C++ - das Chemnitzer Stadtgespräch

  • C++ - das Chemnitzer Stadtgespräch

    Nach gefühlt 20 Jahren hatte ich vor drei Tagen die Gelegenheit, für zwei Stunden in der Innenstadt von Chemnitz zu weilen. Die Stadt war lebendig, quirlig, bunt und voller junger Menschen. Also genau das Gegenteil dessen, was man so über Chemnitz hört. Nun trugen die fast schon sommerlichen 22 Grad einiges dazu bei, dass die Stimmung allgemein sehr positiv war. Aber wenn es auch mal ruhiger zugehen sollte, ist sicher klar auszumachen, dass Chemnitz nicht als graue Maus, sondern als Zentrum von Süd- und Südwestsachsen wahrgenommen wird.


    Die städtebauliche Geschichte ist bekannt, die Projekte aus den 1990er-Jahren rund um den Roten Turm schon eine ganze Weile her. Auch wenn diese m.E. zu shoppinglastig sind, so fassen sie den Stadtraum ganz gut und geben dem Zentrum wieder seinen urbanen Charakter zurück, was von Passanten gut angenommen wird. Es fehlen klar die Höhepunkte, um künftig auch touristisch punkten zu können, aber wirklich abstoßende Bereiche sind ebenso Fehlanzeige. Außerhalb besagter Neubauprojekte wird dem motorisierten Individualverkehr meiner Meinung nach noch viel zu viel Raum eingeräumt, sei es auf mehrspurigen Pisten, die zum Rasen einladen oder mittels zu vielen Abstellplätzen für Autos, die eigentlich anders genutzt werden sollten.


    Insgesamt ist es schade, dass die weitere Entwicklung des Zentrums in den letzten 10 Jahren so auf halbem Wege ins Stocken geraten ist. Die städtebauliche Konzentration sollte in der Mitte und in den Altbaugebieten rund ums Zentrum liegen, die fortschreitende Suburbanisierung und Sanierung von Plattenbaugebieten zumindest nicht weiter mit öffentlichen Geldern gefördert werden.

  • Finde auch, dass sich Chemnitz ganz schön gemacht hat. Wer noch die Ödnis kennt, die nach der Wende um das Rathaus herrschte, weiß die neue Innenstadt erst so richtig zu schätzen. Auch die umliegenden Gründerzeitquartiere sind größtenteils wieder richtig schön geworden. Mich stört allerdings, dass die City noch immer zu sehr von DDR-Riegeln dominiert wird, die den Stadtkern einrahmen und verhindern, dass er mit den umliegenden Vierteln zusammenwächst. Hoffentlich werden wir zukünftig noch den ein oder anderen Plattenbau fallen sehen.


    Ich finde es auch sehr schade, dass die Entwicklung stockt oder sich, wenn sie denn überhaupt stattfindet, nur auf Flachbauten beschränkt. Die beschriebene Lebendigkeit zeigt meiner Meinung nach klar den Erfolg der Stadtplanung auf Basis des alten Rahmenplans, der sich zumindest teilweise am historischen Stadtgrundriss orientierte. Klar spielen die entsprechenden Shoppingangebote ebenfalls eine wichtige Rolle. Allerdings darf man auch nicht vergessen, dass Chemnitz im Zentrum noch deutlich weniger Einzelhandelsfläche pro Quadratmeter hat wie andere Großstädte. Da ginge sicher noch einiges, wenn die Stadt die Bauflächen wieder aktiv vermarkten würde und nicht so sehr auf einen gewissen Investor angewiesen wäre. Auch das kulturelle Angebot wird weiterhin wachsen, sobald das Schocken öffnet.

  • Nach gefühlt 20 Jahren hatte ich vor drei Tagen die Gelegenheit, für zwei Stunden in der Innenstadt von Chemnitz zu weilen. Die Stadt war lebendig, quirlig, bunt und voller junger Menschen. Also genau das Gegenteil von dem, was man so über Chemnitz hört. Nun trugen die fast schon sommerlichen 22 Grad einiges dazu bei, dass die Stimmung allgemein sehr positiv war. Aber wenn es auch mal ruhiger zugehen sollte, ist sicher klar auszumachen, das Chemnitz nicht als graue Maus, sondern als Zentrum von Süd- und Südwestsachsen wahrgenommen wird.


