Dimension des Stadtschlosswiederaufbaus

  • ...und wenn ich mir dann noch einen schönen gepflegten Efeu- oder Weinbewuchs auf der Stella-Fassade vorstelle, dann war diese Entscheidung absolut richtig.
    Eine Fassade wie ein KARSTADT-Kaufhaus der 70er Jahre aus reiner Ostalgie wäre dem Ort nicht angemessen gewesen.
    Allerdings hätte ich mir schon etwas "knackigeres" vorstellen können als die aktuelle Lösung.

  • ^^

    Immer wieder interessant ab und an die Visu mit dem Ist- Zustand zu vergleichen.


    Im von Berlinier gezeigten Rendering sind die Fensterrahmungen der Ostfassade Gold bis Ocker in der Farbgebung. Man hat sich dann aber offenbar für dunkelbraun eloxierte Rahmen entschieden...schade eigentlich...

  • Naja Konsensarchitektur und Ästhetik hip oder hop ich glaube es ist wichtig zu verstehen dass der PdR für viele Ostberliner und für viele ehemalige Bürger der DDR identitätsbildend war. Weiter hätte man auf diese Weise ein Stück deutscher Geschichte bewahrt.


    Rein persönlich finde ich die neue Fassade nicht als schlechte Architektur, eher als etwas einfallslos für den Standort, aber an sowas scheiden sich ja bekanntlich die Geister :)

  • ...ich glaube es ist wichtig zu verstehen dass der PdR für viele Ostberliner und für viele ehemalige Bürger der DDR identitätsbildend war.


    Woher hast du denn diesen Unsinn? xD

    Wenn dann vermissen den einige SEDler und Stasimitarbeiter.

    Diese braunen Fenster haben eher einen Würgereiz hervorgerufen insb. wenn man bedenkt was für ein menschenverachtendes System dahintersteckte.

  • ^ Bekommen Sie auch so einen Würgereiz, wenn Sie sich das Finanzministerium anschauen?


    Ansonsten ist es kein guter Ratgeber von sich auf alle anderen zu schließen.

  • ich glaube es ist wichtig zu verstehen dass der PdR .... für viele ehemalige Bürger der DDR identitätsbildend war.

    Als Wessi ist meine rein persönliche Erfahrung zu diesem Thema, dass meine thürinigische Verwandtschaft ein sehr ambivalentes Verhältnis zu ihrer Hauptstadt Ostberlin und auch zum PdR hatte. In Ost Berlin war scheinbar nicht jeder DDR Bürger willkommen (lt. meiner Tante zumindest) und es wurde auch recht kritisch gesehen, dass sich viele Ressourcen (finanziell aber auch arbeitstechnisch) auf Ost Berlin konzentrierten und in der "Provinz" immer weniger ankam, besonders während der Sanierungen zur 750 Jahr Feier.

  • Bekommen Sie auch so einen Würgereiz, wenn Sie sich das Finanzministerium anschauen?

    Nein, bekomme ich nicht, da ich den Würgereiz hauptsächlich auf das Optische bezogen habe und damit stehe ich definitiv nicht allein da. Beim Finanzministerium ist es eher ein unheilvolles Unwohlsein. Aber klever wie Sie hier versuchen ins Politische zu derailen, obwohl es gar nicht um Nazibauten geht in diesem Thread. ;P

    Und zu dem was Twistedroad schreibt: Ich hatte mal eine Doku gesehen die genau das Thema behandelt hat. Ressourcen nur für Ost-Berlin, während die Provinz zerfallen ist. Beispiel war u.A. Rostock. Daher glaube ich auch nicht, dass "viele DDR-Bürger" solche Bauten wie den PdR sonderlich toll fanden.

  • Diese braunen Fenster haben eher einen Würgereiz hervorgerufen insb. wenn man bedenkt was für ein menschenverachtendes System dahintersteckte.

    Kein derailing. Und wenn man ihre sonstige Performance hier im Forum betrachtet, schon mal gar nicht.


    Aber egal, ich kenne tatsächlich einige Leute, die mit dem Palast sehr schöne Momente verbinden. Nicht unbedingt der Fassaden wegen, eher schon von den Veranstaltungen. Die Innenarchitektur, die Technik tat ihr übriges. Die war doch schon sehr überdurchschnittlich.

