Zeilgalerie (Abbruch 2016)

  • Wenn ich den Artikel lese fürchte ich das Schlimmste. Das wird übelste Investorenarchitektur, ich sag es jetzt schon. Es macht zwar wirtschaftlich Sinn die Zeilgallerie abzureissen, aber hier geht ein schönes, und in dieser Form einmaliges Stück moderner Architektur verloren. Für mich ist es fast so als würde man das Kronenhochhaus oder das Ökohaus am Westbahnhof abrreißen, beides Gebäude die etwa zur gleichen Zeit errichtet wurden und für die Architektur der Zeit beispielhaft sind.

  • Die Architektur der 80/90er Jahre ist scheinbar noch nicht alt genug, als dass man sie als besonderes Zeugnis dieser Zeit unter Schutz stellen könnte. In Düsseldorf wurde die Kö-Galerie und das Sevens, ebenfalls Gebäude dieser Zeit, zwar nicht abgerissen, die ursprüngliche Gestaltung allerdings leider bei Sanierungen teilweise entstellend verändert. In Frankfurt könnte man die Revitalisierung des Leo-Poseidon-Hauses als Beispiel für die Zerstörung besonderer Architektur der 80/90er Jahre anführen.
    In weiteren 20 Jahren wird man sich wahrscheinlich über solche Sanierungen ärgern und ähnlich darüber denken wie Heutzutage über Abrisse von Gebäuden des Historismus.

  • Sehr schade, dass hier ein einzigartiges Gebäude und ein gutes Beispiel für gelungene moderne Architektur verschwinden soll. :nono:


    Gibt es denn keine Möglichkeit, den Kaufhof zu erweitern und dabei die Fassade der Zeilgalerie zu erhalten?

  • Meine These ist, dass das die Zeilgalerie im Lichte neuerer Brandschutzregeln keine Gnade findet, weil das gesamte Gebäude nicht in Brandabschnitte geteilt werden kann. Im Fall einer Verrauchung ist sofort das gesamte Haus rauchgefüllt. Ich denke, dieses Konzept würde heute gar nicht mehr genehmigt werden.

  • Was für ein Wahnsinn :nono:
    Zuerst hat das ganze solche Unsummen gekostet, dann wurde es erst revitalisiert und nun der Abriß? Kann das wirklich wirtschaftlicher sein, als von den üblichen A-Lage Mieten runterzukommen? Wenn die oberen Etagen schlecht erreichbar sind, dann sind dortige Läden ja auch keine A-Lage. Mit B-Lage Mieten würde man das Gebäude mit Sicherheit mit stabiler und auch wertiger Mieterschaft voll bekommen. Gerade aus Stadtentwicklungssicht wäre das wünschenswert, denn A-Lage Mieten können sich heutzutage doch nur die immer-gleichen Filialisten leisten, inhabergeführte und besonders reizvolle Fachgeschäfte verschwinden entsprechend aus den Innenstädten (und siedeln sich schon gar nicht mehr neu an).


    Auch architektonisch ein tolles Gebäude. Ich weiss noch, als ich das erste Mal mit dem ICE nach Frankfurt gefahren bin, zum "Hochhäuser schauen", mit meiner Kamera, in den 90ern. Ich war total beeindruckt von der Aussichtsplattform und auch den Geschäften in der Zeilgalerie (diesen Musikladen WOM zB, sowas gab es in ganz Berlin nicht). Hat sich irgendwie wie in diesen coolen US High School Filmen angefühlt, wo immer in solchen "Malls" rumgehangen wurde (für mich hatte der American Way schon immer deutlich mehr sex appeal als teutsche Biederkeit).


    Das war ein richtiges Gefühl von "Metropole" in diesen gestapelten Etagen, voller Leute und cooler Geschäfte. Ich weiss nicht, wie die Zeilgalerie zuletzt besetzt und besucht war, aber wie gesagt, wenn es keine A-Lage ist aufgrund der Wegeführung, dann darf man es halt auch nicht so teuer vermarkten. Mit den Mieten runterzugehen kann doch nicht unwirtschaftlicher sein, als dieses ganze Gebäude in die Tonne zu treten, damit das Kaufhaus nebendran die Verkaufsfläche etwas seitlich erweitern kann.


    Nun ja. Scheint ja alles schon entschieden zu sein.

