Leipzig: Immobilienmarkt und -wirtschaft

  • naja....


    Es ist ein Unterschied, ob man in Kleinstädte rundherum zieht (welche in der Tat enormen Leerstand aufweisen, ABG, WSF, ZZ usw.) oder in die Abschreibungsflächen von EFH-Anbietern irgendwo dazwischen. Die Kleinstädte haben durchaus Infrastrukturen, vlt. sogar Bahn- oder Busanbindungen. Doch diese sind historisch bedingt monofunktional. Manchmal passt der Weg zur Arbeit, dafür nichts zum Sportverein. Mangels Läden wird in den EKZs gekauft, also Kaufländern aller Art, an Rändern, peripher und weitab vom ÖPNV. All das wird trotz S-Bahnanschlüssen immense Blechlawinen nach sich ziehen. Im Großraum Frankfurt Main, mit gewisse etablierteren S-Bahn-Strömen in ganz anderen Dimensionen macht dies am Marktanteil kaum etwas aus. Auch rund um München mit ebenso gutem Netz, teil im 10er Takt bis weit raus ins Umland, werden 80% aller S-Bahnfahrgäste lediglich auf den 14 Stationen der Stammstrecke generiert. Fazit: Zersiedelung fördert gigantische Verkehrsprobleme! S-Bahn kann nur dämpfen, aber (hier) nicht lenken oder gar helfen. Linien, welche noch kommen sollen (wie WSF / MER) fahren bereits heute schon, da ändert sich außer dem Namen nicht viel.


    Leipzig selbst hat schon Platzprobleme. Um 100k weitere (wünschenswerte oder notwendige) Einwohner unter zu bringen, braucht es rund 30 - 40.000 weitere Wohnungen. Also 13 x den Freiladebahnhof als Fläche oder 20 mal das Areal Bayerischer Bahnhof. Da wirds schon spannend! Oder rund 200 bis 300 mal die typischen 16-Geschosser als Maßstab. Davon wurden rund 25 abgerissen, die wieder zu erbauen, rettet auch nicht. Auch werden attraktive Flächen nach wie vor nur dünn bebaut. Nur zögerlich kombiniert man Kaufen / Kita / Wohnen usw. übereinander. Leipzig muss sich wieder mehr Dichte zutrauen.


    Das wiederum geht nur mit anderen Verhaltensmustern, v.a. weniger eigenen PKWs. Denn in den 30ern konnten problemarm so viele Leute in den Gründerzeitgebieten leben, weil die Stadt zu Fuß, mit dem Rad und dem Netz der Bimmel funktionierte. Heute sind schon die Arbeitsplätze jwd.


    Die Herausforderungen bleiben! Hier noch etwas aktuelles, wer kann macht mit oder teilt und informiert: http://www.warmes-bett.de

  • Wir haben mehrere Mittelzentren und Grundzentren mit bereit stehender Infrastruktur im Pendelbereich. Es muss auch nicht jeder mit dem Auto in die Stadt pendeln, wenn das S-Bahn-Netz gut ausgebaut ist.

    Das ist so richtig. Es gibt im Großraum Leipzig tatsächlich eine hohe Dichte an Klein- und Mittelstädten. Diese wollen natürlich etwas vom Kuchen abhaben und geben neue Siedlungsentwicklungen frei. Das spart zumindest in der Infrastruktur. Die Straßen sind aber dennoch voll da diese Klein- und Mittelstädte ausser an einer S-Bahn-Station und ggfs. den Zugang zur Autobahn kaum andere Infrastruktur zur Verfügung haben.


    Dazu entstehen die Arbeitsplätze tendenziell ohnehin eher an der Peripherie Leipzigs, man muss also selbst mit dem PKW gar nicht in die Stadt hinein fahren. Und ob Leipzig ausreichend Fläche zu bieten hat - wage ich zu bezweifeln - zumindest wenn man nicht jeden grünen Fleck in der Stadt noch zupflastern möchte.

    Das stimmt so nicht ganz. Industrie und Logistik/Gewerbe entstehen zwar in der Peripherie. Aber die großen Dienstleistungsschleudern stehen in der Stadt, wo auch die meisten Arbeitsplätze sind. Dazu kommen öffentliche Einrichtungen sowie Universität/Hochschulen etc.

    Und natürlich gibt es noch genügend Flächen auf dem Stadtgebiet. Die Stadt hat ja unlängst jene freien Flächen als für den Wohnraum präferiert. Es gibt noch großflächig Ackerflächen. Ist ja im Frühjahr immer schöne zu bemerken, wenn die Gülle-Wolke über Leipzig liegt.....

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  • Das stimmt so nicht ganz. Industrie und Logistik/Gewerbe entstehen zwar in der Peripherie. Aber die großen Dienstleistungsschleudern stehen in der Stadt, wo auch die meisten Arbeitsplätze sind. Dazu kommen öffentliche Einrichtungen sowie Universität/Hochschulen etc.

    Ich würde behaupten, die großen Arbeitgeber sind eher jene an der Peripherie und die Tendenz zeigt - dort wird es mehr. Alleine schon was am Flughafen geplant ist. Öffentliche Einrichtungen werden ja nur hin- und wieder besucht (was Kultur betrifft, andere öffentliche Einrichtungen haben die Kommunen vor Ort ja auch selbst). Hochschulen und Unis werden von Studis besucht, die zumeist eh kein Auto besitzen und in der Stadt wohnen. Die großen Artbeitgeber - bspw. BMW haben eigene, riesige Parkplätze. Ich kenne eine Menge Leute, die aus Kleinstädten oder von Dörfern dort hin zur Arbeit pendeln. Das tangiert uns hier in Leipzig nicht wirklich. Und wer wirklich in die Stadt zur Arbeit muss, wird vielleicht doch eher die Bahn nutzen.


    Und natürlich gibt es noch genügend Flächen auf dem Stadtgebiet. Die Stadt hat ja unlängst jene freien Flächen als für den Wohnraum präferiert. Es gibt noch großflächig Ackerflächen. Ist ja im Frühjahr immer schöne zu bemerken, wenn die Gülle-Wolke über Leipzig liegt.....

    Die gibt es sicher. Aber wollen wir die mit Blick auf den Klimawandel wirklich alle bebauen? Es braucht Grüninseln, Frischluftschneißen, Erholungsflächen, Wasserflächen uws. Auch bspw. Streuobstwiesen haben eine Funktion, die der Lebensqualität in der Stadt zuträglich sind. Diese Lebensqualität ist ja wiederum wichtig, um die Menschen auch in der Stadt zu halten. Und der Gülle-Geruch kann von überall vom Stadtrand herkommen, je nach Windrichtung.

  • Und ich finde, dass das durchaus auch eine gesunde Entwicklung ist.

    So sehe ich das auch. Diesen kleineren Städten tut es außerdem auch mal gut, wenn sich zwischen diese dort häufig anzutreffenden braun-blauen Gedankenköpfe ein paar Familien aus der Großstadt gesellen, die vielleicht dort auch einen gewissen "Horizont" mit hinbringen. Im Übrigen wäre das wiederum auch für die Außenwirkung der gesamten Region von Vorteil ;)

  • Wenn ich auf die Zahlen schaue, sehe ich eine gesunde Entwicklung des Leipziger Immobilienmarktes, wie das auch in einer Marktwirtschaft nicht anders zu erwarten ist. In den ersten elf Monaten des Jahres ist die Einwohnerzahl um 4138 Personen gestiegen (Quelle). Das entspricht etwa 2500 Wohnungen, und die werden nicht nur subjektiv nach den Eindrücken hier im Forum, sondern auch nach den objektiven Zahlen der Stadt Leipzig auch in etwa gebaut bzw. genehmigt (siehe hier und hier). Einen echten Grund für eine massive Ausweitung der Bautätigkeit sehe ich nicht, das könnte eher zu Fehlinvestitionen führen. Es ist auch zu beachten, dass schon 2020 nur noch 18 der 80 deutschen Großstädte überhaupt noch ein (meist geringfügiges) Bevölkerungswachstum hatten (Wikipedia), und sich das 2021 durch den Trend zum Homeoffice bestimmt nicht umgekehrt haben dürfte. Ob Leipzig seine Sonderrolle dauerhaft bewahren wird, bleibt abzuwarten.

  • Ich denke, Umland und Stadt können hier gleichermaßen partizipieren und eine "Abwanderung" dorthin ist gar nicht so sehr zu verteufeln. […] Leipzig hat ohnhin keine richtige Agglomeration, möglicherweise bessert sich das nach und nach.


    Ich freue mich wirklich für das Umland und meine auch, dass die Gemeinden vom Hypezig-Boom profitieren sollten und auch müssen.

    Ich habe aber die Befürchtung, dass hier die Fehler der 60er Jahre ff. der alten Bundesrepublik wiederholt werden, und das Umland mit seelenlosen, autozentrischen Vorort-Ghettos zersiedelt wird. Die Stadt Leipzig ist mittlerweile auch schon auf den Trichter gekommen, dass diese Form der Entwicklung nicht nur negative Folgen für die Gemeinden selbst hat, sondern auch für den Verkehrsfluss in der Metroregion insgesamt.
    Im 21. Jahrhundert wirkt das alles sehr aus der Zeit gefallen, da würden die Umlandgemeinden vermutlich eher von besseren ÖPNV-Anbindungen profitieren, anstatt fruchtbares Ackerland mit never ending Retortenstädten zu überbauen.

  • Irgendwo habe ich eine Statistik gelesen, dass in Leipzig im Schnitt 40 Quadratmeter Wohnraum pro Einwohner kommen. Mit steigenden Preisen wird sich in erster Linie wohl diese Quadratmeterzahl pro Einwohner verringern. Wir haben Bekannte in München, die zu Viert in einer 70qm-Wohnung leben. Das ist dort wohl keine Ausnahme, hier schon.

    Die Wohnfläche pro Kopf beträgt in München 39 qm. Der Bundesschnitt über alle Städte ergibt 41 qm, für Vororte 47 qm und für den ländlichen Raum 51 qm (alle Angaben aus dem Jahr 2020).

    Man bekommt 700.000 Menschen eben nicht mehr in diese Stadt gepfercht, wie vor 70 Jahren. Die Rahmenbedingungen sind ganz andere.

    Die Stadt Leipzig hat eine administrative Fläche von 297 qkm. Das sind nur 13 qkm weniger als München hat. 35 % dieser Fläche, also rd. 100 qkm, sind lt. Wiki landwirtschaftliche Nutzfläche. Rein überschlägig zur Abschätzung: 100.000 Einwohner ließen sich allein darauf locker unterbringen, die Dichte käme nicht über 1000 Ew/qkm. Jetzt berücksichtigen wir noch Innen- und Nachverdichtung... von einem Einpferchen möchte ich da nicht sprechen.


    Es gibt sehr wohl gerade auch Familien, die die S-Bahn-Anbindung an Leipzig sehr im Blick haben.

    Diesen Eindruck habe ich (für M) auch. Natürlich haben die wenigsten gar kein Auto mehr, aber - womöglich auch um Leipzig herum in Zukunft zutreffend - das klassische EFH mit >1 KFZ ist selbst im Umland mit Radius 30 km nur noch von einer Mittelschicht im Sinne Friedrich Merz zu erwirtschaften. Gerade dort, wo die S-Bahnen verkehren. Für junge Familien daher gerade besonders attraktiv: Geschosswohnungsbau im Umland nahe S-Bahn. Diejenigen, die einen Arbeitsplatz in den Städten haben, nutzen aufgrund der oftmals nur sternförmig in diese verkehrenden Bahnen eher den ÖPNV, als diejenigen, deren AP im Umland liegt. Tangential sind diese in vielen Agglomerationen i.d.R. nur via Bus vernetzt, sodass das Auto trotz kürzerer Entfernung oft das Mittel der Wahl bleibt. Und gerade im Umland und an den Rändern der Städte entstehen ja aktuell viele Arbeitsplätze... anstatt jetzt einen hunderte Millionen Euro teuren Spritrabatt per Gießkanne für alle rauszuhauen, sähe ich lieber endlich mal Milliarden in den ÖPNV investiert.

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    die landwirtschaftliche Fläche kann jedoch nicht einfach so entfallen. Da spielen Funktionen wie Kaltluftschneisen oder aus grundwassertechnischen Gründen eine Rolle. Ebenso die Ortskerne (z.B. Stünz). Und auch im administrativen Stadtgebiet gibt es an den Rändern dörfliche Strukturen. Das Thema Zersiedelung mit ihren negativen Auswirkungen ist ja keine Frage der administrativen Stadtgrenze. Die sinnvoll zur Verfügung stehenden Flächen sind wiederum deutlich kleiner.

  • Das ist mir natürlich bewusst, weshalb ich auch von grob überschlägig sprach ;). Flächenpotenziale gibt es in Leipzig jedenfalls mehr als genug, um auch 700.000 Einwohner unterzubringen.

    Das Thema Zersiedelung mit ihren negativen Auswirkungen ist ja keine Frage der administrativen Stadtgrenze.

    Ich würde sagen: Jein. Innerhalb der administrativen Grenzen hat die Stadt Leipzig mit ihren Ressourcen und Kapazitäten die Planungshoheit. Eine langfristige Siedlungsentwicklung, übergeordnete Strukturkonzepte, Bebauungspläne, ÖPNV etc. all das vermag eine Umlandkommune überhaupt nicht bis weit weniger leistungsfähig umzusetzen. Selten ziehen alle Gemeinden an einem Strang (Konkurrenz, Kirchturmdenken), die Zersiedlung wird besonders sichtbar. Umgekehrt könnte eine strategisch gut geplante Verdichtung und Stadterweiterung innerhalb der Grenzen der Umlandzersiedlung etwas Schub nehmen.

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    in der Theorie ja - in der Praxis nein. Gerade Leipzig vergeigt es nach Strich und Faden, Systematik und Struktur so in Nachverdichtung und Ausweitung zu legen, dass es hinsichtlich Mobilität und Nahbereiche großstadtwürdig ist und sich von den negativ-Beispielen von Umlandkommunen abhebt. Die Verwaltung hält auch trotz konkreter Hinweise und Vorschlägen (in diversen Abstimmungs- und Info-Gremien) am Kurs der Ignoranz fest. Sprich: Sie handelt vorsätzlich schlecht, nicht fahrlässig schlecht.

  • ^ Wobei immer bedacht werden sollte, dass die 700.000 Einwohner um 1930 herum deutlich weniger Wohnraum zur Verfügung hatten.

    Vollkommen richtig. Beachten sollte man allerdings auch, dass die Stadt damals flächenmäßig nur halb so groß war - die Einwohnerdichte war eine der größten Europas.


    Dort gibt es auch mehr als genug innerstädtische Brachflächen nach den Abrissen in den letzten Jahrzehnten. Kirchturmdenken nutzt hier nichts, man muss eine Region als Ganzes betrachten. Wir haben mehrere Mittelzentren und Grundzentren mit bereit stehender Infrastruktur im Pendelbereich. Es muss auch nicht jeder mit dem Auto in die Stadt pendeln, wenn das S-Bahn-Netz gut ausgebaut ist.

    Lies bitte meinen post nochmal durch - mir ging es nicht um den Zuzug in innerstädtische Neu- oder leerstehende Bestandsbauten in vermeintlich darbenden Mittelzentren wie Weißenfels oder Zeitz sondern um die unzeitgemäße Versiegelung der grünen Wiese mit EFH für die die Kosten-Nutzen-Rechnung der zu schaffenden Infrastruktur (Straßen, Leitungen usw.) einfach nur richtig schlecht ausfällt. Insbesondere wenn kein adäquater ÖPNV vorhanden ist – nicht jedes Kaff im Umland ist an die S-Bahn angeschlossen. Von den Einbußen für Landschaft und Natur fang ich gar nicht erst an.


    Und ob Leipzig ausreichend Fläche zu bieten hat - wage ich zu bezweifeln - zumindest wenn man nicht jeden grünen Fleck in der Stadt noch zupflastern möchte. Nachverdichten schön und gut - aber um jeden Preis? Man bekommt 700.000 Menschen eben nicht mehr in diese Stadt gepfercht, wie vor 70 Jahren. Die Rahmenbedingungen sind ganz andere.

    OB Jung sprach von einer Einwohnerzahl bis zu 800K, die die Stadt ohne große Probleme händeln könnte ohne dabei an Kapazitätsgrenzen zu stoßen. Bei dieser Zahl gehe ich mit. Die Morphologie bzw. der überkommene bauliche "Mantel" der Stadt gibt das als Basis her. Die Infrastruktur wurde damals bereits für eine Millionenstadt ausgelegt, Nachjustierungen (z.B. ÖPNV) müssten natürlich trotzdem erfolgen bzw. sind heute bereits hier und da überfällig.


    Jeder der sich in der Stadt bewegt wird die schier unendliche Anzahl an riesigen Brachflächen, Häuserlücken oder DDR-Garagendörfern kennen. Man kann ja über vieles diskutieren aber dies ist einfach ein Fakt, den zu verneinen entweder von Unkenntnis oder einer bestimmten Agenda zeugt. Das Flächenreservoir in der Kernstadt ist derart immens und mit keiner anderen dt. Großstadt vergleichbar und da haben wir noch nicht mal über Wohnhochhäuser oder Aufstockung im Bestand gesprochen. Man müsste auch nicht in die vorwiegend landwirtschaftlich genutzte Zone zwischen urbanem Raum und Stadtgrenze eingreifen.

    Ich verstehe ehrlich gesagt nicht woher immer diese Panik kommt die Stadt würde zubetoniert und jedes grüne Fleckchen nun zur städtischen Hitzeinsel transformiert. Das vorausschauend geplante sternförmige System der vielen Parks bleibt ja bestehen ebenso der riesige Auwald. Die Grün- und Blau-Programme der Stadt mit z.B. der Öffnung der Wasserläufe oder hunderttausenden neuer Straßenbäume werden als Bausteine viele andere Maßnahmen begleiten, die eh schon infolge des gesellschaftlichen Umdenkens hin zu nachhaltigeren, klimaneutraleren Städten angegangen werden (müssen).


    Fazit: Alles andere als das klare Bekenntnis zur Leipzig-Charta bzw. zur Europäischen Stadt wäre ein großer Fehler, den man hier tunlichst vermeiden sollte - und einer dieser Fehler wäre eben die ungesteuerte Zersiedelung des Umlandes mit all ihren negativen Auswirkungen insbesondere auf Natur und Klima.

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  • Lies bitte meinen post nochmal durch - mir ging es nicht um den Zuzug in innerstädtische Neu- oder leerstehende Bestandsbauten in vermeintlich darbenden Mittelzentren wie Weißenfels oder Zeitz sondern um die unzeitgemäße Versiegelung der grünen Wiese mit EFH für die die Kosten-Nutzen-Rechnung der zu schaffenden Infrastruktur (Straßen, Leitungen usw.) einfach nur richtig schlecht ausfällt. Insbesondere wenn kein adäquater ÖPNV vorhanden ist – nicht jedes Kaff im Umland ist an die S-Bahn angeschlossen. Von den Einbußen für Landschaft und Natur fang ich gar nicht erst an.

    Das hatte ich. Sehr aufmerksam sogar, und kam zu dem Schluss, dass ich darauf hinweise wollte, dass es nicht jeder auf ein EFH abgesehen hat - wofür wiederum neu auszuweisenden Flächen notwendig wären (im übrigen gibt es in den besagten Städten sogar leerstehende EFH, nämlich von Menschen, die sich finanziell übernommen haben; es gibt auch bereits erschlossene Wohngebiete, die noch Platz haben;)). Es geht mir vielmehr auch um Menschen, die einfach nur eine Wohnungen suchen - und die haben diese Städte zu bieten. Diese Städte darben übrigens nicht nur vermeintlich, sie tun es tatsächlich. Alles was ich sagen wollte war - es ist doch besser, wenn Familien, die nicht so viel Geld zur Verfügung haben, ins Leipziger Umland ziehen, als vielleicht ganz woanders hin. Wer aus der Stadt raus will, der wird es auch tun. Es ist besser, die hiesige Region profitiert davon, als eine andere.


    Was die Flächen betrifft - nochmal - ja es stimmt: Häuserlücken gibt es viele, Brachflächen auch, aber vielleicht nicht mehr ganz so viele, bzw. sind diese bereits zum großen Teil bereits verplant. Abgesehen davon, dass sich diese Neubauten wahrscheinlich nicht jeder leisten kann, bleibe ich aber dabei: Heute haben die Leute einfach Lust auf mehr Raum und Platz, wohl in der Wohnung, als auch draußen im Stadtraum, sonst ziehen sie eben weg. Die Leute wollen es im Sommer in der Stadt auch noch aushalten können - und genau da liegt das Problem! Ja, die Stadt verliert tagtäglich Grün, und das ganz massiv und eben nicht nur die vermüllte Piss-Ecke eine Straße weiter. Für 23 Prozent der Bevölkerung Leipzigs war bereits 2015 keine Grünfläche im Umfeld von 250 Metern zum Wohnort zu erreichen (INSEK 2017a). Seitdem sind wieder zahlreiche Grünflächen verschwunden. Es gab allein 2016 einen Grünflächenverlust von über 50 Hektar. Die zwei offenzulegenden Wassergräben sind nett anzuschauen, helfen aber wenig dem Stadtklima. Der Auenwald trocknet aus, viel schneller als uns lieb ist. Und ja, es SOLLTEN EIGENTLICH jährlich 1000 Bäume gepflanzt werden, mal rechnen wann wir da das Ziel erreicht haben ... :SAber ganz aktuell stellte man sogar fest, dass Leipzig beim Baumverlust gar nicht mehr hinterher kommt. In den 3 Jahren 2019 bis 2021 wurden allein 5000 Bäume in Straßen, Parks und Grünanlagen gefällt (https://www.l-iz.de/politik/le…cht-mehr-hinterher-439285)! Man kann sich hier keinesfalls zurücklehnen und sagen: Ach, das vorausschauend geplante sternförmige System der vielen Parks bleibt ja bestehen - nein, es genügt eben einfach nicht.

    Übrigens mal zur Verdeutlichung: Wenn man eine 100 Jahre alte Buche, die 20 m hoch und einen Kronendurchmesser von 12 m hat fällt, bräuchte man 2000 junge Bäume a 1 cbm Kronendurchmesser, wollte man diesen vollwertig ersetzen. Und da du ja im Gegensatz zu mir immer mit offenen Augen in der Stadt unterwegs bist, weißt du sicher, wieviele Bäume in der Stadt tägtäglich verschwinden und wieviele Neue hinzukommen ;)

    Wir können das eben in Leipzig nicht so machen, wie das andere Städte früher gemacht haben. Verdichtung müsste also demnach vornehmlich vertikal stattfinden und nicht in die Fläche, denn die sollte aus den genannten Gründen mehr Grün vorbehalten bleiben! Allerdings wissen wir alle, dass eben in Leipzig kaum in die Höhe gebaut wird. Deswegen habe ich eben auch meine Zweifel daran, dass Leipzig genügend Flächen hat.

  • Das Thema Grün- und Freiflächen ist ein wichtiges im Zusammenhang mit der Nachverdichtung. Doch ehrlicherweise muss auch gesagt werden, dass sich die Freiflächen in drei Qualitäten teilen:

    1) die berühmten Pissecken, also keine echten Flächen, sondern Versatzstücke, die ungepflegt blieben

    2) versiegelte oder anderweitig genutzte Lücken, hier fallen die Garagenhöfe hinein oder auch Parkplätze oder gewerbliche (Auto)Händler

    3) echte Grünflächen, diese teilen sich in

    3a) Grünflächen mit Nutzen als Biotop für Flora und Fauna (hier die kritisch gesehenen Flächen am Leuschnerplatz)

    3b) Grünflächen mit Aufenthaltsnutzung für Menschen (hier fällt mir spontan die ex Wiese an der Gohliser Str. ein, welche jetzt eine Kita ist.)


    1 & 2 sollten angesichts der Vorteile vom Wohnen in der Stadt unstreitig dichter genutzt werden

    3a wird dann diskutabel, wenn die Zeit zu waldähnlichem Aufwuchs führte, hier die Areale rund um den ex-S-Bf. Anger Crottendorf

    3b wird immer Knatsch geben, da allein die Hundebesitzer diese brauchen


    Was fehlt ist eine zeitgemäße und vertikale Transformation von Grün- und Ausgleichsfunktionen. Ob das Pflanzungen gleich welcher Art an der Fassade sind oder endlich eine gute Dachbegrünung welche die Bauleitplanung in Kombi mit Solarthermie und Photovoltaik vorschreibt oder neue Ansätze sind, über gestaffelte Pflanzungen gleichsam das Thema Schwammstadt aufzugreifen sei dahin gestellt - allein die um Potenzen kürzeren und vielfältig zurücklegbaren Alltagswege der Bewohner sind DAS Pfund zum Wuchern beim Thema CO2-Senkung im Verkehrssektor.


    Umlandstädte, das hat Nuperus korrekt präzisiert, brauchen Bewohner IN den vorhandenen Stadtstrukturen, damit sich Kita- Schulen, Einzelhandel usw IN den Städten besser umsetzen lassen. Leider sind die nach 30 Jahren Niedergang häufig ohne lokale Funktion, ohne größere Arbeitgeber ohne Freizeitangebote, denn diese ballen sich an den Gewerbegebieten mit Autobahn/Bundesstraßenanschluss. Folglich werden selbst die Umlandstädter im Alltag weite Wege haben und diese motorisiert zurück legen (müssen). S-Bahn oder Plusbus-Anschlüsse helfen einem Teil der Pendler in andere (Ober)zentren, doch der Alltag mit den Wegen im Binnenverkehr leidet. Erste Verbesserungen bringen Projekte wie "Muldental in Fahrt", also Ortsbssystem an 7 Tagen die Woche vertaktet mit vielen vielen zusätzlichen Haltestellen (Erstes Fazit war +20% Nachfrage), aber insgesmt bleiben diese Mobilitäten CO2-Killer.


    Dass EFH-Zersiedelungsprojekte noch schlimmer sind, steht außer Frage.


    Nicht vergessen werden darf, dass das gesellschaftliche "Idealbild" immer noch das EFH ist. Hunderte Fernsehserien und Filme setzen das so voraus und prägen das Erwartungsbild. Massive Werbung für Baufinanzierung pushen den vermeintlichen Bedarf.

  • Es geht mir vielmehr auch um Menschen, die einfach nur eine Wohnungen suchen - und die haben diese Städte zu bieten.


    Die Annahme, Städte / Gemeinden im Umland hätten bessere Wohnungen zu günstigeren Preisen als Leipzig zu bieten, wird hier seit Jahren immer mal wieder geäußert, ohne sie zu belegen. Ich habe dazu auch schon mehrfach geschrieben, dass diese Annahme nicht stimmt. Wir haben in Leipzig im Gegensatz zu jeder Umlandgemeinde oder Kreisstadt nicht nur deutlich mehr Wohnungen (ob zur Miete oder als Eigentum) auf dem Markt, sondern auch ein deutlich breiteres Angebot mit unterschiedlichen Qualitäten und Preisen. Klar wohnt man in Borna oder Eilenburg günstiger als in Leipzig-Gohlis, aber wohnt man dort auch günstiger als in Leipzig-Grünau, Paunsdorf oder, wenn's nicht die Platte sein soll, in Thekla oder Anger-Crottendorf? Noch dazu, wenn der Arbeitsplatz in Leipzig liegt?


