HGHI Leipziger Platz (ehem. Wertheim Areal) [realisiert]

  • @Eisber: leider (noch) wahr. Aber ich glaube, es wird langsam besser.


    Nun ja. Für mich ist und bleibt Berlin Currywurst, Dosenbier und Jogginghose. Alle Versuche, das zu ändern, führen zu heftigen Abstoßungsreaktionen, vgl. Konflikte rund um die "Gentrifizierung".


    Da ist was dran. Bei meinem letzten Besuch in Prag waren die Buchläden in der Altstadt voll mit Touris und auch ich habe die ein oder andere Stunde darin verbracht.


    Ich habe das ausschlaggebende Wort mal hervorgehoben. Prag wird nicht wegen den Neubauvierteln besucht, sondern wegen dem "alten Prag". Auch auf mich hat ein alter Buchladen, mit holzvertäfelten Wänden von Jahrhunderten der Gelehrsamkeit und Neugier imprägniert, eine anziehende Wirkung. Aber sowas kann man nicht künstlich implantieren, bei einem neu entwickelten Geschäftsareal hast du dann halt die üblichen Buchketten, wo man nur Bestseller und Esoterikquatsch kriegt, daneben liegen irgendwelche überteuerten Pralinen und Bonbons ("Faulenzerschokolade" oder dergleichen originelle Umverpackung). Das ist doch die Realität. Dann lieber Amazon.

    Einmal editiert, zuletzt von Eisber ()

  • Schön, wenn es dem französischen Buchhandel besser geht. Diese schönen Pariser Passagen in den Seitenstraßen haben auch schon eine sagen wir mal einfach 150jährige Tradition und die Geschäfte teilweise auch. Das kann man von der MoB oder anderen Malls Berlins nicht behaupten. Gäbe es einen Buchladen, so wäre es auch nur der xte Thalia.und kein Antiquariat mit Erstauflagen von Werken der Belle Epoque. Wäre also auch kein Unterschied zum xten H&M.


    Außerdem sind diese historischen Passagen meist weitaus kleiner, gehen ein mal durch den Block, den Passanten steht nur das EG zur Verfügung, den Geschäften teilweise noch ein zweites OG. In Hamburg ist das ja ähnlich, obwohl die Passagen dort nicht 150, sondern nur 30 Jahre oder so alt sind. Zudem liegen sie nicht in einem vergleichbaren verniemandslandeten Stadtteil, wie die MöBel.


    Wünschen kannste dir viel. Ich hätte mir auch lieber eine Pariser Passage gewünscht oder eine Galleria Vittorio Immanuele. Hätte man sich architektonisch an diesen orientiert, wärste sicher auch der erste, der was daran auszusetzen hat.

  • @Eisber: Naja, deshalb hatte ich aber auch geschrieben "Allerdings handelte es sich dabei auch weniger um Ketten als um kleinere Läden mit einem etwas "gemütlicheren" Ambiente." ;)


    Prinzipiell denke ich aber trotzdem das es Touristen gibt die auch eine Filiale eines Buchhändlers besuchen wenn sie denn an Literatur interessiert sind, immerhin kaufen Touristen auch bei H&M und Desigual obwohl es solche Läden zu Hauf gibt. Und außerdem gibt es ja schließlich auch bei den Ketten eine Auswahl an Bildbändern und Co. die für Touristen als Andenken oder Mitbringsel interessant sind.


    Ich will hier keine Grundsatzdiskussion vom Zaun brechen. Ich stimme dir zu das sich die Aufenthaltsqualität eines Thalia oder Hugendubels sich nicht mit der eines Buchladens in der Prager Altstadt messen kann, aber Kunden hätte sicher auch ein Laden einer Buchhandelskette. Darum ging es mir.

  • Kann sich noch jemand an den tollen Buchladen in der Hardenbergstrasse erinnern? nicht Kiepert, gleich neben der Bundesbaudirektion. Die hatten sich auf Architektur, Stadtplanung und Architekten spezialisiert und waren einfach unschlagbar im Sortiment und Fachberatung. Sowas hätte ich mir wieder gewünscht, wenn wir schon beim ”Wünschen” sind :) Aber so ein Laden würde sich auch gut in den Arkaden machen, von daher begrabe ich meine Hoffnung noch nicht :)

  • ^^touristisch ist und bleibt es nun einmal so, dass kaufkräftige Bildungsbürger eine kulturbezogene Städtereise tendentiell eher nach Paris, Prag oder auch Wien und Florenz unternehmen werden, als nach Berlin. Berlin hat einfach eine andere "Klientel", dementsprechend hat Berlin ja auch eine Partyszene die in Europa ihres gleichen sucht. Das wirkt sich eben aus; der Berlintouri ist eher jung, pleite, schläft im Hostel/"Ferienwohnung" und will billigen Vollrausch und wenn er an Bildung und Kultur interessiert ist, dann eher in seiner Heimat Oslo oder München.


