Baugeschehen: Zentrum

  • Eins ist ein mehrheitlich kommunales Unternehmen und gehört zu 25,5% der Stadt Chemnitz sowie weiteren 25,5% dem Zweckverband Südwestsachsen. Damit ist Eins meiner Meinung nach auch einem nachhaltigen Städtebau verpflichtet - stärker als ein Privatunternehmen, da eben nicht nur wirtschaftliche Interessen im Vordergrund stehen sollten. Alleine deswegen sollte es im Erdgeschoss Gewerbeflächen geben, um die Ringstraße in diesem Bereich stärker zu beleben und eine attraktive Wegeverbindung von der Zenti zur StraNa zu schaffen. Vorstellen könnte ich mir beispielsweise - gerade auch in Verbindung mit der Kulturhauptstadtbewerbung - eine kulturelle, künstlerische Nutzung im Sinne von mehreren kleinen Ateliers, die zu günstigen Konditionen an Künstler vergeben werden. Eine Art Showroom für deren Kunst. Mehrere nebeneinander, sodass auch unterschiedliche Genre dort vertreten sein können. Sollte sich irgendwann die Einzelhandelssituation in Chemnitz deutlich verschärfen (Fehlen von ausreichend Flächen), könnte noch immer regulärer Einzelhandel einziehen. Eine tote Bahnhofsstraße braucht dort keiner. Die Fehler der weiter hinten liegenden Sparkasse sollten hier nicht wiederholt werden!

  • Großartiger Vorschlag :daumen:


    *Ironie aus*



    ...und jetzt im Ernst:


    Ich finde es unglaublich, dass die Kunst- und Kulturszene immer nur als Zwischennutzung und zur Vitalisierung ausgenutzt werden soll. Solcherlei Vorschläge finden sich normalerweise vor allem dann, wenn es um Revitalisierung geht. Dass du das nun schon zu Beginn an zu einem Konzept stricken willst (vorerst Künstlerateliers und wenn´s irgendwann mal läuft dann eben regulärer Einzelhandel) ist echt bedenklich.


    Meinetwegen ist eine "kreative Zwischennutzung" keine schlechte Sache für den "Erhalt durch Nutzung" - aber eben auch nur für das. Die Künstler haben meist gar nicht so viel davon, da sie oft schlechte Standortbedingungen haben oder sehr viel Eigenleistung investieren müssen und wissen, dass sie irgendwann gnadenlos rausgeschmissen werden.
    Der Standort im Zentrum wäre meines Erachtens nach auch nicht geeignet, weniger aber auch von der Lage her, vielmehr von der zukünftigen Nutzung als Zentrale der Eins-Energie.


    Zumal Chemnitz einfach eine so zergliederte Stadt ist, dass man sich aus meiner Sicht im Innenstadtbereich wirklich auf einen Kern zurückziehen sollte und nicht drumherum noch immer mehr Flächen schaffen sollte die dann bei Leerstand auch entsprechend wirken.


    Gut finde ich den Vorschlag den EG-Bereich der Galerie "Roter Turm" zu öffnen oder eben den Versuch zu wagen den Brühl an das Zentrum besser anzubinden - viel mehr braucht es aber meiner Meinung nach nicht, auch nicht in Zukunft.


    Sollten der Innenstadt in weiter Zukunft tatsächlich einmal Flächen fehlen, so kann man entweder umbauen oder man fängt sinnvollerweise mal wieder damit an, alte Gewerbeflächen in Wohnvierteln zu aktivieren.


    Zu den Kreativen:


    Ich würde es begrüßen, wenn die Stadt sich mal dazu durchringen würde einfach mal feste Standorte / Rückzugsorte zu etablieren die für die Leute sicher und bezahlbar sind und wo auch ein gewisser Vorrang eingeräumt wird.
    Flächen dazu gäbe es genug und wenn man sich auf die Kunst nicht alleine verlassen will, kann man das durchaus mit Flächen für Handwerksbetriebe kombinieren - denn auch die fehlen hier in Größenordnung.


    Spontan würde mir der Produktenbahnhof ggü. der Sachsenallee einfallen. Mit so einem Konzept könnte man die herrliche Bebauung wenigstens zum Teil stehen lassen und umnutzen. Abzubrechende Gebäude gäben genug neuen Raum zum Bauen. Dort gibt es keine Nachbarn denen irgendwas auf den Keks gehen würde und die Anbindung ist super - Autobahn in der Nähe, direkte Busverbindung, Nähe zum Bahnhof... Zusätzlich gibt es ein (noch) günstiges Wohnviertel mit vielen Kreativen direkt nebenan.


    Aber: sowas ist ja nicht gewollt.


    Man gibt sich den Kreativen gegenüber immer nur "großzügig" wenn es darum geht, negativ wirkenden Leerstand zu vermeiden - bei deiner Idee schon von vornherein sogar eingeplant... :nono::Nieder:


    Langfristig schädigt sowas die Kulturszene jedenfalls massiv und wir brauchen uns nicht wundern, dass die Kreativwirtschaft zum Teil wirtschaftlich so schlecht da steht. Es gibt eben keine "Kreativgebiete" neben Industrie- / Gewerbe- / Wohngebieten und damit auch keine regulären Förderungen für deren Ansiedlung. ;)
    Meinetwegen ist das eine übertriebene Idee, aber wenn man sich die Grundstückspreise alleine schon ansieht (Industrieflächen gab es in Chemnitz vor ein paar Jahren noch extrem billig, gute Gewerbeflächen kosten ab ca. 35 € pro m2 und Wohnflächen meist ab 90€ /m2 mit stark steigender Tendenz) stellt man fest, dass eine Ansiedlung in Wohn- oder Mischgebieten immer teurer sein muss als alles andere - und nützen tut das den Leuten ja auch nicht wirklich, jedenfalls aus meiner Sicht.


    Dieses Kulturhauptstadtding ist einfach nur Augenwischerei und der verzweifelte Versuch von oben Chemnitz als etwas darzustellen was es so einfach nicht ist. Da wird eine Art Disneyland aufgebaut - weniger von der Seite der Kreativen hier, denn die gibt es und die machen hervorragende Sachen, wurden ja aber bisher kaum eingebunden.:lach::nono:
    Die Stadt (Verwaltung) will sich mit etwas schmücken was sie nicht ist. Chemnitz ist seitens der Verwaltung keine offene, dynamische und kreative Stadt. Im Gegenteil. Die Stadtverwaltung samt oberster Spitze ist extrem ignorant und wenig zukunftsorientiert. Wir haben Jahre erlebt, wo scheinbar nur für die ältere Generation Politik gemacht wurde und erleben jetzt Jahre wo mal wieder nur für Investoren Politik gemacht wird - und genau in dem Zuge sollen jetzt mal wieder die Kreativen herhalten um die Stadt attraktiver zu machen - noch immer denkt man, dass man andere Städte nachahmen muss.... Konstruktive Kritik in dem Prozess unerwünscht. :nono:

  • ^Du hast vermutlich negative Erfahrungen gemacht oder berichtet bekommen, aber gibt es denn für Kreative und Künstler in Chemnitz wirklich so große Problem, Flächen zu finden, dass es dafür auch noch Unterstützung der Stadt bräuchte? Wenn man in Chemnitz keine Flächen findet, was sollen dann erst die Künstler in den boomenden Großstädten wie Berlin, München oder Hamburg sagen? Zudem hat die Stadt auch durchaus schon gute Angebote gemacht und sogar einen Wettbewerb inklusive Mietübernahme für drei Jahre angeboten (ausgewählte Projekte siehe hier im Forum). Neulich war dann in der Freien Presse zu lesen, dass sich die neue Mieterin für die Tietz-Fläche nie mehr gemeldet hat (Link). Hoffentlich sieht das anderswo besser aus.

