Sanierung von Plattenbauten

  • Hobbyist: Ich muss Dir in jeder Hinsicht zustimmen, auch wenn ich aus praktischen Erwägungen heraus überhaupt kein Problem mit Plattenbauten habe. Wenn wie im Moment dringend viel günstiger Wohnraum gebraucht wird, gibt es wohl kaum Alternativen zu dieser Bauweise.


    Die Nachfrage und somit der geringe Leerstand für Wohnungen in so einer Lage gelten eindeutig nicht nur oder primär für Plattenbauten ebenso wie es mW tatsächlich nie einen großen Leerstand bei (halbwegs bewohnbaren) Plattenbauten in der Innenstadt gab. Der sinkende Leerstand betrifft wohl eher sanierte Plattenbaugebiete in Randlagen. Daran kann man mE aber auch noch keinen Sinneswandel bezüglich Plattenbauten fest machen, das hängt allem Anschein nach ebenfalls eher mit dem Nachfragedruck zusammen. So erklären sich das jedenfalls die entsprechenden Experten immer wieder bzw. so ist es auch immer wieder in Zeitungsartikeln zu lesen. Auch nach Argumenten der Statistik/ Diagnostik wäre diese Richtung der Kausalität eher wahrscheinlich. Zumindest war mW zuerst die steigende Nachfrage da und dann sanken die Leerstände in den Plattenbauten (und nachdem diese aufwändig saniert werden). Das gleiche gilt aber wie gesagt auch für alle anderen Wohnhäuser. Da müsste ja überall ein plötzlicher Sinneswandel in ästhetischen Fragen eingesetzt haben.


    Zu den mitunter etwas kuriosen Sinneswandeln Klarenbachs will ich mich lieber nicht wieder zu sehr auslassen (wobei mich die Gründe dafür wirklich interessieren würden), sonst wird mir das wieder als persönlicher Angriff ausgelegt und mit einer negativen Bewertung honoriert. Aber ich stimme zu und wenn das nicht nur mir so deutlich auffällt, wird es vielleicht auch nicht nur an mir allein liegen...


    Ich finde es jedenfalls schön, dass der Leerstand bei Plattenbau-Vierteln insgesamt sinkt und mit einer besseren Durchmischung hoffentlich auch die sozialen Probleme etwas entschärft werden. Auf der anderen Seite freue ich mich nicht über solche Luxus-Sanierungen in der Innenstadt, egal ob das jetzt vermeintliche oder tatsächliche Plattenbauten oder andere Wohnungstypen betrifft. Lieber wäre mir auch hier der Erhalt der typischen "Berliner Mischung", aber da ist der Zug wohl so langsam abgefahren. Inzwischen muss vielleicht eher von der "Berliner Entmischung" die Rede sein.

  • Zum Thema Gentrifzierung und "Normalisierung der Wohnform Plattenbau" kann ich gern meine Position darstellen.
    Ich bin ein großer Anhänger der sozial gemischten Stadt. Meiner Meinung nach wäre es am besten, wenn die landeseigenen Wohnungsgesellschaften in allen Stadtteilen möglichst große Bestände besitzen würden und in diesen sowohl preiswerte als auch luxuriöse Wohnungen anbieten würden, damit es eine möglichst gute soziale Durchmischung gibt. Daher bin ich einerseits gegen den Verkauf von landeseigenen Wohnungen, andererseits finde ich es gut, wenn landeseigene Gesellschaften Wohnungen kaufen, und das sollte möglichst in Gebieten passieren, wo es wenig landeseigene Wohnungen gibt, wie z.B in großen Teilen des Prenzlauer Bergs. Auch im Fall der Leipziger Straße wäre eine Mischung von preiswerten und teuren Wohnungen die optimale Variante.


    Nun zum Thema "Normalisierung der Wohnform Plattenbau". Ich habe relativ viel mit dem Thema Plattenbau zu tun, und zwar nicht nur in Berlin, sondern auch in vielen anderen Städten in den neuen Bundesländern. (In den alten Bundesländern kenne ich mich nicht so gut aus.) Und da habe ich tatsächlich die Erfahrung gemacht, dass es eine massive Stigmatisierung der Wohnform Plattenbau gegeben hat und dass es sie teilweise noch gibt. Egal ob ich mit Bewohnern von Leipzig-Grünau, Halle-Silberhöhe oder Frankfurt/Oder-Neuberesinchen gesprochen habe, sie alle berichteten unisono von einer Vielzahl von negativen Medienberichten, in denen Plattenbau mit Asozialität und Verwahrlosung assoziiert wurde. (Obwohl diese Verwahrlosung in der Realität oft nicht gegeben ist.) Und sie berichteten ebenfalls unisono, dass sie unter diesen Negativklischees massiv leiden würden. Teilweise geht es soweit, dass Arbeitskollegen sich weigern, sie privat zu besuchen, weil sie Angst haben, überfallen zu werden. (Obwohl die Kriminalitätsraten in fast allen Plattenbausiedlungen unterdurchschnittlich sind.) Es führt dazu, dass Jugendliche, die aus bestimmten Stadtteilen kommen, keine Lehrstelle bekommen. Es hat aber auch Auswirkungen auf die Politik. Viele Politiker machen sich diese Sichtweise, dass die Wohnform Plattenbau untrennbar mit sozialem Niedergang verbunden wäre, zu eigen und fällen entsprechende Entscheidungen. Das beginnt bei der Schließung von Gymnasien und dem Verzicht auf Investitionen in den Wohnungsbestand (in der Regel gibt es in Plattenbausiedlungen große Bestände kommunaler Wohnungsgesellschaften, die politisch gesteuert werden.) In einigen Fällen werden diese Gebiete von der Stadt gezielt vernachlässigt, weil sie den Plattenbau prinzipiell für keine zukunftsfähige Wohnform halten. Ein ehemaliger Baudezernent einer ostdeutschen Großstadt hat mir mal gesagt, dass er langfristig vom Abriss sämtlicher Plattenbauten in seiner Stadt ausgeht. In diesen Gebäuden würden nur DDR-Nostalgiker wohnen, die würden aber allmählich aussterben. Für die jungen Leute käme das Wohnen im Plattenbau nicht in Frage. Auch das Bund-Länder-Programm "Stadtumbau Ost", das den Abriss von Wohnungen subventioniert, folgt dieser Logik: Es ist so konstruiert, dass fast nur der Abriss von Plattenbauten förderfähig ist.


    In vielen Städten wurden daher in den letzten Jahren auch massenweise Plattenbauten abgerissen, und zwar nicht nur leerstehende Gebäude, sondern auch gut belegte Blöcke. Die Bewohner wurden dann oft gegen ihren Willen herausgekündigt, oft haben sie nicht einmal eine gleichwertige Ersatzwohnung erhalten. Für die Bewohner, die ja meist sehr gern in ihrem Plattenbau wohnen, sind das alles schlimme Erfahrungen. Das betrifft natürlich in erster Linie Plattenbauten in den Außenbezirken. Aber auch innerstädtische und innenstadtnahe Plattenbauten sind von diesen Negativwertungen betroffen. In Halle/Saale wurden zwischen 2005 und 2009 drei Hochhäuser am Glauchaer Steg - beste Innenstadtlage, 22 Geschosse, tolle Aussichten, gut vermietet - abgerissen. Als ich einen Mitarbeiter des Stadtplanungsamtes nach den Gründen gefragt habe, hat er mich zuerst überhaupt nicht verstanden. Seine Antwort war dann: "Das ist doch nur ein Plattenbau!" In Görlitz gab es lange Zeit Abrissdebatten über den Stadtteil Königshufen, obwohl dieser zentraler liegt als viele Gründerzeitviertel und obwohl der Leerstand dort niedriger ist als in vielen Gründerzeitvierteln. In Dessau wurde der Abriss eines gut bewohnten Hochhauses mitten in der Innenstadt geplant, Bürgerproteste haben diesen Plan schließlich verhindert.


