Der Altstadt-Salon

  • Irgendwie höre ich da gerade Yul Bunner in "Der König und Ich": "So wird es geschrieben, so soll es geschehen!" Zu der Rolle hat der Tonfall gut gepasst...


    Du bist dir sicher im Klaren darüber, dass dein Bezug auf das Altstadtmodell kein "Minimalkonzept" sondern eine Maximalforderung ist.


    Den Part 2 sehe ich noch ein - allerdings wird das an einigen Stellen recht eng werden - das Haus am Dom steht ja beispielsweise einige Meter auf dem alten Straßenverlauf.


    Welchen Nutzen soll der dritte Punkt haben, außer dass die ganze Gegend so richtig zahnlückig aussieht? Sieben Rekonstruktionen und dazwischen bloß nix aufstellen, was irgendwie eine Brücke zwischen den Epochen schaffen könnte, damit der schäbige Anblick dann alsbald als Argument für den dann "dringend notwendigen" Bau weiterer Rekonstruktionen dienen kann.

  • das Haus am Dom steht ja beispielsweise einige Meter auf dem alten Straßenverlauf.


    Wie bitte? Dann müßte es sich aber vergrößert haben. Es handelt sich bei diesem Gebäude um einen Vorkriegsbau. Oder hat man etwa die Grundabmessungen bei der letzten Sanierung verändert? Kann ich mir überhaupt nicht vorstellen.

  • Hat man. Es wurde ein paar Meter nach Süden verlängert, es steht nun mit diesem Ende mitten auf dem Könungsweg. Hat man natürlich nicht im geringsten kommen sehen, dass es schon ein Jahr nach Fertigstellung um den Wiederaufbau ebendessen gehen würde...

  • Inwieweit ermöglicht denn der derzeitige Rahmenplan zusätzliche Rekonstruktionen durch private Bauherren? Haben z.B. die ausgewiesenen Parzellen am Markt (zumindest z.T.) die Originalmaße? Und hat sich die Stadt denn schon endgültig von der Idee einer Rekonstruktion des Hauses Rebstock verabschiedet oder ist das immer noch eine Option?

  • "Stadthaus am Markt"

    (Luftbildquelle: http://www.frankfurt.de)


    Beim Wettbewerb für das "Stadthaus am Markt" geht es um den Bereich zwischen Markt und Schirn-Kunsthalle, Lange Schirn und Höllgasse. Auf dem Bild ist die Dachgestaltung zu erkennen wie sie vor der Zerstörung 1944 war. Nur 6 Parzellen hab ich ausgelassen: 3 an Hühnermarkt-Ostseite bzw Markt-Nordseite, da diese Gebäude schon damals als Fremdkörper empfunden wurden und eine Rekonstruktion nicht wirklich sinnvoll wäre. Sowie 3 Parzellen im den Wettbewerb betreffenden Gebiet, nämlich die wo eine Rekonstruktion wohl ebenfalls ziemlich unrealistisch ist.
    Blau hinterlegt sind die römischen Reste. Hellorange die Reste der Kaiserpfalz. Sehr gut erkennbar die 25*12m große Halle. Im Westen befanden sich jeweils an der Nord- und Südseite quadratische Annexbauten, auch diese deutlich sichtbar. Zusätzlich im Westen die Reste eines weiteren Baukörper über dessen Aussehen aber nur gemutmaßt werden kann. Einen sehr guten Überblick über das (vermutete) Aussehen der Pfalz gibt es im FR-Artikel Die Paläste von Franconofurd, mit Fotostrecke und 25minütigem sehr sehenswerten Video.
    Während bei den anderen Resten nur das eingezeichnet ist, was auch wirklich noch da ist, hab ich die Halle und Annexbauten in ihren vollständigen Umrissen eingezeichnet. Vom nördlichen Annexbau ist in der Realität nur ein winziger Rest erhalten, der sich zudem außerhalb des Grundstücks der Grünen Linde befindet, so dass ein Erhalten seiner Reste einer Rekonstruktion der Grünen Linde, an der Binding interessiert sein soll (waren auch schon vor der Zerstörung in dem Gebäude) in keiner Weise entgegensteht. Sonstige Mauerreste im Archäologischen Garten sind Kellerwände eben der Gebäude die bis 1944 dort standen (insbesondere Haus Mildenburg und Langenhaus, auf die ich gleich noch mit eingehen werde).
    Die konstruktiv mit dem Roten Haus verbundenen Gebäude (die aber auch schon aus städtebaulichen Gründen unverzichtbar sind und glaub auch alle ebenfalls den Namen "Rotes Haus" trugen) sind rot umrandet (links), ebenso der "Komplex" der Goldenen Waage (rechts; Goldene Waage selbst, Hinterhaus "Alte Hölle" mit dem Belvederchen, und am Markt die Gebäude Weißer Bock, Karpfen und Kleiner Vogelsang).