  • Du missverstehst mein Posting.


    Es geht nicht darum, dass die Kreativen keinen Platz finden - und in anderen Städten ist die Situation angespannter, keine Frage.


    Es ging hier um den Vorschlag Gewerbeflächen zu bauen, weil sie zukünftig vielleicht mal relevant sein könnten und bis dahin "steckt man einfach die Künstler rein". Egal wo Leerstand in "edleren" Gebieten herrscht, versucht man sich der Kreativen zu bedienen um das kurzzeitig zu füllen. Man kommt mit Mietnachlässen "entgegen" - aber nicht dem Ziel die Künstler zu unterstützen, sondern mit dem Ziel die Immobilie / Gegend aufzuwerten.


    Auf dem Brühl hat die Wohnungsvermarktung besser geklappt als die Vermartkung der Läden. Daher hat man sich kurzerhand eben auch zu der Lösung entschlossen. Wie gesagt, für den Immobilenmenschen und das Viertel sicherlich eine gute Lösung, für die Kreativen aber eben aus meiner Sicht nicht.


    Wenn man eine "Kulturmeile" oder einen Standort wirklich entwickeln will, dann braucht das eine gewisse Zeit. Da lohnt der Blick auf andere Standorte.
    Ich sage ja auch nicht, dass sich nicht langfristig auch eine hochwertigere Nutzung etablieren darf, schaut man auf die Schönherrfabrik hat sich da ja in den letzten Jahren auch viel gewandelt. Es braucht aber für die Kreativen und auch für die Handwerker Standorte die langfristiger angelegt sind und die finden sich nicht in der Zwischennutzung. Zwischennutzung ist für die Kreativen super, um sich mal auszuprobieren - bekommen die aber nach Rauswurf keinen geeigneten neuen Platz um sich zu etablieren, ziehen die dort hin wo das möglich ist und wanderen damit oft ab.


    Anstatt dass sich konzentriert an einem Ort / in einem Gebiet etwas entwickelt, wird auch hier total zersiedelt - und immer mit sehr kurzer Halbwertszeit. Hinzu kommt, dass die angebotenen Flächen für viele gar nicht geeignet sind, also auch nur einem geringen Teil wirklich was nützen würden.




    Kurz zur persönlichen Betroffenheit, auch wenn die nichts mit meinem Posting zu tun hat:


    Dass ich negative Erfahrungen gemacht habe und persönlich betroffen bin steht ja außer Frage und ist ja bekannt. Den wenigsten hier wird allerdings bekannt sein, dass ich mit meinen Berufen eben auch zur Kreativwirtschaft gehöre - und für meinen Bedarf finden sich keine geeigneten und bezahlbaren Flächen. Ich habe mit "Glück" eine Lagerhalle finden können die ich sanieren muss (Dach + Fassade + Elektrifizierung, ca 20.000€ Kosten) und dafür relativ günstig mieten kann - für 5 Jahre. Aber: Ich habe dort lediglich Strom anliegen. Ein Wasseranschluss (dringend benötigt für meinen Beruf) würde zusätzlich 17.000€ kosten (laut Vermieter) und Abwasser müsste ebenfalls neu gelegt werden. Du kannst ja gerne mal umrechnen wie "günstig" das am Ende wirklich ist, allerdings bin ich mehr oder weniger dazu gezwungen das zu tun - außer ich gebe meinen Betrieb auf.
    Hätte die Stadt ihr Wort gehalten, dann hätte ich am alten Standort noch 2 Jahre bleiben können und den (unter diesen Voraussetzungen!!!) gekauften neuen Standort bis dahin so entwickeln können, dass ich nicht nochmal einen Umweg über eine gemietete Halle machen muss. So macht der Investor was er will und wir fliegen (obwohl es noch keinerlei geplante Aktivitäten gibt) in einem halben Jahr raus. Laut Immobilienmanager passiert am alten Standort die nächsten Jahre nichts - aber wir müssen dennoch weg.:nono:



    Trotzdem nochmal der Hinweis:


    Meine persönliche Betroffenheit hat nichts mit meinem Posting von eben zu tun, auch wenn vielleicht die gleiche Emotionalität zu spüren ist.

  • ^Den Vorschlag, Flächen im Eins-Neubau vorübergehend an Künstler zu vermieten, finde ich auch nicht besonders ausgereift. Entweder es gibt dort heute schon eine Nachfrage nach Einzelhandelsflächen oder man sieht diese gar nicht erst vor, weil sich die Situation dann auch in ein paar Jahren mit kultureller "Zwischennutzung" nicht anders darstellen wird.


    Grundsätzlich halte ich jegliche Vermietung aber vorrangig für eine Sache von Angebot und Nachfrage. Wer kreativ und künstlerisch tätig ist und damit an gewisse finanzielle Grenzen stößt, muss zu einem gewissen Grad bereit sein, bei steigenden Mieten irgendwann umziehen zu müssen. Für Atelier- und Ladenflächen dürfte das Angebot in Chemnitz das auch problemlos ermöglichen. Für Handwerksbetriebe wie Deinen, die ja für jede Stadt unverzichtbar wichtig sind, sieht das offensichtlich anders aus. Da gebe ich Dir völlig recht, dass sich Stadt, CWE und GGG da mal "kreativ" mit der wohl nicht ganz einfachen Aufgabe auseinandersetzen sollten, wie man dieses Problem aus der Welt schaffen kann.

  • Ich spreche nicht von einer Zwischennutzung. Das Wort habe ich in meinem Posting nicht benutzt. Ich spreche von zentrumsnahen Flächen, die Künstlern in Form von Ateliers zur Verfügung gestellt werden und im besten Sinne auf die davor liegende Ringstraße ausstrahlen - sei es als von Kunst im öffentlichen Raum, temporäre Kunstaktionen oder einfach nur einer Freiflächengestaltung. Über Pachtverträge für Xy Jahre zu fairen Konditionen (nur Nebenkosten ODER Mietpreis stufenartig anpassen ODER Mietpreis an Erfolg des Künstlers binden, etc.) können hier individuell nutzbare Räume zur Verfügung gestellt werden. Ähnlich einem Artists-in-Residence-Programm nur eben ohne die Residenz. Ich spreche hier auch nicht von Kreativen, die sich mal ausprobieren möchten. Da gibt es andere, bessere Flächen in der Stadt. Mein Wunsch wären (einigermaßen) etablierte Künstler.