    Aufgrund dieser Erfahrungen finde ich es gut, wenn es jetzt zu einer Normalisierung der Einstellung zur Wohnform Plattenbau kommen sollte. Ich habe die Hoffnung, dass künftig konstruktiver über den Plattenbau diskutiert wird, und dass dabei auch seine Potenziale gesehen werden. Dass es dabei gleich zu einer massenhaften Gentrifizierung von Plattenbausiedlungen kommt, das halte ich für unwahrscheinlich, schon aufgrund der Eigentumsverhältnisse. (große Anteile kommunaler Gesellschaften und Genossenschaften)


    jan85 Wenn Du andere Artikel oder Studien zu diesem Thema hast, die der These des FAS-Artikels widersprechen, dann kannst Du sie gern verlinken. Dann können wir darüber diskutieren. Der von mir verlinkte Artikel jedenfalls deutet schon auf einen Einstellungswandel hin.

    2 Mal editiert, zuletzt von Klarenbach ()

  • Klarenbach: Sind die angesprochenen Wohntürme jetzt eigentlich überhaupt echte Plattenbauten oder nicht? Das wurde ja im Forum bestritten und der Artikel irrt ja auch an anderer Stelle. Etwa wenn er behauptet dies seien die höchsten Wohnhäuser der Stadt (Und woher wissen die eigentlich jetzt schon so genau, dass es am Alex und an der Mediaspree ganz sicher keine höheren Wohntürme geben wird?). Für einen FAZ-Artikel ist er mE zumindest diesbezüglich nicht ausreichend gut recherchiert, vielleicht reicht es um die überregionale Leserschaft zu überzeugen, Berliner werden da ja nur einen kleinen Teil ausmachen. Unabhängig davon ist mE das was in dem Artikel beschrieben wird einfach nur Gentrifizierung und es ist mE sehr gewagt, gerade dass mit einer "Normalisierung" bezüglich der Einstellung der Menschen zu Plattenbauten gleich zu setzen. Und wer sagt überhaupt was eine "normale" Einstellung zu Plattenbauten sein soll? Ich selbst habe zu diesen Gebäuden wohl eine gemischte oder pragmatische Einstellung (auch wenn mir einige auch ästhetisch und vom Konzept her gut gefallen und andere nicht), Du und die Leute im Artikel eine generell eher positive, andere eine generell eher negative - das sind eben Einstellungen. Die haben naturgemäß ein gewisses Spektrum und sicher auch eine bestimmte Verteilung. Aber selbst da würde ich eher von häufigen oder relativ extremen Einstellungen als von normalen bzw. richtigen und falschen sprechen. Natürlich kannst Du die im Artikel beschriebene Entwicklung als (für Dich) wünschenswert bezeichnen. Aber das widerspricht doch eigentlich dem was Du allgemein als wünschenswert für diese Stadt beschreibst und worin ich Dir sogar sehr stark zustimmen kann.


    Wenn man den Artikel aufmerksam liest, ist die zahlungskräftige "Avantgarde" ja wie schon gesagt genau dieselbe Zutat die überall in der Innenstadt die Gentrifizierung ausgelöst hat bzw. diese vorantreibt. Die gleichen Leute habe ich in Nordneukölln immer mehr getroffen bevor wir (aus anderen Gründen) selbst in einen Plattenbau in Südneukölln/ Gropiusstadt umgezogen sind. Aber bisher sind diese Leute hier in der Gropiusstadt (und sicher sehr ähnlich in den anderen von Dir angesprochenen Vierteln mit Imageproblemen und ohne attraktive Lage) nicht in großen Mengen vorstellig geworden, sodass sie gierig auf jede frei werdende Wohnung lauern würden. Vielleicht hat es doch auch ein ganz klein wenig mit der Lage zu tun? Der Artikel schreibt doch selbst, dass die Gebäude an sich nicht attraktiver seien als andere Hochhäuser, dass dort aber offenbar dennoch ungewöhnlich viel Geld investiert wird, z.B. um sehr großzügige Wohnungen und einen entsprechenden Service zu schaffen. Deshalb sterben die alten Mieter dort auch nach und nach aus (zumindest darf ihnen aber nicht gekündigt werden). Das ist für mich ganz eindeutig eine Beschreibung von Gentrifizierung, ich verstehe also nicht wieso ausgerechnet dieses extreme Beispiel das als ein Beleg für eine wünschenswerte Entwicklung dienen soll, wie sie Dir (und auch mir) für Plattenbauviertel in Randlagen vorschwebt. Dort würde auch ich selbst auch gerne eine stärkere Durchmischung und sicher auch eine leichte "Aufwertung" bzw. sachte Gentrifizierung sehen, wie sie aber durch den Nachfragedruck in der Innenstadt und der dadurch bewirkten Verlagerung auf die gut angebundenen Randlagen ohnehin erfolgt und weiter erfolgen wird.


    Mich überrascht aber, dass Du die ganzen diesbezüglichen Zeitungsartikel und Analysen nicht mitbekommen haben willst und das wo Du doch nach eigenen Aussagen sehr tief in der Materie steckst. Da steckt für mich wieder der angesprochene Widerspruch. Ich finde, dass Du in Diskussionen offenbar immer wieder gerne bestimmte Punkte ausblendest bzw. nicht mehr wahr haben willst, während sie an anderer Stelle wo sie besser zu Deinen Argumenten passen dann eine Renaissance erleben. Ein TAZ-Artikel zu der von Dir im IBA-Thread selbst dargestellten Veranstaltung der Ebert-Stiftung greift jedenfalls ganz offen auf, dass im Zuge des zunehmenden Wohnungsmangels die großen Wohnsiedlungen wieder relevant werden (und nicht etwa weil umgekehrt diese Wohnsiedlungen inzwischen allein aus eigenen Qualitäten heraus so angesagt seien). Der von Dir besonders hervorgehobene Jean-Philippe Vassal ebenso wie Kees Christiaanse hätten demnach daran erinnert wie wichtig gerade im Moment „Umbau-Ideen“ bzw. Überlegungen zur Nachverdichtung für die angesprochenen Wohnsiedlungen seien. Berlin brauche diese Quartiere für den Wohnungsmarkt. Das ist eine Argumentation die von Marktprinzipien nicht von ästhetischen Vorlieben ausgeht. Der Nachfragedruck auf die Innenstadt und die entsprechenden Auswirkungen auf die Randbezirke können mE gerade in so einem Forum mit vielen halbwegs bis sehr gut informierten Nutzern auch als ausreichend gesicherte Tatsache angesehen werden. Gerade auch aber nicht nur die linke Presse ist sich da jedenfalls völlig einig. Wenn es denn wirklich trotzdem noch Belege braucht:


    http://www.neues-deutschland.d…on-mitte-bis-marzahn.html
    http://www.taz.de/Berlin-nach-der-geplatzten-IBA/!118838/
    sowie http://www.taz.de/IBA/!118686/
    http://www.tagesspiegel.de/ber…r-stadtmitte/7728666.html
    http://www.tagesspiegel.de/ber…den-singles-/7271894.html
    http://www.news.de/wirtschaft/…als-immobilienstandort/1/


    Es ist mE auch keine große intellektuelle Leistung zu diesen Schlussfolgerungen zu kommen. Nach den Gesetzen der Kausalität ist im Falle einer starken Korrelation zwischen zwei Werten (diese zeigt zunächst an, ob überhaupt ein Zusammenhang bestehen könnte) natürlich eher davon auszugehen, dass das ältere Phänomen (hier: insgesamt höhere Nachfrage und Verknappung des Angebots und ergo steigende Mieten in der Innenstadt) das Jüngere ausgelöst haben könnte (hier: steigende Nachfragen auch in den zuvor ungeliebten Wohnsiedlungen in Randlage). Dazu kommt, dass ja trotz bzw. neben der gestiegenen Nachfrage erst einmal viel Geld in die Sanierung und Modernisierung sowie die Aufhübschung der Plattenbauten gesteckt werden musste, um den Leerstand zu senken und bessere Mieten zu erzielen. Das ist natürlich in der Innenstadt weniger nötig als in Bezirken wie Gropiusstadt oder Marzahn wobei es für Vermieter allem Anschein nach generell zunehmend auf eine sehr bequeme Situation hinausläuft. Daher stimme ich wiederum zu, dass der soziale Wohnungsbau nicht für tot erklärt werden darf bzw. der Markt durch angemessene Eingriffe geregelt werden muss. Wie diese aussehen könnten und wo die Grenzen liegen ist natürlich wieder eine andere Diskussion.

