Stadterneuerung im Bestand - Leipzigs gerettete Gründerzeit

  • für Mannheim wäre das auch eine tolle Sache...


    In Mannheim gibt es doch praktisch keine Altbauten. Zumindest keine die so übel wie die oben im "Vorher"-Zustand aussehen (in Ludwigshafen zum Vergleich schon). Und da wo es entsprechendes noch teilweise gibt - z.B. Augustaanlage, Neckarstadt, Jungbusch, Unterstadt - da gab es erst vor ca 30 bis 40 Jahren entsprechende Sanierungen.

  • So eine Dichte an hochwertigster Altbaussubstanz kenne ich sonst nur aus Wiesbaden.
    In meiner jetzigen Wahlheimat Nürnberg werden Bauträgern Altbauimmobilien aus den Händen gerissen, und die erreichen nicht ansatzweise leipziger Qualitätsstandards. Altbau ist hier so extrem rar und meistens in den Nachkirgesjahren verschlimmbessert worden, dass die wenigen Gesamtgebäude, die ein Investor mal komplett sanieren kann, eigentlich nur modernisiert werden. Verkauft ist das alles eh schon vor Baubeginn.
    Aber, in den letzten Jahren ist hier auch steigende Qualität zu beobachten - im Hinblick auf Ästhetik und Wiederherstellung, wenn auch selten.

  • kato2k8 :


    naja, also ich fahr häufig auch mal Umwege, um jeden Winkel der Stadt zu sehen. Ich muss dabei immer wieder feststellen, dass es in Mannheim viel mehr Altbauen (um 1900) gibt, als man glauben mag. Du schreibst hier so einfach mal ein paar Stadtteile hin, diese machen aber jedoch eine große Fläche von Mannheim aus. Ich war letzte Woche auf dem "Nachtwandel" im Jungbusch und dort sah ich bis zu 90% Altbauten, die zu 80% meiner Meinung nach dringend saniert werden sollten. Das Klientel das dort wohnt scheint aber kein Bedarf darin zu sehen. Dann gibt es eben Neckarstadt-Ost und Neckarstadt-West. Neckstadt-Ost hat eine ähnlich hohe Altbaudichte wie die Oststadt. Hier wurde auch mehr saniert als in Neckarstadt-West. Klar, die Quadrate wurde weggebombt. Dort steht nur vereinzelt mal ein Altbau. Dann gibt es auch häufiger mal Altbauten in Feudenheim, vorallem nahe der Hauptstraße (vereinzelt mit Fachwerk).

  • Wirklich schön, das wenigstens eine dt. Stadt neben Wiesbaden ihre Gründerzeit im grossen Umfang saniert, Kriegsschäden und Notdächer beseitigt und sogar die Dachverzierung wieder rekonstruiert.
    Wobei, in Wiesbaden wir kaum rekonstruiert, sonder moderne Gebäude neben Altbauten gesetzt. Sowas stört natürlich ungemein.
    Leibzig sollte ich mir unbedingt mal ansehen, wenn ich mal die Gelegenheit dazu habe.

  • In der Wiege der Deutschen Buchindustrie, genauer gesagt in der Ostvorstadt, im sog. Graphischen Viertel, steht im Moment die Ecke Talstraße / Goldschmidtstraße im Fokus von Investoren.


    Auch wenn die Fertigstellung noch eine Weile auf sich warten lässt, die Veränderungen sind unübersehbar.



    Villa Goldschmidtstraße 31 / Talstraße 7 vom Fabrikanten Schröder zwischen 1881 und 1883 erbaut. Das Gebäude kam als eines der ersten auf das Gebäuderettungsprogramm der Stadt Leipzig und wurde nach Brandstiftung in letzter Minute mit knapp 400.000 Euro notgesichert, nachdem das Dach völlig ausbrannte und Decken eingebrochen waren. Hier eine Aufnahme nach besagter Notsicherung.

    Bild: Cowboy



    Aufnahme vom März 2011 nach fast beendeter Sanierung. Mehrere Quellen berichten, dass ebenso die sehr opulente Inneneinrichtung weitestgehend erhalten blieb und behutsam restauriert wurde.

    Bild: Cowboy





    Schräg gegenüber stand die nicht minder repräsentative Villa des Verlegers Ernst Keil, die im Krieg zerstört wurde. Stehen blieben zwei dazugehörende klassizistische Hofgebäude, die über 60 Jahre vor sich hingammelten, bis sie jetzt ebenfalls im Zuge eines größeren Revitalisierungsprojekts saniert werden. Folgend ein paar Vergleichsaufnahmen.


