Wenn Architekten träumen dürfen
Im Lokalteil ihrer heutigen Druckausgabe startet die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) die Serie "Wenn Architekten träumen dürfen". In der Serie dürfen Architekten ihre Ideen zu Stadtumbauten, -reparaturen und -erweiterungen ausführen, ohne auf irgendwelche Zwänge Rücksicht nehmen zu müssen.
Im ersten Teil, der zusätzlich zur Serienankündigung eine halbe Seite füllt, stellen unter dem Titel "Mut zur klaren Kante" die Architekten F. Heide, T. Meurer und I. Schrader ihre Vision für die Wallanlagen vor. Darin geht es um die schrittweise Entfernung von neueren Bauten nach ihrer "Lebenszeit" zur Wiederherstellung und Erweiterung der ursprünglichen Grünflächen im Sinne des Wallservituts. Letzteres existiere eigentlich nur noch in den Köpfen von Politikern. In Wirklichkeit wurden gerade nach dem Weltkrieg Krankenhäuser, Schulen, Behörden, aber auch Wohn- und Bürogebäude immer weiter in die Grünflächen hineingebaut, sodass sich heute ein zerfasertes Bild ergebe und der Park nicht mehr im Zusammenhang erkenn- und erlebbar sei. Beispiele: Hospital zum Heiligen Geist, Kolpinghaus, Bürgeramt, Alten-/Pflegeheim an der Seilerstraße, Hilton- und Fleming's-Hotels, aber auch die Städtischen Bühnen.
Als weiteres städtebauliches Merkmal und Überkompensation für die wegfallenden Flächen soll die Bebauung an der inneren Grenze zu den Wallanlagen verdichtet werden, sodass eine klare durchgehende Kante entsteht. Vorbild sei der Central Park in Manhattan, der ohne Wenn und Aber über die letzten Jahrzehnte unangefasst geblieben ist und an dessen Rand sich eine Hochhauskette gebildet hat, die als Wohnungsstandort äußerst attraktiv geworden ist. In Frankfurt wohnten innerhalb der Wallanlagen nur ca. 7000 Menschen, was lt. Architekten steigerungsfähig sei.
Über Details kann man streiten; von der Grundidee sprechen mir die drei jedenfalls von der Seele. Als ich gestern durch die Wallanlagen ging, ärgerte ich mich wieder einmal über die östliche Seilerstraße: die Kette aus Wohnhochhaus, Alten-/Pflegewohnheim an der nördlichen Straßenseite, Hotel und anderen Bauten ist zur Straße hin unruhig und abweisend und ragt nach hinten - ebenfalls unregelmäßig - in den Park hinein, der dadurch zu einem engen Schlauch verkommt. Ich finde jedenfalls, es würde nicht wehtun, an einigen ausgewählten Stellen über eine Wiederherstellung der Wallanlagen-Idee nachzudenken. Warum kommt mir dabei zuallererst das Hospital zum Heiligen Geist in den Sinn...?
Jedenfalls hat die FAZ meiner Meinung mit der Serie eine wunderbare Plattform für öffentliche Denkanstöße und Diskussionen geschaffen. Ich freue mich auf den (hoffentlich, bestimmt, bitte!) zukünftigen Diskurs hier im Forum und auf die nächsten Folgen der Serie in der FAZ. Vielleicht stellen sie die Artikel auch ins Netz.