Das Praesidium - Neuentwicklung mit 175-m-Hochhaus (geplant)

  • Ich bin ehrlich gesagt schockiert über das, was der gesamte Teilnehmerkreis hier abgeliefert hat.

    Fängt schon damit an, dass selbst in der ersten Phase, bei der es doch eigentlich noch um den Städtebau gehen sollte (oder irre ich mich da?), kein einziges Büro bemerkt hat, dass der Skyline einiges an Dichte fehlt, sondern allesamt sich stoisch an den vorhandenen Bebauungsplan gehalten und einfach nur stumpf eine möglichst hohe singuläre Stelze hingeklatscht haben. Obwohl die durchaus überzeugende Baumassenstudie der CG Gruppe ja sicherlich auch allen bekannt war. Liegt das etwa an den Vorgaben seitens der Gerchgroup oder ist das Planungsdezernat das Problem (wobei Josef selbst aber doch selbst derjenige war, der mehrere kleine statt eines großen Hochhauses in die Runde geworfen hat)? Nennenswerte Unterschiede bezüglich des Städtebaus kann ich auch in der ersten Phase so nicht wirklich erkennen.


    Wirklich entsetzlich auch, was fast alle Büros für furchtbare Sockelbebauungen entworfen haben, besonders für den nördlichen Teil an der Friedrich-Ebert-Anlage. Nur der Sieger und GMP haben da soweit Vorzeigbares abgeliefert. Letztere sowie Störmer Murphy aus der ersten Phase (die dafür allerdings auch einen der hässlichsten Türme entworfen haben) haben immerhin im Gegensatz zu allen anderen auch erkannt, dass die Laterne auf dem Altbau rekonstruiert gehört.

    Von den Türmen selbst mal ganz zu schweigen. Einzig Kleihues (deren Sockel dafür überhaupt nicht überzeugen kann) haben noch einen vorzeigbaren Entwurf abgeliefert, der sogar besser gefällt als der Siegerentwurf. Ansonsten ist die Grundform des Turms fast überall ein ziemlich einfallsloser Quader. Gefühlt jeder zweiten Entwurf sogar mit einer Gestaltung des Schafts die aussieht als ob ein Kleinkind einfach wild im Spieltrieb mehrere Bausteine unsauber übereinander gestapelt hat.

    In Anbetracht der absolut nicht nachvollziehbaren aber scheinbar irgendwo vorhandenen Vorgaben für den Städtebau bezüglich Anzahl und Höhe der Hochhäuser, haben Meixner-Schlüter-Wendt tatsächlich deutlich zu Recht gewonnen.

  • Die Auslobung, es sind mehr als 100 Seiten, ist in den oben mehrmals verlinkten Pressepaketen* enthalten. Es war demnach ausdrücklich nur ein Hochhaus vorgegeben, Rohne, und zwar innerhalb des vom Bebauungsplan B 556 vorgegebenen Baufensters. Die Ausloberin wird mit dem Planungsamt gesprochen und diese Vorgabe mit Bedacht gewählt haben. Wörtlich heißt es:


    "Das 'Alte Polizeipräsidium' in Verbindung mit einem neu zu planenden Hochhaus erlaubt eine weitere Landmark in einem städtebaulich schon jetzt prägnanten Umfeld. Dieses Hochhaus soll die Höhe von 145 m nicht überschreiten. Lediglich in begründeten Fällen und bei Nachweis einer überzeugenden Entwurfsqualität sind Überschreitungen bis max. 175 m möglich."


    Vor diesem Hintergrund bin ich eher über den überwiegend lieb- und schonungslosen Umgang der Wettbewerbsteilnehmer mit dem denkmalgeschützten Bestand schockiert. Damit meine ich noch nicht einmal dürftige oder gänzlich fehlende Erwägungen zur Sanierung und neuen Nutzung des Hauptteils an der Friedrich-Ebert-Anlage, obwohl es auch hierzu hinreichend Ansätze gäbe. Ich meine die Erhaltung der weiteren Teile oder, klarer ausgedrückt, deren Abbruch.