  • Mehr als B-Mieten wurde in den oberen Etagen wohl schon lange nicht mehr gezahlt - deshalb glaubt ja auch der Eigentümer dass sich das Gebäude so nicht rechnet.


    Wom war IIRC eine Kette, die auch im KaDeWe residierte - vor der Zeilgalerie.

  • So ist es, die gab es in praktisch allen grösseren Städten, sogar in Bielefeld :) meistens in der untersten Etage von grösseren Kaufhäusern. Die Verkäufer waren auch meist "vom Fach" und kannten auch Musik die gerade nicht in den Charts war.


    WOM

  • Seit nun das myZeil da ist, ist die ZG nicht mehr gefragt. Warum auch, gleich nebenan ist alles Größer, schoener, besser. Schade, dass man es nicht geschafft hat eine eigene Nische zu finden.

  • Arbeitet euch nicht so an WOM ab, darum ging es mir doch gar nicht ;)
    Ein sehr großstädtisches Flair hatte der Bau und irgendwie auch ein typisches Kind der 90er "Spaßgesellschaft", als alles noch etwas unbeschwerter und optimistischer war. Verspielt, stylisch, technikaffin und farbenfroh (wobei man, wie ich nun sehen muss, dem Inneren die Farben bereits ausgetrieben hat - was man sich dabei nur dachte...).


    Die neue MyZeil als Konkurrenz ist natürlich ein Argument. Ich bin mir sicher, man hätte aber die von dir erwähnte Nische durchaus finden können. Und wie gesagt, ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass es wirtschaftlich sinnvoll sein kann, solch ein massives Anlagevermögen, das Gebäude ist ja nicht alt, komplett zu vernichten, als eben einfach mit den Mieten runter zu gehen, a lá Selbstkostenpreis für Instandhaltung plus vernünftige Gewinnmarge. Soviel wird umgekehrt Kaufhof doch auch nicht für diese seitliche Erweiterungsmöglichkeit bezahlen?!


    Ich habe hier einfach den Eindruck, dass die Zeilgalerie mit unglücklicher Hand und unter ihren Möglichkeiten entwickelt wurde. Die Verschlimmbesserungen im Inneren 2011 haben sie natürlich auch nicht attraktiver gemacht.

  • Die Zeilgalerie war eine Totgeburt - da kommen wir nicht dran vorbei. Das grundsätzliche Konzept, dass die Kundschaft auf einem festgelegten Weg das ganze Gebäude entlangwackeln soll, führt zu attraktiven Läden im EG und dem ersten Stock, wo dann die Kundschaft gegen den Strom die Rampe hochläuft und am oberen Rolltreppenende, wo die Besucher der Aussichtsplattform und alle Neuankömmlinge sich erstmal umsehen.
    Alles dazwischen muss von Laufkundschaft, die langsam bergab rollt und genervten Stammkunden leben, denen der absurde Weg auf den Senkel geht.


    Dabei sind die Rampen so eng, dass man als potentieller Kunde nicht mal stehenbleiben und nach den Schaufenstern sehen kann, ohne von Muttis mit Zwillingswagen überfahren zu werden. Überhaupt wurde der notwendige Raum zum Innehalten, was notwendig ist, bevor man ein unbekanntes Geschäft betritt, glatt vergessen.


    Ich werde der Zeilgalerie keine Träne nachweinen, wohl aber dem Imax - Astor kann auch andere Kinosäle verschönern, ein Imax fehlt in Frankfurt.

  • ^^ Das mit der Wirtschaftlichkeit ist natürlich eine überaus relative Sache. Das Gebäude wurde 1992 eröffnet, ist also jetzt 23 Jahre alt und damit am Ende einer wirtschaftlichen Nutzungsdauer angelangt. Nicht zu vergessen: hätte der Bauherr seinerzeit die richtigen Nutzflächen angegeben, wäre das Ding niemals gebaut worden; mir scheint, dass sich dieser Umstand jetzt auswirkt. Letztlich ist es ja auch nur ein leichter Stahlskelettbau.

  • Tja, ich kenn das Gebäude auch, als es noch "in" war. Haben da mit den Freunden viel Zeit verbracht und viel Kohle in den Läden da gelassen.


    Es waren ja auch die hippsten und trendigsten Läden drin, großstädtisch, modern, cool. Das Domizil, die Klamottenläden, Skater-Laden, Swatch-Laden, Poster und Print-Läden, Schmuck, Sneaker-Läden, alles war drin was Rang und Namen hatte. Irgendwann gingen die coolen Läden einer nach dem anderen weg, und es zogen billige Ramschläden ein. Was wiederum dazu führte, dass die verbliebenen coolen Läden auch noch weg gingen.


