Stadterneuerung im Bestand - Leipzigs gerettete Gründerzeit

  • ^ Dem Eigentümer der Pfaffendorfer Str. 1 wurden aber m.W. dennoch Fördermittel zur Sicherung seines Gebäudes in Aussicht gestellt.


    Noch eine kleine Klarstellung zu #19, weil es vielleicht missverständlich rüberkam: Das Gebäudesicherungsprogramm dient nicht dazu, dass durch öffentliche Mittel Altbauten saniert werden, sondern nur, wie's der Name schon verrät, gesichert, d.h. vor weiterem Verfall oder gar Einsturz geschützt werden. Meist sind es kleinere bauliche Maßnahmen, die im vier- bis fünfstelligen Eurobereich liegen, bei manchen kann es aber auch teurer werden, wie beispielsweise bei der Villa Schröder, wo allein 400.000 Euro nur für Sicherungsmaßnahmen aufgewendet wurden. Im Ergebnis sieht das dann so aus. Das Gebäude wird übrigens gerade aufwendig saniert, ist somit bald ein weiterer Vorher/Nachher-Vergleichskandidat für diese Galerie.


    Ansonsten ab jetzt gern wieder Bilder ...

  • Gohlis-Süd

    Das Dorf Gohlis war dafür bekannt, dass es als Sommersitz - und Ausflugsziel für die Leipziger überaus beliebt war, seinerzeit (1785) übersommerte bekanntlich auch Schiller in einem Bauernhäuschen und schrieb hier u.a. die Ode an die Freude. Ein anderer Sommergast, Ratsherr und Ratsbaumeister Johann Caspar Richter, ließ sich 1755 das Gohliser Schlösschen erbauen. Die außerordentliche Beliebtheit des Wohnviertels drücken die Leipziger so aus: "Wem's zu wohl is' der zieht nach Gohlis". In der ersten großen Eingemeidungswelle kam die Ortschaft 1890 zu Leipzig.


    Gohliser Straße Ecke Springerstraße.


    Bilder: Leipziger/ich


    Gohliser Straße Ecke Karl-Rothe-Straße, hier nur subtile Veränderungen (Nachsanierung).


    Bilder: Cowboy/ich


    Eisenacher Straße 21.


    Bilder: DaseBLN/ich


    Menckestraße.


    Bilder: Leipziger


    Möckernsche Straße 23.


    Bilder: Leipziger


    Georg-Schumann-Straße Ecke Mottelerstraße.


    Bilder: Leipziger


    Sassstraße 22.


    Bilder: Dr. Zott/ich

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  • Gohlis-Mitte

    Jenseits des S-Bahn-Viadukts liegt Gohlis-Mitte, das um die Jahrhundertwende als planmäßige Stadterweiterung mit großzügiger bürgerlicher Prägung entstand. Hier dominiert Jugendstil, der Baubestand ist sehr geschlossen und abseits der lauten Hauptstraßen fast durchgängig saniert.


    Coppistraße Ecke Etkar-Andre-Straße.


    Bilder: Leipziger


    Coppistraße 54, leider kein richtiges Vorher-Bild.


    Bilder: ich


    Stauffenbergstraße 9.


    Bilder: ich


    Breitenfelder Straße 79.


    Bilder: ich


    Breitenfelder Straße Ecke Jägerstraße. Dass das Haus ursprünglich über noch mehr Details verfügte, kann man hier sehen.


    Bilder: Lipsikon/ich


    Die gänzlich wiederbestuckte Reginenstraße 14.


    Bilder: Cowboy/ich

    2 Mal editiert, zuletzt von Lipsius () aus folgendem Grund: Bild ausgetauscht

  • Die Dachzone im letzten Bild wirkt aber auch nicht sonderlich überzeugend...
    Ansonsten kann man aber mit Fug und Recht behaupten dass man sich in Westdeutschland, insbesondere auch bei uns in Frankfurt, bei der Qualität der Sanierungen eine verdammt große Scheibe von Leipzig abschneiden kann. Auch beim Mut zur Rekonstruktion entstuckter Fassaden oder verstümmelter Dächer und verschandelter Erdgeschosse. Von der Wahl der Fenster mal ganz zu schweigen. Hoffentlich macht das endlich deutschlandweit Schule und wirkt sich auch auf die Qualität westdeutscher Altbau-Sanierungen aus. Was in Leipzig mittlerweile regelrecht Standard ist, ist hierzulande leider immer noch die seltene Ausnahme.

  • Ja, Rohne, die karge Attika hatte ich an anderer Stelle auch schon moniert. In Anbetracht der desolaten Ausgangslage kann man trotzdem zufrieden sein.

