BER Sonstiges

  • Oranien Du hast zwar grundsätzlich nicht ganz Unrecht. Etwas genauer sollte man aber schon hinschauen. Es erscheint sonst fast, als wenn der BER kaum noch ausländische Besucher in die Stadt bringt, der Tourismus komplett am Boden liegt und es absehbar auch nur noch schlimmer und schlimmer kommen wird.


    1) primär der nationale Flugverkehr "fehlt" und kommt absehbar auch nicht zurück - internationaler Flugverkehr erholt sich langsam aber sicher

    Wenn man sich mal die neueste verfügbare deutsche Flugverkehrsstatistik von 08/24 ansieht, dann kommt man in den ersten 8 Monaten insgesamt auf 87% der PAX aus 2019. Dabei erreicht der innerdeutsche Verkehr noch nicht einmal 50% des Vorkrisenwerts aus 2019, der europäische Verkehr liegt hingegen aber bereits wieder bei 90% und der interkontinentale Verkehr sogar bei 93,3%.

    Dieser Trend gilt für den BER sogar noch stärker und setzt sich hier auch stetig weiter fort. Laut aktuellster aktuellster Berliner Verkehrsstatistik von 09/24 gab es am BER von Januar bis September gegenüber dem Vorjahr 13% Wachstum bei ausländischen Fluggästen, aber nochmals knapp 1% Rückgang bei deutschen Fluggästen. Insgesamt erreichten die PAX rund 70% der Werte von 2019. Auffälligerweise erreichte aber vor allem der inländische Verkehr nur noch knapp 35%(!) der alten Werte, der ausländische Verkehr jedoch immerhin schon wieder 81% (keine Aufschlüsselung auf Europa und interkontinental). Auch letzteres ist sicher kein überragender Wert, allerdings doch weit besser als teilweise angenommen wird. Zuletzt wurde das Angebot an internationalen Verbindungen stetig ausgebaut und die Nachfrage ließe laut Angaben diverser Airlines wohl sogar noch deutlich mehr Wachstum zu, die gegenüber anderen Standorten aktuell nur noch nicht lukrativ genug erscheinen (da die Lieferengpässe nach und nach abgebaut werden und neue Jets andere Kalkulationen zulassen, wird diese Nachfrage jedoch zunehmend bedient werden können).

    Die Konnektivität innerhalb Europas ist dabei bereits jetzt schon wieder ziemlich stark und wird absehbar besser statt schlechter. Zudem nahm zuletzt gerade auch das Angebot an interkontinentalen Verbindungen und Langstrecken merklich zu und wird dem Vernehmen nach ebenfalls weiter wachsen.


    2) Berlins Tourismus erholt sich deutlich stärker als Berlins Flugverkehr

    Dann sollte man auch nicht den Fehler machen, Flugverkehr mit Tourismus gleichzusetzen. Schon die Daten für das Gesamtjahr 2023 zeigen, dass der Tourismus gerade die vermeintlich "fehlenden" Fluggäste aus dem Inland (s.o.) recht gut kompensierte. Damals lag die Auslastung des BER bei gerade einmal 64% der kombinierten Werte für Tegel und Schönefeld aus dem Rekordjahr 2019. Dagegen erreichte der Tourismus bereits wieder rund 87% der alten Rekordmarke.

    Wie oben beschrieben, steuern wir für 2024 auf 70% der PAX zu, wobei der ausländische Anteil immer weiter zunimmt. Und nach den bisher für 2024 verfügbaren Daten für Januar bis Juni gab es zuletzt 6,5% mehr Touristen (+13,4% ausländische Touristen). Hier sollten wir uns also 90% der alten Werte annähern. Heißt mit anderen Worten, dass die Touristen inklusive Auslandstouristen Berlin im Zweifel auch auf anderen Wege erreichen (Bahn, Fernbus, Auto) und sich die Nachfrage auch einen Weg bahnt. Da die Fluggesellschaften in Berlin aber überwiegend ohnehin auf- statt abbauen, kann auch nicht von einem Abwärtsstrudel die Rede sein. Wir kommen zwar aus einer Delle, es wird aber besser statt schlechter.