  • ^^
    Klarenbach: Vielen Dank für Deine Ausführungen. Jedoch scheint mir, daß Du zwei Dinge miteinander vermischst: Plattenbauten als solche und Plattenbausiedlungen.


    Und bei beiden sehe ich eher die Standortfrage als ein wichtiges Kriterium für deren Beliebtheit/Akzeptanz. So sind die Plattanebaublöcke um den Alexanderplatz doch recht beliebt, vorallem auch diejenigen, die sich in das Straßenraster anpassen (Scheunenviertel).


    Ansonsten hat jan85 die Thematik gut dargestellt.

    Einmal editiert, zuletzt von Hobbyist ()

  • Auch der Berliner Kurier nimmt sich der Hochhäuser an der Leipziger Straße an:


    Berliner Kurier, 9. Juli 2013
    http://www.berliner-kurier.de/…ls-,7169128,23638356.html


    3750 Euro pro Quadratmeter
    Im Luftschloss des DDR-Adels


    Einer der „Ur-Mieter“, der Oliver Schulz (38): „Der Eigentümer wollte mich nicht mehr als Mieter, nach meinem Auszug verlangte er 680 statt 329 Euro von einer Künstlerin.“ Eine 100-Quadratmeter-Eigentumswohnung im 19. Stock soll 375 000 Euro kosten. Es gibt aber auch „Schnäppchen“ – für 2500 Euro pro Quadratmeter.

  • Ein sehr interessanter Artikel der das Thema auch endlich mal etwas differenzierter beschreibt. Auf jeden Fall wird dort darauf eingegangen, dass Plattenbauten oft erst ihre Chance bekommen, wenn Wohnungen insgesamt teurer werden. Allerdings werden in dem Artikel auch die Bauform an sich und die Großwohnsiedlungen vermischt. Denn in dem anfangs geschilderten konkreten Fall handelt es sich ja offenbar um einen einzelnen Block im Stadtzentrum und eben nicht um eine Großwohnsiedlung am Stadtrand (diese wurden hier sogar explizit ausgeschlossen) und man hat sich zudem noch auf ein höheres Stockwerke konzentriert. Somit steht das mE auch nicht ganz repräsentativ für Platten insgesamt. Es stehen ja nun einmal nicht alle Platten in solchen Lagen und es können eben auch nicht alle Mieter in den obersten Stockwerken wohnen.


    Der Artikel geht dafür dann auch vermehrt auf Großwohnsiedlungen ein und betont, dass in Berlin wie anderswo nicht willkürlich abgerissen wurde. Sogar der Vorstand der Genossenschaft (mit über 50% Plattenbauten im Portfolio) sieht die erfolgten Abrisse ja offenbar eher als Teil der Lösung an, nachdem man über Jahre mit extremem Leerstand zu kämpfen hatte. Wenn eben keine entsprechende Nachfrage besteht ist ein übergroßes und für viele ein nicht gerade attraktives Angebot auch nicht unbedingt ein Segen. Es wäre ja in der Tat auch völlig hirnlos für viel Geld Wohnraum zu vernichten nur weil man Plattenbauten nicht mag. Aber wenn Platten neben anderen Wohnhäusern bestehen wollen, müssen sie eben nicht nur billiger sein sondern auch ein attraktives Umfeld bieten können. Oder sie müssten wirklich zur einzigen bezahlbaren Alternative werden, aber gerade dann kommen sie auch nie aus der Negativspirale mit schlechtem Image und tatsächlichen sozialen Problemen (und ästhetischen Katastrophen) heraus.


    In meinen Augen liegt die Zukunft der Platten in den Großwohnsiedlungen also darin, dass sie einerseits in Zeiten steigender Mieten eine günstige Alternative bieten und andererseits auch für sich genommen ein möglichst attraktives Angebot darstellen. Naturgemäß müssen die Stärken etwas andere als bei Altbauten sein. Die Grundrisse sind ja oft schon sehr brauchbar und ggf. kann man Wohnungen zusammenlegen (wobei es ja gerade in Berlin immer mehr kleine und Single-Haushalte mit eher begrenztem Einkommen gibt). Sehr wichtig ist aber natürlich auch das Umfeld, also die Infrastruktur, die Gestaltung der Fassaden und der Grünflächen, Spielplätze usw. Der Artikel spricht diese Punkte ja alle an. Die soziale Mischung und mittel- bis langfristig auch das Image wird sich dann mE tatsächlich und von ganz allein verbessern, wenn diese Faktoren über einige Zeit bestehen. Und ich sehe die Lage gerade für Berlin mit einem noch geringerem Leerstand ähnlich optimistisch wie es am Ende des Artikels für Leipzig dargestellt ist: Gerade Familien und junge Singles mit wenig Einkommen werden zunehmend auch in die Plattensiedlungen am Stadtrand ziehen (müssen). Wenn diese Menschen dann eben (und sei es notgedrungen) bei solchen Wohnungen landen und dann merken, dass es eigentlich gar nicht so schlimm ist kann der Wandel gelingen.

  • Vielen Dank an LE Mon hist. für die Hinweise. Sie machen ja doch deutlich, dass die Berichte über die zunehmende Nachfrage nach industriell errichteten Wohnungen (um ganz korrekt zu sein) keine Eintagsfliegen sind, sondern schon einen Trend markieren. Sicher ist es richtig, dass man bei solchen Schlussfolgerungen vorsichtig sein sollte. Es ist natürlich schwierig, kulturelle Werturteile nachzuweisen, weil sie sich schlecht in Zahlen ausdrücken lassen. Dennoch bin ich der Meinung, dass es Hinweise für eine positivere Bewertung von industriell errichteten Gebäuden in bestimmten "kreativen" Milieus gibt.


    Einerseits ist es so, dass in letzter Zeit schon mehrfach Artikel erschienen sind, die von der Entdeckung von Plattenbauten und Hochhäuser durch diese Milieus berichtet haben. Neben den schon diskutierten Texten fällt mir noch ein Artikel aus der "Berliner Morgenpost" vom 22.12.2012 "So schön kann die Platte sein" ein, in dem ebenfalls über die wachsende Beliebtheit von Plattenbauten im Kreativmilieu berichtet wird.


    http://www.one-gmbh.com/artikel%20platte%20komp.pdf


    Diese Artikel decken sich mit persönlichen Beobachtungen, nach denen gerade diese "kreativen" Schichten heute sehr viel positiver über diese Bauten urteilen als früher.


    Vor zwanzig Jahren sah diese Lage noch ganz anders aus. Damals haben die Wohnungsunternehmen zentral gelegene Atelierwohnungen in Plattenbauten (z. B. am Platz der Vereinten Nationen) angeboten wie Sauerbier. Kaum ein Künstler wollte dort einziehen, und das, obwohl es auch damals einen Wohnungsmangel gab. Damals gab es auch keine Artikel über angesagte Hochhäuser. Zwar gab es auch damals sowohl in Mitte als auch in Kreuzberg zentral gelegene Hochhäuser, und der Wohnungsmangel war teilweise noch größer als jetzt. Dennoch wäre ein Einzug in diese Gebäude für viele Leute aus kulturaffinen und "kreativen" Milieus undenkbar gewesen. Das hatte meiner Beobachtung damit zu tun, dass es einen kulturellen Code gab, nach dem Urbanität und Kreativität fast untrennbar mit Altbauten, vorzugsweise Gründerzeitbauten, verknüpft war. Hochhäuser und Plattenbauten galten dagegen als trostlos, öde und antiurban. Ein Einzug in diese Gebäude war für stilbewusste Schichten völlig undenkbar, egal wie zentral sie lagen. Erst vor zehn Jahren haben die ersten "Pioniere" begonnen, die Plattenbauten und andere industriell errichtete Wohnungen für sich zu entdecken.


