Kornmarkt-Arkaden statt Bundesrechnungshof (realisiert)

  • Ich kann mich der Verwunderung nur anschließen.
    Wohlgemerkt: Die Neubebauung dieses Areals ist unter anderem deswegen so problematisch (und war bei allen Entwürfen mehr oder minder unbefriedigend), weil der Denkmalschutz partout nicht auf den kompletten Abriss des Bundesrechungshofes verzichten wollte. Alle Architekten mussten umständlich um diesen Rest herum planen.
    Und nun reißt man das Gebäude de facto doch vollkommen ab (mit Ausnahme von Teilen der Fassade)... unglaublich!
    Wie ein Arzt, der seinen Patienten umbringt, indem er ihm alle Organe entnimmt, und später zu den Angehörigen sagt: "naja, die Haut konnten wir retten, das ist doch schon was!"


    Es stellt sich hier die Frage, was an dem Gebäude letztlich so erhaltenswert sein soll?
    Bisher ging ich davon aus, dass es der historische Wert ist - Frankfurt hat den Bundesrechungshof damals, glaube ich, als Ausgleich für den nicht erhaltenen Bundestag zugesprochen bekommen. Die Institution und das Gebäude waren somit gebaute Dokumente der jungen Bundesrepublik und der Stellung der Stadt Frankfurt darin.
    Ich bin ausdrücklich nicht der Ansicht, dass das ausreicht, um dieses Gebäude erhaltenswert zu machen (wenn es der ehemalige Bundestag wäre, sähe die Sache sicher anders aus), aber nun gut, ich konnte die Gedankengänge des Denkmalschutzes zumindest nachvollziehen.
    Wenn man aber den historischen Ort retten will, dann muss man zumindest auch Teile der Räume retten, wo die Geschichte ihren Lauf nahm/ wo Historisches geschehen ist. Das Gebäude als Zeugnis. Das Gebäude 'an sich' müsste erhalten bleiben. Nun bleibt davon aber scheinbar (nahezu) nichts stehen.


    Also soll die Fassade erhaltenswert sein? Ein bauhistorischer Grund? Das Stahlgerüst? Aber Stahlskelettbauten dieser Art kann man noch zu Hauf finden.
    Dann liegt vielleicht ein rein ästhetischer Grund vor? Ästhetisch war die Gestaltung in schwarz, rot, gold (wenn ich mich recht entsinne) sicher interessant, aber auch wohl kein Höhepunkt der Architekturgeschichte.


    Nehmen wir an, alles sei trotzdem irgendwie der Fall, und der Denkmalschutz hätte recht, das Gebäude zu erhalten, dann sehe ich immer noch keine Verhältnismäßigkeit gegeben. Ist es das wirklich wert? Für ein nur vielleicht erhaltenswertes Gebäude diesen Aufwand und diese Umstände zu bereiten?!
    An dieser Stelle sei wieder einmal auf die Leichtfertigkeit verwiesen, mit der an anderer Stelle bedeutendere Bauten (Rundschau-Haus) beiläufig beseitigt wurden.
    Mir scheint: dem Denkmalschutz fehlt jedes Maß.


    Hätte man nur die Fassade als Denkmal für den historischen Ort erhalten wollen, dann hätte man diese auch vom jetzigen Standort verschieben können, um somit eine bessere Neuplanung des Areals zu ermöglichen.
    Oder wie wäre es ganz einfach mit einem kleinen Denkmal, oder ein Plakette an der Wand gewesen. Hätte die es nicht auch getan?! Ach, Denkmalschutz... ich werde dich nie verstehen.

  • Ich erinnere mich an einen "Neubau" der damaligen Dresdner Bank hier in Fulda. Da blieb auch die Fassade aus Denkmalschutzgründen stehen. Später kam heraus, dass es kein Denkmalschutz und Neubau war, sondern als "Sanierung" galt und somit gewisse Auflagen wie Tiefgarage, Pkw-Stellplätze etc. umgangen werden konnten. Aber generell verstehe ich den sogenannten Denkmalschutz auch nicht immer.

  • Also dieser Irrsinn ist mal wieder kaum noch begreiflich. Hier wird ein Aufwand betrieben als ob hier die Münchener Residenz gerettet werden müsste.


    Der Denkmalschutz manövriert sich einmal mehr in eine Ecke nahe an der Grenze zur Lächerlichkeit. Faktisch ist doch nun vom eigentlichen Bau nichts mehr übrig. Warum man es anhand dieser Entwicklung nicht ermöglicht hat für die sehr schwierige städtebauliche Situation eine deutlich bessere Lösung zu finden wenn eh 99 Prozent der Orginalsubstanz abgerissen werden ist eine sehr betrübliche Entwicklung.


