Wilhelm-Leuschner-Platz + Areal an der Nonnenmühlgasse

  • Jetzt hast du meinen Gedanken fast verstanden. Das Problem liegt bereits darin, dass es kaum Kleinteiligkeit der Nutzungen gibt. Man ordnet lauter Großstrukturen, noch dazu mehrere ähnliche Nutzungen, nebeneinander an. Zwei Forschungsinstitute, eine Fakultät, eine VHS und eine Musikschule. Natürlich werden dort viele Menschen verkehren. Ich sehe aber schon ein bisschen die Gefahr, dass die Stimmung auf dem östlichen Leuschner dem Biocampus auf der Technischen Messe (Institutsgebäude, Stadtarchiv, Hit-Markt) ähneln wird.


    [...]


    Also ich habe mich ja auch schon unlängst und unzählige Male über die Überfrachtung des WLP negativ geäußert. Zumindest hätte die VHS auf den Bayerischen Platz gehen können um dort eine städtebauliche Transformation einzuleiten. Dass die juristische Fakultät eine bessere Position braucht und nah zum Augusteum, finde ich logisch und sinnvoll. Auch wegen einer weiteren Mensa und des Forum Recht. Genau so wie einige andere Institute dort zu bündeln, welche bis zur Kriegszerstörung an der Moritzbastei lagen. Außerdem schafft man auch den Übergang ins Klinikviertel. Und irgendwie war ja der Fakt einer Uni im Stadtzentrum auch immer ein Pluspunkt bei Städten und hier vielleicht die Brücke in die Tradition.


    Wie dem auch sei, war ja das Markthallenviertel mit dem WLP nie ein Wohnviertel sondern gesäumt mit Hotels, Cafés und Restaurants sowie Kaufhäusern. Dementsprechend kann ich mir nicht unbedingt eine kleinteilige Wohnbebauung mit Quartier-Charakter heute dort vorstellen. Das ist dann - wie gesagt - auch der von mir angesprochen Anachronismus. Auch in Hinblick auf die Möglichkeiten der Verdichtung von Wohnbebauung zwischen dem WLP und dem Bayerischen Platz.

  • Auch Akustik und Mensa rechtfertigen doch, erst recht in diesen Zeiten, keinen 200 Millionen-Bau. Ob eine Musikschule überhaupt eine Mensa benötigt, zumal in der Innenstadt, wo ja nun wirklich keiner verhungert? Dann lieber den Angestellten ein paar Euro mehr zahlen. Dass man ein neues Gebäude braucht, damit die zu wenigen Mitarbeiter die zu hohen Lasten besser untereinander verteilen, statt einfach mehr Mitarbeiter einzustellen, überzeugt mich nun gar nicht. Aber nicht nur hier in unserem Baufreunde-Forum, sondern auch in der Politik gelten Neubauten einfach als verdammt sexy, so unvernünftig ein Neubau im einzelnen auch sein mag. Das ist seit tausend Jahren so, und wird sich wohl auch nicht so bald ändern.


    Immerhin sind wir uns wohl einig, wenn auch du eine Überfrachtung des Leuschners siehst. Aber nur durch den Wegfall der VHS könnte man dies auch nicht lindern.


    Einen Quartiers-Charakter, gar mit Blockrand und Co. hätte ich auch nicht vorgeschlagen. Und das, was früher Lebendigkeit gebracht hat, funktioniert heute auch nicht mehr. Kaufhäuser sind uninteressant, Gastronomie und Hotels sind in Überfülle bereits vorhanden. Ich hätte mir einen dritten Weg, ein innovatives Konzept gewünscht. Etwas, was man ja für die Freifläche geschafft hat.