  • Ostvorstadt Teil I

    Weiter geht es mit der Ostvorstadt, die weitgehend identisch ist mit dem sogenannten Graphischen Viertel - verbunden mit großen Namen wie F. A. Brockhaus, Breitkopf & Härtel, Reclam, Koehler, E. A. Seemann, Insel, Kiepenheuer, Thieme und dem Bibliographischen Institut; hier waren in den Hochzeiten um 1900 über 800 Verlage und Buchhandlungen, 200 Buchbindereien und fast ebensoviele Druckereien, mehr als 100 Musikalienhandlungen und über 40 Antiquariate beheimatet. Zeitweilig erschienen in Leipzig mehr als 90 % der Erstauflagen in Deutschland. Der erste schwere Schlag folgte mit der Bombardierung im zweiten Weltkrieg, der zweite mit der Abwanderung der meisten großen Verlage in den Westen nach 1945. Nach der Wende gingen die Lichter dann fast ganz aus, die verbliebene und neu entstandene Verlagslandschaft, die sich auch auf unstrittige strategische Vorteile wie Buchmesse, Literaturinstitut und HGB stützen kann, liegt heute gerade mal an 14. Stelle in Deutschland, was die Anzahl der Erstveröffentlichungen angeht. Der ehemalige Reichtum, der durch Buchproduktion und -handel erworben wurde, ist vielerorts noch an prächtigen Verlagshäusern und Villen ablesbar. Weiter mit Bildern.


    Wenn man vom Augustusplatz kommt, fällt einem bald der rote Putz von "Pragers Biertunnel", einem Wohnhaus von 1859 mit traditioneller Gastwirtschaft im Erdgeschoss auf, jetzt wird eine Nutzung als Hotel angestrebt, die Gastronomie kommt aber auch wieder.


    Bilder: Leipziger/ich


    Wohnhaus aus dem Jahr 1873 in der Langen Straße 9.


    Bilder: Leipziger/Gärtner


    Unweit davon, Lange Straße 12.


    Bilder: Leipziger


    Eckgebäude auf markantem spitzwinkligem Grundstück in der Schützenstraße.


    Bilder: LEgende/Riesz


    Dresdner Straße 17, spätklassizistisch.


    Bilder: Leipziger/RMA

    4 Mal editiert, zuletzt von Lipsius () aus folgendem Grund: Ergänzung

  • Ostvorstadt Teil II

    Inselstraße 2 von 1902.


    Bilder: Leipziger


    Göschenstraße 9-11 von 1911.


    Bilder: Leipziger/Gärtner


    Goldschmidt 29 (Verlagshaus Karl W. Hiersemann), erbaut 1909 von Max Pommer.


    Bilder: Leipziger


    Stephanstraße 10/12, Luxussanierung eines wortwörtlichen "Wohnpalastes", Baujahr 1881.


    Bilder: Cowboy/Leipziger

  • Wahnsinn! Vielen Dank dafür, dass du die Fotos online gestellt hast. Muss ich mir echt mal angucken, Leipzig. Da fällt mir echt nichts mehr zu ein außer "auferstanden aus Ruinen", und es freut mich sehr für diese Stadt.

  • Vororte im Osten

    Neustadt, Neuschönefeld, Volkmarsdorf, Schönefeld, Abtnaundorf, Sellerhausen und Stünz sind gründerzeitlich geprägte Vororte bzw. ehemalig selbständige Gemeinden, die 1890 bis 1915 (Abtnaundorf erst 1930) nach Leipzig eingemeindet wurden. Die immer noch in großer Zahl und teilweise völlig geschlossen vorhandene Altbausubstanz ist hier im Gesamtmaßstab am schlechtesten erhalten, die Gebiete um die Eisenbahnstraße gelten als armes und stark von Migranten geprägtes Viertel, Sellerhausen und Stünz sind stark überaltert, Leerstand ist allerorten ein Problem. Alles in allem fehlen die Nähe zum Stadtwald wie in den nördlichen und südlichen Vororten und die Kanallandschaft wie im Westen. Schönefeld und Abtnaundorf sind immerhin auf dem Weg der Konsolidierung. Insgesamt ist die Sanierungstätigkeit aber eher gering, der Sanierungsstau hoch. Offenbar liegen die genannten Viertel auch außerhalb der üblichen Wege der Forumsmitglieder, so dass es kaum Bilder zu zeigen gibt.


    Bülowstraße 9 (Sellerhausen).