    Hofgebäude I Villa Keil 2007

    Bild: Cowboy



    Hofgebäude I im August 2011

    Bild: DaveLE



    Hofgebäude II 2007

    Bild: Cowboy



    Hofgebäude II Oktober 2011

    Bild: DaveLE

  • In diesem Thread fällt einem regelmäßig die Kinnlade runter. Einfach nur großartig was in Leipzig gemacht wird. Allein schon handwerklich. Man meint immer Stuckateure müssten längst ausgestorben sein, aber wenn man sieht mit welcher Qualität hier Friese, Gesimse, Giebel usw. wieder hergestellt werden, dann kommt man zu dem Schluss in Leipzig müsse es einen relativ großen Berufsstand geben der so was macht.


    Was allerdings trotz entsprechender Fragen noch nicht geklärt wurde, wäre warum und wie das in Leipzig möglich ist und andernorts nicht. Ist ja immerhin auch ein ungeheurer finanzieller Aufwand. Verlorene Ornamente, Gauben, Türme sind kein Pappenstiel.

  • ^ Das liegt daran, dass man dazu natürlich nur Vermutungen anstellen kann. Andernorts ist so etwas natürlich auch möglich, wie vereinzelte Sanierungen zeigen - allerdings wird man dort eben auch entstuckte Gebäude mit Plastikfenstern los, während man in Leipzig darauf sitzen bleibt - was in letzter Zeit vermehrt zu erneuten Sanierungen unf Aufwertungen bei in den 90ern einfach rekonstruierten Gebäuden geführt hat. Insgesamt hat der Leipziger Mietmarkt mit seinen Steigerungen wohl das richtige Level, dass sich in Zusammenhang mit den Denkmalschutzabschreibungen solche Sanierungen einerseits lohnen, andererseits aber nicht so ein Mangel herrscht, dass man auch schlecht Saniertes los wird.

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  • Das sehe ich genauso. Die Qualität der Sanierungen ist eine Aufwärtsspirale, der sich keiner entziehen kann – zum Glück. Je mehr saniert ist, und desto kleiner folglich der Markt an noch unsanierten Objekten wird, desto krasser differenziert der Markt eben auch nach der Qualität dessen, was saniert wird.


    Darüber hinaus waren die Grundbedingungen in Leipzig nach der Wende einfach, auch wenn es für manchen zynisch klingen mag, günstig, der Großteil der Substanz war ja noch da, wenn auch völlig vergammelt. Er war nicht der Wahrnehmung entzogen wie anderswo und schon von daher war es nicht denkbar, gegenüber dem überkommenen Zustand große Abstriche zu machen.


    Dagegen ist in den alten Bundesländern bei den Kahlschlagsanierungen und Entstuckungskampagnen der Nachkriegszeit in vielen Städten mit so typisch deutscher Gründlichkeit alles, was an die Pracht der Gebäude erinnert, herausgerissen worden, dass ich hier in Frankfurt ganze im Krieg unzerstörte Stadtquartiere benennen könnte, wo außer der Gebäudehülle mit Plastikfenstern eigentlich nichts mehr übrig ist. Wenngleich auch der Gipfel der Geschmacklosigkeit und Entstellung erst in vielen Städten NRWs erreicht wird.


    Man kann sich nur wünschen, dass, wenn die Sanierer in einigen Jahrzehnten in den neuen Bundesländern weitgehend arbeitslos sind, sich neue Betätigungsfelder in den alten Bundesländern suchen werden, Stichwort Nachsanierung. Ein Niveau wie in den neuen Bundesländern wird aber flächenhaft wohl nie mehr erreicht werden, da einfach zuviel zerstört wurde. Nach dem Krieg, wohlgemerkt.

  • dass ich hier in Frankfurt ganze im Krieg unzerstörte Stadtquartiere benennen könnte, wo außer der Gebäudehülle mit Plastikfenstern eigentlich nichts mehr übrig ist. Wenngleich auch der Gipfel der Geschmacklosigkeit und Entstellung erst in vielen Städten NRWs erreicht wird.


    Werter RMA, eventuell können Sie mir helfen: gibt es dazu Literatur, Quellen, Zeitschriften, Photos oder ähnliches? Ich suche nämlich gerade zu diesem Thema. Gern auch via PM und besten Dank vorab!

  • Danke für die Gegenüberstellung von alt und neu! Tolle Aufnahmen, wie schön die Gebäude wieder erstrahlen, wenn sie fachmännisch saniert wurden!


    Modhinweis Cowboy: Zitat gelöscht. An dieser Stelle noch einmal der Hinweis zu den DAF-Richtlinien.