    Damit kann sich jetzt jeder wohl seine eigene Meinung bilden. Meine will ich euch aber nicht vorenthalten:
    Da ich nichts davon halte die römischen und karolingischen Mauerreste mit einer Halle zu umgeben um sie dann unmotiviert museumsmäßig zu präsentieren, gibt es sinnvolle Möglichkeiten für die Gestaltung des Areals in meinen Augen nur zwei: Wiederherstellung der kleinteiligen Bebauung oder Errichtung eines Baukörpers in der groben Kubatur der alten Pfalz (idealerweise eingebettet in eine sonst kleinteilige Bebauung auf dem Straßenraster von 1944) um den Raumeindruck eben dieser zu vermitteln. Entscheidet man sich für Letzteres, sind es gerade mal zwei Gebäude die definitiv nicht rekonstruiert werden könnten:
    Die gestrichelten Parzellen Höllgasse 11 (Zur Hölle) und 9 (Haus Mildenburg). Um die beiden Barockbauten wäre es schon schade, grade auch wegen ihrer Ensemblewirkung mit der Goldenen Waage. Da die dortige Außenwand der Pfalz aber relativ identisch mit der Außenwand eben dieser Gebäude war, sollte sich sicherlich eine Gestaltung finden lassen die der Goldenen Waage ein ähnlich attraktives Ensemble wie vor der Zerstörung beschert.
    Fraglich ist zudem das Langenhaus (Tuchgaden 4), das wie auf dem Luftbild zu erkennen über dem westlichen Anbau der Pfalz stand. Wobei die dortige Situation aber auch einen sehr großen Gestaltungsspielraum hergibt.


    Anzusprechen wäre auch noch die Goldene Waage: wie man erkennt, ragt das Hinterhaus Alte Hölle etwas in die Pfalz hinein. Damit ließen sich zumindest die unteren Geschosse nicht auf dem alten Grundriss wiederherstellen. Da die Pfalz so extrem hoch aber nicht war, und auch ein Neubau nicht wesentlich höher ausfallen sollte, sollte es keine Probleme geben das Belvederchen inklusive der Laube originalgetreu wiederherzustellen. Statisch muss man sich da vielleicht was einfallen lassen, aber dafür sind Architekten ja da...
    Beim Tisch hingegen kenn ich keine Kompromisse: der Tisch muss weg! Sonst ist der Wiederaufbau des Roten Hauses ein Witz. Und auch der Kunstverein gehört abgerissen.
    Zudem sollten die Parzellen der Häuser Gadeneck (Tuchgaden 2) und Wolkenburg (Krautmarkt 7) (die eingezeichneten Dächer südlich an die Pfalz angrenzend, die in die Kunsthalle Schirn hineinragen) freigehalten werden, um bei einem Abriss der Schirn in 20 oder 30 Jahren oder wann auch immer den alten Grundriss wiederherstellen zu können und eine Rekonstruktion dieser Gebäude nicht schon verunmöglicht zu haben. Der Tuchgaden ist in seinem Verlauf fast komplett wiederherstellbar, und dies sollte auch gemacht werden, auch wenn er wohl vorerst an der Schirn enden oder entlang ihrer Nordseite Richtung Dom weitergeführt werden muss.



    Reiner03: Ich gehe doch davon aus dass das Haus Rebstock rekonstruiert wird. Das einzige Hindernis ist ja angeblich die Tiefgarangenzufahrt, und für Die gibts so unendlich viele Ideen, wie man sie verlegen könnte, da muss es doch mit dem Teufel zu gehen wenns daran noch scheitert... es sei denn der Wiederaufbau ist dann politisch doch nicht mehr gewollt.

