Leipzig: Immobilienmarkt und -wirtschaft

  • Was man nie vergessen darf, Leipzig kommt bezogen auf die Kauf- und Mietpreise von einem im deutschen Großstadtvergleich niedrigen Niveau. Ein Freund von mir aus Berlin bewertet Immobilien und der war zuletzt in Leipzig und hat sich paar Wohnungen mit Preisen angeschaut. Der konnte da nur lachen, wenn ich ihm erzählt habe, dass das bei uns extrem anzieht, weil das aus seiner Sicht alles absurd günstig ist. Ja, die Kauf- und Mietpreise hängen natürlich auch immer am Einkommen, aber da darf man optimistisch sein, dass der positive Weg der letzten Jahre hier weitergeht, gerade weil die Arbeitslosigkeit immer weiter sinkt und sich Arbeitnehmer immer mehr den Arbeitgeber aussuchen können. Im letzten Pandemiejahr hat Leipzig einen Rekord bei den Gewerbesteuereinnahmen erzielt, ein im positiven Sinne überraschendes Ergebnis, was die bessere Wirtschaftskraft zeigt.


    Wenn man sich dann noch anschaut, wie sich Leipzig als Stadt in den letzten Jahren entwickelt hat und was noch in den nächsten Jahren passieren wird, dann wird diese immer attraktiver. Ich denke hier aktuell an die Entwicklung des Lindenauer Hafens, das Krystallpalast-Areal, das Löwitz-Quartier, Leipzig 416, das Quartier Rosa-Luxemburg-Straße, den Bayerischen Bahnhof, das Jahrtausendfeld, den Leuschner-Platz, die Entwicklung des Stadthafens sowie des Stadionumfelds und diverse hässliche Baulücken. Ich sehe keine Stadt in Deutschland mit so vielen Potenzialflächen in zentralem Stadtgebiet, die in den nächsten Jahren entwickelt werden und damit die Stadt insgesamt nochmal deutlich aufwerten. Wie man hier im Forum sieht, sind da architektonisch auch Fehlplanungen dabei, aber insgesamt dürfte das sehr positiv für die Stadtentwicklung sein. Danke übrigens an dieser Stelle für die spannenden Diskussionen und Eindrücke hier im Forum!

  • 4 oder 5 Prozent, wie sie noch in den 00er-Jahren üblich waren, wird es auch langfristig nicht geben, so dass auch hier die Preise weiter ansteigen werden.

    Zufällig gerade in einem aktuellen YouTube-Börsenvideo auf die Aussage gestoßen, dass die Zinsen 30-jähriger Hypoteken in den USA auf über 5 Prozent gestiegen sein sollen. Bei der Bank of America liegen sie hier bei 4,75 % (bei fixem Zinssatz), bei anderen Banken durchaus in ähnlichen Größenordnungen.

    https://www.bankofamerica.com/mortgage/mortgage-rates/

    15-jährige zumindest bei 3,75 %. Rechnet man die Kosten für anstehende Gebühren wie Hypothekenversicherungen mit, dann liegen die Zinssätze noch etwas höher. So völlig unrealistisch sind Zinsen in dieser Größenordnung (auch zu meiner Überraschung) wohl bereits nicht mehr.

  • ^ Ja, mag sein, die Zinsen bei den Immobilienfinanzierungen hierzulande sind inzwischen auch gestiegen, wohl im Durchschnitt um 0,5 Prozent.


    Vor ein paar Jahren hieß es noch, dass der Immobilienmarkt sich deutlich abkühlen wird, wenn die Renditen auf unter 4 Prozent sinken. Jetzt liegen die Renditen in vielen Großstädten und Ballungszentren bei unter 2 Prozent (bei aktuell 7,3% Inflation) und die Nachfrage ist dennoch ungebrochen. Der Anstieg der Immobilienpreise soll im 1. Quartal dieses Jahres nach ersten Meldungen auch wieder höher ausgefallen sein als im Vorjahr. Corona, Zinsanhebung, Energiekrise oder Baukostenexplosion: Die Preise für Wohneigentum steigen trotzdem, und ich habe so eine Ahnung, dass der Immobilienmarkt zusätzlich als Gewinner aus dem Krieg in der Ukraine hervorgehen wird.

  • ^ Ja, das ist wirklich irre, wie schnell die Bauzinsen in die Höhe schießen. Da habe ich mich gewaltig geirrt, als ich im März noch schrieb, dass 4 oder 5 Prozent auch langfristig eher unwahrscheinlich seien.


