Schöne Aussicht 13–15 - Hotelprojekt auf bedeutsamem Boden

  • Schöne Aussicht 13–15 - Hotelprojekt auf bedeutsamem Boden

    Am (einzigen) noch unbebauten Grundstück an der Schönen Aussicht ist der Lattenzaun mit Werbetafeln zur Straße hin entfern und dahinter erscheint Interessantes. Minibagger graben und graben und legen tonnenweise altes Bruchmauerwerk und Gewölbe frei. Momentan dürften es ca. sieben Meter tiefe sein. Ob es sich in dieser Tiefe noch um alte Keller handelt, oder ob es die berühmten Kanäle sind, auf denen man angeblich vom Main mit dem Boot unter die Häuser fahren konnte, war nicht zu erkennen. Vielleicht kommt morgen jemand mit Foto vorbei.


    Wie bereits hier mitgeteilt wurde, soll ein Hotel mit Tiefgarage entstehen. Nachdem sich nach Erteilung der Baugenehmigung lange nichts getan hat, scheint es nun loszugehen. Die Baugenehmigung würde sonst im November verfallen.

  • Ist das das Grundstück des Gebäudes, das westlich des ehemaligen Schopenhauerhauses stand?

  • Hm-mm. Die bestehende Baulücke erstreckt sich der Amtlichen Stadtkarte 2009 (1:2000) zufolge über die Grundstücke Schöne Aussicht 15, 16 und 17. Die Hausnummern 13 und 14 gibt es demnach nicht (mehr). Bereits bebaut sind die 12 und - tatsächlich noch einmal - die Hausnummer 16 (Bistro Salvatore). Reihenfolge von West nach Ost also: 16-17-16-15-12. Da kann etwas nicht stimmen.


    Man kann die Lücke und die anschließenden Häuser auf dem Webcam-Bild vom Main Plaza übrigens gut sehen. Das "eigentliche" Schopenhauer-Haus, sein Sterbehaus, stand auf der 16 (Foto). Während 16 Jahren hat er allerdings in der Hausnummer 15 gewohnt. Weiß Wiki. Hätte die Baulücke, wie es logisch wäre, tatsächlich die Hausnummern 13-15, dann wäre das Grundstück, auf dem einst das "eigentliche" Schopenhauer-Haus stand, heute mit dem Gebäude bebaut in dem unten das Bistro Salvatore ist. Die Lücke wäre von diesem aber östlich und nicht westlich gelegen.

  • Muss ich von zu Hause selber nochmal nachprüfen. Ich kann mir jedenfalls kaum vorstellen, dass dort ohne Inanspruchnahme der Stadtarchäologie gegraben bzw. einfach abgeräumt wird. Das würde auch die genannten "Kleinbagger" erklären. Morgen bin ich auf jeden Fall in der Stadt, hoffentlich ist das Wetter dann nicht ganz so gruselig wie heute, und ich kann ein paar Fotos machen.


    Da das das auf dem Fischerfeld-Gelände ist, dürfte das zu sehende nicht zu den mittelalterlichen Kanälen gehören, durch die man auf den Main fahren konnte. Das betraf nur die Häuser westlich der Fahrgasse sowie das erste Haus östlich davon (Schöne Aussicht 18), dessen Keller (der vom klassizistischen Nachfolger mitgenutzt wurde) mit dem im Laufe der Jahrhunderte unter der Fahrgasse verschwundenen ersten Brückenbogen der Alten Brücke verwachsen war. Wobei ich mir nichtmal sicher bin, ob das nicht schon beim Neubau der Alten Brücke in den 1920er Jahren aufgegeben wurde.


    So, Nachtrag mit uraltem Luftbild, das ich mal mit Hausnummern versehen habe:



    (Klicken zum Vergrößern)


    Ein Vergleich mit Bing Maps zeigt, dass, unterstellt, dass die Mainstraße noch ihren alten Verlauf hat, sich die Baulücke eher über die Grundstücke Schöne Aussicht 13–15 erstrecken dürfte. Die die Baulücke flankierenden, modernen Bauten passen nämlich größenmäßig perfekt auf die 16 (das vermeintliche Schopenhauer-Haus) sowie die nicht unähnliche 12. Ich gehe auch davon aus, dass diese Neubauten die alten, äußerst geräumigen Keller der Vorgängerbauten noch unter sich tragen und nutzen. In der Ferne sieht man noch Schöne Aussicht 1, zumindest äußerlich wohl der einzige Bau der einst so berühmten Mainfront, der bis heute zwischen Fahrgasse und Alter Stadtbibliothek erhalten geblieben ist.


    Bildquelle: Ansichtskarte aus meiner Privatsammlung, urheberrechtliche Ansprüche dürften aufgrund des Alters erloschen sein.