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    Danke für diesen besten Beitrag hier seit langem, Rohne. Zum Haus Rebstock ist anzumerken, dass es der Magistrat bisher vermieden hat, sich dazu klar zu äußern. Wie man in PARLIS nachlesen kann, finden sich bisher nur Erläuterungen des für und wider einer Rekonstruktion bzw. der damit verbundenen Probleme, Stichwort Tiefgarageneinfahrt, nicht jedoch klare Aussagen. Ein bisschen mehr dazu hier in dem Wikipedia-Artikel zum Rebstock, an dem ich gegenwärtig arbeite (der Teil zur Architektur ist noch unvollständig):


    http://de.wikipedia.org/wiki/Hof_Rebstock_am_Markt


    Zu den Privatrekos ist zu sagen, dass diese mit dem Stadtverordnetenbeschluss von 2007 festgezurrt wurden. Laut meinen Informationen konnten Interessierte bereits beim Ex-Geschäftsführer der Dom Römer GmbH, dem mittlerweile ja ersetzten Herrn Pfaff, vor- und entsprechende Wünsche aussprechen.

  • #38 und #46:
    Danke auch von mir als Architektur-Laie und Dilettant für diese endlich mal wieder detaillierte Beschäftigung mit diesem wichtigen Thema. Großes Lob. Die oft unterschätzte Bedeutung dieses Projektes wird ja zeitweise eher selten sichtbar. Hier bedauere ich sehr, dass ich nicht Architektur oder Bauingenieur studiert habe.

    Wenn sogar mir als Laie extrem augenfällig ist, dass die derzeitige einmalige Chance unbedingt optimal genutzt werden muss um das Areal bis in die "Ecken" hinein originalgetreu zu bebauen, so ist mir die Projektplanung zwar kein Rätsel, aber nicht wirklich optimal zu Ende gedacht. Die ins Auge springenden Argumente für eine "große" Rekonstruktion kann man nicht oft genug wiederholen. Bin immer noch auf der Suche nach den stichhaltigen Argumenten für die geplanten modernen und geschmeidigen Füllbauten.



    Postet von RKWF am 04.12.2009 im DAF Strang "Der Altstadt-Salon" hinter #47

  • Ausschreibung Besucherzentrum

    Das projektierte "Besucherzentrum" für den Bereich der Überbauung des AG wird ja nicht wirklich benötigt. Dies ist nur eine Alibinutzungsalternative für ein neues öffentliches Gebäude welches nur wieder laufende Kosten verursachen wird. Bis dato ist ja noch nicht mal ein solcher Bedarf bekannt geworden.

    Die bisherigen städtischen Ansätze, die meist leerstehenden eigenen Räume zu vermarkten wirkten schon wegen ihrer kargen Resonanz sehr bemüht und wie Deckmäntelchen-Aktivitäten vor den Bürgern. Alleine im Römer und Rathaus selbst gibt es schon genügend, derzeit nur schwach genutzte Räume in denen so etwas stattfinden kann. Auch in der näheren Umgebung gibt es noch genug Räumlichkeiten in öffentlichen Gebäuden. Hier seien beispielsweise nur mal die Museen genannt mit ihren jeweils wieder eigenen, meist leerstehenden Veranstaltungsräumen.

    Modernistische Füllbauten jedoch, zwischen den spärlichen Rekonstruktionen, würden diese in ihrer Wirkung und Bedeutung erheblich herabmindern und den sowieso schon überdominanten Nachkriegsbauten, im ästhetischen und künstlerisch-fantasievollen, organisch gewachsen Sinne, eine noch mal überhöhte Dominanz und Bedeutung zukommen lassen, der sich dann wieder die neuen Altstadt-Häuser optisch unterzuordnen hätten. Dabei sei noch nicht berücksichtigt, wie die Füll- und Anpassungsbauten einmal wirken werden, wenn die Verfallzeit für die Nachkriegsbauten noch weiter überschritten sein wird.

    Jetzt wird leider wieder sehr erstarrt abgewartet was bei dem ausgeschriebenen Wettbewerb herauskommen wird. So hofft man auf eine ultimative Lösung des scheinbaren bzw. kolportierten Problems. Dabei sind die Ergebnisse in bestimmter Hinsicht schon weitgehend vorprogrammiert. Es wird verschiedene, auch elegante, fantasievolle Entwürfe geben, mal sensibel, mal weniger sensibel mit den Rekonstruktionen umgehend, aber immer modern und zumindest einseitig sehr stark an der Schirn-Kunsthalle orientiert. Weil die nun mal übermächtig dasteht und wie gefordert, berücksichtigt werden "soll/muss". Kein Entwurf wird irgendwie noch eigene Altstadt-Rekonstruktionen beinhalten. Dies kann einer dieser Architekten auch gar nicht tun, sonst würde er ja hier nicht benötigt.

    Mit den Vorgaben für die Ausschreibung und der Ausschreibung selbst war dies schon entschieden.

    Danach also, wenn die Entwürfe dann vorliegen, haben wir wieder ein neues Problem.



    Postet von RKWF am 05.12.2009 im DAF Strang "Der Altstadt-Salon" hinter #48

  • Danke Rohne für die gute Zusammenfassung und den kleinen Plan dazu.


    Für mich ist immer noch nicht richtig beantwortet, was das Ziel der Neubebauung sein soll. Und zwar dahingehend, was nachher die Wirkung sein soll. Der Spagat geht ja von Komplettreko bis der reinen Widerherstellung der alten Strassenverläufe mit den 7 rekonstruierten Alstadthäusern.
    Ich glaube, beides sind die beiden Extreme, die wohl so nicht entstehen werden. Meiner Meinung nach sollte aber das Ziel sein, die Ensemblewirkung wieder zu bekommen. Dazu gehört die richtige Strassengestaltung, eine möglichst höhe Rekonstruktionszahl, aber es passen bestimmt auch moderne Interpretationen hinein. Ich freue mich über jede Konstruktion, aber wichtiger finde ich, das die Wirkung der Alstadt sich wieder einstellt.


    Ein Problem ist da ja zum Beispiel, das der Neuanbau in den Krönungsweg hineinragt. Ist jetzt die Blickbeziehung vom Römer zum Dom gestört?


    Was die Bebauung des AG angeht, da bin ich noch unschlüssig. Eine Halle wie Rohne vorschlägt, ich weiss nicht. An der Nordseite schließt sie direkt an die Altstadtbebauung an, aber müsste die Alte Pfalz nicht frei stehen? Aber vielleicht könnte ein geschickter Nordabschluss funnktionieren und zur Schirn hin würde man eine mögliche Variante zeigen, wie die Pfalz mal ausgesehn hat. Das ganze liegt dann aber auch schon im Schatten des Schirn-Riegels.


    Bleibt zu hoffen, das nach dem Abriss des TR es schnell weitergeht mit der Entwicklung des Gebiets und nicht zu lange die abgeschnittenen Elefantenfüsse in der Stadt zu sehen sind.

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    Eine Blickpunktbeziehung vom Dom zum Römer gab es nie, was aber auch eines der häufigsten Missverständnisse ist. Da der Alte Markt die Form eines gewölbten Bogens hat, dessen Scheitel etwa beim Roten Haus liegt, war ein Durchblick erst ab etwa Höhe des ersten Drittels des Blocks der Nordbebauung zwischen Alter Markt und Hinter dem Lämmchen möglich.


    Aber ja, das Haus am Dom stellt natürlich ein Ärgernis da. Wenn jetzt jemand das direkt angrenzende Haus Großer Rebstock privat rekonstruieren will, so muss das natürlich am Originalstandort erfolgen. Dieses Haus ist insofern wichtig, als es den Zugang zum Haus Rebstock, das ja eine optionale städtische Rekonstruktion ist, gesichert hat. Dann würde jedoch die Flucht des Marktes an dieser Stelle grausam verspringen.


    Städtebaulich angenehmer wäre es wohl, die Häuserfluchten der zwei bis drei westlich des Hauses am Dom anschließenden Häuser abzuwinkeln und die Straßenflucht bis zum Hühnermarkt hin staffelweise wieder an den historischen Bestand anzugleichen. Dann stellt sich allerdings mal wieder die Frage nach der Authentizität des Ganzen, oder andersrum, wieso man als interessierter Bürger aufgrund der Unfähigkeit gewisser Leute (ich vermeide jetzt mal ganz absichtlich direkte Beschuldigungen) auf originalgetreue Rekonstruktionen an dieser Stelle verzichten muss.


    Eine Halle halte ich für nahezu ausgeschlossen. Mal abgesehen von den riesigen statischen Problemen, die sie im nördlichen Bereich haben dürfte, wo man sie schon wegen der Goldenen Waage (u. U. auch anderer Häuser, wie von Rohne ausgeführt) bestenfalls auf Stelzen stellen müsste, so ist es doch irgendwie ein Schildbürgerstreich bzw. der Traum von der eierlegenden Wollmichsau, wenn wir ganz ehrlich sind. Das eine war ein Werk der frühmittelalterlichen Bebauung Frankfurts, das andere des spätmittelalterlichen Frankfurts. Was hier eigentlich nötig ist, wäre ein klares Bekenntnis der Politik zum einen oder anderen. Die Pfalzruinen könnten auch transloziert und woanders ausgestellt werden, da sie eh nicht mehr in situ stehen. Stattdessen sollen nun Architekten die unlösbare Aufgabe richten, denen man dann später wieder den schwarzen Peter zuschieben kann. Das halte ich für unfair.