    Fazit: Sicher ist gerade beim Billigtourismus einiges weggebrochen und das wird speziell den Clubs in ihren komplexen strukturellen Problemen nicht helfen (monokausal ist deren Lage aber nicht und zugleich weder unerwartet noch völlig aussichtslos - siehe bspw. hier). Was den Kunstmarkt angeht, kann ich ehrlich gesagt nicht wirklich mitreden. Damit habe ich mich noch nie intensiver beschäftigt.

    Aber schon in der Vergangenheit wurde oft der Fehler gemacht, den Anteil des - durchaus umstrittenen - Billigtourismus am Berlintourismus dramatisch überzubewerten. Sicher war und bleibt der Anteil größer als in anderen Großstädten. Berlin wird aber auch so eine starke Tourismusindustrie sowie eine attraktive und vielfältige Kulturlandschaft aufweisen. Beides wird wohlgemerkt zumindest teilweise in frühere Randbezirke abwandern. Das ist aber auch kein rein berlinspezifisches Phänomen und hat paradoxerweise oft eher mit zu viel statt mit zu wenig Tourismus und Kapital zu tun. Der (frühere?) Visit Berlin Chef sagte einmal sinngemäß: Wenn der (Massen-)Tourismus ein Stück authentischer Kultur vorfindet und aufsucht, dann transformiert und zerstört er es (leider) meist früher oder später. Oder wie die Deutsche Welle im oben verlinkten Bericht schreibt: Es ist in der Regel ohnehin nicht das Wesen von (Berliner) Clubs, dass sie über Jahrzehnte in identischer Form sowie am selben Standort überdauern.

  • Das halte ich überwiegend für Wunschdenken. Und Wunschdenken verleitet dazu, auf Probleme nicht ausreichend zu reagieren. Berlinbashing liegt mir fern - im Gegenteil. Ich sehe Berlin allerdings in der Phase des Alkoholikers, der sich noch mit aller Macht dagegen wehrt zu erkennen, dass er einer ist: "Denial".

    Man kann es an einer ganz einfachen Zahl festmachen: Es ist gar nicht so lange her als Berlin noch Pläne hatte, den BER auf 40 Mio auszubauen. Davon redet zurecht niemand mehr. Berlin und sein Flughafen hat jahrelang relativ zu anderen Metropolen Boden gut gemacht. Jetzt passiert das Gegenteil - und ich sehe da auch bisher keinen Grund für eine Trendumkehr.

    Man kann es auch an der Zahl der internationalen Besucher festmachen. Auch hier fällt Berlin in den Rankings - und liegt gerade noch auf Platz 41! (Link). Dass Berlin vom Tourismus überlaufen wird und das Touristen Berlin zerstören: Auf die Idee kann man meines Erachtens nur kommen, wenn man Berlin nie verlassen hat ;)


    Es ist auch nicht egal, woher die Besucher kommen und wie sie herkommen. Der dauerhafte Wegfall kaufkraftstarker russischer Touristen ist für Viele in Berlin drastisch spürbar: Von gehobenen Restaurants bis zu den Luxusläden am Ku'damm oder in der Friedrichstrasse. Der Luxustourist lässt hier an einem Wochenende 5000 Euro plus. Für denselben Umsatz braucht man 10 Bustouristen. Die Rechnung geht nicht auf. Kann man mögen oder nicht. Es gibt einen Grund warum das Regent geschlossen ist. Auch bei den kaufkraftstarken Skandinaviern gibt es einen Wandel (den ich allerdings nur anekdotisch kenne). Anders als bei den Billig-Partytouristen ist es hier nicht so, dass denen die Kohle für den teuer gewordenen Berlintrip fehlt. Sondern dort ist die Überlegung: Wenn Berlin schon fast so teuer ist wie Paris, kann ich fürs Shopping-Wochenende gleich dorthin fliegen. Und habe den Vorteil, dass es nicht an jeder zweiten Ecke nach menschlichen Exkrementen richt.