    5 Mal editiert, zuletzt von RMA () aus folgendem Grund: Nachträge, Typos etc.

  • Ortung des Grundstücks

    Es handels sich definitiv um die Schöne Aussicht 13-15. Das geht vor allem aus dieser Karte hervor. Hausnummer 17 und 18 sind der Kurt-Schumacher-Straße zum Opfer gefallen.


    Noch mal zu den Kanälen: Wenn man am Tiefufer entlang läuft, sieht man in Höhe der Hausnummern 13-15 in der Hochkaimauer zugemauerte Bögen, welche bis zum Erdboden reichen. Ich dachte immer, dass da die Kanäle (oder Gänge) zu den Häusern der Schönen Aussicht führten.


    Mehr interessante Karten gibt es hier. Der verlinkte Ausschnitt stammt von dort.

  • ^


    Freut mich ja, dass ich aufgrund eigener Nachforschungen zum richtigen Ergebnis gekommen bin. Auch eine wirklich tolle Webseite vom Stadtplanungsamt, vor allem die Überblendung des Bestands mit dem historischen Grundriss von 1944. Leider bedient sich das Ganze hier sowohl mit Firefox als auch mit dem Internet Explorer einfach nur grausam. Wird wohl, das kann ich aus eigener beruflicher Erfahrung sagen, wie immer die grandiose unterfinanzierte Software des öffentlichen Dienstes sein.


    Zu den Kanälen: wenn man sich dieses Bild anguckt, das den Kai in seinem Urzustand kurz nach Anlage des Fischerfelds zeigt, könnte man tatsächlich zu dem Schluss kommen, dass es eine direkte Anbindung gab. Sie könnten natürlich auch aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs stammen, wo man viele derartige Durchbrüche erst getätigt hat, um eine schnelle Evakuierung bei einem Bombenangriff zu ermöglichen (was ja auch weitestgehend geklappt und so horrende Opferzahlen wie in anderen Fachwerkstädten vermieden hat). Wo hast du das denn von den Kanälen gelesen?

  • ^


    Ich habe mir das gestern mal angeguckt, und es sind tatsächlich die angesprochenen Entlastungsbögen. Man dort sogar sehr schön (auf dem von DerFrankfurter verlinkten Foto, übrigens auch von mir) den Übergang der mittelalterlichen Mauersubstanz mit Schießscharten, die die Stadt zum Fluss hin schützten zur Aufschüttung erkennen, auf dem das Fischerfeld nach 1800 errichtet wurde.


    Nun ein paar der versprochenen Impressionen von den Ausgrabungen gestern, die Kellersohlen scheinen noch nirgendwo erreicht zu sein:



    (Klicken zum Vergrößern)



    (Klicken zum Vergrößern)


    Gewölbeanfänger an der Westwand zur Schönen Aussicht 16, interessant die zugemauerten Durchbrüche – evtl. aus Kriegszeiten?



    (Klicken zum Vergrößern)


    Brandwand zur Schönen Aussicht 12, ebenfalls mit Durchbruch:



    (Klicken zum Vergrößern)



    (Klicken zum Vergrößern)

  • Zunächst noch ein Foto des letzten Rests der im Krieg zerstörten Vorbebauung, das Fenster wird wohl zur Schönen Aussicht 15 gehört haben. Am rechten Bildrand hier kann man es erahnen.



    Ein Bauschild gibt es auch:



    Bilder: Schmittchen


    Das Hotel erhält demnach 54 Zimmer. Bauherr ist eine FRAN Besitz- & Verwaltungs-GmbH aus Weiterstadt. Mit der Planung ist ein Büro namens SpaBau aus Modautal beauftragt, das liegt im Odenwald. Mit diesem Namen ließ sich auch eine Projektbeschreibung ergooglen.


    Dort sind auch Renderings zu finden. Selbst wenn man versucht, bei der Straßenseite und der Rückseite die dilettantische Ausführung der Visualisierungen außer Betracht zu lassen, ist der Entwurf leider alles andere als vielversprechend. Mit Hängen und Würgen, unter anderem einem gefakten Mansarddach, wird dieser wohl der Mainufersatzung entsprechen. Verständlich jedenfalls, dass sich die Stadt dem Vernehmen nach damals mit der Baugenehmigung schwer getan hat. Man hätte sich an dieser Stelle etwas Besseres gewünscht als diesen Provinzmurks.

  • ^


    Alleine die Tatsache, dass die Visualsierungen als BMP-Dateien auf der Seite des Planungsbüros liegen, lässt ziemlich tief blicken. Dass diese dann aussehen wie mit einem CAD-Programm gezeichnet, das ich Anfang des letzten Jahrzehnts mal bei ALDI gekauft habe, ist nur noch Makulatur, ebenso der verheißungsvolle Name "SpaBau".