    Falls - und ich gehe nicht davon aus, dass dieses Szenario eintreffen wird - die Chemnitzer Innenstadt in ferner Zukunft unter einer Flächenarmut leidet, kann man das Konzept noch immer Rückgängig machen und die Ateliers zu Einzelhandelsflächen umbauen. Falls! Nochmal: Ich glaube es nicht. Aber: Ich halte es für den größten Fehler hier - wie beim Technischen Rathaus eine weitere tote Fassade zu entwicklen, die zu keiner Belebung der Bahnhofstraße führen wird. Ist dieser Fehler erst begangen, wird er nicht mehr behoben werden können.

  • @ Arnold:


    Ich glaube du hast von Künstlern / Ateliers / kreativer Arbeit so viel Ahnung wie ich vom Brot backen :D


    Klar, es gibt immer ein paar "Showstars" in der Szene die eine gewisse Art der Selbstdarstellung brauchen - aber die Regel ist das sicherlich nicht.


    Wenn ich an die wenigen ernstzunehmenden Bildhauer/Maler/ Metallgestalter denke (also die, die ich persönlich gut kenne) dann suchen die genau das Gegenteil von diesem Standort: Ruhe, Natur, Freiraum nach draußen und vor allem niemanden der einen ständig beobachtet.


    Was bleibt dort also als einzig sinnvolle Nutzung in der Richtung? Entweder nistet sich eine Werbeagentur dort unten ein oder man schafft dort eine Galerie. Wie gut die Galerien / Ausstellungsräume in der Stadt ausserhalb von Vernissagen / Finissagen usw. besucht sind, sollte je bekannt sein.
    Nicht mal ein Künstlerbedarf wäre an der Stelle sinnvoll, da man dort Parkplatzmäßig wahrscheinlich schon wieder massive Probleme hat. Wer mal 3 Pinsel kaufen will, für den spielt das keine Rolle. Wer sich aber mal mit ein paar Hubeln Ton eindecken will, spezielle Hölzer, Papiere oder dergleichen kaufen will, der guggt dann doof aus der Wäsche.


    An der Stelle sei mal in die Baumwollspinnerei nach Leipzig verwiesen. Bin zwar prinzipiell kein Fan von Leipzig, aber dort funktioniert das eben gut: Ateliers, Ausstellungsflächen, Künstlerbedarf, Cafe usw. - alles an EINEM Standort. Wen wundert´s, dass das funktioniert - auch für etablierte Künstler ;)


    Zur Galerie-Idee sei noch gesagt:


    Chemnitz hat einen kleinen Kunstmarkt - und der wird von den ansässigen Galerien schon wirklich ausserordentlich gut bedient. Will man denen das Leben mit unnötiger "Konkurrenz" schwerer machen als es ist?


    Ich bin überzeugt davon, dass Chemnitz im Zentrum niemals eine Flächenarmut erleben wird, ganz im Gegenteil. Wo der Trend hingeht ist eigentlich allen bekannt. Was ich mir vorstellen könnte ist, dass in Zukunft die Läden in den einzelnen Quartieren für die Nahversorgung oder für Spezialitäten wieder gefragter sein werden. Das wird aber stark abhängig sein von der Bevölkerung drumherum. Daher bin ich kein Freund davon, wenn Läden in den Quartieren zugunsten von Wohnraum kaputt gemacht werden, das habe ich ja an anderer Stelle schon mal geschrieben.


    Was mich mal interessieren würde:


    Wer wären denn deine etablierten Künstler die du dir dort vorstellen könntest?

  • Gut, dann verzichten wir eben auf die Flächen unten im Eins-Gebäude, richten stattdessen schnöde Büros ein und erfreuen uns an einer weiteren toten Straße im ohnehin schon toten Zentrum Chemnitz, sodass auch noch der Rest an jungen Menschen nach Leipzig abwandert - eine Stadt, die ich im Übrigen sehr schätze, eben weil sich die Stadt auf neues Terrain wagt, neue Wege geht und sich nicht permanent von Bedenkenträgern leiten lässt.


    Ob jeder Künstler gern im Wald lebt und dort vor sich hin brödelt, würde ich im Übrigen auch in Frage stellen. Die Kunstmetropolen der Welt und die Gentrifizierungstheorie geben mir - glaube ich - Recht.

  • Lieber Arnold, warum gleich so schnippisch? ;)


    Die genannten Standortfaktoren findet man übrigens nicht nur im Wald oder im Dorf (wo auch genügend Künstler gerne hinziehen, keine Frage) sondern die finden sich auch und gerade mitten IN Chemnitz - für mich ein großer Teil der Lebensqualität dieser Stadt, der allerdings in letzter Zeit leider stark abnimmt.


    Doch es ist ein Unterschied ob man auf einem Präsentierteller arbeitet mit Hauptverkehrsstraßen, Straßenbahn usw usf. oder ob man etwas ruhiger, aber dennoch gut angebunden leben und arbeiten kann. Doch diese Standorte werden immer mehr platt gemacht - nicht zuletzt ist ja auch mein derzeitiger Standort davon betroffen.


    Wo sich Leipzig auf ein neues Terrain wagt würde ich gerne mal wissen... dort passiert doch irgendwie nichts anderes als hier auch, nur im größeren Maßstab und mit heftigeren Auswirkungen auf die Bevölkerung. Das Leipziger Stadtzentrum ist doch auch nur eine Abstellfläche für die bekannten Markenfirmen mit Ausnahme einer kleinen Seitenstraße mit ein paar netten Cafe´s.... Der wirklich spannende Rest ist eher in den Stadtteilen rundrum angesiedelt und dort werden die Leute auch schon Stück für Stück rausgedrängt, weil die Mieten immer weiter steigen. Positive Nachricht: Die ersten befreundeten Leipziger Kreativen kommen wieder zurück nach Chemnitz - weil es hier eben (noch) ein paar Standortvorteile ggü. Leipzig gibt.


    Leider erkennt das die Stadtverwaltung nicht und rennt dem allgemeinen Immobilienhype gnadenlos hinterher. Kleine Missentwicklungen versucht man "städtisch" zu lösen, zum Beispiel mit der Schaffung einer künstlichen "Kneipenmeile".
    Der Brühl war vor der Sanierung belebter als heute. Mit dem Unterschied, dass heute zwar tatsächlich mehr Menschen dort wohnen, aber sonst ist alles eingegangen: Das Atomino musste weg, das Delicate wurde (angeblich) vom Finanzamt platt gemacht und der Brühlaffe hat sein stringentes Konzept nicht durchgesetzt bekommen. Lediglich ein paar Feste haben sich erhalten, mehr aber auch nicht. Es hätte sich für die Stadt gelohnt, damals den Blick vor allem auf die dort schon ansässigen Läden zu lenken und da unterstützend tätig zu sein. Heute wären sicherlich noch ein paar weitere Kneipen hinzugewachsen und der Brühl würde sich garantiert sehr viel besser entwickeln.