    Danke schön für diese Anmerkungen.
    Dies zeigt mir mal wieder, dass eines der Hauptprobleme der Chemnitzer das teilweise auch eingeredete mangelnde Selbstwertgefühl ist. Nunja, das ist eben bei einem Aschenputtel so!;)


    Die städtebauliche Geschichte ist bekannt, die Projekte aus den 1990er-Jahren rund um den Roten Turm schon eine ganze Weile her. Auch wenn diese m.E. zu shoppinglastig sind, so fassen sie den Stadtraum ganz gut und geben dem Zentrum wieder seinen urbanen Charakter zurück, was von Passanten gut angenommen wird. Es fehlen klar die Höhepunkte, um künftig auch touristisch punkten zu können, aber wirklich abstoßende Bereiche sind ebenso Fehlanzeige. Außerhalb besagter Neubauprojekte wird dem motorisierten Individualverkehr meiner Meinung nach noch viel zu viel Raum eingeräumt, sei es auf mehrspurigen Pisten, die zum Rasen einladen oder mittels zu vielen Abstellplätzen für Autos, die eigentlich anders genutzt werden sollten.


    Die Probleme sind richtig erkannt und meiner Meinung nach in den entsprechenden Kreisen auch weitgehend bekannt. Diese Entwicklungen der letzten Jahre und Jahrzehnte können aber nicht kurzfristig sondern nur mittelfristig behoben werden. Ich bin da aber sehr optimistisch.


    Insgesamt ist es schade, dass die weitere Entwicklung des Zentrums in den letzten 10 Jahren so auf halbem Wege ins Stocken geraten ist. Die städtebauliche Konzentration sollte in der Mitte und in den Altbaugebieten rund ums Zentrum liegen, die fortschreitende Suburbanisierung und Sanierung von Plattenbaugebieten zumindest nicht weiter mit öffentlichen Geldern gefördert werden.


    Nennenswerte Förderungen gibt es da keine mehr. Problem ist die starke Zersiedelung in den letzten 65 Jahren. Man kann halt nur verdichten wenn man Masse zum Verdichten hat. Diese steht in Chemnitz allerdings in keinem Verhältnis zum freien Raum in der Innenstadt. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass man die Stadt auch nicht auf Zwang nach innen verdichten kann. Viele wollen in Ihrer Plattenbausiedlung wohnen bleiben. Also auch ein Thema welches nur mittel- bis langfristig zu lösen ist. Ich bin da aber auch optimistisch da man generell in allen Generationen wieder einen Drang in die Stadt verspüren kann.

    6 Mal editiert, zuletzt von felli ()

  • ^^


    Vom neuen Staatlichen Museum für Archäologie erwarte ich mir persönlich auch nochmal eine deutliche Belebung der Innenstadt. Der Besuch wird sicherlich allein für zahlreiche Schulen in Sachsen als Ziel für eine Exkursion auf dem Lehrplan stehen.

  • Nicht zu vergessen der TU Campus, der wohl extrem zur Belebung beitragen wird. Für dieses Projekt muss man Ludwig echt mal loben, wenn es denn auch so umgesetzt wird.

  • Diese Studie der Uni Leipzig wurde hier an dieser Stelle glaube ich noch nicht erwähnt. Es wurden dabei die Zukunftsperspektiven des innerstädtischen Einzelhandels in ostdeutschen Mittel- und Großstädten erforscht. Von vier Clustern wurde Chemnitz, unter anderem zusammen mit Erfurt, in Cluster drei eingeordnet: "Diese Städte haben Potenzial. Die Einzelhändler der Innenstädte sollten gestärkt und weiterentwickelt werden".


    Quelle

  • Da die Kommunalwahl vor der Tür steht, finde ich den Hinweis ganz interessant, dass die Wählervereinigung Volkssolidarität Chemnitz mit Lars Fassmann und Sandro Schmalfuß gleich zwei Kandidaten aufgestellt hat, die in den Debatten zum Stadtumbau in den letzten Jahren wichtige Rollen gespielt haben. Die Volkssolidarität hatte bei der letzten Wahl aber insgesamt nur zwei Sitze gewonnen. Wer aktiver Wähler ist, kann ja mal beobachten, inwiefern auch die anderen Parteien städtebauliche Themen in den Vordergrund rücken.

  • Auch wenn dies nicht direkt zu einem städtebaulichen Thema passt hat der Beitrag von Frau Dr. Ing. Micaela Schönherr, Geschäftsführerin der Nils Simmons GmbH, in der neu geschaffenen Plattform "Die Stadt bin ich" den Nagel auf den Kopf gehauen.


    http://www.die-stadt-bin-ich.d…fach-mal-selbstvertrauen/


    Ihre Argumentation, vorallem im Bezug auf den Wirtschaftsstandort Chemnitz, sollte exakt so angefasst und umgesetzt werden.

  • Eure Visionen - Was muss in Chemnitz besser werden?

    Was stört euch in Chemnitz, was kann in städtebaulicher Sicht verbessert werden, was fehlt euch in der Stadt? Welche konkreteren Ideen / Vorstellungen habt ihr beispielsweise, die umgesetzt werden "könnten" oder wohin sich die Stadt entwickeln sollte.