    Was die das Clubsterben angeht: Ich kenne die Zahl, das die Szene knapp 40% weniger Besucher als vor Covid hat. Da bricht echt dauerhaft was weg. Aber das liegt natürlich nicht nur an der Flughafenproblematik. Was Kunst angeht: Berlin hatte mal mehr Gallerien als New York - ca 550. Jetzt sind es noch 300. Im Kongress und Messegeschäft ist der Kollaps nicht ganz so gross - aber auch spürbar. Hier spielt die mangelnde und zu teure Anbindung Berlin eine Rolle - aber nicht die grösste. Trotzdem fällt unterm Strich auch dieser Treiber als Motor für den Flughafen aus. Kaum zu glauben, dass Berlin mal mit Wien die wichtigste Kongressstadt der Welt war. Lange ist es her.

    Auch bei den Startups sieht es nicht besser aus. Berlin hatte mal London überholt (!!) was die Investments in Startups pro Jahr angeht. Heute liegt London auf Platz 7, Berlin auf Platz 20. (link). Ein Drama, meines Erachtens. Wenn man die Zahl der "Unicorns" vergleicht, ist der Abstand leider noch grösser geworden. Auch das hat massive Auswirkungen auf den Flughafen - vor allem auf das Potential bei margenstarken Business-Flügen.

    Netto: Der Flughafen braucht dringend neue Impulse. Aus den Bereichen, die das Wachstum in der Vergangenheit getrieben haben, wird das nicht kommen. Berlin muss sich ein Stück grundlegend neu erfinden - dem muss man sich stellen. Aber Berlin hat sich in seiner Geschichte schon mehr als einmal neu erfunden. Deswegen bin ich da ganz optimistisch.

  • ^ Wie gesagt: In vielen Dingen hast Du nicht Unrecht, aber Du wirfst mE vieles durcheinander und machst auch neue Diskussionen auf, um die es davor zumindest mE noch gar nicht ging.


    1) Diesen Vorwurf kann ich nicht nachvollziehen. Ich habe zu 100% aktuelle Zahlen und Trends genannt und diese auch realistisch eingeordnet. Ich halte selbst nichts von Schönfärberei aber auch nicht vom Panikmodus. Beide sind kontraproduktiv. Letzteren halte ich aber gerade in Krisen noch für deutlich gefährlicher, weil damit schnell Hysterie und Dominoeffekte ausgelöst werden können.

    - Es ist eine Tatsache, dass der Wegfall im innerdeutschen Flugverkehr gerne mit dem Thema internationale Konnektivität und auch dem Modethema globaler Bedeutungsverlust vermengt wird, wodurch die realen Effekte entsprechend des aktuellen Hypes der Untergangsnarrative deutlich überdramatisiert werden (bspw. wie hier bei Ryanair sicher mitunter auch ganz bewusst).

    - Es ist ebenfalls eine Tatsache, dass Flugmarktexperten schon vor ein paar Jahren vorhergesagt haben, dass aufgrund verschleppter Jetlieferungen viele Airlines (vor allem aber nicht nur die Dumpingairlines) dann erstmal die lukrativsten Verbindungen abgrasen werden und dass dies für den relativ teuren Deutschen Markt eine gewisse Durststrecke bedeuten wird, was mit sukzessive nachgeholten Auslieferungen dann aber zunehmend wieder kompensiert werde (der Deutsche Markt sei nach wie vor zu groß, bedeutsam und insgesamt auch nach wie vor zu lohnend zum Ignorieren - was man mE speziell an Ryanairs regelmäßigem Katzenjammer und Psychospielchen auch gut ablesen kann). Hat sich bis hierher alles exakt so ereignet. Dass speziell Ryanair auch offen pokert, ist mE schwer zu übersehen.