  • Als Wessi ist meine rein persönliche Erfahrung zu diesem Thema, dass meine thürinigische Verwandtschaft ein sehr ambivalentes Verhältnis zu ihrer Hauptstadt Ostberlin und auch zum PdR hatte. In Ost Berlin war scheinbar nicht jeder DDR Bürger willkommen (lt. meiner Tante zumindest) und es wurde auch recht kritisch gesehen, dass sich viele Ressourcen (finanziell aber auch arbeitstechnisch) auf Ost Berlin konzentrierten und in der "Provinz" immer weniger ankam, besonders während der Sanierungen zur 750 Jahr Feier.

    So etwas streite ich auch nicht ab und wird auch definitiv zutreffen. Dennoch kann man den PdR als gute Stube Ost-Berlins oder der DDR bezeichnen da er sowohl politische wie auch kulturelle Einrichtungen in sich vereinigte und ein Prestigeprojekt war.


    Ich kann Dir leider keine Quellen anfügen, ich hatte ähnliches verschiedentlich in Zeitungen und um die Diskussion zum Wiederaufbau des Schlosses gelesen. Es waren jedenfalls Fachzeitschriften oder Tageszeitungen.


    Weiterhin stelle ich mal just folgende These auf: Dass selbst wenn der PdR keine identitätsbildende Auswirkungen hatte, kann ich mir vorstellen, dass dessen Abbruch vielen ehemaligen Ost-Deutschen als eine Herabstufung ihrer ehemaligen Kultur verstehen könnten oder haben.

  • Woher hast du denn diesen Unsinn? xD

    Wenn dann vermissen den einige SEDler und Stasimitarbeiter.

    Diese braunen Fenster haben eher einen Würgereiz hervorgerufen insb. wenn man bedenkt was für ein menschenverachtendes System dahintersteckte.

    Den Unsinn hatte ich in Tageszeitungen und in Fachzeitschriften (Architektur) gelesen. Wie gesagt es geht auch nicht darum ein ob man es ästhetisch findet oder nicht, sondern in welchen Grad ein Gebäude Strahlkraft besitzt. Dazu muss man es btw nicht ästhetisch finden.


    Zur angeblichen politischen Architektur kann ich Dir Windried Nerdinger empfehlen.

    • Architektur, Macht, Erinnerung. Stellungnahmen 1984–2004. Hrsg. Christoph Hölz und Regina Prinz. München 2004.
    • Geschichte, Macht, Architektur. Hrsg. Werner Oechslin. München 2012.

    Viel Spass beim Lesen ;)

  • Weiterhin stelle ich mal just folgende These auf: Dass selbst wenn der PdR keine identitätsbildende Auswirkungen hatte, kann ich mir vorstellen, dass dessen Abbruch vielen ehemaligen Ost-Deutschen als eine Herabstufung ihrer ehemaligen Kultur verstehen könnten oder haben.

    Das sich so viele Ostdeutsche mit dem "real existierenden Sozialismus" überhaupt identifizieren, stelle ich doch mal sehr in Frage...

    Und das dieser hässliche Schuppen mitten im historischen Herzen Berlins völlig Fehl am Platz war, dafür hat sich ja zum Glück eine Mehrheit gefunden.

  • Als in Ostberlin aufgewachsener kann ich bestätigen, dass der PdR auch positive Assoziationen mitbringt. Zusammen mit dem Fernsehturm war es die Vorzeigearchitektur der DDR, nichts, was man aus vergangenen Epochen übernommen hat, sondern etwas ganz Neues im Geiste der Zeit und technisch auf Höhe der Zeit. In die Ostberliner Innenstadt ist man als Ostberliner mit seinen Gästen und auch ganz alleine durchaus mit Stolz gegangen. Die Behauptung, der PdR hätte keine identitätsstiftende Wirkung gehabt, ist falsch. Ich wage zu behaupten, dass er ohne die Asbestproblematik wohl noch da wäre, aber wohl nicht mehr im Original.


    Als ich das erste mal nach der Wende in Westberlin im ICC war, das ich als Kultur- und Veranstaltungsort als westliches Äquivalent ansah, war ich geschockt. Das ICC konnte den PdR architektonisch und gestalterisch nicht ansatzweise das Wasser reichen. Ich empfand das Ding als muffigen, dunklen rückständigen Kasten. Komischerweise steht der aber heute noch.

  • ^Ich würde es so formulieren: Die Behauptung, der PdR hätte keine identitätsstiftende Wirkung gehabt, ist Ansichtssache.


    Plus: Das ICC steht nicht mitten in der Stadt - was für eine Anmaßung für einen profanen modernen Bau mit dem Charme einer Mehrzweckhalle.

  • Architektonisch gesehen, ist es eben auch eine Geschmacksfrage und für mich weniger die Trennung West/Ost Architektur.