    Ich frage mich, wenn sich die Stadt so schwer getan hat, eine Baugenehmigung zu erteilen – wieso hat man es nicht gelassen? Oder mal anders gefragt an die, die sich besser mit dem Baurecht auskennen, kann man derartige Supermarktarchitektur (wobei ich selbst in dem Bereich schon ansprechenderes gesehen habe, siehe z.B. REWE Schwalbach) an so einer prominenten Stelle rein aus qualitativen Gründen gar nicht ablehnen?


    Tut mir Leid, aber ich finde das alles ehrlich gesagt ziemlich zum Heulen. Kann man nicht einmal über seinen eigenen Schatten springen und einer qualitativen Stadtplanungs- und Baupolitik den Vorzug gegenüber dem Klingelbeutel der Gewerbesteuer geben? Was soll all das akademische Gequassel des Stadtplanungsamtes zu Konzepten in der Innenstadt, wenn in Filetlagen so etwas ungestraft gebaut werden kann?

  • Ich habe es mir heute morgen auch nochmal genau angesehen und sehe da leider auch nur die Entlastungsbögen. Irgendetwas anderes hatte ich da im Kopf. Da muss ich in der Stadt nochmal suchen gehen...
    Das mit den Kanälen hat mir eine Hochschulprofessorin erzählt. Die hatte vor Jahren mit ihren Studenten dort einen Entwurf gemacht und im Institut für Stadtgeschichte recherchiert. Das war ihr Ergebnis.


    Ich habe mir auch die Mauerreste einmal genau angeschaut. Das dürften in der Tat die Kellerreste von Schopenhauers Nachbarhaus sein. An einer Stelle geht die Grabung auch schon sehr tief. Man sieht es auf RMAs 4. Bild ein wenig. Es ist die Stelle, wo die Leiter drinsteckt. Hier verläuft eine freigelegte Mauer diagonal über das Grundstück. Die Mauer scheint mir nicht zum Keller zu gehören.


    Wir dürfen gespannt sein, in den nächsten Tagen wird sicher weitergebuddelt.


    Zum Neubau: Was soll man dazu sagen? Es sieht wirklich aus wie CAD - Erstsemester. Leider kann die Stadt nicht nach gutdünken entscheiden. Es gibt sicher einen B-Plan und eine Gestaltungssatzung. Die werden von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen. Wenn der Bauherr alle Vorgaben einhält, dann muss die Baubehörde dem Vorhaben zustimmen. Die Stadtverordnetenversammlung hätte allerdings eine Veränderungssperre verhängen können und die Satzungen verschärfen. Da der Antragsteller aber seine Baugenehmigung hat, ist alles vorbei. Hier hilft nur noch, dass der Planungsdezernent mit nem schwarzen Koffen beim Bauherren aufkreuzt.:lach:


    Sehr merkwürdig finde ich die Taxivorfahrt an der Schönen Aussicht und die Durchfahrt zur Straße Hinter der Schönen Aussicht. Was soll das? Dann lieber unbezahlbare Eigentumswohnungen für überbezahlte Banker als diese Hotelarchitektur aus dem Modautal...:Nieder:

  • So ist es: Es gibt einen Bebauungsplan von 1965, der allerdings keine relevanten Festsetzungen für diese Grundstücke enthält, und eine Gestaltungssatzung von März 2007. Die "Gestaltungssatzung für das nördliche Mainufer" wurde erst ein paar Monate vor der Erteilung der Baugenehmigung im November 2007 wirksam. Für eine Verschärfung gab es also keinen Anlass.


    Angeblich mussten die hiesigen Bauherrn damals wegen des Inkrafttretens der Gestaltungssatzung umplanen (man kann sich denken, wie ihr ursprünglicher Entwurf aussah). Das vorgeschriebene Satteldach kann ich schon mal nicht entdecken, ansonsten wird die Planung der Satzung wohl einigermaßen entsprechen. Wie der Puma schon schrieb, ist es kein Kriterium für die Genehmigungsbehörde, wie der Entwurf ansonsten aussieht, sie muss die Baugenehmigung erteilen.

  • Wenn wir uns diesen Plan hier (von mir gezeichnet) mal angucken...


    http://upload.wikimedia.org/wi…-Projektion_Gegenwart.jpg


    ...so könnte man in tieferen Schichten sowohl auf die Staufenmauer als auch auf die Mauer der zweiten Stadterweiterung von 1333 treffen.