    Für Frankfurt wäre eine Entwicklung aus zwei Säulen doch das Paradebeispiel der neuen europäischen Stadt. Auf der einen Seite eine Kernaltstadt die ja derzeit zumindest teilweise wieder entwickelt wird. Das Bahnhofsviertel als Übergang und dann die neue Skyline als Ausdruck der neuen Zeit.


    Es wäre daher wesentlich klüger gewesen den beginnenden Weg der Neustrukturierung der Altstadt mit Blick auf das Dom-Römer-Projekt fortzusetzen. Leider schlägt man derzeit am Bundesrechnungshof wie auch beim Goethehaus eine leider falsche Richtung in der Altstadt ein. Für die städtebauliche Entwicklung wäre zumindest aus meiner Sicht ein Komplettabriss auf dem Areal des Bundesrechnungshof die eindeutig bessere Variante gewesen. Vor dem jetzt sichtbar werdenden ja beinahe Abriss ist die aktuelle Planung auf dem Areal noch unverständlicher.

  • Ach, wie mag ich die 50er, und wie habe ich mich gefreut, dass ein wenig Originalsubstanz erhalten bleibt - obwohl sie an dieser Stelle einer "vernünftigen" Entwicklung im Wege steht.


    Steht? Stand! Dies ist wirklich ein schlechter Scherz: Wenn es lediglich um die Fassade geht, hätte es auch genügt, der Bauherr hätte den Rechnungshof in welcher Weise auch immer zitierten müssen.


    Der Denkmalschutz beim ehemaligen Rechnungshof wird ja nun wirklich nicht der einmaligen, unwiederbringlichen Qualität der Fassade gegolten haben, sondern dem Gebäude und seiner Geschichte. Das hier ist meiner Meinung nach schlimmeres Disney-Land als beim Dom-Römer-Projekt.


    Konsequenterweise darf der Denkmalschutz nun gerne aufgehoben werden.

  • ^ich kann dich absolut verstehen. Ja, auch die Wiederaufbauarchitektur gehört unter Denkmalschutz gestellt. Aber von der Architektur ist doch jetzt nix mehr da! Solch einen Kulissenzauber braucht kein Mensch, sorry, das ist einfach "fake", genauso fake wie angeklebte Klinker oder angeklebtes Fachwerk - und nur weils nicht so historisierend-gemütlich ausschaut ist es kein bischen weniger fake hier wortwörtlich nur eine Kulisse zu erhalten. Absoluter Quatsch, braucht kein Mensch, mehr noch, das vermittelt nicht nur kein authentisches Bild der Gebäude aus den 50ern, es wird sogar ein falsches und verfälschtes Bild vermitteln, sobald man den Neubau, der innerhalb dieser bloßen Kulisse hochgezogen wird, betritt. Das ist eigentlich noch viel schlimmer als ein Totalabriß.


    Aber ich kann Frankfurt was den Denkmalschutz der Nachkriegsarchitektur angeht generell nicht verstehen. Das prominente Beispiel der Paulskirche ist in unmittelbarer Nachbarschaft. Da hat man nach dem Krieg dieses historisch wichtige Gebäude in kritischer Rekonstruktion wiederaufgebaut, okay. Aber anstatt dann konsequent auch dabei zu bleiben hat man später wieder historisierend daran herumgebastelt (zB die ganzen Fenster), hat aber die dann eigentlich nur folgerichtige Rekonstruktion des Originaldachs ausgespart, mit Hinblick auf den zwischenzeitlich entstandenen Denkmalwert des Nachkriegs-Wiederaufbauzustands. Der einen aber nicht gestört hat das Gebäude an anderer Stelle umzubauen und just diesen Nachkriegs-Wiederaufbauzustand zu zerstören. JA WIE DENN NUN?


    Das ist wirklich ein bizzar-inkonsequenter Umgang mit der Nachkriegsmoderne, der keinesfalls Schule machen sollte. :mad:

  • Ich äußere mich ja selten negativ, aber dem Stahlgerüst wünsche ich einen umwerfenden Erfolg. Da bleibt einem glatt die Spucke weg. Ich möchte die Kommentare zuvor nicht wiederholen, sondern richte mal einen Appell.


    Wenn hier einer vom Denkmalschutz in Frankfurt stiller Mitleser ist, bitte anmelden und falls er schon ein Benutzer ist, dann erst Recht: Bitte sagt uns was das Rational dahinter ist, diese Fassadenschönheit uns weitere 50 bis ... Jahre anzumuten. Danke!