    Aus diesen Beobachtungen würde ich schon den Schluss ableiten, dass es Anzeichen für eine kulturelle Neubewertung von industriell errichteten Wohnhäusern gibt. Diese Neubewertung betrifft sicher zunächst die Gebäude in der Innenstadt, aber es sind in letzter Zeit auch Artikel über die zunehmende Attraktivität von Lichtenberg erschienen. Wie schon gesagt, das sind persönliche Beobachtungen, aber ich finde es legitim, auch über solche Beobachtungen hier im Forum zu schreiben. Das Deutsche Architektur-Forum ist schließlich keine Fachzeitschrift, in der jeder Beitrag hieb- und stichfest bewiesen werden muss.


    Definitiv falsch ist aber die These, dass Plattenbauten erst dann nachgefragt werden, wenn die anderen Wohnungen belegt sind. Gut sichtbar wird das auf der Karte des Berliner Wohnungsleerstandes vom 1.1.2006, also in einer Zeit, als es in Berlin noch ein Wohnungsüberangebot gab. Diese Karte ist auch deshalb interessant, weil sie nur den langfristigen Leerstand abbildet und z.B. einen sanierungsbedingten Leerstand nicht erfasst.


    Hier kann man klar erkennen, dass in etlichen gründerzeitlich geprägten Quartieren, wie Neukölln Nord, Friedrichshain Süd oder Rosenthaler Vorstadt Leerstandsquoten von 10 - 15 Prozent dominierten, während es in industriell errichteten Siedlungen, wie der Gropiusstadt, dem Märkischen Viertel, Hohenschönhausen Nord oder Marzahn Süd und Marzahn-Mitte Leerstände von unter 7,5 Prozent gab.

    http://www.stadtentwicklung.be…Leerstand_Wohnen_0106.pdf


    In vielen ostdeutschen Städten ist die Situation noch viel krasser, da gibt es Gründerzeitquartiere mit Leerstandsquoten von über 30, teilweise sogar über 40 Prozent, während der Leerstand in Plattenbausiedlungen vielleicht 10 Prozent beträgt.


    Das Problem der industriell errichteten Gebäude war ja ohnehin nicht der Leerstand, sondern ihre geringe Wertschätzung bei bestimmten meinungsbildenden Milieus. Degewo-Geschäftsführer Frank Bielka hat es ja im "Bauwelt"-Heft über die Gropiusstadt ganz gut formuliert: Die Bewohner fühlen sich wohl, die Architekten und Stadtplaner aber finden sie "zum Kotzen". Und dieses Stimmungsbild hat die mediale Wahrnehmung dieser Gebäude stärker geprägt als die Zufriedenheit der Bewohner. Diese Situation scheint sich jetzt langsam zu verändern, und ich denke, dass diese Veränderungen Chancen für einen produktiveren Umgang mit diesen Gebäuden bieten. Sicher gibt es auch Gefahren, wie die Verdrängung einkommensschwacher Mieter. Aber da sich viele der betroffenen Gebäude im Eigentum von landeseigenen Gesellschaften bzw. Genossenschaften befinden, kann die Politik hier steuernd eingreifen.

    6 Mal editiert, zuletzt von Klarenbach ()

  • Definitiv falsch ist aber die These, dass Plattenbauten erst dann nachgefragt werden, wenn die anderen Wohnungen belegt sind. Gut sichtbar wird das auf der Karte des Berliner Wohnungsleerstandes vom 1.1.2006, also in einer Zeit, als es in Berlin noch ein Wohnungsüberangebot gab. Diese Karte ist auch deshalb interessant, weil sie nur den langfristigen Leerstand abbildet und z.B. einen sanierungsbedingten Leerstand nicht erfasst.


    Hier kann man klar erkennen, dass in etlichen gründerzeitlich geprägten Quartieren, wie Neukölln Nord, Friedrichshain Süd oder Rosenthaler Vorstadt Leerstandsquoten von 10 - 15 Prozent dominierten, während es in industriell errichteten Siedlungen, wie der Gropiusstadt, dem Märkischen Viertel, Hohenschönhausen Nord oder Marzahn Süd und Marzahn-Mitte Leerstände von unter 7,5 Prozent gab.

    http://www.stadtentwicklung.be…Leerstand_Wohnen_0106.pdf


    Da ist Berlin doch kein Maßstab. 6 Monate sind bei so einer dynamischen Entwicklung wie sie die meisten innerstädtischen Berliner Viertel momentan aufweisen ein Witz. Das in den Großwohnsiedlungen eine geringere Bevölkerungsdynamik existiert ist auch kein Geheimnis. Gerade im Osten gab es dazu noch Abrisse um die Leerstandsquoten niedrig zu halten. Davon hat man in der Innenstadt aufgrund der meist ungleich wertvolleren Bausubstanz glücklicherweise abgesehen.


    In vielen ostdeutschen Städten ist die Situation noch viel krasser, da gibt es Gründerzeitquartiere mit Leerstandsquoten von über 30, teilweise sogar über 40 Prozent, während der Leerstand in Plattenbausiedlungen vielleicht 10 Prozent beträgt.


    Ja woran mag das wohl liegen? Vielleicht daran, dass seit dem Krieg bis zur Wende nahezu keine nennenswerten Sanierungen in den Gründerzeitvierteln stattgefunden haben? Ich hab mit meinen Eltern bis 1997 in einer Wohnung mit Toilette im Treppenhaus gewohnt und das war keine Seltenheit. Die Sanierung solcher Viertel dauert aufgrund der komplizierteren Eigentümerverhältnisse länger als bei den Plattensiedlungen.
    Dann kommen da so schlaue Füchse wie die Chemnitzer GGG, reißen hunderte Altbauten nieder, kassieren dafür ordentlich Geld und sanieren damit Plattenbauten am Stadtrand. Bar jeder stadtmorphologischen Sinnhaftigkeit.



    Das Problem der industriell errichteten Gebäude war ja ohnehin nicht der Leerstand, sondern ihre [...]


    Lage.
    Ich hab das glaube ich schon mal im Leipziger Bereich geschrieben. Was wäre denn nach 1990 die Alternative zum massenhaften Abriss von Plattenbauten an der Peripherie gewesen? Hätte man stadtdessen die sich in der Regel direkt an die Altstädte anschließenden Gründerzeitviertel planieren sollen?
    Ich nehme mal Zwickau als Beispiel. Der Staddteil Eckersbach hatte 1989 ca. 28.500 Einwohner. Vor den Abrissen sah es 1996 noch so aus http://www.derzwickauer.de/eckersbachluft.JPG


    Der ganze Stadtteil hat heute mit erheblichen Anteil von Eigenheimneubauten, noch gut 9000 Einwohner.
    Heute sieht es dort so aus http://www.bing.com/maps/?v=2&…lvl=16&dir=0&sty=h&obox=1
    Mag sich wer vorstellen, welche Lücken der Abriss solcher Wohnraummasssen in die Nordvorstadt oder das Bahnhofsviertel geschlagen hätte? Ich möchte das nicht.

    2 Mal editiert, zuletzt von Saxonia ()

  • Das in den Großwohnsiedlungen eine geringere Bevölkerungsdynamik existiert ist auch kein Geheimnis. Gerade im Osten gab es dazu noch Abrisse um die Leerstandsquoten niedrig zu halten. Davon hat man in der Innenstadt aufgrund der meist ungleich wertvolleren Bausubstanz glücklicherweise abgesehen.