    Neben den großen Akteuren Markthalle, Naturkundemuseum und Forum Recht hätte es so viele Möglichkeiten gegeben, interessante Nutzungskonzepte und städtebauliche Lösungen zu entwickeln! Stattdessen presst man noch zwei Institute und zwei städtische Bildungseinrichtungen mit drauf. So wird der Leuschner beinahe so etwas wie ein Gewerbegebiet für Institute. Und du hast vollkommen recht: an anderer Stelle, etwa am Bayrischen Platz, könnten diese Institute den Stadtraum enorm aufwerten und Impulse geben, während sie am Leuschner einfach nur herumstehen werden.

  • Nur eine Frage aus Interesse: kannst Du denn irgendeinem der Argumente pro Neubau folgen? Auf mich wirkt Deine Argumentation ein wenig so, als wären alle Argumente völlig egal, da für Dich feststeht, dass ein Neubau Unsinn ist.


    Der WLP ist ideal an den ÖPNV angebunden, liegt mitten in der Stadt nahe an vielen anderen relevanten Einrichtungen. Die Lage ist prädestiniert für öffentliche Gebäude mit viel Publikumsfrequenz und die Konzentration hat sehr wohl Vorteile auch für die Mitarbeitenden, die nicht selten zwischen Bayerischen Platz, Innenstadt und Außenstellen wie in Gohlis pendeln. Der Vergleich mit der Alten Messe hinkt m.E. dahingehend, dass sich dort primär Forschungseinrichtungen eben ohne viel Kommen und Gehen befinden. Musikschule und juristische Fakultät werden vermutlich für eine andere Belebung der Gegend sorgen.


    Nun treffen die Lage-Argumente auch auf die jetztige Musikschule zu - zu Pro und Contra Neubau hatten wir uns ja schon ausgetauscht.

  • Auch Akustik und Mensa rechtfertigen doch, erst recht in diesen Zeiten, keinen 200 Millionen-Bau.


    Es ist schon ein baulicher Akt, solche alten Gebäude IT- tauglich zu bekommen. Akustik ist nochmal etwas aufwändiger. Als Jugendlicher wollte man ja gerne Eier- Pappen an die Wände kleben, vielleicht reicht das auch hier?


    Aber vielleicht ist auch eine 200-Millionen- Sanierung besser, inklusive der dann trotzdem noch höheren Kosten die durch die dezentralen Standorte verursacht werden?


    Ob eine Musikschule überhaupt eine Mensa benötigt, zumal in der Innenstadt, wo ja nun wirklich keiner verhungert? Dann lieber den Angestellten ein paar Euro mehr zahlen.


    Es gibt schon einen Unterschied zwischen Mensa und Imbissbuden in der City. Mit der Argumentation könnte man auch die Mensa der Uni oder die (immerhin öffentliche) Kantine im Neuen Rathaus in Frage stellen. Zumal hier z. Bsp. Synergieeffekte mit der VHS greifen. Den Angestellten einfach mehr Lohn zahlen geht wegen der Bindung an den TVÖD nicht. Und außerdem haben die Besucher der Musikschule (und der VHS) davon nicht wirklich was...


    Dass man ein neues Gebäude braucht, damit die zu wenigen Mitarbeiter die zu hohen Lasten besser untereinander verteilen, statt einfach mehr Mitarbeiter einzustellen, überzeugt mich nun gar nicht.


    Wenn ich mehr Leute einstelle benötige ich Platz. Der im bisherigen Gebäude scheinbar nicht mehr vorhanden ist. Und nun?

  • Nein, die bisher vorgebrachten Argumente überzeugen mich nicht von der vorgeschlagenen Lösung. Ich sehe ein, dass die Musikschule, vielleicht auch die VHS, die wir hier gar nicht diskutieren, derzeit nicht in zeitgemäßen Räumlichkeiten arbeiten. Ich sehe ein, dass der Raumbedarf zudem gestiegen ist. Ich sehe auch ein, dass manche Nutzungen wie ein Musiksaal oder eine Lehrküche besondere Räumlichkeiten erfordern, die in einem Altbau (vielleicht) nicht ideal untergebracht werden können.