    Vielleicht erinnert sich der ein oder andere auch noch an den Cube Club, das war für viele eine wichtige Instanz zum Feiern. Auch das Ding musste schließen, weil eben an der Stelle die Straßenbahnkurve gebaut werden musste. Ist ja prinzipiell völlig okay, eine Stadt verändert sich und die Straßenbahn tut der StraNa dort gut - doch der Club ist halt weg und hat auch nicht mehr woanders seine Tore geöffnet, wobei ich den genauen Hintergrund auch nicht kenne.


    Ich finde, wir werden nicht von Bedenkenträgern geleitet, sondern von Ignoranten die stur nur auf das achten, was sie just in dem Moment beschäftigt - alles andere wird durch Scheuklappen ausgeblendet und interessiert nichts und niemanden.
    Wie gesagt, ich habe damals von einem Mitarbeiter der Stadt folgenden Spruch gedrückt bekommen: "Das ist doch ihr unternehmerisches Risiko wenn Sie eine Fläche pachten" - wobei der gute Herr mit der Aussage natürlich absolut richtig liegt, in der Situation war das aber eine absolute Frechheit und zeigt das Desinteresse an den hier ansässigen Handwerksfirmen und Familienbetrieben sehr deutlich.


    Mit diesem Jahr beginnt übrigens das vor mehr als 5 Jahren von der IHK schon vorausgesagte Sterben der Handwerksfirmen hier in der Region - nicht weil die Leute pleite gehen oder wenig Arbeit haben, sondern weil es an Nachwuchs mangelt und die alten Herren jetzt reihenweise in Rente gehen und ihre Betriebe zu machen. Seitens der Stadt erlebte und erlebe ich keinerlei Reaktion auf diese Situation - und die ist schon einigermaßen relevant wie ich finde. Laut IHK damals sind von dieser Welle in der Region (wenn ich mich recht erinnere) ca. 6000 Betriebe betroffen. Das wird sich sicherlich nicht ganz bewahrheiten, aber ich erlebe es ja selbst im Kollegenkreis was da in den nächsten Jahren auf uns zukommt.


    Übrigens:


    Wer aktuell mit einem wachen Auge auf die hiesigen Baustellen schaut, wird feststellen, dass sehr viele Firmen aus Leipzig, Dresden, Freital und teils sogar aus dem Westen derzeit hier arbeiten. Die Investoren bringen oftmals "Ihre" Handwerker mit. Daneben ist es gerade Mode, dass so ziemlich jede Baustelle mit einem eigenen Trupp Rumänen oder Polen ausgestattet ist. Das finde ich prinzipiell nicht schlimm, von mir aus soll jeder sein Geld verdienen. Für die Stadt ist das allerdings eine wirklich dämliche Situation - denn die Steuern zahlen die Betriebe da, wo sie ansässig sind. Beim derzeitigen Bauboom verliert (verzockt?) die Stadt also ziemlich viel Geld. Wenn man dann noch überlegt, dass die Fördertöpfe zum Teil auch aus städtischen Mitteln bedient werden und quasi nix zurückläuft...:nono:


    Die Stadtverwaltung begreift offensichtlich die eigenen Kreisläufe nicht - und so wird halt auch gearbeitet und so sind viele Bürger einfach unzufrieden. Wer so verschwenderisch mit Geldern umgeht, der hat natürlich nichts mehr übrig um Brücken zu sanieren oder den Bürgen den Gefallen zu tun und das "Erfi" zu erhalten oder andere Projekte zu fördern. Es fehlt aus meiner Sicht seitens der Stadtverwaltung eine Grundhaltung, Überzeugung und Vertrauen zu dem was Chemnitz wirklich ist und welche Potentiale die Stadt überhaupt hat - auch und vor allem in Form der Bürger und Bürgerinnen die hier zum Teil wirklich tolle Sachen auf die Beine stellen. :daumen:

  • Brühl

    Zur Entwicklung des Brühls möchte ich gern einhaken, da ich selbst einer aktiven Gemeinde angehöre, die versucht den Boulevard als Kiez oder Community belebter zu gestalten. Und da sind wir auf einem guten Weg. Hier gibt es nämlich die Kreativen und die Künstler, die man so oft sucht, die Boutiqen und Lädchen abseits des Mainstream.


    Wo in Chemnitz findet man sonst eine Schokoladenmanufaktur, eine Mitmachholzwerkstatt, einen Laden in dem selbsgemachter Eierlikör und die schönsten Torten der Stadt entstehen, wo sich riesige Graffiti und Kunst im öffentlichen Raum begegnen, dazu noch ein Fairtradecafe, zwei Bars, ein halbes dutzend Restaurants sowie eine Begegnungsstätte mit jeder Woche Livemusik und und und? Dazu noch mindestens 4 Straßenfeste im Jahr und jeden Monat Flohmarkt. Und diese Entwicklung ist noch längst nicht abgeschlossen. Die nächsten 3 Läden eröffnen 2019. Vielleicht sollten wir alle auch mal wieder unsere Erwartungen nach unten schrauben und genießen was wir haben. Denn funktionieren tut sowas nur mit viel Engagement von Leuten die dafür nicht bezahlt werden, wie mich. Und da gehört auch immer mehr dazu, als im Internet über alles und jeden ein Urteil zu Fällen selbst aber nicht an einer besseren Entwicklung mitzuwirken. Wer von den hier schreibenden Usern beteiligt sich denn aktiv an einer positiven Entwicklung seines Viertels oder der Stadt? Und in welcher Form? Die Frage ist rhetorisch. Vielleicht kann das aber auch für den ein oder anderen ein Vorsatz für das neue Jahr werden. "Einfach machen!" Mal diese Orte wie den Brühl besuchen, sich informieren und den Händlern und Künstlern vor Ort begegnen. Die Stadtentwicklung werden wir nicht aufhalten, aber wir könne sie mitgestalten. Und wenn jemand Kreatives ins Zentrum möchte, muss er mit der Verwaltung reden, sich die Stadträte auf seine Seite holen oder in den Stadtteilgremien aktiv werden. Die Erfahrung zeigt mir, nur so geht es.

  • ...Vielleicht sollten wir alle auch mal wieder unsere Erwartungen nach unten schrauben und genießen was wir haben. Denn funktionieren tut sowas nur mit viel Engagement von Leuten die dafür nicht bezahlt werden, wie mich...


    Ersteinmal herzlichen Dank für deinen Beitrag und dein / euer Engagement.


    Meine Erwartungen sind gar nicht so hoch wie man vielleicht in meine Postings reininterpretieren möchte und mir ist durchaus bewusst, dass eine gute Entwicklung viel Zeit und auch das Engagement einiger Macher braucht - und diese Akteure haben wir nicht nur in Chemnitz, nein wir HATTEN davon bisher auch ganz viele. Das ist das große Glück dieser Stadt.


    Das große Pech sehe ich eher darin, dass es immer wieder Leute gibt die über Jahre was aufbauen und dann herbe Enttäuschungen erfahren müssen, weil Ihre Projekte seitens der Stadt torpediert oder eben kaputt gemacht werden.


