Rund um den Gendarmenmarkt

  • Man sollte die Akademie der Wissenschaften rekonstruieren. Diese wurde im Krieg stark beschädigt und vorher durch die Nazis entstuckt und vereinfacht. Was meint Ihr?


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  • Ja, vereinfacht - in der aktuellen Form finde ich sie jedoch noch immer ansehnlich und zum Platz passend. Ein Schandfleck ist sie jedenfalls nicht.


    Wenn Rekonstruktion, dann würde ich es vorziehen, wenn man sich auf andere Projekte konzentrieren würde.


    Stichwort: Bauakademie.

  • Sir Moc: Akademie der Wissenschaften rekonstruieren

    Friedward: Bauakademie rekonstruieren

    Architektur-Fan: Akademie der Wissenschaften und Bauakademie rekonstruieren. :thumbup:

  • Sicher richtig Prioritäten zu setzen - es gibt Rekonstruktionen wie die der BA, die für ihre Umgebung dringlicher und ergiebiger wären.


    Der Akademiebau am Gendarmenmarkt wäre aber im Rekoaufwand jedoch m.M relativ überschaubar.


    Die Gestaltung des Neobarocken Baues nach Kieschke stand von Anfang an unter keinem Guten Stern.


    Schon bald nach Fertigstellung 1903, regte sich Protest gegen die Fassade und sie sollte abgemildert werden.

    Man warf ihr vor, mit ihrer Üppigkeit und dem verlagerten Hauptzugang an den Gendarmenmarkt, in Konkurrenz zum Schauspielhaus von Schinkel zu treten.


    Bereits 1915 wurden dann Fassadenelemente abgenommen.


    Bei Vergleich historischer Aufnahmen, dürften bis zur Fassaden-Rasur in den 30ern, im früheren Vorfeld bereits Dachreiter und Gauben weggefallen sein.


    Das barocke Domestikenhaus von Wiesend wurde 1901 für das heutige Akademiegebäude als Neubau der preußischen Seehandlungsgesellschaft (ab 1918 preußische Staatsbank) abgebrochen.

    Der markante Spenggiebel des Baues in der Jägerstraße, tauchte als Schmuckmotiv dann aber interessanterweise an den Risaliten des Baues als Referenz wieder auf.


    Zudem wurden originale Teile der Fassade aus dem 18.Jhd. in die Fassade der Hofseite integriert.


    1939 wurden diese Spolien dann genauso vernichtet wie der überwiegende Teil der Neobarocken Dekorationen einschl. der Risalitgiebel.


    Wiesend galt als einer der wichtigensten Baumeister der nachschlüterschen Barock.


    Nach dessen Stilvorgaben und unter dessen Aufsicht wurden an die 300 Wohngebäude in Berlin errichtet (vergl. Palais Graf Schwerin=Reichspräsidentenpalais Wilhelmstraße 73).


    Er ist heute nahezu unbekannt und völlig unsichtbar - sein Domestikenhaus wurde bereits durch Gilly (von dem auch nicht viel mehr als ein Mausoleum in Polen existiert), modifiziert, indem er u.a. die Attikafiguren entfernen ließ und einen Triglyphenfries unter das Traufgesims der Risalite klemmte.


    Bei einer Purifizierung, können Gestaltung und Tektonik des Baues selten soweit getilgt und überformt werden, dass das Ergebnis als autonome Baukünstlerische Leistung gelten kann- eine ästhetische Verbesserung bleibt bei einer vulgarisierung sowieso aus.

    Es entstehen z.T. Herbe Widersprüche und Missverhältnisse so dass sie zu nichts weiter führt, als zur Verhässlichung.


    Das fällt prominent auch bei der Deutschen Bank, dem Hotel Windsor oder dem Gebäude der Nordsternversicherung auf. Die Requalifizierung dieser Fassaden wäre hier wirklich zu begrüßen.


    Was sich hingegen heute besonders störend an der Schlichtung des Akademiegebäudes ausnimmt, aber äußerst effektiv und einfach zu beheben wäre - ist der verlust der Dachgauben und der barockisierenden Sprenggiebel auf den Avantcorps.


    Das Gebäude besitzt stilistisch schlüssig, ein

    riesiges ziegelrotes Mansardendach für einen Neobarocken Prestigebau.