    Vielen Dank für diese prompte Resonanz und Einschätzung. Auch in dem verlinkten Artikel von LE Mon. hist. ist ja deutlich zu lesen, dass man vor allem bei den Platten (u.a. ja auch in Berlin) wegen dem heftigen Leerstand massiv abgerissen hat um dem schwachen Markt besser zu entsprechen (übrigens sehe ich in der von Klarenbach verlinkten Karte trotzdem noch einen erheblichen Leerstand für Marzahn/ Hellersdorf/ Hohenschönhausen). Dass bei so einem systematischen Vorgehen (das ja zudem in vielen Fällen bestimmt mit einer Sanierungs- und Modernisierungswelle des verbleibenden Bestands verbunden war) dann der Leerstand deutlich sinkt ist doch wohl auch der primäre Sinn der ganzen Übung gewesen und deswegen wird dieses Vorgehen ja auch in dem von LE Mon. hist. verlinkten Artikel explizit begrüßt! Ich nehme zusätzlich auch einfach mal an, dass man besonders dort abgerissen hat wo zuvor der heftigste Leerstand zu verzeichnen war und ergo die schädlich hohen Raten am besten drücken konnte. Wenn entsprechendes nicht in gleichem Ausmaß bei dem Bestand an Altbauten passiert ist bzw. offenbar aus den von Saxonia angegebenen Gründen auch gar nicht so systematisch erfolgen konnte ist die nachfolgende Erklärung für teilweise höhere Leerstandsquoten bei Altbaubestand mE doch äußerst plausibel:


    Ja woran mag das wohl liegen? Vielleicht daran, dass seit dem Krieg bis zur Wende nahezu keine nennenswerten Sanierungen in den Gründerzeitvierteln stattgefunden haben? Ich hab mit meinen Eltern bis 1997 in einer Wohnung mit Toilette im Treppenhaus gewohnt und das war keine Seltenheit. Die Sanierung solcher Viertel dauert aufgrund der komplizierteren Eigentümerverhältnisse länger als bei den Plattensiedlungen.


    Auch das von Saxonia angegebene Fallbeispiel von Zwickau ist sehr eindrücklich. Wie hoch wäre dort wohl der heutige Leerstand wenn man alles so belassen hätte und weder abgerissen noch saniert hätte? Wie hätte es wohl Ende 2005 in Marzahn und Co ohne dieses Vorgehen ausgesehen?


    Klarenbach: Es ist ja schön, dass Du immer wieder neue Argumente und Datenmaterial in diese Diskussion einbringst. An Deiner extrem selektiven Interpretation und Argumentation ändert das aber leider nichts. Selbst die von Dir beschriebene Verteilung der verschiedenen roten Flecken kann ich in der Graphik wie schon gesagt so nicht völlig nachvollziehen (da sehe ich zumindest auch geringen Leerstand in Gebieten mit älterem Bestand und öfters 7,5 - 15% Leerstand auch in Marzahn und Co, ohne dass ich jetzt genau weiß wo exakt die Großwohnsiedlungen stehen. Oder meintest Du einfach nur, dass irgendwelche Plattensiedlungen weniger Leerstand aufweisen als irgendwelche "gründerzeitlich geprägte Quartiere"?). Und da sind die Argumente von Saxonia noch nicht einmal einbezogen. Trotzdem soll es aber der ideale Beleg für Deine These sein. Das ist mE gerade für jemanden der ein so fundiertes Hintergrundwissen für sich beansprucht und folglich all das reflektiert haben sollte kein Hinweis für Seriosität. Ich habe nie behauptet, dass ein Forum für Architektur und Stadtentwicklung mit einer Fachzeitschrift gleich zu setzen sei. Aber mE kann man auch in Internetforen nicht erwarten, dass man Behauptungen aufstellen und Wertungen vornehmen kann ohne auch auf gegensätzliche Reaktionen zu stoßen (vor allem wenn Du diese Reaktionen durch solche allzu einseitigen und mE teilweise geradezu manipulativen Deutungen geradezu provozierst). Man könnte fast schon meinen, dass Du Plattenbauten vermarkten willst. Du arbeitest nicht zufällig für diese Firma von der Du den MoPo-Artikel (http://one-gmbh.com/ ) verlinkt hast?

  • Dennoch bin ich der Meinung, dass es Hinweise für eine positivere Bewertung von industriell errichteten Gebäuden in bestimmten "kreativen" Milieus gibt.
    [...] Kaum ein Künstler wollte dort einziehen, und das, obwohl es auch damals einen Wohnungsmangel gab. [...]


    Geht es nun um eine allgemeine Beliebtheit der Platten oder um Künstler?


    Es wäre schön, wenn Du dir mal selbst einig wärst, was Du genau thematisieren möchtest.


    Dieses andauernde Gehüpfe (von Plattenbau zu Plattenbausiedlung, von Künstler zur Allgemeinheit) zwischen den Themen einzig zum Zweck hier eine ideologische Sicht zu begründen nervt langsam.


    Du scheinst hier auch der/die Einzige zu sein, der krasse Widersprüche zwischen Alt- und Plattenbauten im Allgemeinen orten will. Die meisten hier im Forum sehen die Sache eher pragmatisch und aus einer persönlichen Sicht (entweder man mag Platte oder nicht).


    Warum musst Du also das auf eine allgemeine Ebene heben und Dich hier so profilieren?

  • ^Eine so flexible, sprunghafte Diskussionsweise hat eben den entscheidenden Vorteil, dass man konkrete Nachfragen und Gegenargumente nicht beantworten und sich auf einmal getätigte Aussagen nicht festlegen lassen muss.


    Ich wüsste ja allein schon mal gerne inwiefern das damalige Nordneukölln wirklich repräsentativ für ein "gründerzeitlich geprägtes Quartier" sein kann (mal ganz davon abgesehen, dass solche in großen zusammenhängenden Flächen gerade in Innenstadtlagen kaum noch existieren dürften). Ich hab da immerhin mehrere Jahre gewohnt und weiß daher sehr genau, dass es dort sehr viel hässliche Nachkriegsbebauung und entstuckte, vergammelte und ergo völlig hässliche Altbauten gab bzw. an vielen Ecken auch heute noch gibt. Hinzu kommt ein bis vor kurzem ähnlich negatives Image wie das der Gropiusstadt, während der Sanierungsstand vor dem Imagewandel und dem aufkommenden Nachfrageboom dort eher noch schlechter gewesen sein dürfte. Also mich wundert es kaum, wenn dort 2006 Leerstand geherrscht haben mag. Die hübschen sanierten Häuser in den passenden Kiezen waren natürlich hingegen schon damals sehr beliebt.

  • Künstler entdecken für sich doch zwangsläufig die Dinge, die von der Allgemeinheit aus welchen Gründen auch immer verschmäht werden. Das ist wohl sowas wie ein der kreativen Szene inne wohnendes Gesetz. Folgt man der Masse, ist man schließlich nicht mehr kreativ.
    Ich wohne momentan selbst in einem DDR-Punkthochhaus und genieße den Blick auf Erfurts herrliche Altstadt. Preis und Ausblick sind aber auch die einzigen Vorteile die ich bisher festgestellt habe.

  • Ich verstehe nicht, warum Klarenbach hier so aggressive Reaktionen erntet, nur weil er darauf hinweist, daß die Leerstände in Plattenbauquartieren zumindest in halbwegs prosperierenden Städten rückläufig sind (durch allgemeinen Wohnungsmangel, Abrisse im Bestand und Sanierungen) und gleichzeitig die kreativen Milieus die "Eliteplatten" in zentraler Lage als smarten Wohnort für sich entdecken?
    Gerade die letztgenannte Entwicklung (auch wenn sie quantitativ momentan eher wenig ins Gewicht fällt) kann langfristig sehr wohl dazu führen, daß der Bautyp "Platte" insgesamt eine Rehabilitierung erfährt; man sollte nicht vergessen, daß gerade diese Milieus es waren, die in den 70er Jahren durch die Entdeckung der Altbauquartiere als Lebensraum die Umwertung dieser bis dahin als obsolet und abrißreif eingestuften Substanz eingeleitet haben, bis hin zu dem Punkt daß heute das Leben im sanierten und aufgewerteten Altbauviertel für die Mittelschicht der postindustriellen Gesellschaft das Bild vom "Guten Leben" schlechthin ausmacht. So eine Entwicklung wäre vor 40 Jahren vom damaligen Mainstream der Gesellschaft für undenkbar gehalten worden.
    Wenn also die heutige Kulturavantgarde (sei es aus ökonomischen Gründen, aber unter Umständen sogar bewußt um sich vom neuen Spießertum in den Bionade-Altbauvierteln und dessen ästhetischen Vorlieben abzugrenzen) Plattenbauten zumindest in halbwegs zentralen Lagen als begehrenswertes Habitat für sich entdeckt, wird diese Umwertung früher oder später sicher auch in breitere Schichten der Gesellschaft diffundieren und zu einer Neubewertung der "Platte" insgesamt führen.
    Was ist so verwerflich daran auf so eine Perspektive hinzuweisen?

  • Bauten und Siedlungen der sozialistischen Moderne

    An der Stelle möchte ich kurz auf ein noch bis Ende des Jahres laufendes Forschungsprojekt des Kunsthistorikers und Architekturkritikers Dr. Arnold Bartetzky am Geisteswissenschaftlichen Zentrum Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas an der Universität Leipzig (GWZO) hinweisen.



    "Platte ist Kult". Bauten und Siedlungen der sozialistischen Moderne als Orte der Gegenkultur nach dem Systemwechsel


    Im Staatssozialismus boten die maroden Altbauviertel aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert Gegenräume zu systemkonformen Lebensstilen. Die meisten Bewohner – Arme, Ungebildete, Alte – lebten hier zwar unfreiwillig. Gleichzeitig waren die Altbauten aber auch das bevorzugte Domizil Intellektueller und Künstler, die sich, mehr oder weniger dezidiert, dem System verweigerten. Sie erblickten in der vernachlässigten vormodernen Architektur den Rahmen für die von ihnen gepflegten Gegen- bzw. Nischenkulturen. Dagegen galt der Einzug in eine Neubauwohnung tendenziell als ein Zeichen von Erfolg und Anpassung. Dies änderte sich grundlegend nach 1989. In demselben Maße, in dem die Altbauten nach Sanierungen an Wertschätzung in weiten Teilen der Bevölkerung und auch an ökonomischem Wert gewannen, erlebten die Bauten der sozialistischen Moderne Verfall und Pauperisierung ihrer Bewohnerschaft. Das Wohnen im Altbau wurde zum Leitbild urbanen Lebens, die einst so begehrten Plattenbauten verwandelten sich in Orte der Verlierer. Seit einigen Jahren gewinnt dieses Architekturerbe aber – zugespitzt gesagt – ausgerechnet bei jenen neue Popularität, die sich im Sozialismus vorwiegend mit Altbauten identifiziert hätten: bei Intellektuellen und Künstlern mit Affinität zu mehr oder weniger nonkonformen Lebensstilen und latent systemkritischem Anspruch. Mittlerweile gibt es nicht nur in Ostdeutschland, sondern auch in anderen postsozialistischen Ländern unzählige Bürgerinitiativen, die gegen die Dezimierung des Bauerbes der sozialistischen Moderne kämpfen. Künstler setzen den spröden Charme von Bauten der 1950er bis 1980er Jahre in Bildern, Videos und Installationen in Szene. Leerstehende Gebäude werden als Spielplätze für experimentelle Kunstformen wiedererweckt, Plattenbausiedlungen als potentielle Freiräume für alternative Lebensweisen diskutiert. Provokant-spielerische Losungen wie "Platte ist Kult" sind dabei Ausdruck einer Auflehnung gegen etablierte ästhetische Setzungen und Leitbilder des Lebensstils. Den von Land zu Land unterschiedlichen Ausprägungen dieses Umwertungsphänomens soll im Projekt nachgegangen werden.


    http://www.uni-leipzig.de/~gwz…rticle&id=859&Itemid=1430
    (Erlaubnis zum Vollzitat wurde mir auf Anfrage erteilt.)


    Zwischen zwei Buchdeckel sind die Ergebnisse des Forschungsprojektes bislang leider selten geraten, aber einiges ist noch in Vorbereitung, inbesondere die Publikation der Beiträge der Tagung im letzten Jahr:


    Zwischen Ablehnung und Aneignung.
    Das architektonische Erbe des Sozialismus in Mittel- und Osteuropa
    Internationale Tagung des Deutschen Nationalkomitees von ICOMOS und des Geisteswissenschaftlichen Zentrums Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas an der Universität Leipzig (GWZO) in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Wissenschaftlichen ICOMOS-Komitee für das Erbe des 20. Jahrhunderts und der Leipziger Messe denkmal 2012 Leipzig, 23.–24.11.2012
    http://www.docomomo.de/attachm…Progr_12-08-14%5B1%5D.pdf


    Das Erscheinen ist für November/Dezember 2013 angekündigt, es könnte aber auch ein wenig später werden:


    Zwischen Ablehnung und Aneignung. Das architektonische Erbe des Sozialismus in Mittel- und Osteuropa. Hg. v. Arnold Bartetzky und Jörg Haspel.
    http://www.amazon.de/Von-Ableh…propriation/dp/3412221481

  • Urbanist: Der erste Teil der Frage ist eigentlich offtopic aber trotzdem berechtigt und ich will daher auch ausführlich darauf antworten. Tatsächlich fällt mir selbst auf, dass ich schon lange nicht mehr so ausführlich und zudem kritisch auf Beiträge reagiert habe wie auf die von Klarenbach wobei ich auch bei den Aussagen anderer Nutzer zu anderen Themen oft eine andere Meinung habe. Ich habe aber kein Problem mit abweichenden Meinungen, sondern mit mE unseriösem Argumentieren. Gerade bei jemandem der recht intelligent wirkt glaube ich, dass Klarenbach sogar sehr bewusst so selektiv und manipulativ vorgeht und seine Ausführungen klingen zumindest beim ersten Lesen auch immer sehr überzeugend. Wenn man nicht ein wenig Ahnung hat oder Dinge recherchiert, sich ein wenig Zeit nimmt um die verlinkten Quellen auch kritisch zu prüfen usw. geht man dem schnell auf den Leim. Aber wenn man all das tut und ihn direkt auf offensichtliche oder auch nur vermeintliche Widersprüche anspricht, bekommt man nie eine befriedigende Antwort sondern es werden wieder neue Daten und Bewertungen präsentiert, sodass sich irgendwann die ursprünglichen Diskussionsfäden verlieren ohne dass sie wirklich abgehandelt wurden. Sicher kann man so vorgehen, aber man muss dann eben nicht erwarten damit auch immer durchzukommen. In Threads zum MEF oder dem Stadtschloss hat er ja teils ebenso heftige Reaktionen erzeugt. Dieses Diskussionsmuster ist mE auch einfach sehr auffällig und provoziert gerade bei Leuten wie mir dann auch eine entsprechende Reaktion. Da fühle ich mich geradezu berufen als Korrektiv in die Diskussion einzutreten und auch mal auf einzelnen Behauptungen herumzureiten.