    Den Kommentar von Nothor kann ich nachvollziehen und es ist schon klar dass die Berliner die im PdR gefeiert, Konzerte besucht, sich in der Milchbar zum ersten Date getroffen haben, etc. sich entsprechend mit dem Ort identifiziert haben.


    Bei der letzten Baustellenbegehung im Humboldtforum habe ich aber auch eine alte Dame aus Ost Berlin kennengelernt, die im Schlüterhof mit Tränen in den Augen immer wieder flüsterte "Das ich das noch erleben darf".


    Für mich passte der PdR aber als "Querriegel" rein vom Format her nie so auf die Museumsinsel.


    Die Achse Fernsehturm - Marx-Engels Forum - PdR - Aussenministerium der DDR negierte komplett die gewachsenen Strukturen Museumsinsel - Friedrichwerder, etc.


    Und rein geschmacklich und unideologisch - Mir hat als Typus eines "Kulturzentrumsbaus" (in dieser Hinsicht hinkt der Vergleich PdR - ICC weil das ICC zwar auch Konzerte aber doch hauptsächlich Kongresse zu beherbergen hatte) immer viel besser das Leipziger Gewandthaus und auch der Dresdener Kulturpalast gefallen als der PdR.


    Das Leipziger Gewandthaus ist für mich nach wie vor ein spektakulärer und ein wunderbarer Konzerthausbau!

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  • Warum soll ein Zustand 1939 - oder 1932 - wieder hergestellt werden? Was zeichnet diesen Zustand aus? Ist dieses Jahr das Ende der Geschichte? Diese Forderung nach Rückführung in einem idealisierten Status Ante hat etwas regressives, erstarrtes.


    Und ja - auch die SBZ und spätere DDR war ein Unrechtsregime, das auch kulturelle barbarische Aktionen durchgeführt hat. Aber Hitlerdeutschland war ein menschenverachtendes System. Und das Kaiserreich formal eine Autokratie mit parlamentarischer Kontrolle. In Bezug auf Unrechtssysteme kann man diese Zeiten nicht gegeneinander ausspielen. - Daher gehören alle diese Ebenen zur Stadtentwicklung dazu. Erst dadaurch entsteht Geschichte von Orten, die die Vielschichtigkeit des Gewesenen reflektieren: 250 Jahre frühneuzeitlicher Dynastieetablierung, 217 preußischer Absolutismus und Scheitern der Dynastie, 14 Jahre Weimarer Republik, 12 Jahre Hitlerdiktatur, 4 Jahre SBZ, 40 Jahre DDR, 30 Jahre BRD. Alle diese Geschehnisse haben sich zum Teil radikal an diesem Ort verwirklicht - und der Abriss des Palastes der Republik und (Wieder-) Errichtung der Schlossfassaden gehört mit zu diesen radikalen Eingriffen an diesem Ort. Die letzten 80 Jahre zu tilgen, verleugnet die Identität des Ortes und ist eher ein Versuch von Identitätspolitik, eine künstliche Herstellung von Geschichte, die man sich wünscht, die aber nicht so war. Daher sollte zwischen echter Identität von Orten und gemachter Identität, die etwas propagieren möchte, einen idealen Zustand, der das Heil verspricht, unterschieden werden. - Ich finde es viel spannender einen Ort in seiner Vielschichtigkeit zu befragen und die Widersprüchlichkeit der menschlichen Existenz in ihm zu erkennen, als eine künstliche heile Welt vorzugaukeln, an deren Zuckersüße man sich den Magen verdirbt. - Und ja - dieser Kulissenbau einer heilen Welt von 1939 ist in Deutschland vielerorts en voge - alle kennen die Liste: Dresden, Frankfurt, Braunschweig, Potsdam, Berlin (...) Das ist wohl der Ausdruck eines teils der politischen Wirklichkeit der deutschen Gesellschaft nach der Wiedervereinigung, chimäre Identitätsträume zu konstruieren, die SO nie wirklich waren. Ein Teil will so das eigene Scheitern verdrängen als Gesellschaft - anstatt sich produktiv mit ihm auseinanderzusetzen - was viel bessere Früchte tragen würde. Für dieseart Identitäts- und Geschichtspolitik war das Humboldtform respektive Stadtschloss von Anfang an eines der wichtigsten Symbole und wird schon vor seiner Fertigstellung zu einem Symbol der deutschen Gesellschaft in ihrem Ringen mit sich selbst. Diesen Makel wird das Gebäude nie verlieren - das ostdeutsche Identität ausradiert wurde um eine Vorkriegsidentität an die Stelle zu setzen und die innere Widersprüchlichkeit des Gebäudes selbst: ehemaliger Sitz von Kolonialherren und künftige Ausstellung der globalen Kulturen. Herrschaft und Teilhabe, Autoritarismus und Pluralismus stehen bei diesem Projekt in einer zerreißenden Spannung.