    Zunächst ist festzuhalten, dass die gesamte Anlage aus dem Jahr 1914 ein Kulturdenkmal nach § 2 des Hessischen Denkmalschutzgesetzes ist. Klar ist, dass das 60 × 55 Meter große Hochhaus-Baufenster auf dem vierflügeligen Gebäudeteil im Südwesten liegt. Entsprechend soll bei drei Flügeln ein "Rückbau möglich" sein. Die Grundlage dafür wurde faktisch im Jahr 2001 mit dem Bebauungsplan geschaffen. Doch bei dem Flügel im Nordosten, der gleichzeitig den größeren der beiden verbleibenden Höfe nach Südosten abschließt (auf dem Plan unten in violetter Farbe), ist ein Rückbau nur "nach Nachweis" möglich. Dennoch haben sämtliche Büros diesen Bereich überplant. Einige haben sogar einen direkten baulichen Anschluss an den bewussten, dann auf einer Seite offenen Hof vorgesehen. Auch in dieser Hinsicht ist der erstplatzierte Entwurf der Frankfurter Architekten hervorzuheben, denn wie ich deren Planungsunterlagen verstehe, wollen die Verfasser wenigstens die diesen Hof nach Südwesten abschließende Fassade erhalten (wie auch immer das dann im Detail gelöst werden soll).


    Dazu ein Lageplan mit den denkmalgeschützten Bereichen aus der Auslobung, ein etwas verkleinerter Ausschnitt, Klick macht ihn groß:


    Bild: https://www.deutsches-architektur-forum.de/pics/schmittchen/daspraesidium_denkmalbereich.png

    Grafik: C4C / Gerchgroup



    * An dieser Stelle auch von mir Lob und Dank an Gerchgroup und C4C für das Zurverfügungstellen der Wettbewerbsunterlagen. So geht Transparenz.

  • Ich finde es auch gut, dass der Turm nicht direkt an der Straße, sondern im Hof steht. Das haben wir bisher nicht.

    Doch, haben wir in Gestalt des Nextower und des benachbarten Hotels Jumeirah. Wie beim Präsidium-Turm wird dies der konkreten baulichen Situation vor Ort geschuldet sein; einen ästhetischen Mehrwert kann ich in der Hoflage nicht erkennen.

    Und ich würde mir wünschen, dass das Etagenraster der Fassade von 2 wieder zu einem wird. Das Hochhaus sieht sonst kleiner aus als es ist. Sieht man bereits am Taunusturm.

    Volle Zustimmung! Die optische Zusammenfassung von Hochhausetagen ist neben der Kopflastigkeit und der asymetrischen Fensteranordnung
    einer der für mich unerklärlichsten aktuellen Architekturtrends. Ein weiteres unerfreuliches Beispiel hierfür ist die (ohnehin zu kurz geratene) Taunusanlage 8.


    Die damit zwangsläufig verbundene optische Stauchung in der Höhe kann die Architekten und Bauherrn ja nicht überraschen, also dürfte genau dieser Effekt bezweckt sein. Aber warum? Früher hat man statt dessen durch mehrfache vertikale Untergliederung der Etagen die Gebäude optisch gestreckt, siehe z.B. Deutsche Bank und Rhein-Main-Center.

  • ^^

    Ich hatte vom alten Hochhausrahmenplan noch in Erinnerung, dass auf dem Lageplan das Hochhaus genau im Innenhof des blauen und violetten Blocks verzeichet war, was für mich bedeutet hat, der Block bleibt quasi als Sockel zumindest nach Außen erhalten. Davon ist man dann wohl abgerückt. Was mir noch auffällt: die Altbauten im Süden zur Mainzer Landstr. sind im aktuellen Lageplan als denkmalgeschützt gekennzeichnet. Das war mir gar nicht klar und ich habe es auch in der Denkmaltopographie gar nicht gefunden.