    Es gab schon vor Jahren Leute die den Brühl belebt haben (auch einige die nach wie vor da sind, keine Frage!). Hätte man sich aber etwas Mühe gegeben, würde der Brühl heute nach der Sanierung sehr viel besser da stehen als er jetzt da steht. Ich erinnere mich sehr gerne an die Macher des Delicate. Das war ein hervorragender Laden und die haben sich richtig richtig Mühe gegeben und mit allen Mitteln versucht die hohe Qualität aufrecht zu erhalten und sogar weiter auszubauen.


    Wie dem auch sei. Es muss immer erst ein kritisches Maß überschritten werden, bis so ein Viertel wirklich funktioniert. Es siedeln sich erst dann mehr Läden an, wenn die Betreiber sicher sein können, dass ihr Konzept funktioniert. Die Schaffung einer künstlichen Kneipenmeile in der Innenstadt sehe ich in dem Kontext als kontraproduktiv, da man ja auch vom Brühl erwartet hatte, dass sich in die Richtung dort mehr entwickelt. Wäre ich Gastronom, würde ich wahrscheinlich eher auf die Nähe anderer Kneipen / Restaurants setzen als auf ein - noch- relativ unbelebtes Viertel.


    Was die Beteiligung und die Aktivitäten angeht, so kann ich zumindest von mir behaupten dass ich da in verschiedenen Formen aktiv bin. Einerseits beruflich, denn durch meine Tätigkeit in der Denkmalpflege habe ich bei vielen stadtbildprägenden Gebäuden bisher in sehr positiver Weise Hand angelegt - nicht zuletzt auch in großem Massstab auf dem Brühl. Andererseits aber natürlich auch privat durch mein Engagement in verschiedenen Bereichen - und da hänge ich (oftmals per Zufall) zum Teil in Sachen drin, da mag ich gar nicht von berichten.... :lach:;)


    Deine Behauptung, dass sich ein Einsatz in der Stadtverwaltung oder bei Stadträten lohnt kann ich jedenfalls nicht bestätigen, ganz im Gegenteil. Das habe ich nun aber oft genug schon hier breitgetreten und es ist mir zu müßig das jetzt nochmal zu tun.


    Was ich mir wünschen würde ist, dass seitens der Stadtverwaltung viel mehr Wert darauf gelegt werden würde, was sich aus der Stadt selbst heraus entwickelt und dass hier ansässige Investoren / Unternehmer / Bürger eine Bevorzugung und vor allem auch eine Unterstützung erfahren - auch wenn die Projekte dann vielleicht etwas langsamer wachsen. Das hätte zur Folge, dass sich eine Stadt mit Identität entwickelt und die vielfach geforderte "Bürgerbeteiligung" wäre obsolet, weil so nicht mehr am Bürger vorbei entwickelt wird.
    Wünschen würde ich mir auch sehr, dass bei vielen Dingen ein eigener Weg gefunden würde. Ich finde es nicht gut, dass man sich wahllos Trends hingibt die sich andernorts unter völlig anderen Gegebenheiten entwickeln und die zwar "schick" sind, aber eben nicht wirklich zur Stadt oder den Bewohnern passen.


    Wie es auch immer kommen mag: ich wünsche allen Akteuren der Stadt (und auch allen stillen Genießern :lach:) einen guten Rutsch ins Jahr 2019. Wird schon alles irgendwie werden...:lach:

  • Hallo und gesundes Neues!


    Ich versuche mich kurz zu fassen: Zum Brühl: Alles richtig, Vieles davon aber meiner bescheidenen Einschätzung nach trotz und nicht wegen der Aktivitäten der Stadt und ihrer Töchter, da gebe ich also KMS und Joseph gleichermaßen Recht.


    Zum eins-Projekt: Ich sehe in Zwischennutzung nicht nur Negatives, Zwischennutzung ist hip, Zwischennutzung ist dynamisch, es gibt Pop-up-Galerien und Pop-up-Stores, viele junge Kreative wollen oder können auch von sich aus gar nicht in 10-Jahres-Abschnitten (oder mehr) denken. Ich mag da aber nicht pauschalisieren und hier geht mir auch Künstler und Kreativer zu durcheinander aber das führt wohl zu weit.


    Im (für mich) Idealfall kommt zwischen eins und smac ein junges frisches Hotel mit Tendenz zum Hostel (oder besser noch andersherum), also ruhig auch Mehrbettzimmern und Langzeitmiete. Das wäre in der Lage zwischen City, Bahnhof und Uni nahezu perfekt. In die Ladenflächen dann der langersehnte Spätshop, 'ne coole Agentur, endlich ein Fastfood-Laden, der "mehr als Döner" bietet, eine Bar, in der abends getanzt und morgens das Ho(s)tel-Frühstück serviert wird. Da kann auch direkt ein Wanddurchbruch zum smac her und die Versorgung (vom Suppengrün) besser nach außen geöffnet werden. Bestenfalls noch eine weitere Bar oder eine echte Kneipe mit Freisitz. Das tut da keinem weh, denn anders, als in der Klosterstraße wohnt da kaum einer. Dazu irgendein hipper vegan-verpackungsfrei-sonstwas-Laden. Die eins kann noch einen Merchandising-Shop mit Lulatsch-Rachermannln und -Schals unterbringen, vielleicht zusammen mit der Uni, die Studienwerbung macht und Collegejacken verkauft. Idealerweise gibt es dort noch einen Kaffee oder einen Bagel, kostenloses WLAN und die Möglichkeit, dass sowohl ein (zukünftiger) Student, als auch ein Geschäftsmann ein paar Stunden dort bei Bagel und Kaffee-Flat Zeit verbringt. Und natürlich haben alle maximal 5-Jahres-Verträge mit ortsunterdurchschnittlichen Mieten, denn dann kann (und wird) die Situation im Umfeld eine ganz andere sein und alles muss auf den Prüfstand.


    Vielleicht mag im Zuge dessen auch jemand die hirnri***** Idee revidieren, den Ratskeller aus dem Ratskeller zu holen und die alte Fläche damit vermutlich auf sehr lange Sicht ungenutzt zu lassen. Vielleicht fällt ja jemandem für die Johannis-Fläche eine geschicktere Nutzung ein, zur Not eben als... Zwischenlösung. Anders, als an vielen anderen Stellen, verursacht es bei mir keinerlei Schmerz, wenn dort kein Restaurant drin ist, sondern eine nicht (permanent) öffentliche Nutzung.

  • Sind wir alle gar nicht so weit voneinander entfernt.