    - In meinen Augen wäre es trotzdem deutlich klüger gewesen, nicht ausgerechnet in Zeiten einer Unterversorgung mit Jets weiter massiv die Preise anzuziehen statt zumindest während dieser Phase sogar eher wie Schweden etwas gegenzusteuern. So verliert man auf dem globalen Markt mindestens Momentum und Anteile, die man dann ggf. trotz Nachholeffekten schwerer wieder erlangt als sie zu behaupten. Man muss sich nicht herum schubsen lassen aber sollte auch nicht zu gleichgültig und arrogant auftreten. Aber da scheint Herr Wissing ja auch zu einer späten Erkenntnis gelangt zu sein bzw. vielleicht brauchte es in der Ampel mit den Grünen aber auch erstmal einen gewissen Marktdruck (bei Wärmepumpen, E-Autos etc vollziehen Habeck und Co ja auch einen regelrechten Eiertanz).

    - Es ist aber eben auch jetzt nicht so, dass es jetzt oder absehbar kaum noch Geschäftsverbindungen nach Deutschland gibt. Wie Du anderswo schon selbst richtig sagst und u.a. der Chef von easyJet recht klar durchblicken lässt, ist in Deutschland und speziell auch am BER neben den Inlandsflügen vor allem sehr viel Billigtourismus weggebrochen. Es kann sich u.a. nicht mehr Jedermann regelmäßige Wochenendflüge nach London, Barcelona und Co leisten.

    Alleine aus meinem näheren Umfeld bekomme ich umgekehrt aber auch mit, dass auch in der unteren Mittelschicht Berlins teilweise munter mehrmals pro Jahr geflogen wird. Und auch Bürgergeldempfänger reisen oft weiterhin mindestens einmal jährlich zur Familie in die Türkei und Co. Wie der easyJet-Chef richtig schreibt, ist es dann eben in vielen Fällen eine Flugreise weniger pro Jahr als vorher. Natürlich macht das den Markt in Summe trotzdem etwas kleiner, ohne dass der kleine Mann deswegen jetzt von Ökofaschisten jede Lebensqualität genommen bekommt.

    - Es bleibt konkret für den BER eine Tatsache, dass die Konnektivität innerhalb Europas schon jetzt als ziemlich gut bezeichnet werden kann und es bei den Direktverbindungen zu Fernzielen (vor allem wichtigen Drehkreuzen) inzwischen sogar besser aussieht als davor viele Jahre. Ebenfalls sieht es in beiden Bereichen mittel- bis langfristig eher nach einem Ausbau statt Abbau des Angebots aus. Zu guter Letzt wächst der BER aktuell - trotz der beschriebenen globalen Unterversorgung der Airlines mit neuen Jets und dem so aktuell gut durchsetzbaren Marktdruck - deutlich schneller (oder meinetwegen holt frühere Verluste deutlich schneller auf) als es absehbar und eingeplant war (vermutlich rund 10% statt 8%).


    [mod]Unnötiges Vollzitat des Vorposts gelöscht. [/mod]

    @Moderation: Dadurch werden die direkten Bezüge auf die einzelnen Aspekte mE unklarer (man muss das Zitat ja nicht öffnen und ein Vollzitat war es auch gar nicht).

    Einmal editiert, zuletzt von jan85 ()

  • Gesplittet wegen der Länge:


    2) Dass andere Standorte aktuell schneller wachsen, trifft zu und ist ökonomisch auch völlig nachvollziehbar. Beim Thema Inlandsverkehr und Billigflüge wird ein Teil des alten Marktes nach aktuellen Analysen auch nicht zurückkommen. In anderen Bereichen sind Aufhol- bzw. Nachholeffekte aber absehbar und es wird nach allem was wir wissen auch sehr wahrscheinlich wieder Wachstum geben. Auf keinen Fall zeichnet sich jedenfalls ab, dass es immer schlimmer wird.