    Wie ich auf Wikipedia schonmal geschrieben habe gaben ganz in der Nähe ja selbst die Parzellenzuschnitte der klassizistischen Nachfolgebauten noch den Verlauf der mehr als 700 Jahre alten Staufenmauer vor (im nachfolgenden Ausschnitt ist der bogenförmige Verlauf in den Grundstücksgrenzen exzellent erkennbar):


    http://upload.wikimedia.org/wi…erfeld-Ravenstein1862.jpg


    Ich gehe dennoch am ehesten von der Stadtmauer von 1333 aus - das wird wirklich sehr spannend! Dem Investor wünsche ich jedenfalls viele wertvolle, erhaltenswerte archäologische Funde.

  • Alter Stadtmauerverlauf gefunden?

    Nimmt man den in meinem Vorpost erwähnten Graben (dort, wo die lange Leiter drin steht), dann folgt dieser exakt der blauen Linie (Stadtmauer von 1333) von RMAs Karte auf Wikipedia.
    Allerdings glaube ich, dass der Investor maßlos überfordert wäre, wenn nun Vorgaben der Denkmalpflege eine Umplanung seines hochwertigen Hotelbaus erfordern.

  • In Anbetracht der Tatsache, dass die Eruopäische Zentralbank bald in unmittelbarer Nähe einen architektonisch absolut vorzeigbaren Glaspalast errichtet, ist die Architektur der Lage nun wirklich alles andere als angemessen. Von der Nähe zum Main einmal abgesehen. Laut Google-Maps beträgt die Entfernung zum Areal der Großmarkthallte gerade einmal 250m. Gibt es ein der künftigen EZB noch näher gelegenes Hotel? Sicherlich auch kein Zufall, dass sich nur kurze Zeit nach der endgültigen EZB-Entscheidung auf dem Grundstück der Schönen Aussicht 13–15 etwas tut - verspricht ein Hotel mit 54 Zimmern aufgrund seiner Lage doch gleich ein hohes Maß an Ausleistung und Profit.


    Berücksichtigt man schließlich all diese Faktoren, kann man über die Architektur nur den Kopf schütteln. Die Entwürfe für den Vorplatz der Alten Stadtbibliothek lassen grüßen!

  • Das städtische Denkmalamt geht davon aus, dass es um einen Teil der Staufenmauer handelt, der auf dem künftigen Hotelareal an der Schönen Aussicht zutage gekommen ist. Die Mauer ist ungewöhnlich breit, in diesem FNP-Artikel ist von drei Metern die Rede, und mit großen Basaltquadern verkleidet. Außerdem wurde eine zweite, parallel verlaufende Mauer gefunden - die von RMA erwähnte Mauer der zweiten Stadterweiterung von 1333? Das Denkmalamt hält es für möglich, dass im Westteil des Areals unter Mauerresten und Kellern aus dem 19. Jahrhundert noch Fundamente eines mittelalterlichen Turms gefunden werden. Ein Erhalt der Mauern und die Integration in den Neubau ist aus Sicht des Denkmalsamts kaum möglich und auch nicht sinnvoll.

  • In Artikel steht auch, dass die Tiefgarage bis 13 Meter unter Straßenniveau ausgegraben werden soll. Das bedeutet dann, dass die Funde nicht in der Erde bleiben werden, sondern abtransportiert werden müssen. Da könnte man die alten Basaltbrocken für die Rekonstruktion der Altstadthäuser verwenden. Das hört sich doch gleich viel besser an, wenn man sagen kann: Für die Rekonstruktion des Hauses wurde Orginal-Sandstein der mittelalterlichen Wehrbauten verwendet...


    Es war schon klar, dass selbst die Leiterin der Denkmalpflege die Hoffnung aufgibt, dass sich etwas dieser alten Bausubstanz im neuen Hotel wiederfinden könnte. Ich finde ja auch, dass dieser alte Sandstein, diesem architektonischen High-End-Gebäude nur schaden würde. ;)

  • Schöne Aussicht 13-15

    An der Schönen Aussicht 13-15 wird weiter kräftig gebuddelt. Die in RMAs Beitrag zu sehenden Gewölbe und Mauern (#8) wurden zu einem großen Teil bereits entfernt.




    -Bilder von mir-

    Einmal editiert, zuletzt von Robbi () aus folgendem Grund: Links repariert

  • Anbei ein paar neue Impressionen von heute. Die klassizistischen Keller sind scheinbar tatsächlich weitestgehend beseitigt worden, doch was man da jetzt sieht, ist mir trotz ein paar rudimentärer archäologischer Grundkenntnisse nicht mal ansatzweise klar.


    Zwei Totalen:



    (Klicken zum Vergrößern)



    (Klicken zum Vergrößern)


    Das hier könnte genausogut ein Sarkophag wie eine mittelalterliche Wasserleitung sein:



    (Klicken zum Vergrößern)

    3 Mal editiert, zuletzt von RMA () aus folgendem Grund: Nachtrag & Bilder auf eigenen Webspace verlinkt