  • Wie so oft bei Wettbewerben ist der 2. Platz mein persönlicher Favorit. Grundriss und abgerundete Ecken machen etwas her, sind für Frankfurt neu und fügen sich gut in den Bestand ein. Mit dem Sieger kann ich leben, bringt er mit seinem Abschluss auch etwas neues nach Frankfurt, ist abgesehen von der Farbigkeit der Fassade aber eher langweilig. Die restlichen Entwürfe lassen sich wohl am besten mit dem Gähn-Emoji zusammenfassen. Kennt man schon, hat man schon gesehen, langweilig, immer das gleiche. Ich weiß nicht ob die Architekturstudios krampfhaft versuchen eine studioeigene Architektursprache beizubehalten oder ob es wirklich einfach nur recycelte Entwürfe mit möglichst geringem Aufwand sind (was ja anhand der Tatsache, dass man parallel bei etlichen Wettbewerben teilnimmt und immer nur einen Bruchteil gewinnt auch ökonomischen Sinn macht). Trotzdem ist man es irgendwie Leid immer den selben Müll (sorry), der anderswo auch nicht funktioniert, zu sehen.

  • Für mich ist der Siegerentwurf ebenfalls der gelungenste Entwurf. Dennoch frage ich mich: Welcher Vorteil verbirgt sich hinter dem Fassadenmuster, welches die verglasten Fensterscheiben über 2 Etagen streckt? Es muss ja einen geben, vielleicht gehts auch nur ums Design, oder wollen die Architekten das Hochhaus mit Absicht kleiner wirken lassen?

  • Modeerscheinung: Hier wurden gleich zwei Trends in einem Gebäude aufgegriffen, die mehrgeschossige Fassadengliederung und die Vor- bzw. Rücksprünge in der Fassade.

  • Ein paar aktuelle Bilder von der Rückseite des Anbaues und des Altbaues vom Alten Präsidium sowie vom Umspannwerk Hohenstaufenstraße (der cremeweiße Kasten). Zum vergrößern auf das Thumb klicken.

    Bild: https://model2.de/light/4723/03d87c9a-429a-4ab1-94ikcj.jpegBild: https://model2.de/light/4723/e8b59bb1-28fe-42a2-8vajdp.jpeg

    Bilder: main1a | Galerie


    Ohne zu sehr in Details zu gehen ist, denke ich, augenscheinlich das die Stadt bzw. die verantwortliche Mainova-Tochter sich um die Tieferlegung des Umspannwerkes kümmern muss. Das kommt nicht nur dem geplanten Projekt zu gute sondern auch dem anderen architektonischen Juwel der Westend-Mittelschule alias Falkschule.

    2 Mal editiert, zuletzt von main1a ()

  • Hätte nicht gedacht, dass ich das Präsidium von soo weit hinten herholen muss. Aber klar, relativ ruhige (Hochhaus-)zeiten aktuell.

    Deshalb eine kleine Notiz aus dem jährlichen "Abriss" der heutigen FNP-Print, in der unter der Überschrift "Frankfurts Skyline wächst weiter" zum Präsidium geschrieben steht: "Aktuell rechnen wir mit einem Baustart in 2022", heißt es beim Projektentwickler Gerchgroup.

    Wäre schön!

    (Von einem Hotel ist dort nichts mehr zu lesen, Büros und Wohnungen sind erwähnt, muss aber nichts heißen.)

  • ^... und dort steht in den Bildunterschriften zudem, mit dem Bau solle 2022 begonnen werden. 2026 wolle man das Gesamtensemble inklusive Hochhaus fertiggestellt haben. Danke für den Fund!

  • Im Zusammenhang mit einem Fotowettbewerb und einer ab dem 30. April 2022 dazu passenden Ausstellung "Lost Place FFM" in der Fotogalerie Wiesenhüttenplatz ist heute im neuen Journal Frankfurt zu lesen, dass im Juli die Abrissarbeiten im Alten Polizeipräsidium beginnen werden. Hoffen wir mal, dass es so kommt, würde ich sagen!