    @Mod, kann auch in den Spam-Bereich verschoben werden, aber es musste raus - sorry

  • Einmal ganz pragmatisch gesehen, wenn es erlaubt ist: Der Kompromiss mit dem Teilerhalt hat wenigstens für eine Lösung gesorgt - ganz gleich, wie man zu dieser stehen mag. Weiteres vor sich hin rotten des Baukomplexes wäre keine gewesen, und ein kompletter Abbruch war nicht nur politisch schlicht nicht durchsetzbar. Ansonsten ist zu diesem Thema wirklich restlos alles gesagt und geschrieben, das war aber auch schon vor dem Projektstart so.


    Es war auch von vornherein klar, dass es dem mittleren Bauteil (also dem hohen, parallel zum Kornmarkt stehenden) arg an die Wäsche gehen wird. Immerhin bestand während der langen Zeit, in der der ehemalige Bundesrechnungshof brach lag, hier Einsturzgefahr. Dann wird man nicht einfach streichen und neuen Teppichboden legen können und fertig ist das neue Bürohaus. Vielmehr muss das Tragwerk des Gebäudes erneut werden - was zur Zeit vorbereitet wird. Auch schon lange klar ist, was in diesem Bauteil die Elemente sind, um die es dem Denkmalschutz vor allem geht. Nämlich eine Wendeltreppe und das Foyer samt Wandfries. Also nicht vorrangig um die Gebäudehülle (die bekanntlich nicht dem bauzeitlichen Zustand entsprach, diesem aber wieder angenähert werden soll) und schon gar nicht um das Tragwerk. Im niedrigen, zum Kornmarkt gelegenen Bauteil sind solche massiven Eingriffe offenbar nicht vorgesehen.


    Die aktuellen und die noch folgenden Schritte erläutert die Bauherrin OFB heute in einer Pressemitteilung. Auszug:


    "Ein elementarer Teil des Konzepts ist es, die Vorgaben des Denkmalschutzes einzubinden und die historischen Elemente attraktiv in Szene zu setzen. Dazu zählen insbesondere die Erhaltung des originalen Treppenhauses sowie des Sgraffitos im Foyer. Architektonisch besticht die prägnante Fassade in ihrer ursprünglichen Anmutung. Mehrere Durchgänge und Höfe bieten eine Neuinterpretation des historischen Grundrisses und sorgen für einen offenen Charakter des Ensembles. Nachhaltigkeitskriterien spielen beim Bau und auch beim zukünftigen Betrieb der Kornmarkt Arkaden eine große Rolle. Eine Zertifizierung nach LEED wird angestrebt.


    Aktuell erfolgt der Aushub der Baugrube. Die Erschließungsmaßnahmen im Umfeld laufen weiter, parallel dazu wird der Mittelflügel des ehemaligen Bundesrechnungshofs entkernt. Entsprechend der Baugenehmigung und den Vorgaben der Denkmalpflege wurden zunächst die Nord-, Süd- und Ostfassade des denkmalgeschützten Gebäudes mit einer Stahlhaltekonstruktion gesichert. Auch die markante, innere Wendeltreppe und der historische Wandfries – das Sgraffito – werden geschützt. Derzeit erfolgt der Abbruch der Westfassade und der kompletten Tragkonstruktion dieses Gebäudeteils. Der denkmalgeschützte Ostflügel wird nach Vorgaben der Denkmalpflege vollständig saniert. Die Rohbauarbeiten für das Hotel und den Westflügel des Bürogebäudes werden voraussichtlich Anfang des vierten Quartals beginnen. Die Fertigstellung des Gesamtprojekts ist für Mitte 2018 geplant."


    Bei den der PM beigefügten Visualisierungen sind mir keine Unterschiede zu jenen aufgefallen, die bereits in diesem Thread zu sehen sind.

  • Ich bin gestern auch mal um die „Ruine“ drum herum geschlichen und hab das ausgemergelte Ungetüm abgelichtet. Mal ganz abgesehen davon, dass sich dadurch nette Ein-, Aus- und Durchblicke für Fotografen und Instagramer ergeben :daumen:, kann ich dem Unterfangen nun auch nicht wirklich etwas abgewinnen. Aber zu Sinn- und Unsinn der Aktion wurde ja bereits genug kommentiert und debattiert. Hier nun der Status Quo...







    Und hier noch mal aus schwindelerregender Höhe (das gibt Gefahrenzuschlag, oder? ;)) mit Baugrube im Vordergrund:

    Alle Bilder von mir.