  • Leider ein sehr widersprüchlicher Gedankengang von Dir. Das DDR-Regime hat ja schließlich in Sachen Identität und Geschichte "ausradieren", wie Du es nennst, dementsprechend musterbeispielhafte Vorarbeit geliefert, indem sie ein Gebäude abrissen, das seit dem 15. Jahrhundert im Herzen Berlins stand. Der Abriss des Schlosses im Jahr 1950 "verleugnete die Identität des Ortes", wie du es bezeichnest, genauso wie eine derzeitige Wiederherstellung.


    Die Aufklärung der BRD, im Sinne des Bundestagsbeschlusses des Jahres 2002, bestand darin, das Schloss als Humboldt Forum wieder zurück zu bringen, um die vorausgegangenen "ausradierenden" extremen Handlungen der DDR nachträglich auszugleichen.

  • ^ Auch ich habe selten eine so gute Analyse zur gesellschaftspolitischen Wechselwirkung und Architektur bzw. Städtebau gelesen, wie die von Stradtstruktur.


    Ebenso treffend, die wertungsfreie und ergebnisoffene Analyse zum Humboldtforum/Schloss, dessen angedachter Nutzung und Zeugnis unserer heutigen Gesellschaft ("Zeitgeist"). Der vermeintliche Wiederspruch von Nutzung und Hülle, scheint Segen und Fluch zugleich zu sein - bleibt nur zu hoffen, dass sich diese Ambivalenzen, wie auch die der gesamten Spreeinsel / "Staatsmitte", inhaltlich und städtebaulich ergänzen - ein solcher Spagat ist sicherlich nicht leicht zu bewältigen.


    Dennoch gibt diese Analyse die Komplexität von Gesellschaftssystem und Architektur/Städtebau nicht komplett wieder. Architektonische Vielschichtigkeit, Gesellschaft und Identität, sind nicht immer kohärent zueinander und Wechselwirkungen hieraus sind nicht für alle "lesbar".

    Nur weil eine Stadt im Krieg nicht zerstört wurde, sagt das noch nichts über ihre Identität in der NS-Zeit aus. Eine pittoreske, ehemalige absolutistische Residenzstadt, der deutschen Kleinstaaten, sagt nichts über ihre möglichen Identitäten im 20.Jahrundert aus. Eine Aneignung von Repräsentationsarchitektur vergangener Gesellschaftssysteme, sagt nichts über die Souveränität des heutigen Systems aus.


    Identität ist lokal und individuell höchst unterschiedlich und nicht unbedingt singulär - Berlin nimmt hier mit seiner ständigen Überformung von Systemen, seiner Geschichte im 19.- und 20.Jahrundert, aber auch in seiner besonderen Genese zur Hauptstadt eines Staates, sicherlich eine absolute Sonderrolle ein. Auf der Spreeinsel prallen die baulichen Zeugnisse dieser Gegebenheiten aufeinander, wie nirgendwo sonst.

  • Wow. Ich dachte immer, dass es es um pragmatischere Erwägungen wie die Vermeidung von Folgekosten des Unterhalts öffentlichen Grüns geht. Die Berliner Politik reagiert doch auf das Schloß wie auf einen geschenkten Handyvertrag - danke, aber nein danke. Man tut nur das absolut mindeste, um die schenkende Tante Bundesrepublik nicht zu kompromittieren, aber haben will man das Schloßdingens doch nicht und verweigert sich konsequenterweise (aus welche Gründen auch immer) . Ist halt so, mach ich auch manchmal. Frage ist doch nur: Do you get away with it? And if, for how long?

  • ...

    Diesen Makel wird das Gebäude nie verlieren - das ostdeutsche Identität ausradiert wurde um eine Vorkriegsidentität an die Stelle zu setzen und die innere Widersprüchlichkeit des Gebäudes selbst: ehemaliger Sitz von Kolonialherren und künftige Ausstellung der globalen Kulturen. Herrschaft und Teilhabe, Autoritarismus und Pluralismus stehen bei diesem Projekt in einer zerreißenden Spannung.

    Ich kann dir hierbei nicht zustimmen, weil es einfach nicht richtig ist.