    Schön wäre, den Fokus besonders auf die Innenstadt zu legen, wenn auch die Stadt als gesamtes betrachtet werden kann..

    Einmal editiert, zuletzt von waldkauz ()

  • Die Blaupause für einen gangbaren Weg wurde auf dem Brühl erfolgreich entwickelt: Öffentliche Investitionen durch Stadt und Land, ein klares Bekenntnis zum Stadtteil, Aktivierung der GGG-Bestände durch Verkauf und Sanierung und damit alles in allem das Auslösen eines regelrechten Investitionsbooms. Die Vorausssetzungen für eine ähnliche Entwicklung sehe ich auch auf dem Sonnenberg gegeben, wo erste Ansätze mit dem Bau von Stadion und Körperbehindertenschule oder der Begrünung der südlichen Zietenstraße gemacht wurden. Entscheidend wird aber die Frage, wie man die GGG auch hier dazu ermuntern kann, eine gänzlich andere Einstellung zu ihren bisher immer nur als Abrisskandidaten gesehenen Altbaubeständen zu finden. Auch in den anderen Gründerzeitvierteln wie Hilbersdorf, Lutherviertel und Schloßchemnitz, ansatzweise aber auch in Ebersdorf und im Zentrum kann die öffentliche Hand allein durch die dortigen relativ großen GGG-Altbaubestände noch einiges zur Entwicklung der Altbaubestände beitragen, wodurch automatisch lebendige, attraktive Staddteile entstehen würden.


    Viele andere Visionen scheitern an ihrer schwierigen Umsetzbarkeit. Eine massive Stärkung des Zentrums als Wohnstandort scheitert an dem insgesamt kaum vorhandenen Stadtgefüge und den fehlenden baulichen Verbindungen zu den umliegenden Stadtteilen. Die großen Plattenbaugebiete werden wohl nur langsam durch Demographie und veränderte Wohnvorstellungen geschwächt, dort hat die Stadt aus finanziellen und politischen Gründen wenig Handhabe. Was aber möglich ist und unbedingt angegangen werden sollte, ist eine Anbindung des Brühls unter Nutzung der Investitionspläne des Freistaats an der Parteifalte. Dort ist der große Wurf möglich, wobei auch die Plattenbauten an der Mühlenstraße klar und deutlich als nicht mehr gewünscht herausgestellt werden müssen. Grundsätzlich wurden aber in letzter Zeit schon einige richtige Weichenstellungen von der Stadt getroffen, etwa durch die Pläne zum Ausbau des Chemnitzer Modells oder die Schaffung von Bauflächen für Stadthäuser in der Nähe der Innenstadt.


    In der Innenstadt selbst würde ich mir natürlich einen weit attraktiveren und belebteren Einkaufs- und Wohnstandoprt wünschen, nur habe ich keine Idee, wie das mit den Einkaufszentren am Stadtrand, den überbreiten Verkehrswegen und den Plattenbauten machbar sein sollte. Die Fehler der Vergangenheit können wohl selbst die nächsten Generationen nicht mehr ausbügeln.


    Über meinen Wunsch nach einem städtischen Gebäudesicherungsprogramm schreibe ich auch schon seit Jahren, das könnte für viele Altbauten und damit ganze Straßenzüge ein Weg zum Erhalt sein, der sich über einen längeren Zeitraum auch finanziell darstellen lassen sollte.


  • In der Innenstadt selbst würde ich mir natürlich einen weit attraktiveren und belebteren Einkaufs- und Wohnstandoprt wünschen, nur habe ich keine Idee, wie das mit den Einkaufszentren am Stadtrand, den überbreiten Verkehrswegen und den Plattenbauten machbar sein sollte. Die Fehler der Vergangenheit können wohl selbst die nächsten Generationen nicht mehr ausbügeln.


    Stimmt, ein großes Problem für eine starke Innenstadt sind die Einkaufszentren am Stadtrand. Sollte die Stadt wirklich wollen (was ich zur Zeit bezweifle), frage ich mich ob es auf lange Sicht über Verhandlungen mit den Eigentümern der Einkaufszentren nicht doch möglich wäre, diese Gebäude für produzierendes Gewerbe umzunutzen oder eben für diesen Zweck verkaufen zu lassen und stattdessen attraktive Flächen für Neubauten in der Innenstadt anzubieten.


    Erste Rufe für ein ähnliches Vorhaben gab es zum Beispiel im ACC im Gebäudeteil in den nun letztendlich wieder ein neuer Modepark gezogen ist. Eine Umnutzung der Gebäude wäre bestimmt auch mit dem Neefepark möglich.. die Stadt muss es zumindest wollen und die Bedingungen dafür müssen stimmen, z.B. dass die Geschäfte am Stadtrand schlechter laufen.