    Dass die Hypothekenzinsen in Vorgriff auf eine erwartbare Leitzinsanhebung erfolgt, ist sicher nachvollziehbar. Jedoch wer glaubt daran, dass die EZB die Leitzinsen auf 3 oder 4 Prozent und höher erheben kann, ohne dass der Euroraum in eine tiefe Rezession stürzt? Wir haben in erster Linie eine Schuldenunion, allein eine geplante Anhebung von 25 Basispunkten (0,25%) bringen die Südländer und Frankreich in Bredouille.


    Jetzt haben wir neben explodierenden Grundstücks- und Energiepreisen, gestiegenen Baukosten und einer Rekordinflation also auch verdreifachte Bauzinsen innerhalb weniger Monate. Wahnsinn...

  • erleichternd hoffe ich immer noch darauf, dass die Zinsentscheider bei EZB & Co genau wissen, dass die Gründe für die Preisanstiege nicht die üblichen Finanzmarktmechanismen sind, sondern einige sich überlagernde globale Krisen und v.a. Versorgungsengpässe. Diese lösen sich ja bei höheren Zinsen nicht einfach so auf.

  • ^ Die Angebotsprobleme spielen sicher eine Rolle - sie treffen aber schon auch auf eine expansive Geldpolitik mit extremem Geldmengenwachstum und exzessivem Anleihenkaufprogramm. Ich befürchte eher, dass die letzten Krisen+Angebotsverknappung jetzt nur die Tropfen sind, die das Fass zum Überlaufen bringen.
    Gerade für den Euro-Raum wäre es trotzdem natürlich sehr wünschenswert, dass die Inflationsdynamik schnell nachlässt. In den USA wird ja für 2023 bereits mit einer terminal rate (maximalem Leitzins nach den aktuell erwarteten Anhebungen) von 4 Prozent gerechnet. Wie Cowboy schon schrieb - was ein vergleichbares Level für den Euro-Raum bedeuten würde, mag man sich kaum vorstellen.

  • Der ZIA-IW-Immobilienstimmungsindex (ISI) (was ein Name) zeigt jetzt by the way "einen massiven Stimmungseinbruch" bei den deutschen Immobilienunternehmen. Die Erwartungen für die nächsten zwölf Monate erreichen einen Negativrekord, viele Unternehmen würden ein Kippen des Marktes mit entsprechendem Abschwung befürchten. Den größten Einbruch gibt es bei den Erwartungen zum Bürosektor, den tiefsten Wert erreicht das Wohnsegment.


    Problematisch empfunden werden vor allem die Finanzierungs- und die Kostenseite, also der Mix aus höheren Kreditzinsen und höheren Baukosten. Sicher nur ein Frühindikator und beim eher trägen Immobilienmarkt wird es dauern, bis sich zeigt, ob und wie sehr sich diese negative Stimmung auch konkret auswirkt - speziell natürlich dann hier auf den Leipziger Immo-Markt.


    https://www.iwkoeln.de/studien…er-stimmungseinbruch.html

  • ^ Es bleibt spannend, wie sich der Immobilienmarkt mit deutlich höheren Hypothekenzinsen weiter entwickelt. Noch dominiert das Problem der Angebotsknappheit aufgrund eingebrochener Lieferketten den Markt sowie explodierende Grundstückspreise, und das trifft besonders den Neubausektor. Die versprochenen 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr können aus besagten Gründen gar nicht gebaut werden, so dass die Preise vor allem in den Großstädten weiterhin hoch bleiben dürften. Auch dann, wenn die Bevölkerung stagniert oder, wie in Stuttgart, sogar um einige Prozent pro Jahr zurückgeht, ergo die Nachfrage sinkt.

  • Ich denke die Angebotsseite steuert mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer weiteren Verknappung. Für private Investoren wird es immer uninteressanter - den steigenden Kosten in Materialien, der Knappheit an Handwerkern etc. stehen politische Entscheidungen wie Mietpreisbremse und "Deutsche Wohnen enteignen" gegenüber.


    Bleibt also auch die andere Seite - die Nachfrage. Hier herrscht für mich das größere Glaskugellesen. Wie interessant bleibt der städtische Raum. Überwiegen für den Bürger die (steigende) Attraktivität und Angebote der Metropole gegen die Nachteile (hohe Kosten, Emissionen jeglicher Art, gefühlt steigende Kriminalität, Terrorismus, Verbotskultur). Wie in der von Philipp gezeigten Studie geht die Nachfrage nach Büros bereits stark zurück - d.h. der "Arbeitsplatz" wird zukünftig auch weniger in der Stadt als im industriellen Speckgürtel oder dem digitalen Workspace auf der eigenen Couch oder dem privaten Arbeitszimmer sein.