    Die einzige Stadt die ich im Übrigen kenne, die es perfektioniert hat diese sehr gegensätzlichen "Segmente" zu bedienen ist das letztgenannte München, siehe aktuell der Oktoberfesttourismus, immerhin versammeln sich dazu alljährlich mehr Besucher aus aller Welt in München als zB üblicherweise zu Olympischen Spielen oder Fußball-Weltmeisterschaften an die Austragungsorte reisen. Gleichzeitig ist München die einzige Stadt in Deutschland, wo man noch in Abendkleid und Anzug in die Oper geht und in Lokalen der Hutständer der Garderobe wirklich zur Ablage von Herrenhüten benutzt wird. Dieses wenig fassbare "Bürgerliche"/"Alteuropäische" fehlt Berlin einfach auch.


    Das kann man nicht inszenieren, solch eine Aura spürt man einfach und sie fängt einen ein. In München, Prag oder Paris - aber eben nicht an der Spree. Man muss wissen was man kann und was man nicht kann. Gerade als Entwickler von Einzelhandelsflächen muss man den Markt kennen und wir können sicher sein, gäbe es einen Markt wie in Paris, dann würden sich auch die Immobilienentwickler nur zu gerne diesem Segment widmen und entsprechend dafür planen.

  • Ich finde du malst viel zu schwarz, Eisber. Auch wenn Kritik an der eigenen Stadt den wahren Patrioten zeigt :)
    Bildungsbürger fahren aber mal ganz gewiss nach Berlin! Es gibt sogar wahre "Bildungsbürgermekkas" - denk nur an die Museumsinsel, die berühmten Theater usw usw... Nein, Berlin ist nicht nur eine Stadt für Prolls, praktisch JEDER Bildungsbürger in Deutschland war bereits irgendwann ein- oder mehrmals in Berlin, da gehe ich jede Wette ein! Neben Wien, Paris, Rom, London, Prag natürlich.


    Und bezüglich Abendkleidung: Glaub nicht, dass man in Hamburg oder Frankfurt so großartig anders in die Oper geht als in München. Wenn schon Oldschool-Style mit Hutablage, dann macht Wien niemand was vor, keine deutsche Stadt kann das.

  • Aber hält sich der Bildungsbürger dort auf? Dort gibts doch nichts, was irgendwie kulturell interessant wäre.


    Camondo
    Na na, jetzt mal nicht nostalgisch werden, wa. Sind ja nicht im Marienviertel-Thread. Solche Läden gibts wie gesagt Unter den Linden. Dass dieser Laden in der Nähe der Uni schließen musste, zeigt wohl nur, wie niedrig offenbar der Bedarf ist. Oder die Mieten zu hoch.


    Ich bin mir sicher, dass die Läden noch viele mal wechseln werden. Vielleicht ist ja irgendwann auch ein Thalia dabei.


    Und selbst mit Buchladen hätte manch ein Bildungsbürger hier im Forum was zu meckern gefunden.

  • Ich möchte nicht wissen, wie viele Läden dort demnächst wieder schließen werden, obwohl es Ketten sind.


    Ich glaube die großen Ketten schließen 10-Jahresverträge und ziehen die meist auch bei enttäuschender Rendite noch durch. U.a. deswegen sind sie bei den Center-Betreibern wohl auch beliebter als inhabergeführte Einzelgeschäfte mit dünner Kapitaldecke.


    Gleichzeitig ist München die einzige Stadt in Deutschland, wo man noch in Abendkleid und Anzug in die Oper geht und in Lokalen der Hutständer der Garderobe wirklich zur Ablage von Herrenhüten benutzt wird. Dieses wenig fassbare "Bürgerliche"/"Alteuropäische" fehlt Berlin einfach auch.


    Das hat mir noch gefehlt. ;) Bei Premieren im deutschen Theater sitzen in den ersten Reihen noch ein paar solcher Leute, also wenn du auf so etwas stehst. Bei all der Beschwörung eines konservativen Bildungsbürgertums hier im Forum komme ich mir wieder richtig jung und "cool" vor. Ist ja irgendwie auch ganz nett.

  • Berlin hat sicherlich jede Menge tolle Buchhandlungen (Bücherbogen im Westen und pro qm im Osten für die Architekturinteressierten, Ocelot, Uslar und Rai, Hundt/Hammer/Stein für die Belletristik, die englischsprachige Buchhandlung am Kollwitzplatz etc.). Berlin hat ebenfalls jede Menge kulturelle Attraktionen, die über Currywurst in Jogginghose hinausgehen. Wenn vielleicht auch ohne Herrenhutablage.


    Aber wie macht die 100ste Shoppingmall mit Kettenläden die Stadt attraktiver? Den Stadtreparaturaspekt verstehe ich (besser als ne Brache in jedem Fall), aber eben doch nur ne Shoppingmall. Insofern sehe ich das Ergebnis eher als verlorene Chance als mich darüber zu freuen, dass die Architektur nicht so billig ist, wie sie hätte sein können.

  • Und das stimmt ja so eigentlich gar nicht, schließlich sind auch Hotelflächen und eine große Zahl Town- und Penthousewohnungen entstanden bzw. sind momentan noch im entstehen. Es wurde eben nicht nur eine Mall gebaut, sondern weitaus mehr.

  • Soweit ich weiß ist etwa das Alexa bei Menschen die gern shoppen gehen recht bekannt und gilt als ungewöhnlich schönes Einkaufszentrum. Die Behauptung Menschen die einmal in so einem Einkaufszentrum waren würden nie wieder hinein gehen und Touristen würden auch nicht hingehen halte ich für falsch. Es ist ja auch generell so, dass nicht alle Menschen die gleichen Interessen haben. Einige wären nur unter Gewaltandrohung bereit einen Abend in der Oper, oder der Philharmonie oder dem Berghain oder oder zu verbringen.


    So ist es beim Einkaufen ja auch. Sehr viele Menschen haben zum Beispiel kein Interesse an den teuren Designläden am Kurfürstendamm und gehen lieber in Geschäfte in denen sie die Kleidung auch bezahlen können. Sie gehen auch nicht ins Stilwerk um ein Monatsgehalt in einen Stuhl zu investieren u.ä.


    Dass in Deutschland die reichen Menschen breiter über das ganze Land verteilt leben und nicht so stark auf die Hauptstadt konzentriert sind wie in Frankreich oder England ist ja nun auch nicht so schrecklich, dass man es ständig beweinen müsste.


    Da ist was dran. Bei meinem letzten Besuch in Prag waren die Buchläden in der Altstadt voll mit Touris und auch ich habe die ein oder andere Stunde darin verbracht...


    Mein Interesse an tschechischen Buchläden ist z.B. gleich Null. Denn ich könnte die Bücher gar nicht lesen und die Bildbände werden wohl auch nicht interessanter sein als in Berlin. Antiquitäten wollte ich nicht einmal geschenkt haben usw. usf.

    3 Mal editiert, zuletzt von Chandler ()

  • Die Artikel bei Baunetz werden auch immer schlechter. Meine Güte, wo bleibt die sachliche Kritik, ich lese nur Spott, wo bleibt die Anerkennung für Arkaden, Passagen, untergliederte Fassade, für Erhaltung der zwei Altbauten und für verschiedenen Eingänge zum Komplex, von Leipziger 125, beiden Passagen-Enden, Leipziger Platz und Wilhelmstraße. All das kann das Alexa nicht bieten.


    Auch die Fassadengestaltung gegenüber dem Bundesrat ist meiner Ansicht nach sehr gut und harmonisch gelöst.

  • Mein Kommentar zum Artikel: Wenn das Baunetz einen Verriss zu einem Gebäude schreibt, weiß ich, dass es gut ist. Plastizität als Ärgernis? Stimmt, deren Spezialität ist ja glatte, ungegliederte Monotonie. Architektur soll niemandem wehtun? Ja, ganz schlimm, Stadtbildverschönerung ist ja unterste Schublade. Die Mall braucht niemand niederreißen, nur die Deutungshoheit von Baunetz und BDA, die uns vorschreiben wollen, wie unsere Städte auszusehen haben.
    Bin gespannt, ob das Baunetz den veröffentlicht...

  • Neues Billigheim

    Nein, sie ist nicht völlig verhunzt. Ich finde das Ergebnis in Natura sogar recht gefällig. Das Material wirkt wertig und die Gliederung ist horzontal und vertikal für die Dimensionen gut ausbalanciert.


    Völlig verhunzt ist wohl übertrieben, aber allein die Teilung ist ein Desaster. Egal ob die linke oder die rechte Seite - Hauptsache, man hätte mal einen Stil durchgezogen. Dann sähe das Ganze schon repräsentativer und angemessener aus.


    Das Schlimme an dem ganzen Komplex ist ja gerade, daß er recht gut geworden ist, aber häufig haarscharf daran vorbeischrammt, ein wirklich einmaliges Einkaufszentrum zu sein oder auch nur das Wertheim-Erbe würdig anzutreten.


    Es ist das anspruchsvollste Einkaufszentrum der Stadt, versagt hat man eben trotzdem. So könnte man das Dilemma zusammenfassen. Oder: Wenn schon, denn schon.


    Hier noch mal der weitaus bessere Entwurf für den Leipziger Platz. Den gleichen oder einen ähnlichen Entwurf hätte man von mir aus auch in besagtem Grau oder in dem Braunton der Leipziger Straße verwirklichen können. Hauptsache, eine Front und eine würdige Eingangssituation.

  • Also der Artikel im Baunetz ist wohl eher ein Pamphlet als eine Kritik, Aussage gleich null. Die Parzellierung der Fassaden zur Leipziger Straße soll ein "Ärgernis" sein, weil unten drunter eine einzige große Tiefgarage ist? Herrgott, flacher gehts ja nun wirklich nicht mehr. Hätte sich auch nur irgendetwas an dem EKZ optisch geändert, wenn da in der Tiefgarage unsinnigerweise Zwischenwände eingezogen worden wären? Natürlich nicht.

  • Der «Baunetz» -Verriss ist irrelevant. Nicht die Verpflichtung zur historischen Stadt mit einheitlichen Fassaden ist das Problem, sondern die halbherzige Umsetzung. So sind die «3 Leipziger» in ihrer historisierenden Fassadenverblendung noch die überzeugendsten Beispiele für Stadtreparatur, weil sie sich der vielverschriebenen «europäischen Stadt» nicht mit neuzeitlichem Krimskrams verschämt BDA-konform geben wollen. Sondern selbstbewusst die überkommenen Formenkataloge zitieren. Auch die strengeren, ein wenig bemusterten Fassaden halten elegant den Strassenraum zusammen. Wohingegen das verschämte Zitat der Rundbögen, günstig und kaum sichtbar hinter Glas mit Folien appliziert, eher lächerlich wirkt und die überbunte Inneneinrichtung ein wenig mehr Korsett vertragen hätte.

  • Was die Architektur der "Mall of Berlin" anbelangt, würde ich denen zustimmen, die der Meinung sind "Knapp vorbei ist auch daneben". Es gibt ein paar gute Ansätze (mir gefallen z. B. die Passage, die Arkaden und die Führung der Besucherstöme vom Leipziger Platz zur Wilhelmstraße und umgekehrt), die aber durch die unelegant gegliederten Fassaden an allen Seiten und die geradezu versteckten Eingänge an Leipziger Platz und Wilhelmsplatz wieder verdorben werden. Trotz mancher Mankos auch im Inneren gefällt mir die "Mall" daher von innen besser als von außen.


    Auf die Frage, ob Berlin dieses EKZ braucht oder nicht, gibt es eine einfache Antwort: Das wird der Markt entscheiden. Es ist davon auszugehen, dass die Investoren eines 450-Millionen-Projektes vorher etwas Marktforschung betrieben haben, und da dürften sie zu einem positiven Ergebnis gekommen sein, sonst würden an dieser Stelle noch das Gras wachsen. Meiner persönlichen Erfahrung nach sind solche großen Galerien gerade bei den in Berlin stark vertretenen asiatischen Touristen sehr beliebt - die sind von zu Hause doch Shoppingwelten ganz anderer Dimensionen gewöhnt.

  • ...Auf die Frage, ob Berlin dieses EKZ braucht oder nicht, gibt es eine einfache Antwort: Das wird der Markt entscheiden. Es ist davon auszugehen, dass die Investoren eines 450-Millionen-Projektes vorher etwas Marktforschung betrieben haben,.... Meiner persönlichen Erfahrung nach sind solche großen Galerien gerade bei den in Berlin stark vertretenen asiatischen Touristen sehr beliebt - die sind von zu Hause doch Shoppingwelten ganz anderer Dimensionen gewöhnt.


    ... und das anscheinend haben sie nicht getan wenn sie genau den Branchenmix anbieten wie 200 Meter weiter die Potsdamer Platz Arkaden. Und sich so unnötiger Weise auf kleinstem Raum die Kunden abspinstig machen. Ausserdem sollte man, wenn man es schlau anstellen will, vielleicht auch für einige Berliner, nicht unbedingt die die hier Eisber immer wieder beschreibt, es gibt ja auch noch anderes Volk, ein Angebot schaffen. Ansonsten werden diese zentralen innerstädtischen Orte einzig Touristen überlassen. Was ist zum Beispiel mit nem Supermarkt oder sollen sich die neuen Bewohner des Areals alle noch zusätzlich beim Ullrichs ums Eck stapeln?

  • Was ist zum Beispiel mit nem Supermarkt


    Diese gibt es in solchen Malls meist im Untergeschoss - demnach gibt es hier Kaiser's und Aldi, also sogar zwei. Saturn, P&C, H&M, C&A - ganz normale Läden, in den in jeder Stadt Einheimische einkaufen.