    Seit Lascot od. mntwg. Mansart, sind aus guten Gründen, Giebel und Gauben für diese Dachform typisch. Sich hier nur noch auf Dachluken zu beschränken wirkt für die Dachform dieses Gebäudes inadäquat bis trampelhaft und improvisiert


    Zudem fehlt mit den Giebeln, eindeutig die Klammer zwischen Fassade und Dachzone.


    Für ein repräsentatives Gebäude mit Vollansicht, ist die jetzige reduzierte Situation der Dachzone unschlüssig, weil die vertikalen Strukturen der Fassade keine entsprechende Reaktion mehr in der Dachzone erfahren sondern mit Beginn der Dachzone abreißen.

    Dadurch sieht das Gebäude einfach aus als hätte es den Falschen Deckel bekommen obwohl das Dach sich zur ehemaligen Gestaltung eigentlich stimmig verhielt.


    Erfuhr der Bau der Akademie in seiner Entstehungszeit noch herbe Kritik für seine Fassadengestaltung, hat sich die Perspektive hier seit den 30ern, heute doch weitaus kritischer entwickelt.


    Die Bebauung der Platzkannten besteht abseits geringster Reste der Vorkriegsbebauung aus der vorletzten Jahrhundertwende, zum größten Teil aus verschrobenen Stilplatten, der Postmoderne und der doch sehr lauten Eunuchenarchitektur der Nachwendezeit.


    Gerade Diese verschafft dem sogenannten schönsten Platz Berlins, durch Dudler, M8 und Kollhoff noch mal eine herbe Breitseite.


    Die kahlen Bullybauten mit Staffelgeschoss stehen deutlich mehr in Konkurrenz zum Schinkelbau als der Bau von Kieschke. Eben weil sie sich in ihrer neomodernen Reduktionsästhetik dem Schauspielhaus andienen und sich dabei mit ihrem Vorgehängten Edelfliesenlook wie bigotte, auftrumpfende Türsteher am Gendarmenmarkt verhalten.


    Sie zerschiessen das postmoderne Konzept der Umbauung aus DDR Zeiten.

    Die versuchte in der Entwicklung der seit dem Krieg löchrigen Platzkannten, einen historisch orientierten Rahmen für die Zentralarchitekturen zu setzen, der die barocke Gründung des Platzes rekapituliert.


    Mit geneigten Dachformen und Ornament versuchte man sich in einer vielfältigen aber konsistenten historisierenden Platzfassung, die sich wie ein Passepartout um die Gontardkirchen und das Schauspielhaus legt.

    Das wurde als Konzept von den Verursachern der Neubauten der Nachwendejahre überhaupt nicht verstanden.

    Im Gegensatz zum Akademiegebäude muss man nun bei den Bauten der 90er wirklich froh sein wenn man sie mit Blick auf die Schauseite der Zentralbauten im Rücken hat oder sie von diesen ausreichend verdeckt werden. Außer für Büroanzeigen sind diese Bauten im Umfeld des Gendarmenmarktes ästhetisch völlig unbrauchbar.


    Ob man bei einer Reko der Akademie unbedingt den Zustand von 1903 erreichen muss sei mal dahingestellt - den

    markanten Bronze-Merkur zb. bräuchte ich hingegen nicht so sehr, weil die hochgestellte Sockelung der Figur mit Baldachin in der hierzu genutzten konkaven Ecksitiuation m.M auch recht merkwürdig manieriert wirkte.


    Als Emblem für die Preußische Staatsbank macht der Gott der Diebe und des Handels zudem vielleicht noch Sinn, für den heutigen Sitz der Akademie der Wissenschaften sollte man sich wenn überhaupt eher was anderes Einfallen lassen.

    Einmal editiert, zuletzt von Endell ()

  • Hier geht das Baumtempo gut voran. Neue Bilder wurden die Woche von Entwicklungsstadt.de präsentiert ( siehe Link) .Noch in dieses Jahr, Soll die Baustelle abgeschlossen Werden.Unter anderen:


    AUCH GROSSVERANSTALTUNGEN SOLLEN KÜNFTIG BESSER DURCHFÜHRBAR WERDEN

    &

    UMBAU: DER GENDARMENMARKT ERHÄLT EINE MODERNE, UNTERIRDISCHE INFRASTRUKTUR


    Und etwas mehr Infos ( siehe Link )

  • Leider passt das Pflaster meiner Einschätzung nach nicht ideal zum Gendarmenmarkt. Die Steine sind viel zu grau und beißen sich mit dem Sandstein des Konzerthauses und der beiden Kirchen. Ein warmerer Farbton wäre schöner gewesen.

