Auf den Glanz einer Metropole durch gepushte Hochhäuser (mit Büroräume in Überkapazitäten) können wir verzichten, da sie ein stimmiges Gesamtbild einer bestimmten Epoche auseinanderreissen.
Der Schritt zurück wäre da durchaus sinnvoller, und es gibt im Ausland wohl Stadtverwaltungen, die ihre Stadträume "zurückbauen".
Eine Manhattan-Skyline am Breitscheidplatz kreiert überhaupt keine Urbanität, wenn dafür
Theater, Restaurants, Kinos (Zoo-, Gloria- und Royal-Palast) abgerissen werden und selbst die "High Society", für die solche profanen Geschäftshäuser erbaut wurden, nach 18.00 Uhr nicht weiß, wohin sie gehen soll.
Die Imitiation eines Gewerberaumes á la Potsdamer Platz ist kreuzgefährlich. Auch wenn der Potsdamer Platz noch bommt, so werden seine "Halbwertzeiten" immer offensichtlicher. Kürzlich war Albert Speer jr. ebendort und lamentierte: "Ist doch trostlos hier! Aus Stein kann man doch Besseres bauen!"
Urbanität heißt m.E. auch Einschluss aller Klassen, auch der Unterpriviligierten (zum Beispiel durch Integration in Kneipen, Kinos, Kirchen, Zoologischen Gärten, bei Strassenhändlern usw.). Indem man gläserne Hochhäuser für die "High Society" baut (Fritz Langs "Metropolis" und billigere Science-Fiction-Filme läßt grüssen), aber das Proletariat außen vor oder in verslumten (und dennoch romantischen) Altbaugebieten in Neukölln und Kreuzberg beläßt, macht man sich zum Totengräber einer City.
Noch ein Nachtrag zur Hochhaus-/Geschäftsarchitektur, die angeblich so viel Fortschritt und Zukunft aufzeige: sie hat allgemein so wenig Charakter und Substanz, daß sie bereits nach wenigen Jahren "out" ist. Man vergleiche etwa Frankfurt/Main mit London: Gottseidank sind in London die historischen Stadtzentren weitgehend erhalten geblieben. Es war neulich dort einfach traumhaft zu flanieren im Gegensatz zu Berlin, Stadt der Abwickler, in der man leider geboren ist und sich zunehmend schämt für die Verantwortlichen, die hier alles platt machen mit Verweis auch angeblich zukunftsträchtige Investitionen. Bürger, Touristen, Proletarierer, Rennter, Jugendliche, Kinder, Kulturfreunde und das Kleingewerbe haben aber davon überhaupt nichts.
Die Bautendenzen in Berlin sind nach meinem dunklen Verdacht der Anfang eine irreparablen sozialen und wirtschaftlichen Verslumung, Vorboten einer sterbenden Stadt.