    Ich verstehe aber nicht, weshalb die gesamte Musikschule und die gesamte Volkshochschule deshalb einen Neubau benötigen. Ich verstehe nicht, weshalb man die grundsoliden und wertvollen Altbauten, in welchen beide Institutionen trotz verschleppter Modernisierung aktuell ja eine hervorragende Arbeit leisten können, als entbehrlich ansieht. Ich verstehe nicht, warum sich eine Modernisierung für die Stadt angeblich nicht lohnt, während unterstellt wird, dass dies für einen privaten Investor, der zusätzlich noch den Kaufpreis und Erwerbssteuer tragen müsste, anders aussieht.


    Last but noch least sehe ich einen Unterschied zwischen einem lebendigen Platz, der durch einen Mix verschiedener, anliegender Nutzungen geprägt ist, und einem Platz, der nur Transitraum ist, den viele Leute queren, um ihr Ziel zu erreichen.


    Aber vielleicht ist auch eine 200-Millionen- Sanierung besser


    2021 wurde für eine zeitgemäße Sanierung der Musikschule mit 11 Mio. Euro kalkuliert, Quelle siehe oben. Allgemeine Kostensteigerungen unbenommen, aber wie kommst du nun auf 200 Millionen?


    Auch im öffentlichen Dienst kann meines Wissens eine übertarifliche Arbeitsmarktzulage gewährt werden. Musikschullehrer/innen sollten doch als qualifizierte Fachkräfte gelten. Die Innenstadt hat ja wohl nicht nur ungesunde Imbissbuden zu bieten und nicht jeder Arbeitgeber stellt eine Kantine zur Verfügung. Zudem nennst du schon selbst die Kantine im neuen Rathaus, eine Straße entfernt. Ich sehe hier keine Notlage, anders als im Haushalt der Stadt.


    Dezentralität hat immer Vor- und Nachteile. Ich gebe zu bedenken, dass es z. B. Stadtteilbibliotheken gibt und finde ein Angebot auf Stadtteilebene auch für Musikunterricht gut. Meines Wissens soll es bei dieser Stadtteilarbeit auch bleiben!


    Fazit: Eine Umstrukturierung kann sinnvoll sein und hier und da lasen sich vielleicht Synergieeffekte erzielen. In Zeiten äußerst knapper Haushalte würde ich zuerst eine nachvollziehbare, aktuelle, ergebnisoffene Bedarfsprüfung sehen wollen. Lösungen, die weniger „sexy“ sind als ein Neubau, aber gleiche Ergebnisse erzielen, würde ich bevorzugen. Dabei sollte Bestandershalt vor Neuanschaffung gehen. Für einzelne Bedarfe, also platzintensive Sondernutzungen, die sich im Altbau nicht integrieren lassen, können Neubaulösungen sinnvoll sein. Die Stadt Leipzig hat jedoch genügend Immobilien im eigenen Bestand, die sie jahrelang zu wenig erhalten hat. Man kann nicht die alten Gebäude verwahrlosen lassen und dann, wenn die Mängel schon sicherheitsrelevant sind, für 200 Mio. einfach was Neues bauen, was dann wieder verschleißt, weil kein Geld für Erhalt da ist. Diese Wegwerf-Mentalität lehne ich schon per se ab.


    In der Analyse mit ihrer deutlich erkennbaren Zielstellung war übrigens diese schematische Idee abgebildet. Weiterverfolgt hat man das allerdings nicht:


    pfd9w68w.png


    Die VHS in der Löhrstraße hat aktuell übrigens fast 10.000 m² Nutzfläche, somit etwas mehr als für die neue Musikschule veranschlagt, ist als Schule gebaut worden, verfügt über zwei Säle und eine Turnhalle. Wäre vielleicht auch ein geeigneter Standort für die neue Musikschule mit Probenräumen, Konzert- und Tanzsaal? Dann müsste man ggf. nur für die VHS neu bauen. Mir fehlt hier einfach eine ausgewogene Abwägung aller Alternativen.