    Bilder: Leipziger

  • Reudnitz, Thonberg, Anger-Crottendorf

    Diese Dörfer (Anger und Crottendorf hatten sich schon 1883 zusammengeschlossen) wurden 1889 und 1890 eingemeindet. Es handelt sich um Arbeiterwohnviertel, die auch mehr oder weniger von Gewerbe und Industrie durchsetzt waren, relativ bekannt ist die noch bestehende Reudnitzer Brauerei mit dem gleichnamigen Bier. Heute sind die Viertel zum Teil bei Studenten beliebt, da zentral gelegen und vergleichsweise preiswert. In Reudnitz wurde ein altes Bahnhofsgelände zum Park umgestaltet und bringt etwas Grün in diese sonst eher dicht bebaute und sehr "steinerne" Stadtlandschaft. Weiter mit Bildvergleichen:


    Die neobarocke ehemalige "Schwanenapotheke" am Ostplatz 2 von 1903, mit einer Investitionssumme von 2,7 Millionen Euro vorbildlich saniert von der GRK Holding, die gleich mal mit eingezogen ist.


    Bilder: Leipziger/Cowboy


    Weiter im Inneren der Oststraße.


    Bilder: ich/Riesz


    Auch dieses Haus steht in der Oststraße.


    Bilder: Leipziger


    Südwestliches Eckhaus an der Kreuzung Oststraße und Albert-Schweitzer-Straße.


    Bilder: ich/Riesz


    Josephinenstraße 25.


    Bilder: Leipziger/ich


    Heinrichstraße 49.


    Bilder: Leipziger


    Crottendorfer Straße 4, um 1890.


    Bilder: Leipziger


    Margarethenstraße 6. Hier wurde die Nachkriegsaufstockung wieder entfernt, was den Proportionen gut getan hat.


    Bilder: Leipziger

    3 Mal editiert, zuletzt von Lipsius () aus folgendem Grund: Ergänzung

  • Stötteritz

    Ziemlich ab vom Schuss im Südosten hat der Arbeitervorort Stötteritz (Eingemeindung 1910) viel abwechslungsreiche und weitgehend geschlossen erhaltene Gründerzeitarchitektur zu bieten und hält von Zeit zu Zeit anspruchsvolle Sanierungen vor. Einige Auszüge:


    Schönbachstraße 77, saniert von der inzwischen insolventen Heritus AG.


    Bilder: Lipsikon/Riesz


    Untere Eichstättstraße.


    Bilder: ich


    Papiermühlstraße 25.


    Bilder: ich

  • Musikviertel

    Das Musik- (oder Musiker-)Viertel entstand in relativ kurzer Spanne von 1880 bis ca. 1900 als völlig neues gutbürgerliches Viertel. Auf dem aufgeschütteten Areal befanden sich zuvor vor allem Fischteiche. Eine Besonderheit waren die zahlreichen opulenten Repräsentationsbauten: Reichsgericht, Gewandhaus, Konservatorium, Universitätsbibliothek und die Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe (heute HGB). Um den Kernbereich in geschlossener zog sich ein Kranz aus offener Blockrandbebauung. Ganz außen zum Park lagen prächtige Villen. Im Musikviertel wohnte in der Belle Epoque die Crème der Leipziger Gesellschaft: Großbürger, Fabrikanten, Ratsherren, Universitätsprofessoren und arrivierte Künstler. Der südliche Teil wurde im Bombenkrieg leider fast völlig zerstört, auch das Gewandhaus wurde stark beschädigt und, obwohl prinzipiell zu retten, 1968 abgerissen. Mehr dazu hier.


    Das Eckhaus Beethovenstraße 8 ist sicherlich das bekannteste und meistfotographierte Wohnpalais der Leipziger Gründerzeit. Erbaut 1892 nach Entwürfen von Architekt Arwed Rossbach, wurde es 2004/05 umfassend saniert.


    Bilder: Wieland Zumpe/ich


    Die Harkortstraße 6 von 1885 mit beeindruckender Teilrekonstruktion.


    Bilder: Leipziger


    Floßplatz 28, dreigeschossig erbaut um 1850, umgebaut und aufgestockt im Jahr 1875, erhielt sein spätklassizistisches Dekor wieder. Auch der Nachbar wurde saniert.



    Bilder: Leipziger/Cowboy


    Floßplatz 26, 1910 umgebautes älteres Gebäude.


    Bilder: LEgende/Leipziger


    Dufourstraße 2, erbaut 1886 von Gustav Strauß für den Kaufmann Hermann Mehlgarten. Auch hier waren Teile des Gebäudes nach Kriegsbeschädigung wenig sensibel ergänzt worden, was mit der Sanierung weitgehend ausgebügelt werden konnte.


    Bilder: Leipziger/DaseBLN

    2 Mal editiert, zuletzt von Lipsius ()

  • Aus dem Musikviertel weiß ich auch noch etwas beizusteuern.


