eingreifen. Um die Frage damit zu beantworten: Nein, um mit Baumfällungen zu beginnen, ist in diesem Fall sicherlich kein längerer Zeitraum abzuwarten. Zumindest wäre jedoch bis zum Beginn der Fällarbeiten überhaupt mal eine Maßnahme zu beginnen und das ist momentan noch nicht zu erkennen. Soweit man den Presseberichten entnehmen kann, hat ja die Bahn bislang lediglich ein Gutachten vorgelegt, das jedoch nach Einschätzung des Regierungspräsidiums (welches vom zuständigen EBA um Stellungnahme gebeten wurde) offensichtlich erhebliche Mängel aufweist. Wie man damit seitens der Bahn in der bis Ende Februar verbleibenden Zeit alle Anforderungen erfüllen kann, bleibt abzuwarten….

  • ^Dein Link führt nicht zur StZ


    edit


    Hab mir das Video jetzt angeschaut. Zu sehen sind Projektgegener wie sie sichtlich amüsiert aus der heutigen StZ vorlesen. Bei jedem 2. Satz gibt es, aus mir unerschließlichen Gründen, lautes Gelächter. Am besten gefällt mir die Stelle wo der Vorleser meint das er den, aus seiner Sicht lächerlichen Artikel, noch nichteinmal zuende gelesen hat. Faszinierend

  • Regent:


    vielleicht für dich zur erklärung. aus dem artikel wurde gestern abend gegen ca. 23h vorgelesen, wobei die in dem Artikel schon Zeitangaben (nach 24h) bzw. ein Bericht von den Ereignissen hinsichtlich der Räumung in der Nacht von Do. auf Fr. drinstand. Die Stz hat also bewusst Informationen verbreitet über die sie gar nicht verfügen konnte. Ergo sie hat gelogen. Das wird denke ich dem Presserat nicht so gut gefallen.