  • Stadthaus

    Mir schwebt seit einiger Zeit etwas anderes vor: Die Herstellung eines kleinen Platzes.
    Da die Nordwand der Kaiserpfalz Teil der zu rekonstruierenden Häuserzeile Alter Markt 5-17 ist,wäre es ein kaum zu bewältigender Spagat hier ein "Stadthaus" zu integrieren.Es wäre schwierig bis unmöglich in die Südseite Fenster zu integrieren,was sich in meinen Augen als unnötiges Vermietungsrisiko darstellt.Ich würde es besser finden,den Platz zuzuschütten und die ja immernoch vorhandenen Pfalzreste in ein kleinteilig zu verlegendes Pflaster durchzuspiegeln.Dasselbe hat man auf dem Römer mit dem niemals fertiggebauten Turmfundament auch gemacht.Dazu an die jeweiligen Stellen Hinweistafeln mit Fotodokumentation.So blieben mehrere Optionen offen,die man später noch ziehen könnte.Man hat bei der Altstadtsanierung in den zwanziger Jahren das Handwerkerplätzchen geschaffen,so etwas könnte ich mir hier auch vorstellen.

  • Aus den berechtigten und immer drängender werdenden Detailfragen ergeben sich automatisch auch immer wieder die prinzipiellen Fragestellungen, die ja irgendwo schon mal aufgekommen und behandelt worden sein müssten, die ich aber derzeit noch vergeblich in der Vergangenheit suche.

    ● Warum sollen oder können nicht zwischen den fest eingeplanten Rekonstruktionen die "restlichen Altstadthäuser", zumindest in ihrer äußeren Formgebung, den originalen Altstadt-Häuser von vor 1944 entsprechen und auf dem Originalraster errichtet werden?

    ● Was spricht ernsthaft dagegen, die Originalraster auf keinen Fall zu verlassen und die Altstadt-Häuser soweit an die störenden Nachkriegsbauten heranzuführen wie es eben noch geht und dann eben abzuwarten, was mit den störenden Nachkriegsbauten später geschehen kann?

    Ich sehe keinen zwingenden Hinderungsgrund. Das Kopfzerbrechen über diesen Teil des Projektes könnte sich auf die innere Gestaltung und die technischen Details beschränken. Weitere Rekonstruktionen könnten nach belieben eingefügt werden und das Gesamtensemble würde zumindest nach Außen dem Original entsprechen. Je nach Geldbeutel könnten dann die Fassaden mehr oder weniger detailgetreu ausfallen. Sofortige oder auch spätere und tiefer gehende Rekonstruktionen wären jederzeit möglich. Frankfurter und Besucher wären vom Ergebnis nicht enttäuscht, weil sie eben den Stadtteil so erleben könnten wie er zumindest in seiner äußeren Gestalt ausgesehen hat. Sonst sehen sie halt nur irgendetwas neues, vielleicht ähnliches, zu dem sie dann aber keine wirkliche Altstadt-Beziehung aufbauen können.

    ● Wenn es einen rein wirtschaftlicher Grund für die geplanten Füllbauten geben sollte, so könnte dieser im Verhältnis zur Bedeutung des Projektes keinesfalls ausschlaggebend sein. Auch eine Bebauung mit nur äußerer Form der ursprünglichen Altstadt würde sich gut vermarkten lassen. In der inneren Innenstadt lässt sich praktisch "alles" vermarkten. Jede Wohnung egal mit welchem Niveau und jede Art von Geschäftsraum im Erdgeschoßbereich. Was also ist es genau?

    ● Um wie viel teuerer wären denn mehr Rekonstruktionen und/oder Häuser in Originalform wirklich gegenüber neu zu planende Füllbauten? Dieser Betrag und sei er im zweistelligen Millionenbereich, kann doch nicht wirklich als Begründung herangezogen werden?!

    ● Welche optischen, oder sonstigen Vorteile oder welcher Mehrwert sollen sich denn also ergeben, wenn das gesamte Areal nicht zumindest äußerlich originalgetreu rekonstruiert wird, sondern nur sieben Objekte und der "Rest" nur kleinteilig und altstadt-typisch bebaut wird?



    Postet von RKWF am 06.12.2009 im DAF Strang "Der Altstadt-Salon" direkt hinter #52

  • Robert, du tendierst dazu dich zu wiederholen. Trotzdem natürlich Respekt für die Mühe, welche du dir mit deinen Ausführungen machst!


    Als Antwort auf deine Frage, weshalb Fassadenrekos oder komplettes Originalraster nicht möglich sein sollen:
    Weil sie nicht gewollt sind. Man möchte weder eine perfekte Harmonie auf dem Areal, noch möchte man später sämtliche Nachkriegsbauten abreißen.


    Eine Stadt besteht aus mehr, als aus touristischer Attraktivität und Optik. Es gibt da etwas was sich Geschichte nennet. Und da gibt es nun 64 Jahre dieser Geschichte, die man eben nicht so einfach ausradieren kann. Vielleicht findest du diese 64 Jahre architektonisch hässlich. Vielleicht symbolisieren sie auch einen einzigen argumentativen Krampf. Aber dennoch ist das so typisch deutsch, so symbolträchtig in seiner Entstehungsgeschichte, dass da vielleicht für den ein oder anderen doch etwas Identifikation dranhängt.


    Viele der Anhänger modernerer Architektur haben ja mittlerweile weniger Lust in den Altstadtbereichen zu posten. Das verschiebt etwas den Eindruck, dass die Mehrheit für Rekonstruktion ist.
    Ganz im Gegenteil gibt es auch hier aber auch außerhab des Forums eine ganz große schweigende Masse, die das ganze eher kopfschüttelnd betrachtet. Und diese Masse kann sich mit dem Nachkriegsdeutschland problemlos identifizieren. Ganz im Gegenteil zu einer befremdlichen und exotischen Fachwerkhausbebauung.
    Und daraus ableitend könnte man auch feststellen, dass für die Deutschen Altstadt nichts mit Identifikation zu tun hat (diese Rolle übernimmt neben einigen Gründerzeitquartieren die nüchterne Mietskaserne und vor allem die typisch deutsche Ausprägung der Vorstadt), sondern eher mit dem Gegenteil. Mit einer kleinen Flucht aus dem grauen Alltag. Und dafür lohnt es sich nicht so viel Nachkriegsgeschichte aufzugeben. Es lohnt sich noch nicht mal, ein an sich rentables Haus dafür abzureißen.

  • ^


    Also aus einem Desinteresse Identifikation abzuleiten, halte ich gelinde gesagt für abenteuerlich. Der Mehrzahl der Leute ist Architektur schlicht egal, das halte ich für richtig. Wenn du aber Leute auf der Zeil oder auf der Schildergasse in Köln fragst, ob sie diese Straße für hübsch halten, wirst du wohl kaum von der überwiegenden Zahl der Leute eine begeisterte Antwort ernten.


    Und wenn du sie fragst, was sie für "deutsche Architektur" halten, dann wird wohl ebenso kaum als Antwort Nordweststadt oder Chorweiler kommen. Oder auch irgendeine weniger bausündentypische Vorstadt der 50er Jahre. Wahrscheinlich noch nicht mal Römerstadt, obwohl die noch sehr originell ist.


    Die überwiegende Zahl der Leute identifiziert sich mit Architektur auch deswegen nicht mehr, weil sie durch den Funktionalismus der Moderne zu einem Wegwerfprodukt geworden ist wie der Toaster oder das Paar Schuhe – nach der projektierten Ablaufzeit von 50 Jahren wird sie ja eh wieder weggerissen. Das Gebäude hat zu funktionieren, dass es auch mal einen ästhetischen Anspruch hatte, ist den Leuten dank den Auswüchsen der Moderne (ihre Vordenker hatten diesen ja durchaus noch!), dem Zweiten Weltkrieg und dem ebenso missratenen Wiederaufbau unseres Landes schlicht aus dem Gedächtnis gewaschen worden.


    Es hat schon seine Gründe, warum die Leute nach Rothenburg oder Venedig in den Urlaub fahren, und nicht nach Stuttgart oder Pforzheim. Sie suchen das, was es hier nicht mehr gibt. Klar gibt es auch Leute, die mit ihrem Plattenbau und der Trinkhalle daneben zufrieden sind, und Urlaub im Ballermann machen. Aber für die gab es, wie du ja so schön ausgeführt hast, auch schon vor 100 Jahren die "Mietskaserne" in der Vorstadt.


    Ich verstehe auch nicht, wieso ausgerechnet du dieses Fass wieder aufmachst, das hier schon hundertmal ausdiskutiert worden ist. Schon die Akzeptanz der Ostzeilen-Reko, die zu einem der Wahrzeichen Frankfurts geworden ist, führt doch jedes Argument von "Exotik" ad absurdum. Polemisch könnte ich dagegenhalten: exotisch finde ich all das, was sich da zwischen den historischen Kirchen unserer Innenstadt versammelt hat.