    In 10 Jahren werden sowieso die Karten neu gemischt, wenn die Boomer-Problematik den Wohnraum neu prägen wird.

  • Dass die sächsische Regierung die Erhöhung der Grunderwerbsteuer von 3,5 auf 5.5 Prozent plant, scheint hier im Forum noch nicht erwähnt worden zu sein. Der sächsische Handwerkstag ist jedenfalls nicht begeistert (Link). Zur Einordnung: 2021 nahm Sachsen damit 436 Mio Euro ein. Hätte damals schon der höhere Steuersatz gegolten und keinen Einfluss auf Verkaufspreise und -volumen genommen, wären es 684 Mio. Euro gewesen. Was diese Steuererhöhung letztlich in Zeiten allgemein steigender Preise und Baukosten für Folgen haben wird, wage ich nicht zu prophezeien, man hatte aber bisher im deutschlandweiten Vergleich den niedrigsten Steuersatz.

  • Bei 500.000 Euro Kaufpreis wären das Mehrkosten von 10.000 Euro - nicht nichts, aber da dürften z.B. die höheren Zinsen sich meist stärker auswirken. Fast alle anderen Bundesländer hatten schon erhöht (außer Bayern und Sachsen) - das war wohl nur eine Frage der Zeit, bis Sachsen nachzieht.



    Das ImmoScout24 WohnBarometer zeigt übrigens, dass die Nachfrage nach Wohnimmobilien in Dtld. deutlich nachgelassen hat (um 36 Prozent gegenüber dem Vorjahr). Die Angebotspreise in Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart seien um bis zu 6,6 Prozent zurückgegangen. Insgesamt gab es allerdings noch einen leichten Preisanstieg, aber auch mit abgeschwächter Dynamik. Für den Rest des Jahres werden demnach vor allem für Neubau-Wohnungen und Einfamilienhäuser in Bestand und Neubau weitere Preisrückgänge ewartet.

    Auf die Situation in Leipzig gehen der Artikel/die Übersichten dort leider nicht ein.

    https://www.immobilienscout24.…-deutschlands-metropolen/

  • Ergänzend noch dazu: immowelt hat Anfang Juli den aktuellen Preiskompass veröffentlicht - und darin gibt es erfreulicherweise auch mal Zahlen zu Leipzig.

    Während sich z.B. in Berlin die Nachfrage zwischen Q2/2021 und Q2/2022 mehr als halbiert hat, gab es hier noch ein kleines Nachfrageplus von 4 Prozent. Damit war Leipzig die einzige unter den gelisteten Städten ohne Nachfragerückgang. Das Angebot hat allerdings stärker als die Nachfrage zugelegt - um 20 Prozent, für die Kaufinteressenten sollte es demnach also eine größere Auswahl geben.


    Der Kaufpreis bei Bestandswohnungen soll laut immowelt in Leipzig um 1 Prozent gesunken sein - auf 2.693 €. Wobei man sich dabei auf Angebotspreise und nicht auf die tatsächlichen Verkaufspreise bezieht.

    Pressemeldung:

    https://www.immowelt-group.com…-deutschlands-metropolen/

    Preiskompass als PDF:

    https://content.cdn.immowelt.c…_Preiskompass_Q2_2022.pdf

  • Die LVZ titelt heute, dass die Mietpreise in Leipzig sinken. Der Artikel ist schon hinter der Bezahlschranke - es ist aber wahrscheinlich, dass man sich auf den aktuellen immowelt Mietkompass bezieht. Laut diesem sind die Angebotsmieten in Leipzig im 3. Quartal um 2 Prozent gesunken (im Vergleich zum 2. Quartal) - auf 6,91 €/m². Deutschlandweit ist das Bild aber uneinheitlich.