    Ich Stimme euch in vielen Teilen auch zu. Mein Beitrag zum Brühl sollte auch eher allgemein sein. Nicht auf den vorherigen Post bezogen, auch wenn der für mich Anlass war, da nochmal etwas aus meiner Sicht deutlicher zu machen. Die Ideen für das smac und die Neubauten finde ich klasse. Anstelle unterdurchschnittlicher Mieten hatten wir auf dem Brühl auch entsprechende Vorschläge aber als worklive Vermietung sprich unten die Bar, oben drüber die Wohnung des Barkeepers. Unten der Laden, oben drüber die Werkstatt. Bis auf die Projekthäuser am Ende wird dies hier leider nicht großflächig und mit Unterstützung der Investoren und Eigentümer betrieben. Sehr schade wie ich finde. Stattdessen sind ein großer Teil der Wohnungen der Ungergruppe Theaterwohnung für Darsteller des Opernhauses. Dagegen habe ich grundsätzlich nichts. Aber sie machen mMn gut 50% aus und die dort lebenden Bewohner werden leider nicht Teil der Nachbarschaft, da Sie hier nicht ewig bleiben und wenn sie da sind bis spät abends arbeiten. Das man sich da Monat für Monat für den Brühl und dessen Belebung einbringt, man aber diese Ideen nicht aufgreift und auch nicht transparent darüber berichtet ist die Enttäuschung, die ich im Umgang mit Engagierten ebenfalls verspüre. Aber dann freut es mich wieder auch, dass wir gemeinsam die Brühllampen erhalten konnten, Baumbeleuchtung bekommen haben und monatlich Strassenfeste ohne großes Tamtam seitens der Verwaltung ausrichten dürfen. Und darauf müssen wir uns konzentrieren. Und auch hartnäckig bleiben.

  • Mich würde mal interessieren wo du die 50% Theaterwohnungen hernimmst... ist das gefühlt? Es gibt dort tatsächlich solche Wohnungen, meines Wissens nach aber relativ konzentriert in der Hermannstraße und da betrifft das sicherlich keine 50% der Wohnungen.


    Was ich halt traurig und ziemlich unnütz finde ist, dass man - wie du so schön sagst- irgendwie immer "hartnäckig" bleiben muss. Aus meiner Sicht müsste es einfach selbstverständlich sein, dass die Bürger ihre Stadt beleben - natürlich im Rahmen von Regeln, aber dass hier wegen jedem Schiß ein großer Aufwand betrieben werden muss und man immer nur am kämpfen ist...


    Mich wundert es jedenfalls gar nicht, dass die Entwicklungen so mühsam voranschreiten... Bürgerengagement wird nur propagiert, weil es positiv klingt und plakativ ist. Wenn sowas dann zu professionell wird und tatsächlich in machbare Nähe rückt, wird es vom Stadtrat oder hohen Verwaltungsbeamten abgeschmettert - zuletzt eindrucksvoll beim Erfi gesehen. Sowas finde ich wirklich übel und das setzt sehr sehr schlechte Zeichen - gerade auch für andere Bürgerprojekte, die sich nun sicherlich fragen werden ob es überhaupt lohnt weiterhin Zeit / Geld / Arbeit zu investieren.


    Für die 2 Millionen (ich glaube um die Summe ging es ja) hätte die Stadt jedenfalls ein ganzes Paket an postiven Reaktionen höchst billig ernten und für sich verwursten können.


    Das ist übrigens genau das, wovon ich die ganze Zeit spreche: Die Stadt sollte sich viel mehr zurücklehnen und statt teurer Reisstischplanungen über die Köpfe der Bürger hinweg mal die ein oder anderen Bürgerprojekte tatsächlich fördern und unterstützen - oder vielleicht auch aufgreifen und professionell und in Zusammenarbeit durchführen. Damit wäre der Stadt viel mehr geholfen, als mit einem teuer geplanten, aber nicht realisiertem Rückhaltebecken oder einer gekünstelten Kneipenmeile oder oder oder - mir täten hunderte Fälle einfallen wo in den letzten Jahren völlig sinnfrei Unsummen verschwendet wurden...;)

  • Als stiller Genießer muss ich nun auch mal wieder meinen Senf dazu geben. Ich stimme allen, sei es arnold´s, Joseph´s und KMS´s Äußerungen und Meinungen voll und ganz zu. Zwischennutzungen für kulturelle Themen finde ich sogar sehr spannend. Mir fällt da sofort der Lampenladen an der Theatherstraße ein, der durch das Projekt "Krach" heraus entstanden ist. Solche kleinen niedlichen Läden kann es gern, eben auch im EINS Gebäude, mehr geben. Denn jeder "Neuling" hat es mit Sicherheit schwierig etwas passendes und vorallem auch bezahlbares zu finden. Dort in der zentralen Lage bekommt dieser auch noch ein Stückchen Eigenwerbung dazu.


    Joseph: Das Thema Erfi ist wirklich nicht ganz einfach. Mir war es auch völlig unklar warum man dies nicht durchwinkt. Ich hatte irgendwo gelesen das es nicht saniert wird, da man der Annahme war, dass sich die Besucherzahlen der Freibäder lediglich nur verlagern, aber nicht steigen würden. :confused: Gleiches trifft auch auf dei Talsperre Euba zu.
    Prinzipiell kann ich mir schon gut vorstellen warum es geht. Sagt man den 2 Mio. € zu, kommen alle anderen auch und fordern Geld für deren Projekte.


    Um auf die Bedürftnisse der Bürger im Zentrum zurück zu kommen. Ich hatte letztens eine spannende Diskussion mit einem Freund zur Bebauung des Tietz Parkplatzes. Im Grunde bin ich auch dafür, allerdings würde ein Park mit Tiefgarage auch einiges her machen. Ich glaube jeder wird nicken, wenn ich sage, dass die Parkplätze dort weg müssen. Deswegen eine Tiefgarage mit darüber angelegtem Park, Brunnen und Sitzmöglichkeiten. Am Ende gewinnen fast alle. Der Döner kann bleiben und die jüngere Generation kann weiterhin seinen nächtlichen Döner genießen. Die wegfallenden Parkplätze werden sogar verdoppelt. Das Tietzgebäude behält seine Präsenz (was bei einer Bebauung vielleicht verloren geht). Die Bürger selbst haben eine kleine Oase in der Stadt und das Tietz könnte mit einem (Steinzeit)-Café oder ähnlichem, welches nach außen geöffnet ist, belebt werden.


    Vielleicht macht die Real Estate noch einen Rückzieher. Bis dato ist ja noch nichts passiert und es wird auch bis 2020 nichts mehr passieren. Zumindest am Tietz.


    Hat eigentlich jemand was vom Neubau von Herrn Simmel gehört? Eigentlich sollte ja auch hier dieses Jahr der Baubeginn sein. Bis weilen habe ich aber noch keine Visualisierung o.ä. gesehen geschweige denn gefunden.

  • ^Es wird momentan noch am Bebauungsplan gewerkelt, weshalb beide Vorhaben in der "Neuen Johannisvorstadt" noch nicht begonnen worden sind. Für einen Rückzieher gibt es trotz der Verlängerung der Kündigungsfrist für das türkische Spezialitätenrestaurant bis 31. Dezember 2019 (siehe Freie Presse) überhaupt keine Anzeichen, es wurden ja bereits mehrere Millionen Euro für den Flächenerwerb überwiesen. Visualisierungen des Simmel-Neubaus gab es in der Beschlussvorlage zum Bebauungsplan zu sehen (Link).