    Von daher würde ich Totgeburt als übertrieben bezeichnen, die ersten Jahre war die ZG schließlich es Hotspot für Trends. Es ist einfach so, dass die anderen Läden auf der Zeil aufgeholt hatten.

  • Das ist die Gefahr bei Bauten die einem modischen Zeitgeist unterliegen. Bei der Eröffnung war die ZG ein absoluter Publikumsmagnet. Aber das Konzept wurde von der Zeit eingeholt. Schade drum, aber ehrlich gesagt war ich die letzten Jahre auch nicht mehr drin. Nun zählen wirtschaftliche Betrachtungen mehr denn je, und wenn der Kaufhof mehr zahlt, ist das Schicksal eben besiegelt.


    Dabei hätte man vielleicht mit mehr Kreativität und weniger Renditeeifer ein Vorzeigeprojekt daraus machen können: Erlebnisgastronomie, man hat je Etage mehrere Wahlmöglichkeiten und fängt oben mit der Vorspeise an und wählt weiter unten sein Desert. Oder man packt Behörden rein, die man von oben nach unten abläuft. Zulassungsstelle fällt mir da spontan ein, im Keller gibt´s dann die Nummernschilder. Oder man integriert ´ne riesen Kinderrutsche und Spielzeugläden. War schon mal jemand in Singapur im Cloud Forest (Gardens by the sea)?. Vielleicht sind diese Ideen aber auch der großen Hitze draußen geschuldet ...

  • Morgen öffnet die H&M-Filiale zu letzten Mal. Danach wird auch das letzte große Geschäft in der Zeilgalerie geschlossen sein. Der letzte Mieter, eine Shisha-Lounge, bleibt laut FAZ noch bis Mitte April. Danach werden wohl bald die Bagger anrollen.


  • Letzte Impressionen:



    Sendeschluss:



    Die letzten Geschaefte ziehen aus - Totengraeberstimmung:







    Ein paar Leute zieht's noch nach oben - teilweise um ein letztes mal durchzugehen, andere wundern sich ob der leeren Geschaefte:



    Anfang der 90er DER Treffpunkt. Ich weiss noch als ich das erste mal hochfuhr und runterschlenderte: "WOW, was ein cooles Teil!!!" Dann der Club in der Ebene 7, da musste man hin!


    Leider ging das Konzept nicht auf. Und jetzt heisst es: Tschuess, Zeilgalerie! Irgendwie schade.

  • Ein Tränchen musste ich beim Anblick der Tristesse dann doch verdrücken. Ich werde wohl auch die nächsten Tage nochmal nutzen, um der Zeilgalerie das letzte Geleit zu geben. :/

  • Schon krass! Wenn man die besonderen Umstände nicht kennen würde, wäre man fassungslos & ratlos bzgl. der Tatsache, dass ein Gebäude, welches sich noch in einem derart tadelosen Zustand befindet, bald der Abrissbirne zum Opfer fallen wird.
    :cool:

  • Ich möchte auch ein paar „Abschiedsworte“ zur Zeilgalerie loswerden.
    Ich habe die Zeilgalerie das erste Mal im Spätsommer 2007 besucht und die
    Aussichtsplattform hat mir damals den ersten Skylineblick beschert. Das Ambiente war damals noch glaube ich weitestgehend das alte im 90er Jahre Stiel.
    Ich fand das Konzept bzw. die Bauform/Architektur besonders und spannend.
    Aber ganz ehrlich, seit der Revitalisierung war ich genau noch einmal dort, das Feeling aus den ersten Besuchen hat sich nie mehr eingestellt. Man kann ein solches Gebäude, das in seiner Architektur und in seiner Formsprache besonders war keinen 08/15 – Anstrich der Moderne verpassen.
    Unterm Strich ist es nun das traurige und unrühmliche Ende eines seit fast 25 Jahren währenden Trauerspiels, das ja schon mit dem Bau begonnen hatte.
    Ich bin auch gespannt, ob im Rahmen der Entkernung div. Bauteile wie Fahrtreppen oder ähnliches noch wo anders eingesetzt werden, oder da einmal mit der Großen Birne reingehauen wird….