  • Planungskonzept

    Im Rahmen des aktuell laufenden Verfahrens zur Änderung des Bebauungsplans Nr. 556 wurde ein Planungskonzept erstellt. Den Städtebau betreffend unterscheidet sich dieses zum Teil deutlich von den Ergebnissen des Realisierungswettbewerbs im Jahr 2020. Von der Mainzer Landstraße etwa ist jetzt eine Durchwegung in Richtung 175-m-Hochhaus samt Randbebauung vorgesehen. Das Planungskonzept, wie es heute im Rahmen der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung vom 2. bis zum 13. Mai 2022 veröffentlicht wurde:


    rahmenplan_hohenstaufenstr.jpg
    Grafik: Stadtplanungsamt / Stadt Frankfurt am Main


    Zum Vergleich - Lageplan aus dem Realisierungswettbewerb 2020 (Thumb) und Modellfotos des weiterentwickelten Wettbewerbsergebnisses:


    Bild: https://www.deutsches-architektur-forum.de/pics/schmittchen/1212121211.jpg

    Grafik: Meixner Schlüter Wendt Architekten


    56565656565.jpg

    Bildrechte wie angegeben / Stadt Frankfurt am Main

  • Danke Schmittchen!


    Aus städtebaulicher Sicht ist sehr zu hoffen das im Planungsdezernat die Einsicht reift den B-Plan dahingehend zu ändern das das Umspannwerk baulich in den Untergrund gelegt wird. Wahrscheinlich sind die Planungen beim Präsidium schon soweit gediehen das diese Änderung dort nicht mehr berücksichtigt werden kann. Denn der Wohnblock an der Friedrich-Ebert-Anlage wurde nach hinten zum Umspannwerk hin geöffnet um dieses Manko zu lindern. Ohne diese Überarbeitung würden die zukünftigen Bewohner aus kurzer Distanz direkt auf das wenig schöne Umspannwerk schauen. Ggf. sollte die Stadt mit dem zukünftigen Investor des Matthäuskirchen-Hochhauses die Finanzierung dafür vereinbaren. Bedeutet der Investor finanziert dies und im Gegenzug darf er beispielsweise 160 Meter hoch bauen. Damit würden die Bewohner dieses Projekts aber auch die Schüler Falkschule profitieren.


    Städtebaulich hat es dem Entwurf von MSW gut getan das die Eingänge zu den Durchwegungen an der Friedrich-Ebert-Anlage und Mainzer Ldstr. von Durchgängen zu offenen Eingängen umgestaltet wurden.

    Leider wurde die Dachlandschaft des Wohnblockes an der Ludwigstr. Ecke Mainzer Ldstr. von Mansardendach in Staffelgeschoss umgeplant. Das verträgt sich optisch mit den benachbarten Gebäuden sowie mit dem HH selbst leider weniger. Jedoch nährt die Gestaltung der Staffelgeschosse die Vermutung, dass die Straßenfronten kleinteiliger geplant scheinen. Lassen wir uns also überraschen.

  • Durch Zufall heute Abend beim Fotografieren gesehen: Es hängen nun die Flaggen der Gerch Gruppe über dem Eingangsportal. Das hängt man ja nicht ohne Grund hin.


    praesidiumbzjgn.jpg


    Bild: Adama

  • Zudem gibt es einige neue Renderings, die uns zeigen, dass hinter den Kulissen einiges passiert:


    https://praesidium-frankfurt.de/ und https://praesidium-frankfurt.com/ scheint wohl die neue Adresse zu werden.


    Blick von Osten auf den Turm, schön auch zu sehen ist die neue Laterne auf dem alten Polizeipräsidium, hoffentlich kommt diese auch zurück (bitte die Graswand am Altbau überarbeiten):


    neu1w3k9f.jpg


    Luftbild:


    neu2qok5m.jpg


    Einer der zukünftigen Eingänge auf das Areal:


    neu5v7jy7.jpg


    Die Skyhall:


    neu47fj78.jpg


    Blick in die Mainzer:


    neu3stjkq.jpg


    Bilder: Gerch Group, Praesidium

  • Das sieht alles eigentlich recht viel versprechend aus. "Einer der zukünftigen Eingänge auf das Areal" sieht sogar recht gemütlich aus mit dem Laden und die Gestaltung im allgemein ist eher für Menschen als Autos geplant (im gegensatz z.B. zu dem Quartier um Skyline Plaza wo die tristen und anonymen Straßen komplett leer stehen). :thumbup: