Es ist aber auch zu kurz gesprungen, im historischen Vergleich nur die gestiegene Anzahl der Wohnungen zu betrachten. Denn die Wohnfläche pro Person ist in den letzten 100 Jahren extrem gestiegen, was wiederum die benötigte Zahl von Wohnungen nach oben treibt.
Genau diesen Extra-Sprung habe ich gemacht, indem ich weiter oben gefragt habe, ob nicht auch die Ansprüche an Wohnraum zum Problem beitragen. Das ist natürlich eine sehr unbeliebte Frage. Die durchschnittlichen 40 m² in Leipzig sind auch eher nicht das Problem, aber es ist schon auch eine Verteilungsfrage, die sich stellt.
Im Übrigen steigt die Wohnfläche seit 1950 kontinuierlich an (Seite 10). Das ist jetzt kein Leipziger Thema, aber ich frage mich schon, ob diese Entwicklung generell nicht an ihre Grenzen kommt. Braucht man unbedingt ein Gäste-WC und im Gäste-WC dann noch eine Dusche? Muss man ein Einfamilienhaus aus den 60ern abreißen, um auf das Grundstück ein größeres zu bauen?
so sehr ich Weißenfels und Zeitz alles gönne aber das Umland wird die Probleme Leipzigs nicht lösen können.
Da gehst du aber recht fix drüber hinweg. Warum nicht?
Zum Beispiel die Landesregierung, die es jahrelang verschlafen hat den geförderten sozialen Wohnungsbau zu pushen obwohl die Problematik für Leipzig schon länger bekannt war.
Und, schläft sie jetzt immer noch? Das würde ja aus deiner Forderung, endlich aufzuwachen, hervorgehen. Die soziale Wohnbauförderung wurde immerhin schon 2018 aufgelegt und zuletzt aufgestockt. Ob das reicht, ist wohl eine Frage der Perspektive. Grundsätzliche Rahmenbedingungen kann eine Landesregierung kaum ändern.
Sozialer Wohnungsbau in Dresden und Leipzig: Freistaat erhöht Förderung (sachsen.de)
Grünau wurde nach der Wende massiv zurückgebaut.
Natürlich. Hedges hatte es allerdings so dargestellt, als wären die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg signifikant dafür, dass heute Leipzig an Grenzen des Zuzugs stoßen würde. Auch heute gibt es in Grünau sichtbare Leerstände, weil sich eine Sanierung trotz Zuzugs (noch) nicht lohnt.
Bitte lass diesen Vergleich doch nochmal auf Dich wirken.
Ich habe leider keine Zahlen für die Bevölkerungsdichte des Zentrums oder der Südvorstadt um 1939 gefunden. Da aber Leipzig in dieser Zeit wesentlich kompakter war, gibt der Vergleich schon eine gewisse Vorstellung von der damaligen Dichte. Jedenfalls ist die Südvorstadt Leipzigs am dichtesten besiedelter Stadtteil und zugleich einer der beliebtesten. Gerade die Viertel mit dichter Altbebauung sind besonders lebenswert und auch beliebt für gemeinschaftliche Wohnformen. Ich sehe schon ein, dass sich heute nicht mehr mehrere Familien eine Sanitäranlage teilen. Aber ein bisschen mehr "zusammenrücken" wäre schon denkbar und vielleicht sogar wünschenswert.
Ich bin 2010 zurück nach Leipzig gezogen und kann Dir versichern, dass die Wohnungssuche damals eine komplett andere war - es war aus Mietersicht das sprichwörtliche Paradies, so etwas werden wir in Dtl. für eine Großstadt nicht nochmal erleben.
Richtig, und das ist auch gut so. Altbauten waren damals noch abrissbedroht. Leipzig war dreckiger, ärmer. Ich trauere diesem Paradies nicht hinterher, weil man nicht alles gleichzeitig haben kann. Den aktuellen Status zu halten, was die Verfügbarkeit und Mietbelastung angeht (beides im Großstadt-Vergleich nach wie vor mieterfreundlich), wäre schon eine große Leistung. Für Einkommenserhöhungen von Mietern sind nicht die Vermieter verantwortlich.
Übrigens bekomme ich auch regelmäßig Mieterhöhungen ins Haus. Die letzte hatte ich mir sogar aktiv gewünscht (Modernisierung, Parkettverlegung). Da ich nur 36 m² bewohne, kann ich das sehr gut wegstecken. Beim Arbeitgeber eigenverantwortlich einen höheren Lohn zu verhandeln, ist in der heutigen Zeit im Gegenzug leichter geworden als 2010.