  • Ich sehe eigentlich keine Verbesserung in der Optik der Pflasterung. Und genau wie auf dem Bebelplatz fehlen mir Grünflächen. Aber die würden natürlich die "Bespielbarkeit" der Fläche beschneiden.

  • Aufwand vs Ergebnis ist aus meiner Sicht ganz schön schlecht. Der Platz ist in erster Linie anders. Aber nicht zwingend besser. Das viele, viele Geld... Wow. Versteht jemand, welche politischen Kräfte es waren, die das durchgesetzt haben? Mit welchem Ziel? (wobei mich es ja freut, wenn an in Berlin überhaupt etwas durchgesetzt werden kann. Besser als komplette Erstarrung)

  • Interessant, dass sich alle/die meisten einig mit der kritischen Bewertung des (Zwischen-)Ergebnisses zu sein scheinen. Tatsächlich kenne ich auch "stimmungsvollere" Pflasterungen als diese. So schlecht finde ich das bisherige Ergebnis aber trotzdem nicht.


    Farblich ist es sicher ein Kontrast zu den Sandstein- bzw. sandsteinfarbenen Fassaden. Aber Ton in Ton hätte ich auch nicht so wünschenswert gefunden, da es dann überhaupt keinen Kontrast gegeben hätte, der die Fassaden hervorhebt. Vielleicht hätte man auch die anthrazitfarbenen oder die rötlichen/bunteren Steine aus den Streifen stärker einbringen können. Aber auch den gewählten "Dreiklang" kann ich nachvollziehen und empfinde ihn nicht als kalt oder gar beißend aber auch nicht zu monoton. In Wirklichkeit sind es ja sogar recht viele Farbtöne. Und man darf auch nicht vergessen, dass wir hier nicht ständig eine komplett freie Fläche erblicken werden (und auch die hässlichen Baustellenelemente bald noch verschwinden). Es sollen ja zahlreiche Veranstaltungen stattfinden. Und damit hängen vermutlich auch die meisten der Kosten zusammen. Jedenfalls würde es mich wundern, wenn die eigentliche Pflasterung da den Löwenanteil ausmacht. Die wird nun ja im Vergleich mit der Vorgeschichte auch recht zügig verlegt.

  • Warum sollte die Bespielbarkeit der Fläche durch Grünanlagen beschnitten werden? So ein Denken hört man irgendwie auch nur in Berlin - sry, aber dass ist doch Quatsch. Es ist ein Können und Wollen, nicht mehr und nicht weniger, zumal auch Berlin den "Klimanotstand" ausgerufen hat, aber alles ist auf Papier geduldet und ich glaube, dass Verantwortliche keine große Ahnung von Dingen besitzen. Die hören Etwas von Stadt X & denken naiv dabei: "Dit brauchen wa och". Was "dit" aber eigentlich bedeutet, sprich reflektieren über den Sinn, da hört das Verständnis auf.


    Hier wurde ein historischer Platz neu gestaltet, alles schick & schön, aber dieses rigorose festklammern an überholten Ansichten ist nicht mehr normal. Mehr Bäume und Blumen hebeln doch keine Historie auf oder sind störend für's Stadtbild. Das ist pure Ideologie und Ewiggestriges denken und das ist auch ein Berliner Problem warum vieles eben nicht mehr so funktioniert, weil man zusehends im Vor-Gestern denkt.

  • ^ Okay, "nur Berlin" ist mal wieder zu doof für alles, naiv, rein ideologisch unterwegs und klammert sich an "überholten Ansichten" fest, ja? Ich empfehle mal einen Blick auf die Plaza Mayor in Madrid, die Place Vendome in Paris, den Trafalagar Square in London oder die Piazza Navona in Rom. Allesamt gepflastert. Warum? Es handelt sich um einen Platztypus des europäischen Städtebaus, der sich aus dem Marktplatz entwickelt hat und später Ort für Versammlungen und Feste wurde. Nicht um einen Schmuckplatz mit parkähnlicher Gestaltung, der sich aus dem städtischen Palastgarten entwickelt hat (in Berlin: Lustgarten).