    Was du hier schreibst, wäre richtig, wenn man das Schloss so wie es war rekonstruiert hätte mit seinem gesamten Umfeld und seinen ursprünglichen Innenräumen. Und genau das ist oder wird nicht geschehen und stand ausser bei einigen Träumern nie als ernsthafte Alternative im Raum

    Im Gegenteil es passiert das, was du eingangs propagierst.


    Es wird auch keine Vorkriegsidentität an die Stelle gesetzt, nein es wird eine neue Identität geschaffen die der Geschichte des Ortes gerecht wird.

    Es ist kein Sitz von ehemaligen Kolonialherren, was nebenbei bemerkt nur ein relativ irrelevanter Aspekt der Hohenzollernherrschaft war, Ich sehe auch keine zerreissende Spannung sondern eine spannende, ziemlich ehrliche und kontroverse Auseinandersetzung mit eben diesen Themen.



    Man befragt den Ort nach seiner Vielschichtigkeit und Widersprüchlichkeit. Es wird keine heile Welt vorgegaukelt. Ich kann also nicht nachvollziehen warum Du dich so über das Humboldtforum ereiferst.


    Sowohl was die Nutzung betrifft, die völlig anders gestalteten Innenräume, die vielen Querverweise auf die Geschichte des Ortes, die bewusste Entscheidung das Umfeld in einem modernen Kontext zu gestalten, das alles steht genau im Widerspruch zu dem was du hier anklagst.

    Das Humboldtforum kann nicht als Beweis deiner Darlegungen verwendet werden, das ist es einfach nicht. Und es kann auch nichts dafür, dass einige Altdeutsche dies vielleicht dafür instrumentalisieren, weil drei Fassaden wiedererrichtet wurden. Die Realität ist eine andere.


    Ich kann auch beim besten Willen keinen Makel erkennen, dass ostdeutsche Identität ausradiert worden ist, das klingt schon arg dramatisch.

    Die ostdeutsche Identität hat sich nicht über den Palast der Republik definiert, er hat zuallererst die DDR als Staat und anderes Gesellschaftsmodell verkörpert und wurde aufgrund seiner Nutzung natürlich als PR Instrument für dieses Gesellschaftsmodell gebraucht.

    Ebenso ärgert es mich immer wieder wie ganz selbstverständlich von der Identität der Ostdeutschen gesprochen wird. Das ist einfach nicht richtig.

    20 Prozent der Ostdeutschen haben schon bis 1962 diesen Staat verlassen, weil sie keine Indentifikation damit hatten, ebenso viele sind in den 90ger Jahren in den Westen gezogen, aus wirtschaftlicher und auch wohl anderen Gründen. Das sind genauso Ostdeutsche, werden aber niemals auch nur erwähnt.

    Und ein weiterer Teil der 'Ostdeutschen' hat mit der DDR, dem Palast der Republik und sonstigen Symbolen herzlich wenig bis gar nichts am Hut.


    Der Palast der Republik war sicherlich Identifikation für manche, das ist unbestreitbar, aber bestimmt nicht generell für alle Ostdeutschen, es ist wohl eher eine Minderheit.

  • Warum soll ein Zustand 1939 - oder 1932 - wieder hergestellt werden? Was zeichnet diesen Zustand aus? Ist dieses Jahr das Ende der Geschichte? Diese Forderung nach Rückführung in einem idealisierten Status Ante hat etwas regressives, erstarrtes.

    Ich war offenbar sehr naiv darin zu glauben, dass mit den 3 rekonstruierten Fassaden des Humboldforums einfach das Barock des Andreas Schlüter in Berlins Mitte zurückgebracht wird, und mit der Kubatur der Museumsinsel und ihrer Umgebung eine Struktur wiedergegeben wird, die der Strukturierung Berlins entspricht, bevor die Stadtplanung der DDR begann, die Stadtstruktur im Zentrum Berlins vom Alexanderplatz über die Museumsinsel hinweg bis auf den Friedrichswerder komplett zu negieren.

    Es geht um das Barock und nicht um Wilhelm Il und auch nicht um Wilhelm I, geschweige denn um 1932, oder 1939 oder 1950.

    Und dass es hier um die Rückkehr des Barock in Berlins Mitte geht zeigt m.M. nach auch die nachträglich ermöglichte Rekonstruktion des Rondells (auch wenn die optisch nicht ganz optimal mit der Ostfassade korrespondiert) welches wegen seiner barocken Finesse ein wichtiges Detail darstellt, und nicht weil dort Wilhem Zwo oder Wilhem I oder Liebknecht dort Tee getrunken hätten!


    Und wenn am Schloss neue Denkmäler entstehen sollten, dann die von Schlüter oder Eosander!