  • Keine Grünflächen mehr bitte!

    Die neue Johannisvorstadt muss kommen. Ich kann es aus meiner Sicht nicht oft genug betonen, die Stadt muss im Zentrum weiter verdichtet werden. Nur wer im Zentrum wohnt geht auch öfter weg, kauft im Zentrum ein, belebt das Stadtbild und schlussendlich engagiert sich vielleicht auch. Ich kann dies hier auf dem Brühl nur aus eigener Initiative und Wahrnehmung heraus unterstützen. Es braucht mehr Wohnungen im Zentrum. Direkt neben der neuen Joahnnisvorstadt ist der Parks der OdF. Keine 100 Meter davon entfernt der Stadthallenpark. Es gibt so viel Grün in der Stadt. Ich stelle mich auf den Marktplatz und bin in 5 Minuten, egal in welche Himmelsrichtung ich laufe, im Grünen. Es braucht keinen weiteren Park.
    Ich sehne die Gebäude dort und am Getreidemarkt herbei. Hoffentlich wird auch bald die Fläche gegenüber dem neuen technischen Rathaus bebaut und am Sporthochhaus. Diese Lücken müssen endlich weg, damit ein Gefühl der Urbaintät entsteht. Dazu gehört sicherlich auch etwas Enge. Doch ohne weitere Einwohner im Zentrum, die auch bisschen Kleingeld mitbringen und ganz sicher nicht im Pllattenbau wohnen wollen, wird diese Stadt im Kern tot bleiben, da wir hier keine Touristen haben, wie in LE oder DD, die für Belebung sorgen.

  • Ich nicke nicht, wenn es darum geht im Zentrum die Parkplätze zu reduzieren und ich nicke erst Recht nicht, wenn es darum geht, solche wertvollen innerstädtischen Flächen auf diese Art und Weise zuzubomben - das zeigt mir nur, dass Chemnitz diesen Schatz nicht wertzuschätzen weiß. Unter anderen Umständen würde ich nicken - aber auf keinen Fall bei dieser geplanten Bebauung.


    Ich hatte mal das Vergnügen mit einer sehr klugen Frau aus Zürich zu sprechen. Sie und ihr Mann sind beide keine Fans von der "autogerechten Stadt" - ihr Mann sogar richtig Feind davon und mit so guten Argumenten, dass er bei mir in vielerlei Hinsicht auch schon das Denken verändert hat.


    Trotzdem: Sie war das erste Mal in Chemnitz und stellte ganz klar fest: Diese Stadt funktioniert nur so und ein Wandel wird extrem schwer werden. Was ja nicht bedeutet, dass es unmöglich ist, aber es müsste eben sehr viel mehr getan werden als Parkplätze zu reduzieren und diese Schritte müssten vor allem VORHER erfolgen. Die Probleme sind bekannt: Schlecht ausgebauter und teurer Nahverkehr, kaum vorhandenes Fahrradwegenetz und so manches vor Jahren festgelegte Konzept der Verkehrführung wird nicht weiter ausgebaut oder gar wieder gekippt.


    Was den innerstädtischen Wohnraum angeht, so kenne ich KEINE größere Stadt die tatsächlich so viele Wohnungen im Zentrum anbietet. Sicherlich, Plattenbauwohnungen sind nicht mehr sonderlich attraktiv - allerdings ist das was da geplant ist für den Normalbürger auch nicht sonderlich attraktiv bzw. bezahlbar. Die derzeitig angedachten Konzepte sorgen nicht für eine Vielfalt an Bürgern in der Stadt, sondern dafür, dass besser verdienende (meist auswärts arbeitende) sich dort ihr Plätzchen suchen - und die werden Chemitz sicherlich nicht so sehr beleben wie das gewünscht ist.


    Für alle drei Flächen hätte ich mir eine erheblich kleinteiligere Bebauung gewünscht. Kleine Grundstücke mit klaren Vorgaben was die Baukörper angeht in Höhe / Größe und eventuell gar Material und die Hälfte dieser Grundstücke günstig vergeben an "Ottonormalbürger", die nachweisen können einen solchen Bau finanzieren zu können. Dazu meinetwegen ein "Gemeinschaftsprojekt" an dem sich alle beteiligen müssen, zum Beispiel Bau einer gemeinsamen Tiefgarage oder eines innenliegenden Parks oder ähnliches.


    Alle Viertel die wir heute so "schön" und "urban" und "lebenswert" finden sind exakt auf diese Art und Weise entstanden: Es gab einige große Investoren, die auch mehrere Gebäude hintereinander bauten, aber eben auch viele viele kleine, die für eine wunderschöne Vielfalt gesorgt haben - nicht zuletzt auch durch die Nutzung.


    Die in Chemnitz übliche "Großklotzerei" hat nicht gerade zu einer gestiegenen Attraktivität in der Innenstadt beigetragen - doof, dass man sich halt an diesem Konzept so festklammert.


    Ich hab es ja mal an anderer Stelle schonmal geschrieben: Das ist einfach kein menschlicher Maßstab. Große Klötze wurden in den Jahrtausenden der Menschheitsgeschichte immer nur dann gebaut, wenn es darum ging Menschen einzuschüchtern, zu beeindrucken oder um Macht zu zeigen. Das spiegelt sich wider in großen Kirchenbauten, Burgen, Festungen, Schlössern oder bewusst viel zu groß dimensionierten Eingangstüren von Schulen aus der Gründerzeit.
    Einzige Ausnahme ist hier wohl der Bau großer Fabrikbauten, bei denen es zwar schon auch um eine Zur-Schau-Stellung ging, hauptsächlich brauchte man ja aber den Platz um produzieren zu können. Da das früher ein völlig neuer Gebäudetyp war bediente man sich (wie Evans eindrücklich zeigt) der typischen Gestaltungsmerkmale anderer damals üblicher Großklötze: Säulen, Giebel, Mansarden usw.


    Was mich im Chemnitzer Zentrum am meisten ärgert ist, dass für kommende Generationen keine Flächen "zurückgestellt" werden. Jetzt wird ein einzigartiges Kapital zugunsten solcher Lächerlichkeiten verballert - wider besseren Wissens. Die jetzt noch junge Generation und vor allem die Kinder unserer Generation dürfen das dann wieder ausbaden - und glaubt mir, in meiner Heimatstadt Kaiserslautern habe ich so einige Großklötze aus den 70ern erlebt die urplötzlich komplett leer standen und es zum Teil bis heute tun. Mit solchen Volumen kann man halt schwerlich was anfangen wenn sich die Zeiten mal ändern. Ich erinnere da auch nur mal an die Angst die in Chemnitz umging, als es hieß, dass Galeria Kaufhof deutschlandweit Filialen schließen wird oder den jetzigen Zustand des alten "neuen" technischen Rathauses oder eben was uns in Zukunft mit dem Umzug der Eins Energie dann bevorsteht - Wer will denn diese runtergewirtschafteten Gebäude nachnutzen, vor allem wenn zeitgleich ständig neue und "attraktive" große Flächen entstehen....?