    Um jetzt mal wieder auf die rein inhaltliche Ebene zurückzukehren will ich will ich mal einige Diskussionsfragen aufführen die mE immer noch nicht wirklich geklärt wurden:


    -Hobbyist hat mE zu recht nachgefragt, warum eine so heftige Gentrifizierung im Falle von Wohnhochhäusern auf einmal wünschenswert ist, wenn an anderer Stelle (in Bezug auf andere Bauformen) sehr kritisch dazu Stellung bezogen wurde. Die späteren Erläuterungen zu einer allgemein wünschenswerten Entwicklung klären diesen Widerspruch dann mE auch nicht auf, denn sie verstehen sich mE rein gar nicht mit der Entwicklung die in dem FAZ-Artikel beschrieben wird wo nach und nach eben KEINE Berliner Mischung mehr zu finden sein wird und die meisten Wohnungen (1000 von 1400) inzwischen Eigentumswohnungen sind. (Es ist natürlich ein eigenes Thema ob und in welchem Ausmaß in den Markt eingegriffen werden sollte, es ging zunächst ja nur um die diametral entgegengesetzte Bewertung von Gentrifizierung in Bezug auf verschiedene Bauformen).
    -Unklar bleibt in dem Zusammenhang auch inwiefern man das Ganze auf Großwohnsiedlungen am Stadtrand beziehen sollte wie das hier gleich getan wurde (jedenfalls hat bisher jeder der verlinkten Artikel mit Fallbeispielen zu einem neuen, hippen und schicken Image auf die oberen Stockwerke von Wohnhochhäusern in guten Lagen als Mietobjekt und eine zahlungskräftige Klientel als Mietinteressenten Bezug genommen).
    -Unklar ist zudem weiter ob das im konkreten Fall jetzt überhaupt ein Plattenbau ist oder nicht. Nachdem der Fall ja erst als vermeintlich eindeutiger Beleg für eine "Normalisierung" gegenüber der Bauform genutzt wurde, ist später auf einmal von industriell errichteten Wohnungen die Rede, ohne dass die eigentliche Frage noch einmal direkt angesprochen wurde.
    -Weiterhin wurde mehr oder weniger explizit behauptet das Image der Großwohnsiedlungen sei immer das eigentliche, entscheidende Problem gewesen und weniger der ursprünglich oft so dramatische Leerstand der wohl mehr als Folge zu verstehen sei (also eine recht monokausale Argumentation). Klarenbach sieht die Abrisse offenbar rückblickend sogar als großen Fehler an, während andere wie Saxonia und die Experten in dem von LE Mon. hist. zitierten Artikel ihn als richtig bewerten.
    -Außerdem wurde eine Graphik zum Leerstand in Berlin im zweiten Halbjahr 2005 eingestellt und eine Bewertung vorgegeben. Auf die Kritik und alternative Auslegungen wurde dann aber (noch) nicht eingegangen. Mich als ehemaligen Nordneuköllner würde in dem Zusammenhang auch weiterhin interessieren wieso ausgerechnet dieses im damaligen Zustand als gründerzeitlich geprägtes Quartier verstanden wird (ich würde das z.B. auf Abschnitte in Dahlem oder Fronau beziehen die aber am Stadtrand liegen, in der Innenstadt gibt es doch allenfalls noch Straßenzüge oder kleine Kieze mit solchem Flair).
    -Seltsam finde ich persönlich auch, dass ein wenige Jahre alter MoPo-Artikel nicht aus dem Online-Archiv der Zeitung sondern aus einer Seite verlinkt wird die primär der Vermarktung von Plattenbauten dient. Das könnte evtl. erklären warum Klarenbach so viel mit dieser Bauform "zu tun" hat und weshalb er so argumentiert.

    Fazit: Wenn Klarenbach tatsächlich eine produktive Diskussion über Plattenbauten oder industriell gefertigte Wohnungen wollte, hat er diesem Vorsatz mE keinen großen Gefallen getan. Stattdessen sehe ich eher einerseits einen Diskussionsstau bzw. eine springende Diskussion die immer neue Felder anreißt. Urbanist, wenn er wirklich so argumentiert hätte wie Du das paraphrasieren willst, wäre das in der Tat eine haltbare These und man hätte sich so heftige und kritische Reaktionen sparen können. Aber du glättest doch in Deiner Beschreibung ganz eindeutig das was Klarenbach vorgetragen hat:


    Ich verstehe nicht, warum Klarenbach hier so aggressive Reaktionen erntet, nur weil er darauf hinweist, daß die Leerstände in Plattenbauquartieren zumindest in halbwegs prosperierenden Städten rückläufig sind (durch allgemeinen Wohnungsmangel, Abrisse im Bestand und Sanierungen) und gleichzeitig die kreativen Milieus die "Eliteplatten" in zentraler Lage als smarten Wohnort für sich entdecken?


    Das hat er doch so nie geschrieben. Schon gar nicht am Anfang und auch nicht am Ende. Vergleiche das doch mal bitte hiermit:


    Das Problem der industriell errichteten Gebäude war ja ohnehin nicht der Leerstand, sondern ihre geringe Wertschätzung bei bestimmten meinungsbildenden Milieus.


    An anderen Stellen beschreibt er wie gesagt die vielen Abrisse als schlimmen Fehler der sich noch böse rächen wird. Zudem hat er doch durch seine Graphik gerade aussagen wollen, dass schon zu Zeiten vor dem schlimmen Wohnungsmangel der Leerstand in den Großwohnsiedlungen (generell, tendenziell, in einzelnen Fällen???) geringer war als in "gründerzeitlich geprägten Quartieren" wie Nordneukölln...

  • Lieber jan85,
    da Du so grossen Wert auf Seriosität und umfangreiches Datenmaterial legst, dann bringe doch bitte ein paar Leerstandsstatistiken, aus denen klar hervorgeht, dass der Leerstand in Gebieten des industriellen Wohnungsbaus tendenziell höher ist als in Altbauquartieren. Ich habe die von Dir verlinkten Artikel gelesen, und keiner dieser Artikel liefert derartige Daten. Ich habe mit der Leerstandsstatistik von 2006 solche Daten geliefert, Du bist sie bisher schuldig geblieben.


    Ansonsten bitte ich Dich, bei dieser Debatte sachlich und fair zu bleiben und auf Beleidigungen und Unterstellungen zu verzichten. Ich habe Dich im Forum nie persönlich angegriffen, also halte das bitte auch so. Ich hatte ja schon mal versucht, mit Dir per PN ins Gespräch zu kommen, aber das hat ja nicht geklappt. Der Stil, den Du hier praktizierst, geht jedenfalls ganz klar unter die Gürtellinie


    P.S. Das Archiv der Berliner Morgenpost ist kostenpflichtig, daher fand ich den angegebenen Link benutzerfreundlicher.


  • Hier kann man klar erkennen, dass in etlichen gründerzeitlich geprägten Quartieren, wie Neukölln Nord, Friedrichshain Süd oder Rosenthaler Vorstadt Leerstandsquoten von 10 - 15 Prozent dominierten, während es in industriell errichteten Siedlungen, wie der Gropiusstadt, dem Märkischen Viertel, Hohenschönhausen Nord oder Marzahn Süd und Marzahn-Mitte Leerstände von unter 7,5 Prozent gab.


    Wieso eigentlich diese selektive Auswahl? Warum erwähnst du nicht auch Marzahn-Hellersdorf oder Ahrensfelde (beides relativ große Gebiete mit hohem Leerstand laut Deinem Link)?


    Nochmal (auch an Urbanist): es geht hier nicht um einen schlechten Ruf von Plattenbauten, der sich ändert, sondern um die unsachliche Diskussion hier solch krasser Gegenpositionen von Alt- und Neubauten.


    Natürlich gibt es in Plattenbauten und Altbauten Leerstände (die Karte zeigt es ja), nur wenn beide Bauformen davon (in etwa?) gleich betroffen sind, dann scheint ja die Bauform selbst nicht ausschlaggebend zu sein.


    Warum sind schöne Altbauten bspw. in Moabit von Leerstand betroffen, warum Plattenbauten weit im Osten der Stadt?


    Warum hingegen Altbauten in Mitte und Prenzlauer Berg usw. beliebt, ebenso Plattenbauten in Friedrichsfelde, Friedrichshagen etc pp?


    Dahinter stehen doch offensichtlich noch ganz andere Faktoren, als nur die Bauweise.


    Es gibt bspw. vielfältige Gründe für den Leerstand von Wohungen ("Leerstand ist nicht gleich Leerstand"): http://www.google.de/url?sa=t&…bv.48705608,d.Yms&cad=rja


    Diese Gründe sind mit einer selektiven Auswahl von Klarenbach ebenfalls nicht berücksichtigt.


    Und wie bereits erwähnt: Warum auf einmal dieses Begrüßen der Gentrifizierung von vermeintlichen Plattenbauten in Mitte?