    Beethovenstraße 31 um 1900

    Quelle: lipsikon.de



    um 1997

    Quelle: lipsikon.de



    2005



    Quelle: Cowboy

  • Innere Südvorstadt

    Die innere Südvorstadt, amtlich Zentrum-Süd, hat im Krieg reichlich Federn lassen müssen. Dabei wurden reichlich markante Bauten wie die Markthalle, das Panorama und das Café Bauer zerstört. Der unmittelbar an die City angrenzende Bereich ist zwischen ehemaligem Königs-, jetzt Wilhelm-Leuschner-Platz und Roßplatz auch heute noch eine immense Brache. Einige der erhaltenen Altbauten stammen aus der Phase der ersten Stadterweiterung und sind gut 150 Jahre alt.


    Härtelstraße 7 von Richard Hagemann, erbaut 1879.


    Bilder: Leipziger


    Emilienstraße 18, Veränderungen betreffen vor allem die Dachlandschaft.


    Bilder: Leipziger


    Emilienstraße 22, 1856/64, bei der Sanierung beibehaltene Aufstockung aus dem 20. Jahrhundert.


    Bilder: Leipziger


    Hohe Straße 29 von 1864.


    Bilder: Leiziger/ich


    Hohe Straße an der Ecke Karl-Liebknecht-Straße, ähnliches Alter.


    Bilder: Leipziger


    Klassizistische Villa in der Karl-Liebknecht 26, um 1860, vormals mit Notdach.


    Bilder: Leipziger


    Paul-Gruner-Straße 1, 1885/96.


    Bilder: Leipziger


    Die Sheakespearestraße 4a mit Teilkonstruktion.


    Bilder: DaseBLN/ich


    Vereinsamtes Eckhaus Bernhard-Göring-Straße/Shakespearestraße, als Beispiel für eine doch recht konsequente Modernisierung des Äußeren, dabei nicht geschmacklos.


    Bilder: Cowboy/DaseBLN

  • (Äußere) Südvorstadt

    Die Südvorstadt ist das klassische Leipziger Studenten- und Szeneviertel und hat diesen Ruf schon seit den 90ern inne. Die Haupterschließungsstraße ist die Karl-Liebknecht-Straße (selbiger wurde 1871 in einer Nebenstraße geboren, zuvor hieß sie Südstraße). Die Karli, wie sie gemeinhin genannt wird, ist die (bisher) einzige Magistrale in Leipzig, die den klassisch-urbanen Boulevardcharakter mit einer dichten Folge verschiedenster Geschäfte, Restaurants, Kneipen, Bars und Kinos erhalten bzw. wiedergewonnen hat und zu fast jeder Tag- und Nachtzeit gut frequentiert ist. Im südlichen Abschnitt der 2,5 km langen Straße liegt die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK). Parallel verläuft die mit prächtigen gutbürgerlichen Stadthäusern gesäumte August-Bebel-Straße (vormals Kaiser-Wilhelm-Straße). Die Südvorstadt wurde in den Gründerzeitjahren um 1870 erschlossen, die Bebauung des schachbrettartigen Straßenrasters dauerte zum Teil bis in die 20er Jahre an. Heute hat sie mit mehr als 22.000 Einwohnern die größte Bevölkerung von allen Ortsteilen und war seit der Wende als Wohnort beliebt, so dass die meisten Gründerzeitgebäude schon länger saniert sind.


    Stadtbildprägendes Eckhaus Artur-Hoffmann-Straße/Körnerstraße.


    Bilder: DaseBLN


    Karl-Liebknecht-Straße 125 (2. v.l.), nach einem Entwurf von Arthur Diessner, Baujahr 1889. Das "Hotel Seeblick" ist weder ein Hotel noch sieht man, ihr ahnt es, weit und breit einen See.


    Bilder: Leipziger


    Kurt-Eisner-Straße 37.


    Bilder: Phoenix/Cowboy


    Tieckstraße 1, um 1920.


    Bilder: Leipziger


    Alfred-Kästner-Straße 72, um 1890.


    Bilder: Leipziger/ich

    Einmal editiert, zuletzt von Lipsius () aus folgendem Grund: Ergänzung

  • In der Tat es ist ein Unterschied wie Tag und Nacht. Sehr schön, das sogar verlorene Dachtürmchen wieder rekonstruiert werden. Ich frage mich wieso geht das nur in Leipzig? Ich würde mir das auch für Frankfurt wünschen....

  • Das wurde auch hier im Forum schon oft diskutiert. Ich denke, es hängt vor allem damit zusammen, dass Leipzig ein ausgesprochener Angebotsmarkt ist. Schlechte Sanierungen finden schlicht keine Mieter/Käufer.