    Für mich ist das, was die Herren Stadtplaner mit der Innenstadt derzeitig machen jedenfalls wenig nachhaltig und auch null attraktiv...

  • Der Anspruch

    Beim architektonischen Anspruch bin ich bei Ihnen und hätte mir auch eine kleinteilige Bebauung gewünscht. Und auch die Materialauswahl entspricht nicht dem, was ich bevorzugen würde, da auch die architektonischen Gegebenheiten unserer Region völlig außer Acht gelassen werden. Mir ging es nur um die Bebauung an sich. Die muss kommen. Dass diese Leute, die dann dort wohnen außerhalb arbeiten und nicht für eine Belebung der Innenstadt sorgen werden, glaube ich nicht. Wer außerhalb arbeitet, zieht doch nicht ins Zentrum einer Stadt um dann jeden Morgen raus zu pendeln? Und geht dann abends noch nicht mal ins Restaurant oder ein Geschäft Besorgungen erledigen?
    Tagsüber ist die Stadt belebt genug. Dafür sorgen die vielen Plattenbaubewohner und Angestellten in den Büros. Und auch am WE beklagt sich keiner der Gastronomen, über mangelnde Kundschaft. Nach 17 Uhr muss aber auch von Montag bis Donnerstag noch Geld verdient werden, und das gelingt nur mit Anwohnern und dem entsprechenden Geldbeutel, Alter, Interessenlage...


    Ich freue mich alleine schon wieder über das Bild der nächsten Jahre in der Stadt. Kräne wo man hin blickt und eine Aufwertung der umgebenden Flächen. Einen Vergleich mit den Nachkriegsbauten halte ich für übertrieben. Die Klötzchenbauweise mag nicht jeden gefallen, mir auch nicht. Aber es ist allemal besser als der Standartplattenbau Typ A7 in blau, Grün, gelb oder rot. Und auch die Nachnutzung wird passen, diesen Hype um neue gebäude haben wir ja hier nichtnjn der Stadt. Es ist ein gesundes Wachstum. Das Gebäude der eins wird mWn Von der eins weiter genutzt. Irgendeine Tochter zieht dort ein und auch für das alte Technische Rathaus wird es eine Lösung geben. Von daher, positiv denken und das Gute sehen. Wenigstens ein bisschen. ;)

  • Mit Parkplätzen belebt man keine Innenstadt. Von daher stehe ich voll und ganz hinter dem, was KMS schreibt.


    Ich glaube hier treffen unterschiedliche Vorstellungen von "Stadt" aufeinander - für mich bedeutet Stadt Enge und Dichte. Eine hohe Bevölkerungsdichte im Zentrum - sozial gemischt - ist für mich ein wesentliches Erfolgskriterium einer lebendigen Innenstadt. Dazu gehören auch teure Wohnungen im Zentrum, die es so in Chemnitz kaum gibt. Gutverdienende Chemnitzer ziehen im besten Fall auf den Kassberg, sofern sie sich nicht irgendwo am Stadtrand ein Eigenheim auf die grüne Wiese bauen und dann zum Shoppen in das Chemnitz Center fahren. Diese Menschen gilt es ins Zentrum zu holen. Dass genau diese Personen nicht die Innenstadt beleben, halte ich für grundlegend falsch und verstehe die Aussage nicht.


    Als Problem sehe ich vielen Plattenbauten im Zentrum, die eine eher ärmere und ältere Bevölkerung beherbergen und nur ein sehr begrenztes Angebot an Wohnraum bereitstellen. Allein mit dieser Gruppe kann keine Innenstadt belebt werden. Hier kommt es auf die soziale und demographische Mischung an. Und nein, bevor es mir unterstellt wird: Ich bin nicht dafür, alte und arme Menschen aus dem Zentrum zu verdrängen. Ich bin lediglich dafür, die Bevölkerung stärker zu durchmischen. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass die Neubauten in der Johannisvorstadt dazu beitragen.


    Die Neubauten vor dem Tietz und an der Zschopauer Straße finde ich persönlich auch ansprechend - sie haben klassische Anleihen, nutzen unterschiedliche Materialien wie Putz und Backstein, bieten einen Nutzungsmix, fassen aufgrund der Höhe endlich (!!!) die breiten Schneisen und ziehen hoffentlich junge Menschen in die Innenstadt, die zentral wohnen wollen, aber nicht in die Platte ziehen möchten (ich würde mich bswp. dazu zählen). Hinzu kommt die für gewöhnlich hochwertige Ausführung von Fuchshuber-Architekten. Unsicher bin ich mir mit dem Simmel-Komplex. Die Baumassenstudie bereitet mir sorgen - mit den komischen Aufbauten am Dach und dem Parkhaus könnte das echt schief gehen.


    "Die in Chemnitz übliche "Großklotzerei" hat nicht gerade zu einer gestiegenen Attraktivität in der Innenstadt beigetragen - doof, dass man sich halt an diesem Konzept so festklammert."
    Vergleiche ich die Innenstadt von 1990 mit der Innenstadt heute, finde ich schon, dass die Attraktivität der Innenstadt immens gesteigert wurde. Von daher halte ich auch das Argument für falsch. Eine kleinteilige Bebauung mit unterschiedlichen Bauherren halte ich in Chemnitz davon abgesehen für ausgesprochen unwahrscheinlich. Da würde ich gern wissen, wie das funktionieren soll und was am Ende herauskommen soll? Im besten Fall eine Townhouse-Siedlung wie am Friedrichswerder in Berlin. Das kann für diese Fläche aber nicht das Ziel sein. Da kommen mir andere Orte in der Stadt in den Sinn, wo eine derartige Vorgehensweise durchaus möglich wäre.


    Beim öffentlichen Verkehr sehe ich auch Probleme. Der Ausbau der Straßenbahnen sollte stärker vorangetrieben und die Taktung verkürzt werden. Allerdings hat das mit dem Neubauprojekt in der Innenstadt auch erstmal wenig zu tun. Das Neubaugebiet ist sehr gut an den ÖPNV angebunden - Straßenbahn und Busse vor der Tür, der Hauptbahnhof nur wenige Gehminuten entfernt.


    "Was mich im Chemnitzer Zentrum am meisten ärgert ist, dass für kommende Generationen keine Flächen "zurückgestellt" werden."
    Auch da möchte ich Widersprechen und verlinke das Brachen-Konzept der Stadt: https://session-bi.stadt-chemn…?__kvonr=6971434&search=1 Es wird auch nach Abschluss des Neubauvorhabens in der Johannisvorstadt noch zahlreiche innerstädtische Brachflächen geben, die zukünftige Generationen noch auf Jahrzehnte vor große Probleme stellen werden. Ich verstehe auch nicht ganz, was man stattdessen mit den zahlreichen Brachen/ Freiflächen/ Abrisslücken/ ... (im Brachenkonzept wird von 2900 Datensätzen gesprochen) stattdessen machen soll. Weiterhin vergammeln lassen, während die Eigenheimsiedlungen an den Stadträndern immer größer werden und der Donuteffekt irgendwann die ganze Innenstadt verschluckt?

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