    Ich bin heilfroh, dass man den Gendarmenmarkt als großstädtische Platzanlage erhält und eben keinen "Pocketpark" draus gemacht hat. Und was den Klimanotstand betrifft: Unter dem Platz wurden Regenwasser-Sammelbehälter mit Versickerung angelegt, um bei Starkregen eine Überforderung der Kanalisation zu verhindern. Das ist zigmal wichtiger als ein paar Blumenrabatten, die de facto gar nichts austragen.


    (Das Pflaster finde ich übrigens auch etwas unterwältigend - mir scheint, man hat zwar Muster und Farbgebung des DDR-Pflasters aus den 80ern beibehalten, auf den Wechsel im Material aber verzichtet. Aus Kostengründen, vermute ich. Schade.)

  • Bei dem Material gibt's in 30 jahren eh die nächste Neugestaltung. Vielleicht hat man dann auch gelernt, dass sich der europäische Platztypus im europäischen Klimawandel europäisch verändern muss. Europäisch.

  • Das ist nicht der Punkt. Die darunter eingebauten Rigolen haben lt. einem mir persönlich bekannten Landschaftsbauer eine Lebensdauer von ca. 30 Jahren. Ist halt Kunststoff. Danach sei nicht ausgeschlossen, dass der Boden plötzlich an betroffenen Stellen einsackt und aus Gründen der Verkehrssicherheit müsse dann wieder aufgerissen werden. Bei den verlegten Leitungen rechnet man auch mit einer begrenzten Lebensdauer.

    Was als klassische Platzgestaltung daher kommt ist eine typische Planung der Gegenwart voller Leitungen und anderer Anlagen im Untergrund, ausgelegt auf gewisse Nutzungsdauern und nicht etwa für die Ewigkeit angelegt.

  • Wenn die Sammelbecken in diesen 30 Jahren dem europäischen Klima mit zunehmender Frequenz stärkerer Niederschläge trotzen, dann hätten sie ja immerhin ihren Beitrag geleistet. Und wenn man sie irgendwann tauscht, dann kann man ja in der Tat sehen, ob man ggf auch gleich das Pflaster anpassen möchte - oder ob man es einfach direkt wieder verwendet.


    Ich bin generell ein Freund von Entsiegelung und Grün ohnehin aber bei bestimmten Verkehrsflächen aber auch ausgewählten städtischen Plätzen für Märkte, Events usw wird es vermutlich gelegentlich doch auf die Lösung mit solchen Auffangbecken hinaus laufen.

  • ....kleinere Pflastersteine = mehr Zwischenräume = größeres Versickerungspotenzial. Hätte man eine gewisse Wölbung der Fläche vorgenommen, wie beispielsweise beim Winterfeldtplatz in Schöneberg https://de.wikipedia.org/wiki/…eldtplatz_20160504_10.jpg,

    würde das überschüssige Wasser zu den Rändern hin abfliessen und man hätte sich diesen ganzen unterirdischen Leitungsrohrekladderatsch sparen können und müsste auch nicht in 30 jähren wieder alles erneuern. ;)

  • Naja, diese Pflastersteine sind jetzt auch nicht gerade riesige Platten. Und das mit dem Gefälle ist ja ein uraltes Prinzip und sicher auch in diesem Kontext bekannt gewesen. Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass es hier nicht so leicht umsetzbar und mit allen Funktionen vereinbar gewesen wäre. Man müsste natürlich einen Verantwortlichen fragen, aber die Dinge sind dann eben oft doch nicht ganz so trivial wie vielleicht scheinen. Es sind ja auch in Berlin nicht nur Stümper und Amateure am Werk...

  • ^ Bei einem Gefälle zum Rand hin würde das ganze Wasser direkt in die Kanalisation fließen. Das sollen die Zisternen ja gerade verhindern: Sie speichern Wasser, geben es nur langsam in den Boden ab und mildern so das Problem der Versiegelung. Das ist, wenn ich richtig verstehe, die Idee.