    Einmal editiert, zuletzt von RMA () aus folgendem Grund: Rechtschreibung

  • Also damit dass es nicht gewollt ist, hat mik aber recht. Es ist tatsächlich politisch(!) nicht gewollt. Würde die CDU mit der SPD oder BFF koalieren, wäre das Bekenntnis zu Rekonstruktionen wohl viel eindeutiger. Dummerweise sind aber die Grünen der Koalitionspartner. In anderen Städten gehören sie mitunter auch zu den Reko-Befürwortern, in Frankfurt hingegen sind sie eindeutig das große Hindernis.
    Dass es gesellschaftlich aber nicht gewollt sei, ist eine sehr mutige Behauptung. Die große schweigende Masse interessiert sich überhaupt nicht großartig für Architektur, u.a. aus den von RMA genannten Gründen. Ich kann mich aber auch noch an Umfragen erinnern wo 70% der Deutschen eine historische Altstadt zu den wichtigsten Stadtqualitäten zählen. Auch bei der Frage ob dieses Areal rekonstruiert oder modern bebaut werden soll entschieden sich 66% der teilnehmenden Frankfurter für die Reko. Man sollte zwar nicht allzuviel auf die ganzen Zahlen geben, aber die Tendenz ist doch ziemlich eindeutig.
    Und vergiss nicht, dass das Areal nicht mal halb so groß ist wie Frankfurt Hoch Vier äh Palais Quartier. Allein das Einkaufszentrum nimmt mehr Grundfläche ein. Vom UEC äh SkylinePlaza, den meisten Baufeldern im Europaviertel und wo auch immer mal ganz zu schweigen. Auf etlichen Quadratkilometern haben die Architekten Platz zur freien Entfaltung (und selbst da kommt gar nicht mal zu selten nur Schund bei rum, siehe Riedbergallee), selbst in Gründerzeitgegenden werden nach wie vor völlig unpassende möchtegernmoderne Neubauten gezwängt (schlimmstes Beispiel die Freiherr von Stein Schule), aber auf diesem winzigen Areal das derzeit nur aus einem Loch im Boden, einem funktionslosen Tisch und einem im Abriss befindlichen 70er-Jahre-Bauwerk besteht, soll es nicht möglich sein mal anders, und zwar historisch zu bauen? Sorry, aber das glaubst du doch selbst nicht...

  • mik #54
    Ja, dass mik mit seiner politischen Einschätzung recht haben könnte ist auch für mich plausibel. Weis aber wirklich nicht was ich sonst von dem Posting halten soll. Wie schon mehrfach, ist mir auch diesmal nicht wirklich klar ob das alles so ernst gemeint ist, oder mal wieder ein Ausschwenken in verschiedene, auch etwas widersprüchliche Richtungen um die Debatten zu beleben? Dies hatte mitunter schon einen gewissen positiven Wert im Forum, ganz ernsthaft gemeint. So waren für mich in früheren Beiträgen durchaus auch mal interessante Anregungen zu finden.

    Also dann doch noch eine zusätzliche Anmerkung zur Ablesbarkeit der Nachkriegsgeschichte, weil dieses Thema bei mik wiederholt auftauchte:

    Diese stilistisch schlichte deutsche Nachkriegsgeschichte im architektonischen Bereich – die heutige Architekten-Gemeinde wird auf das meiste nicht sonderlich Stolz sein - kann man leider an so vielen Orten ablesen, dass ich denke, wer dies unbedingt auf dem Dom-Römer Areal sehen möchte, der muss schon ein ganz spezielles Verhältnis zum Frankfurter Altstadt-Bereich haben.
    Mir jedenfalls wäre es lieber wenn die bauliche Nachkriegsgeschichte der Frankfurter Innenstadt ins Museum käme, zumal es sich hier eh fast nur um einfach gestaltete Museumsbauten, Kulturschauhäuser und Wohnhäuser in primitiver Architektursprache handelt, wie sie überall da wo es nur geht schon lange wieder abgerissen werden, als wenn stattdessen die im Krieg zerstörte Frankfurter Altstadt von vor 1944 für immer, bis auf einige spärliche Fragmente, nur noch im Museum zu sehen wäre.

    Die 64 Jahre sind wirklich schon eine ziemlich lange Zeit des Nichtstuns, längst ist es überfällig dass jetzt etwas richtig gemacht wird, was schon viel früher hätte geschehen können.


