Man hätte am Leopold-Platz diesen scheußlichen Kaufhausbrecher aus den 70ern einfach, wenn nicht einstampfen, wenigstens teilweise zurückbauen sollen - diese Fiese Unwucht im Stadtraum bleibt auch mit dem Gewinnerentwurf erhalten.
Die Fassade wirkt zwar sehr plastisch aber verliert ihren Reiz durch den begrenzten Einfallsreichtum der sich hier in ständiger Wiederholung einfach abnutzt auch der opt. Effekt von Legosteckmodulen wirkt in der Dimension auf die Dauer wenig unterhaltsam.
Ich halte es für ungesund ganze Stadtteile in Abhängigkeit zu einzelnen Grossimmobilen zu stellen, das ist eben anders als kolportiert nicht nachhaltig, die Aufwandsreduktion und Effizienz auf großer Fläche ist kein wirklich ehrliches Argument für Zukunftsbedachte Entwicklung von Stadträumen.
Eine kleinere Körnung ist wesentlich flexibler um auf soziale und wirtschaftliche Veränderungen und Brüche zu reagieren, - das macht die klassischen Blockränder mittlerer Körnung ja so erfolgreich.
Eine Vervielfältigung der Gebäudeidentitäten gestaltet den Stadtraum wesentlich robuster.
Wenn eine einzelne Einheit aus welchen Gründen auch immer schwächelt, bedeutet das eben nicht gleich, dass ganze Straßenzüge abrutschen.
Die Verteilung auf mehrere Autonomien bietet da eine höhere Toleranz, ist in den Möglichkeiten der Nutzung vielseitiger und flexibler und kann besser mit Veränderungen umgehen und auf sie reagieren.
Geboten werden soll nun ein Rundumsorglospaket unter einem Dach.
Kita, „grüne Wasserfälle“, gemeinnützige Einrichtungen, natürlich Büros, das Kaufhaus schrumpft in die untersten Etagen und alles super ökologisch und nachhaltig weil die Anlage nicht abgerissen sondern umgewidmet und in zeitübliche Schönheit transformiert wird. Nun wird man aber nicht sauber, blos weil man frische Wäsche anlegt.
Das ganze vorgetragene soz. und auf Nachhaltigkeit getrimmte Gewissen der Architektur wirkt auf mich hier eher wie ein „nice to have“ fürs Marketing. Charakterlich und opt. vermittelt sich das für mich gar nicht. Woraus bestehen diese frisch, fromm, fröhlich, freien Grabrahmen der Fassade eigentlich? Ist das fernimportierter Naturstein oder Beton?
Der Kiez kämpft seit Jahren mit soz. Auffälligkeiten im Öffentlichen Raum und man verspricht sich wohl die schnellst mögliche Lösung für den Geist den man hier polit. und eigentlich auch architekt. seit der Nachkriegszeit aus der Flasche gelassen hat.
Wohneinheiten sind trotz Bedarf nicht Teil des angebotenen Konzeptes und es bleibt letztlich ein Mischnutzungsarmes überdimensionales Geschäftshaus.
Massstabslose annonymisierende ausgedehnte Grosseinheiten, die ganze Quartiere beherrschen, stärken eher weniger das positive Erleben des Umfeldes, Und damit den Gemeinsinn und die soz. Kontrolle.
Sie bieten entgegen ihrer Flächenvereinnahmung, ein unverhältnismäßig träges reaktives Verhalten bei Problemen.
Im schlimmsten Fall liegen die Eigentumsverhältnisse dann noch bei irgendwelchen abstrakten Gesellschaften aus „sonst- woher“.
Welche Idee hat man für den nicht unwahrscheinlichen Fall dass das Kaufhaus im Erdgeschoss verschwindet -da sich dieses Warenhaus-Konzept zunehmend in ein Luxus-Nischenphänomem flüchtet.
Was macht man dann mit gefühlt 100/200m Spazierweg leergezogener Schaufensterflächen die sowieso ein mittlerweile oft ein schädlich vernachlässigtes Kommunikationsmittel des Einzelhandels im öffentlichen Raum darstellen.
Wie wirkt sich das auf die Restmieter und die Umgebung aus?
Was ist daran Nachhaltig, einen Bau für instabile Konzepte zu ertüchtigen und eine problematische und eher destruktive Architekturhaltung zum Umfeld zu bestätigen.
Es ist sicherlich begrüssenswert , dass der fensterarme Sarkophag verschwindet aber dieser Entwurf ist für mich nichts weiter als die Aktualisierung des bestehenden Dimensionsproblems.
Der ganze Platz behält seine opt. Schlagseite an dieser Raumkante und die Perspektive auf eine Meidungsflanke ist aufgrund der Größe und der für mich fragwürdigen Nutzungsideen inhärent.
Die Fassade mag wertig und etwas komplexer sein, erinnert mich aber stark eher an aufgeblasene Kongress und Verwaltungsbauten der frühen 60er, die sich seit dem, genauso wie die Horten- und Karstadtbunker ungeniert und umfeldvergessen in die Städtische Landschaft drängelten.
Eigentlich in Ihrer Größe, Grobheit und dekonstruktiven Haltung zur traditionellen Stadtstruktur architekt. Längst Überlebte und widerlegte Symbole, der Idee von der Autogerechten, aufgelösten Stadt - warum wärmt man ausgerechnet so etwas wieder auf?
Warum beklatscht man ausgerechnet Dinge die einen nicht unbedeutenden Anteil an der entsolidarisierung und desozialisation der Stadtgesellschaft haben und in Ihrer Mentalität den längst formulierten Notwendigkeiten für die Stadt der kurzen Wege und der Reduzierung des Individualverkehrs widersprechen.
Der Platz hätte mit seiner Schinkelkirche und der hist. Randbebauung wirklich viel Potenzial zu einem Interessanten, freundlichem Stadtraum zu geraten und kippte vor allem durch die monströse Ausdehnung des hässlichen, dunklen Flächenbetonten Kaufhauses.
Die Bögen im ersten Entwurf überzeugten mich auch schwerlich, aber der Bau wirkte insgesamt leichter.
Bei diesem brach die Fassade wenigstens an einer Stelle auf und simulierte mit wechselndem Fassaden-Rythmus ansatzweise kleinere Strukturen.
Die Gelegenheit hier effektiv eine angemessene reparierende Geste für den Leopoldplatz zu finden hat man leider wieder verpasst.
Der präpotente Trümmer der den Platz und die anschließende Straße mit monothematischem Fassadenbild dominiert bleibt letztlich erhalten, das was hier stattfindet ist rein geschmäcklerische, stilistische Kosmetik und stellt keine städtebauliche Verbesserung dar.
Wenigstens eine Individualisierende Eckbetononung hätte man hier vortragen können die dem Gebäude eine Bindung an den Stadtraum aus Platz und Strasse angeboten hätte.