    Mehr Impressionen unserer Lieblingsstadt unter:
    http://www.instagram.com/lovefrankfurt

  • Immerhin gibt es uns Nachkriegsgeneration einen Einblick, wie es wohl um 1944 in der Stadt aussah. Wenn das abenteuerliche Stützwerk hält, sollte man das fertige Bauwerk farblich ähnlich der Frauenkirche gestalten, um alte Bausubstanz identifizieren zu können.

  • Schon mehrfach wurde in der Presse und hier im Forum das spiralförmige Treppenhaus (hier gut zu sehen) des einstigen Bundesrechungshof erwähnt, es soll zusammen mit drei Außenwänden erhalten bleiben. Jetzt schält sich das Prunkstück langsam heraus, die Abrissarbeiten werden dadurch noch schwieriger. Der Wind hat freundlicherweise für einen Einblick gesorgt.




    Einen Kran und einen Betonverteiler, wie er oft beim Hochhausbau zum Einsatz kommt, gibt es jetzt auch auf der Baustelle.



    Ein zweiter Kran kündigt sich an.


  • Denkmalschutz absurd

    Ich habe ja in dieser schönen Stadt schon einiges erlebt, aber der Unsinn, der hier veranstaltet wird, scheint mir alles bisher Dagewesene zu überbieten. Für diese Schmierentheaterveranstaltung, vom Rechnungshof drei Außenwände plus Treppe - wozu auch immer - zu erhalten, sind wir den Denkmalschutzbehörden zu tiefstem Dank verpflichtet. Wenn sie noch den letzten Rest ihres Ansehens als Fachleute verspielen wollten, jetzt ist es ihnen wirklich gelungen.

  • Ja, da sind wir durchaus dankbar. Es handelt sich ja auch bei allen drei um absolut erhaltenswerte Fassaden, an deren Erhalt sich heutzutage ein jeder Passant erfreut.


    Dies kann man von der Fischertechnik-Fassade des BRH nun wirklich nicht behaupten. Und ich wage mal zu prognostizieren, dass in 30 Jahren keiner an der erhaltenen Fassade vorbeiläuft und den (dann) damaligen Denkmalschützern ex post Danksagungen zukommen lässt ...;)

  • Was uns heute erhaltenswert erscheint und was nicht, ist stark zeitgeistabhängig. Ungefähr 13/14 Jahre vor der Kern"sanierung" des Fürstenhofs ist das benachbarte Aachen-Münchener-Haus (gegenüber auf der spitzen Ecke zwischen Münchner und Gutleutstraße), das den Krieg völlig unversehrt überstanden hatte, völlig kommentar- und bedenkenlos abgerissen und durch das rote Drei-Schreiben-Haus ersetzt worden - so wie wir heute den BRH bedenkenlos abreissen wollen und dafür womöglich von der kommenden Generation als ignorante Architekturbarbaren geziehen werden. Du kannst dir heute kaum vorstellen, wie hip diese Schreibenhäuser mal waren. Was macht dich so sicher, die "Fischertechnik-Fassade" des BRH so zu verdammen?


    Ich hatte Schöne Aussicht auch eher so verstanden, dass er das kärgliche des verbliebenen Rests beklagt, was an einem solchen Rest noch "Denkmal" sei; die Architekturlüge sozusagen kritisiert.

    Einmal editiert, zuletzt von tunnelklick () aus folgendem Grund: Nachtrag

  • Ja, es gibt noch zahlreiche andere Beispiele dieser Art von 'Erhaltung' - der für mich wesentliche Unterschied ist jedoch, daß weder durch die Erhaltung der Fürstenhof- oder einer der Museumsfassaden eine vernünftige städtebauliche Entwicklung in diesen Gebieten verhindert wurde. Deshalb überbietet der Rechnungshof zumindest für mich alles bisher Dagewesene bei weitem. Und das alles, wie Tunnelklick richtig feststellt, für ein paar kärgliche Reste, deren Denkmalwert sich mit jedem Baggerbiß mehr in Staub auflöst.

  • Ich meine, ein günstigere städtebauliche Entwicklung wird weniger durch den BRH-Bau, sondern mehr durch den Autotunnel verhindert; er führt zu einem problematischen Grundstückzuschnitt.

  • Was man hier für eine Aufwand betreibt, Wahnsinn. Wenn man bedenkt, was anderswo als angeblich nicht mehr zu retten abgebrochen wird und wenn man sieht was hier an Logistik eingesetzt wird, dann hoffe ich, dass man mit anderen Baudenkmälern in Zukunft auch so verfährt.


    Das man sich gerade diesen Bau in dieser Lage für diese Rettungsaktion Deluxe ausgesucht hat ist dann doch schon etwas frustrierend.