    Die Voraussetzung für eine weitere starke Entwicklung der Innenstadt ist aber sicherlich die Umverlegung von Handelsflächen oder auch Umzüge von Ämtern/Behörden. Denn zur Zeit steckt die City doch noch in den Kinderschuhen..

  • Stimmt, ein großes Problem für eine starke Innenstadt sind die Einkaufszentren am Stadtrand. Sollte die Stadt wirklich wollen (was ich zur Zeit bezweifle), frage ich mich ob es auf lange Sicht über Verhandlungen mit den Eigentümern der Einkaufszentren nicht doch möglich wäre, diese Gebäude für produzierendes Gewerbe umzunutzen oder eben für diesen Zweck verkaufen zu lassen und stattdessen attraktive Flächen für Neubauten in der Innenstadt anzubieten.


    […] die Stadt muss es zumindest wollen und die Bedingungen dafür müssen stimmen, z.B. dass die Geschäfte am Stadtrand schlechter laufen.


    Verrückterweise läuft es mitunter andersrum: Im Neefepark scheint zwar oft nicht viel los zu sein, aber es soll Ladenbesitzer geben, deren Filiale im Neefepark das Ladenlokal in der Innenstadt querfinanziert. Tenor eines Ladenportrait-Artikels auf den Neefepark-Werbeseiten eines Anzeigenblatts: In der Innenstadt ist es zwar schön, aber das eigentliche Geschäft mache ich im Neefepark.

  • Ich möchte an dieser Stelle noch darauf hinweisen, dass am kommenden Wochenende (28./29.06.) wieder der alljährliche Tag der Architektur stattfindet. In unserer Stadt sowie im Umland können eine Reihe von Objekten besichtigt werden und es finden einige interessante Veranstaltungen statt (10 alleine in Chemnitz).


    http://www.tag-der-architektur.de/programm/

  • Die Freie Presse vermeldet heute einen weiteren Bevölkerungsanstieg, seit Anfang des Jahres sei die Einwohnerzahl um ca. 500 Personen gestiegen.

  • Die Freie Presse berichtet heute über die Entwicklung der Einzelnen Stadtteile im Zuzug und Verlust seit den 90er Jahren.


    Hierbei Profitieren die an das Zentrum angeschlossenen Stadtteile besonders.
    Am Rande der Stadt jedoch meist weniger.


    Auf Platz Eins liegt der Kaßberg, mit gut 11,4% im Plus.
    Auf Platz Zwei, Schloßchemnitz mit gut 10,4% im Plus.


    Aber auch der Sonnenberg legt wieder zu und hat seine Einwohnerzahl um 3% steigern können.


    Neben Bernsdorf, Altendorf Rottluff, Rabenstein, Altchemnitz, Adelsberg und Glösa/Draisdorf mit über 7% ist auch Ebersdorf mit einen guten Plus vertreten.


    Hingegen ins Minus gerutscht sind die zu meist in Platten gebauten Stadtteile Helbersdorf und Morgenleithe mit über 20% und auch das Yorkgebiet mit satten 17,5%


    Die Einwohnerzahl der Stadt Chemnitz erhöhte sich auf 282 800 . Stand ist hier Aktuell der September 2014.


    Man fordere nun das Zentrum mehr mit Wohnungen zu Bebauen.
    Lücken sollten mehr geschlossen werden.


    Wie es sich heraus liest, wird der Trend des Bauens auf dem Kaßberg weiter gehen.


    Ausführlich im Detail, gibt es hier den Artikel dazu nachzulesen.


    Karte der Stadtteile. Verlust und Gewinn in Prozenten. 2003 bis 2013.


    quelle: Freie Presse.de

  • 282.800 Einwohner? Ist sicherlich ein Tippfehler!


    Ich finde den Zeitraum 2003-2013 nicht repräsentativ. Interessanter wäre die jüngere Entwicklung.

  • Repräsentativ für was? Die Zeit um 2003 ist schon nicht schlecht gewählt, denn um diesen Punkt rum ist ja die "Massenflucht" allmählich abgeebbt.

  • Schade ich hatte mich schon gefreut das es noch mehr Sachsen gibt :-). Aber war leider wirklich nen Tippfehler. Korrekt müsste es so heißen:
    Anfang September zählte man in Chemnitz runde 242.800 Einwohner


    Da kann ich nur sagen weiter so und viel Erfolg, das Potential ist auf alle Fälle vorhanden was man gut an den hier im Forum dokumentierten Denkmalen aus Chemnitz sieht.


    Grüsse aus DD
    Christian

  • Interessant find ich dass die meisten Vororte an Einwohnern verloren, wo ich bisher immer den gegenteiligen Eindruck hatte und von einer "Suburbanisierung" ausgegangen bin. Die Entwicklung ist so zumindest sehr positiv..