    Postet von RKWF am 07.12.2009 im DAF Strang "Der Altstadt-Salon" direkt hinter #56

  • Rohne. Viele hier im Forum mögen es ja nicht hören. Aber die Frankfurter Grünen und Ihre Vorläufer gehörten lange Jahre sogar zu den EINZIGSTEN Bewahrern des klassischen Häuser-Bestands in Frankfurt - wenn auch aus Gründen der Politik und nicht der Architektur. Es gerät leider immer mehr in Vergessenheit, dass ohne die Hausbesetzer kaum noch eine der hübschen, schmucken Westend-Villen existieren würde, die eine ganze Generation von CDU/SPD und vor allem FDP Politikern ausradieren wollten. Was man dann alles hätte rekonstruieren müssen...

  • Ich hab leider keine Zeit meine Einwürfe ausführlich zu erläutern. Deshalb nur mal zwei Beispiele:


    1. Der Wiederaufbau der Paulskirche auf http://www.aufbau-ffm.de/ unter "Serie" zu finden. Ist durch diese Geschichte ein nationales Symbol der BRD und vereint 1848 und den Neubeginn nach dem 3. Reich perfekt. Sollte auf keinen Fall in der Vorkriegszusatnd zurückversetzt werden. Die historische Bedeutung der Wiederaufbaus ist mir hier wirklich heilig.


    2. Gehrys Haus in Prag. Eines der haupt Fotomotive. Findet man sofort bei der Google Bildersuche, wenn man nur "Prag" eingibt. Würde mit einer Altstadt noch besser harmonieren, als mit Gründerzeit. Solche Architektur könnte man im Rahmen einer IBA organisieren. Fände ich besser, als die jetzige Gestaltungssatzung. Wäre auch mehr als ein "Lückenfüller".
    Beim betrachten von alten Bildern hier im Forum sind mir Zweifel gekommen, ob wirklich jedes Altstadthaus wirklich wert ist rekonstruiert zu werden. Vielleicht könnte man mit etwas modernem und harmonischem eben die Altstadt noch besser machen. Außerdem finde ich, dass dann einige Rekos in ihrer Wertigkeit noch mehr herausstechen würden, als wenn man jeden Schuppen wiedererichtet. - Und das nur, weil man einen touristischen Idealzustand aus den 20ern wiederherstellen will, der mit dem historischen Leben, bzw. der eigentlichen Dichte so ja auch nichts zu tun hat.
    Was ich damit meine: Ich bezweifle die Ensemblewirkung in ihrer Qualität. Also wenn man nach jeglichen anderen Prinzipien beurteilt, die hinter die Definition "historisch = Zustand vor 1944 = bestmöglich" gehen.

  • ^Mik, die Diskussion für und wieder Rekos ist ja nichts neues mehr und alle Argumente sind bestimmt schon mehrfach diskutiert worden.
    Was aber auf jeden Fall ein Ensemble stört ist meiner Meinung nach ein Mix aus alt und neu. Jedenfalls wenn der Neubau mit modernen Formen und Materialien gebaut wird. Kann man gerade in Frankfurt recht häufig sehen. Zum Beispiel entlang der Kaiserstraße. Dort wo eine Strecke oder ein Block nur aus Gründerzeitler besteht sieht es harmonisch aus. Sobald ein Neubau dazwischen ist stört er.
    Noch schlimmer dürfte es bei einer mittelalterlichen Bebauung wirken. Stell dir ein Neubau zwischen den Häuser auf der Samstagsberg-Ostzeile vor..... Würde meiner Meinung nach übel aussehen.
    Von daher wäre ich sehr dafür entweder 100% Reko oder zumindest Fassaden-Reko oder eine moderne Bebauung. Bitte, kein Stil-Mix!

  • Das kann man so pauschal doch nicht sagen. Bei dem Kaiserstraßen-Beispiel übersiehst Du, dass sämtliche Nachkriegsbauten - in dem Abschnitt den Du wohl im Sinn hast - zwischen 1950 und 1975 entstanden sein dürften. Wesentlicher noch: Alle mir einfallenden Bauten aus dieser Zeit sind mittelschwer bis schwer (ehemalige Kaufhalle) vernachlässigt.


    itchedSky: Eine verwegene These angesichts der Gründung der Grünen im Jahr 1980. Ebenso die Gleichsetzung von Parteipolitik und Hausbesetzer-Szene. Letztere wirst Du in diesem Zusammenhang ja wohl hauptsächlich mit Vorläufer der Frankfurter Grünen meinen.