    3) Der Link liefert Zahlen aus 2016 und 2018 wo der BER nicht mal eröffnet war und der Berliner Tourismus insgesamt noch Jahr für Jahr wuchs und auf das Rekordjahr 2019 zusteuerte. Außerdem wird auch dort manches durcheinander geworfen, nämlich u.a. Tagestourismus und Übernachtungen. Zu dem Rest würde ich mal empfehlen, sich etwas in Wowereits Nachlese zu "arm, aber sexy" einzulesen. Natürlich hat Berlin im Zuge des Wirtschafts- und Bevölkerungswachstums inklusive dramatischer Gentrifizierung zentraler Stadtteile in Kombination mit dem Massentourismus auch an Identität eingebüßt (was Wowereit übrigens dennoch in Summe eher positiv liest - er wurde als vermeintlicher "Partybär" oft missverstanden). Nur weil solche Prozesse woanders vielleicht sogar noch heftiger auftreten, bedeutet es ja nicht, dass es das in Berlin nicht auch gibt. Übrigens komme ich auch aus Berlin raus, schaue mir die Stadt aber auch umgekehrt seit vielen Jahren intensiv an. Das muss man mal mit Standorten vergleichen, wo über längere Zeit wirklich wenig Tourismus, Wachstum und Wandel stattfindet.


    4) Hier wirfst Du wieder Dinge durcheinander und kommst zu Schlussfolgerungen über Aspekte, die zumindest ich davor gar nicht thematisiert hatte.

    Du sprachst davor einerseits vom Clubsterben aufgrund von fehlenden Billigtickets (stimme ich teilweise zu, wie wir beide schreiben, ist es aber komplexer und in diesem Sektor kann u.a. Bus- oder Bahntourismus sehr wohl eher etwas kompensieren als beim Luxuskaufhaus).

    Anderseits ging es Dir um den Kunstmarkt (und über den kann ich keine Aussage treffen, nur dass die hierbei angeführte Konnektivität des BER im europäischen Maßstab nicht schlecht ist und im globalen Maßstab zuletzt besser statt schlechter geworden ist).

    Dass reiche Russen ihr Geld aktuell anderswo ausgeben und das teilweise auch in Berlin spürbar ist, will ich gar nicht bestreiten. Natürlich muss man sich darauf einstellen (vielleicht kommen jetzt mit den 3 Direktverbindungen zu den 3 wichtigsten Drehkreuzen im Mittleren Osten noch mehr wohlhabende Araber, vielleicht aber auch nicht). Ich sehe nur nicht, wie der BER das beeinflussen soll. Manche Dinge muss man mE wohl oder übel erstmal als gegeben hinnehmen. Lamentieren bringt da auch nichts. Bei der Monarch-Baustelle sieht es ja ähnlich aus.


    5) Zum ersten Unterpunkt ist mE alles gesagt, zum zweiten kann ich wie gesagt keine Aussagen treffen.

    Beim Rest überdramatisierst Du mE aber. Berlin ist nach wie vor ein starker, global führender Messe- und Kongressstandort (und es sind zuletzt mit der GITEX Europe und dem Ableger des Weltwirtschaftsforums sogar globale Schwergewichte hinzugekommen). Bei den Startups hatte Berlin mW London und Co nie nachhaltig den Rang abgelaufen und war demnach auch noch nie unter den global führenden Standorten (das entsprechende Kapital sitzt traditionell stärker in USA, UK, Israel etc). Es ist aber auch ein logischer Trugschluss, dass Berlin automatisch etwas verliert, wenn woanders noch stärker investiert und noch schneller gewachsen wird. Es wurden dennoch über Jahre kontinuierlich zehnstellige Beträge in Berliner Startups gepumpt, aktuell wird in Deutschland zudem ein riesiger Fonds neu aufgelegt und auch große Unternehmen siedeln immer wieder diverse, oft innovative Abteilungen hier an oder bauen sie aus. Die größten Unternehmen der Stadt wachsen seit Jahren überproportional zur Berliner Gesamtwirtschaft (darunter auch solche, die woanders kürzen) und letztere wiederum überproportional zur Deutschen Wirtschaft. Zuletzt sind sowohl die sozialversicherungspflichtigen Jobs jedes Jahr fünfstellig gewachsen als auch die mittleren Einkommen deutlich angestiegen (leider nicht ohne soziale Verwerfungen für die Abgehängten). Unter anderem Tesla und Warner Music aber auch das Estrel haben ihre Ansiedlungen und Expansionen übrigens direkt mit dem BER begründet.