    Im Mietkompass wird deutlich vor einer Überlastung von Familien durch die höheren Nebenkosten gewarnt, es gibt dazu auch Beispielrechnungen (auch konkret für Leipzig). Steigende Kaltmieten dürften damit schwerer realisierbar werden.


    https://www.lvz.de/lokales/lei…LBPBNAGIWQJJUJQ5GHMM.html

    https://www.immowelt-group.com…iete-ausnahme-akademiker/

  • Laut LVZ und der Immobilien-Datenbank GeoMap sind die Immobilienpreise in Leipzig in den letzten beiden Quartalen "erstmals" (seit wann, wird leider nicht erwähnt) gefallen - von durchschnittlich 3881 €/m² im ersten Quartal 2022 über 3.805 €/m² in Q2 auf zuletzt 3.595 Euro in Q3 - und damit um immerhin über 7 Prozent in einem halben Jahr (im Vergleich zum Vorjahresquartal zumindest noch um 3 Prozent).
    Erklärt wird das u.a. mit einem deutlichen Sprung bei den Angeboten um über 70 Prozent (Q3 2021 auf Q3 2022). Gleichzeitig sorgen die steigenden Zinsen dafür, dass Käufer mit geringeren Kreditsummen auskommen müssen - im Schnitt sank die leistbare Kreditsumme um 81.000 €, Die Nachfrage scheint aber bisher hoch zu bleiben, die durchschnittliche Angebotsdauer ist im Vergleich zum Vorjahresquartal von 170 auf 74 Tage gesunken.
    Die Preisangaben beziehen sich rein auf die Preise in den Annoncen, die gezahlten Preise können abweichen. Es wird auch nicht in Erstbezug/Bestandsimmobilien unterschieden.


    Bei den Mietpreisen sieht man übrigens anders als im zuletzt verlinkten Artikel keine Entspannung - die Angaben da führt man auf Sondereffekte wie die Mietpreisbremse zurück - tatsächlich würde die Situation am Mietmarkt eher schwieriger (weniger Angebote, kürzere Verweildauer).
    https://www.lvz.de/lokales/lei…N6YZP6TTY4I2KFHTTJMA.html

  • ^ Woher kommen die in dem Artikel behaupteten durchschnittlichen Kaufpreise von 3881 Euro/qm und 3595 Euro/qm für Eigentumswohnungen? Die durchschnittlichen Kaufpreise in Leipzig lagen zuletzt bei 2.700 Euro/qm, was selbst im ostdeutschen Städtevergleich nur Mittelmaß ist. Ich behaupte, die Zahlen können nicht stimmen, oder betreffen nur einen bestimmten Sektor.


    Auf dem Immobilienmarkt prallen im Moment zwei gegensätzliche Trends aufeinander. Explosionsartig gestiegene Bauzinsen und - kosten auf der einen Seite, eine rückläufige Bauaktivität und steigender Bedarf in einer stark wachsenden Stadt andererseits. Welcher Trend sich stärker auf die Preise auswirkt, bleibt abzuwarten. Ich bin aber geneigt schon jetzt zu sagen, dass die Mieten sehr bald deutlich stärker steigen werden als in der Vergangenheit, zumal zusätzlich die hohe Leerstandsquote von über 20 Prozent, wie noch vor 15 Jahren, inzwischen vollständig abgebaut ist.


    Keine guten Aussichten, wie ich finde.

  • GeoMap greift Angebotspreise der großen Immo-Portale ab - die können von den gezahlten Kaufpreisen abweichen. Von einer Einschränkung auf bestimmte Sektoren wie z.B. Neubau stand afaik nichts im Artikel.

  • Die LVZ titelt: Leipzigs Immobilienmarkt stürzt ab – trübe Aussichten für Wohnungsbau.
    https://www.lvz.de/bauen-und-w…WUWZCQZP6WNA2OWBITRU.html

    Der Artikel versteckt sich hinter der Bezahlschranke, lässt aber erkennen, dass er sich auf den Bericht des Gutachterausschusses bezieht. Und den gibt es wiederum auf der Stadtseite:

    https://www.leipzig.de/presse/…d0811f4d9dcd4218865f874a5


    Es gäbe demnach eine Trendwende, Kaufpreise stagnieren (allerdings nicht in allen Marktsegmenten) und Kauffälle gehen deutlich zurück. Im Vergleich 2021 auf 2022 gingen Kauffälle und Umsätze um 18 Prozent zurück. Kauffälle sind sogar auf dem niedrigsten Level seit zehn Jahren. Die LVZ-Überschrift sollte also nicht in die Irre führen - es finden zwar deutlich weniger Käufe statt, die Preise sind dabei aber bisher keineswegs abgestürzt. Bleibt abzuwarten, ob sich das noch ändern wird. Der Immobilienmarkt reagiert schließlich bekanntlich träge und Herausforderungen wie das veränderte Zinsumfeld bleiben bestehen bzw. verschärfen sich weiter.