  • Klarenbach: Dann lass uns doch auch einfach mal auf der argumentativen bzw. der Sachebene bleiben. Warum gehst Du auf die vielen inhaltlichen Fragen denn nicht ein, die stammen ja nicht alle von mir und nehmen ganz eindeutig Bezug zu Deinen Argumenten? Das wäre doch schon einmal eine ganz gute Grundlage für eine produktive Diskussion, so kommen wir doch nicht voran. Wenn Du mir nicht direkt sagen willst ob Du auch beruflich mit industriell gefertigten Wohnhäusern zu tun hast, kann ich das ja noch gut verstehen und werde es auch akzeptieren (auch wenn Du mehrmals unklare Andeutungen gemacht hast die ich dann an Deiner Stelle auch eher weggelassen hätte, weil sie einen zu dem Schluss bringen können). Aber es bleiben doch auch so genug Punkte offen.


    Ich will dafür entsprechend auch auf Deine Punkte eingehen:


    -Leerstand:
    So weit ich mich erinnere habe ich nicht einmal an irgendeiner Stelle explizit oder implizit behauptet, dass der Leerstand bei industriellem Wohnungsbau generell oder tendenziell höher ist als bei Altbauquartieren. Wobei man da mE erst einmal einen konkreten Vergleichsrahmen festlegen müsste wo die Bedingungen abgesehen von der Bauform und den daraus direkt resultierenden Begleiterscheinungen nahezu identisch sind und da würde ich tatsächlich annehmen, nicht behaupten, dass eine Wohnung im Gründerzeitbau-Ensemble tendenziell gefragter ist als eine im Plattenbaublock. Wenn ich darüber hinaus etwas behauptet habe, dann belege doch bitte auch wo ich es getan habe. Ich habe tatsächlich gesagt, dass gemäß allen mir bekannten Artikeln zu dem Thema (neben den verlinkten habe ich noch mehr gelesen, die ich aber leider spontan nicht finden konnte) der Leerstand nach der Wende durchaus ein relevantes Problem bei Plattenbauten gerade in Randlagen war und deshalb massiv abgerissen, saniert und modernisiert wurde um dem Problem Herr zu werden (wie man sieht mitunter recht erfolgreich, sonst wäre ich auch nicht in die Gropiusstadt gezogen und würde sie hier und anderswo gegen mE falsche Behauptungen verteidigen). Dazu haben ich und andere Nutzer hier aber mE auch bereits genug Material verlinkt.


    Seriosität/ Datenmaterial:
    Seriosität in solchen Diskussionen finde ich wichtig, ja. antürlich gehört dazu nicht etwas zu behaupten was man nicht belegen kann. Aber habe ich das denn bei sonstigen Behauptungen gemacht? Oder habe ich irgendwo in meinem Katalog zu offenen Fragen gefordert, dass wir für diese Diskussion noch mehr Datenmaterial etwa zum Leerstand im Jahr X brauchen (schaden würde es natürlich auch nicht) oder dass ich etwas gegen das von Dir hochgeladene Material habe? Ich muss doch aber wohl nicht ausführen, dass Daten immer auch interpretiert werden müssen, bevor man sich einen Reim darauf machen kann (das gilt insbesondere wenn man sie als Beleg für eine These nutzen will). Du hast das eben anders getan als etwa Saxonia oder ich und darüber kann man doch gut diskutieren. Da wird es doch erst richtig interessant. Ich lass mich auch gerne überzeugen, wenn Du es denn durch wirkliche Argumente und gerne auch mir unbekannte Fakten vermagst. Ich bin ja anders als Du kein Experte auf dem Gebiet und das gebe ich auch zu, aber ich weiß allgemein wie man mit Quellen umgehen sollte und wie man seine Thesen begründen sollte. Deswegen glaube ich auch einem noch so versierten Experten nicht gleich alles, er könnte ja andere Interessen haben als die der reinen Erkenntnisgewinnung. Da spreche ich ganz allgemein und aus vielfältiger Erfahrung.


    Persönliche Angriffe/ PMs:
    Ich kann mich nicht erinnern, dass ich Dir abgesehen von einem mitunter (auch nicht immer) fragwürdigen Diskussionsstil je etwas unterstellt habe und das ich je etwas anderes angegriffen hätte als einige Deiner Thesen und Argumente (so wie ich sie an anderen Stellen akzeptiert oder zumindest nicht offen hinterfragt habe). Das ist für mich gerade kein persönlicher Angriff (ich kenne Dich ja auch nicht persönlich), sondern dient dem argumentativen Austausch und damit dem Erkenntnisgewinn. Das sehe ich als den Sinn eines solchen Forums an und so habe ich hier aktiv und passiv in den diversen Diskussionen schon viel gelernt. Ich will jetzt nicht direkt auf den Inhalt unserer PMs eingehen und viele unbeteiligte Nutzer hier so noch mehr nerven. Aber ich finde gewisse Diskussionen sollten auch transparent bleiben. Dann lieber als Nachtrag in anderer Farbe. Das mag jeder sehen wie er will, aber man muss es bei Desinteresse ja nicht lesen. Wenn Du wirklich etwas als unter der Gürtellinie empfandst kannst Du es mir aber gerne konkret per PM mitteilen und dann tut mir das auch leid. Von mir aus soll es das dazu dann auch erst einmal gewesen sein, bis es mit der eigentlichen Diskussion weiter geht. Dafür habe ich ja genug Vorschläge gemacht.

  • Also nach den letzten Beiträgen verstehe ich ehrlich gesagt überhaupt nicht mehr, worüber wir uns gerade so fürchterlich gestritten haben. Ich sehe die Dinge ganz ähnlich wie Hobbyist, und ich habe in meinem Kommentar zum FAS-Artikel auch geschrieben, dass ich eben nicht von einem Hype um Plattenbauten ausgehe, sondern nur von einer Normalisierung. Auch früher habe ich schon geschrieben, dass es natürlich auch sehr attraktive Altbauten gibt, und dass man die Bauformen differenziert betrachten muss, etwa hier: http://www.deutsches-architekt…hp?p=366674&postcount=321
    Ich habe ja auch schon positiv über attraktive Altbauten geschrieben, wie etwa an der Woelkpromenade.


    Ansonsten habe ich den Beiträgen entnommen, dass es ein Interesse am Thema Stadtumbau Ost gibt. (Zu dieser Frage habe ich dann allerdings eine andere Meinung als Saxonia oder jan85.) Wahrscheinlich wäre es am besten, für das Thema einen Extra-Thread im Forum Ost einzurichten, weil das Thema Berlin ja nicht mehr betrifft. Wenn ich etwas Zeit finde, dann werde ich dazu auch gern etwas Material beitragen. Ich bitte aber um Verständnis, wenn ich nicht jedes Thema sofort umfangreich abhandeln kann, es ist einfach so, dass ich nicht immer die Zeit habe, um lange Beiträge für das DAF zu schreiben, so sehr ich das DAF auch schätze.


    Weiterhin habe ich auch nicht den Anspruch, unfehlbare Beiträge zu schreiben, das wäre auch kaum möglich. Meine Beiträge haben Schwächen, wie viele andere Beiträge im DAF auch, und natürlich sind sie selektiv bei der Auswahl von Fakten, wie fast alle DAF-Beiträge ebenfalls. Und sicher habe ich nicht immer die Zeit, auf sämtliche Einwände zu reagieren, das ist, wie schon gesagt, auch eine Zeitfrage. Ich bemühe mich, informative Beiträge zu bringen, und vielen Nutzern scheinen sie zu gefallen, das Feedback via Renomeesystem legt jedenfalls diesen Schluss nahe. Und ich bemühe mich auch, auf Beleidigungen anderer Nutzer zu verzichten. Daher fällt es mir schwer, diese Anfeindungen nachzuvollziehen. Dieses Forum lebt von der Vielfalt der Meinungen, und ich werde meine Meinung auch künftig einbringen.