    6) Diesen Punkt sehe ich in der Tat weitaus optimistischer als Du. Die alten Wachstumsimpulse (Kultur+Freizeitangebote, Lebensqualität, Infrastruktur, Wissenschaft, Messen+Kongresse) sind nicht weggebrochen und teilweise sogar stärker geworden und es kommen eher noch neue hinzu. In Sachen Wirtschaftskraft und globale Vernetzung aber auch in der Logistik entwickelt sich Berlin in verschiedenen Bereichen rasant vorwärts. Berlin inklusive direktem Umland wird bspw. immer mehr zur innovativen Industrieregion und zur Finanzstadt. Rechenzentren im Stadtgebiet und im Umland boomen in nie dagewesener Geschwindigkeit und machen die Hauptstadtregion so in nur wenigen Jahren von nahe Null zu einem zweiten bedeutenden Internetknoten neben Rhein-Main. Auch intensiviert der starke Zuzug aus der arabischen Welt aber bspw. auch aus Indien relevante globale Verknüpfungen (etwas wovon bspw. UK aber auch Frankreich traditionell viel stärker profitiert). Die Verbindung des BER in die Golfregion ist inzwischen ja schon hervorragend aber gerade nach Indien besteht noch Nachholbedarf. Und der absehbar wohl wichtigste Faktor bzw. Impuls kommt noch von außen hinzu: Die neuen Flugzeugtypen werden nach Analysen der Flugmarktexperten schon bald gehörig das Geschäft aufwirbeln und besonders an den etwas weniger zentralen Standorten/Hubs neue Direktverbindungen lukrativ werden lassen. Wie Du richtig schreibst, bevorzugen viele Fluggäste Direktverbindungen und laut Analysen hat Berlin hier Nachholbedarf. Angebot und Nachfrage werden hier bei einem stärker mit (modernen, effizienten) Jets gesättigten Markt in diese Lücke drücken. Selbst noch kleinere Flughäfen wie das aktuell vieldiskutierte Hamburg oder aber Stuttgart werden wohl absehbar neue Direktverbindungen erhalten.

  • Condor feiert Comeback am BER - Codeshare mit Emirates verspätet sich etwas

    Als Nichtflieger hatte ich es gar nicht mitbekommen: Condor kehrt diesen Winter ähnlich wie Jordan Airlines erstmals seit einer mehrjährigen Pause an den BER zurück. Warum sie sich überhaupt zurück gezogen hatten, weiß ich nicht. Allerdings wird die Rückkehr in der Branche gerade in der aktuellen Marktlage als positives Zeichen bewertet. Zumal es gleich drei längere Verbindungen gibt: Gran Canaria (2/7) und Hurghada (4/7, jeweils mit einer A321) und Dubai (7/7 mit einer fabrikneuen 320 Neo). Geflogen wird also mit eben jener modernen und effizienten Jet-Generation, die in der Branche als potentieller Gamechanger betrachtet wird und von denen Condor vor ein paar Jahren gut 40 bestellt hatte. Mindestens Dubai wird Condor dabei auch ganzjährig anbieten. Auch wenn Condor eigentlich als Deutschlands größter Ferienflieger vermarktet wird, wird hier ja auch eine strategische Funktion als Zubringer zum Emirates-Hub übernommen. Zwar dauern die Verhandlungen über das Codesharing-Abkommen mit Emirates noch an, während die Verbindung aktuell schon bedient wird. Es soll aber definitiv kommen, wie beide Seiten zuvor nochmals versichert hatten. Condor betont ansonsten auch, dass (u.a.?) mit dem Berlin-Engagement das Flugangebot via Deutschland im Winter wie auch im Sommer wachsen wird. Ob künftig noch mehr Verbindungen und ggf. auch Jets am BER angesiedelt werden, muss man indessen wohl noch abwarten. Interessant wäre es allemal, da Condor eine ganze Menge an attraktiven Destinationen im Streckennetz hat. Bisher bietet Condor gerade die meisten Interkontinentalflüge aber eher via Frankfurt an, wo die Lufthansa bisher und nach jetzigem Stand wohl doch auch künftig Zubringerfunktionen übernehmen muss (woanders gibt es bei Condor bislang also eher die klassischen Urlaubsflüge - mit Dubai als interessante Ausnahme)...

    PM Condor

    PM BER

  • Das ist mit der Zubringerfunktion der Lufthansa ist interessant. Als drittgrößter Flughafen Deutschlands wäre es ja auch ein Geschäftsmodell, außergewöhnliche touristische Ziele anzubieten, wie z. B. die kapverdischen Inseln, Dom. Rep., Barbados, Phuket usw.. Wenn sich das allerdings auch in FRA oder MUC nur durch Zubringerflüge lohnt, dann ist das wohl leider schwierig. Ich hätte gedacht, dass man mit Ostdeutschland und Westpolen genug Bedarf via Auto-Anreise für exotische Fernreisen zusammenbekommt.

  • Bousset Ketzerisch gesagt: Wenn Condor letztinstanzlich doch noch verliert (i.e. die günstigen Zubringerflüge verliert) und zugleich diverse kleinere Jets ausgeliefert bekommt, könnten sie die Langstrecken ggf. auch gleich über die kleineren Airports anbieten aus denen sich die Nachfrage generiert. Dann stellt sich nämlich die Frage, ob Airline und Passagiere nicht lieber den Umstieg vermeiden und letztere dafür dann doch auch in ein kleineres Flugzeug steigen. Allerdings müsste man dann wohl sehen, ob man die Flugzeuge zumindest für die wohlsituierte Klientel teilweise umbaut und so den Langstreckenkomfort optimiert (erhöht die Kosten pro Passagier, ermöglicht aber natürlich höhere Ticketpreise auf den besseren Plätzen). Bei den Kosten und den Reisezeiten würde man jedenfalls sparen. Trotzdem würde sich das volle Angebot so wohl kaum halten lassen.


    Condor fliegt ab Sommer 2025 innerdeutsch u.a. von Frankfurt nach Berlin

    Allerdings gibt es jetzt auch eine paradoxe Entwicklung: Condor bietet ab Sommer 2025 nun auch selbst Flüge von Berlin, Hamburg und München nach Frankfurt an. Was genau der Plan dahinter ist, da sind sich selbst Branchenkenner noch uneinig (zumal ja gerade erst durchgesetzt wurde, dass die Lufthansa vorerst weiter kooperieren muss). Jedenfalls aber macht es der Lufthansa Konkurrenz, die dort bisher weitgehend ungehindert ihr Monopol ausspielen kann. Für den BER bedeutet es, dass es bei Condor im Sommer 2025 neben Dubai (7/7) sowie Korfu (3/7) und Rhodos (4/7) zusätzlich auch noch Frankfurt (7/7) und somit insgesamt 3 Flüge pro Tag (21/7 statt aktuell 13/7) geben wird.

    Quelle tagesschau.de


    Nach Wissing signalisieren auch Berliner Senat und BER (Ver-)Handlungsbereitschaft bei den Fluggebühren

    Erst vor wenigen Wochen hatte Verkehrsminister Wissing angekündigt, dass die Flugsicherungsgebühren weiter kontrolliert werden sollen und man sich "auch in anderen Bereichen die Standortkosten genau anschauen" werde. Nun schreibt die Morgenpost (Print), dass man auch am Berliner Standort an den Kosten schrauben möchte. Die Luftsicherheitsgebühr habe man bereits durch eigene Übernahme der Dienstleistung optimieren und zugleich vergleichsweise kostengünstig gestalten können. Zudem belohne der BER wohl schon jetzt besonders aktive Airlines mit etwas vergünstigten Gebühren. Aktuell verhandle man zudem mit der EU, wann die Auflagen für das Gewähren der Staatshilfen auslaufen können, sodass man noch mehr Einfluss auf die Gebühren bekomme. Dann wolle man gezielt "Anreizmechanismen schaffen, um Airlines für den BER zu gewinnen". Und: "Für das kommende Jahr ist bereits eine Anpassung der Entgeltordnung über weitere Fördermöglichkeiten vorgesehen."