    Wir sehen in Leipzig eine zunehmende Abwanderung von Familien mit Kindern, die sich vor der Stadt im Grünen ein EFH bauen / kaufen wollen. Der wichtigste Grund dafür ist noch nicht einmal der, dass sich die Familien ein EFH im Stadtgebiet nicht mehr leisten könnten, sondern vielmehr der, dass es dafür schlicht keine Angebote in der Stadt mehr gibt. In den Anfängen unseres Wohnungsbau-Threads wurden noch viele sog. Stadthaus-Projekte vorgestellt. Damit ist es längst vorbei, Gott sei Dank. Wie meine Vorredner schon geschrieben haben, präferieren viele Häuslebauer dabei die Nähe zur S-Bahn, wenn sie aus Leipzig rausziehen, und sind entsprechend auch bereit, dafür mehr fürs Grundstück zu zahlen. Ich hatte das Beispiel in Rackwitz mit S-Bahn-Anschluss erwähnt, dass dort schlichte EFH aus den 90er-Jahren für satte 800.000 Euro angeboten werden. Und die gehen weg. Die Preise sind nicht das primäre Problem in Leipzig, sondern das fehlende Angebot.


    Die Stadt Leipzig hat das Problem erkannt und, kurzsichtig wie sie ist, macht sie sich jetzt stark für neue Ausweisungen von EFH-Siedlungen in den Randgebieten: Heiterblick, Seehausen oder jenseits der A14 in Portitz. Das ist natürlich für die Statistik gut, schließlich bleiben so die Einwohner in der Stadt, de facto ist man von dort aber schlechter ans Stadtgebiet angebunden als von so mancher Umlandgemeinde.



    Und ja, es SOLLTEN EIGENTLICH jährlich 1000 Bäume gepflanzt werden, mal rechnen wann wir da das Ziel erreicht haben ... :S Aber ganz aktuell stellte man sogar fest, dass Leipzig beim Baumverlust gar nicht mehr hinterher kommt. In den 3 Jahren 2019 bis 2021 wurden allein 5000 Bäume in Straßen, Parks und Grünanlagen gefällt (...)

    Für 23 Prozent der Bevölkerung Leipzigs war bereits 2015 keine Grünfläche im Umfeld von 250 Metern zum Wohnort zu erreichen (INSEK 2017a). Seitdem sind wieder zahlreiche Grünflächen verschwunden. Es gab allein 2016 einen Grünflächenverlust von über 50 Hektar.


    Ich finde, man sollte hier Wohnungsbau und Grünflächenverlust mehr voneinander trennen. Die Grünflächen verschwinden ja nicht, weil neue Wohnungen gebaut werden, schon gar nicht dann, wenn sie in Baulücken entstehen, sondern weil es an der Umsetzung hapert, ausreichend neue Bäume zu pflanzen und Grünflächen zu pflegen, zu erhalten und neue zu schaffen.

  • Cowboy: Man kann Wohnungsbau und Grünflächenverlust doch gar nicht voneinander trennen:/. Jede neu gebaute Wohnung geht nicht nur mit dem Bedarf an Flächen für sich selbst, sondern irgendwann auch mit zusätzlichem Bedarf an neuer oder erweiterter Infrastruktur einher. Beispielsweise neue Verwaltungsgebäude, mehr Einzelhandel, Krankenhäuser, mehr Schulen, Sporthallen, Sportplätze, Schwimmhallen (das Beispiel haben wir ja ganz klassisch gerade am Otto-Runki-Platz) u.s.w., all das geht selbstverständlich zu Lasten von Grünflächen. Da fallen mir ganz spontan der Lene-Voigt Park mit dem Turnhallenneubau mitten im Park ein oder die Sportstätten an der Semmelweisstraße, dem etliche Bäume weichen mussten, ein. Dass die Stadt beim Bäumefällen nicht gerade zimperlich ist, wissen wir. Ich weiß, dass sich die meisten eine Stadt Leipzig wünschen, die so schön dicht bebaut ist, wie andere deutsche Großstädte (ich selbst mag das urbane ja auch) - doch das ist aus meiner Sicht einfach langfristig keine gute Idee. Wir brauchen einfach mehr Grünflächen, Luftschneißen, Straßenbäume, Rückzugsorte für Arten und Wasserflächen in der Stadt. Gründächer - wie von C.S. angesprochen helfen bei Starkregen, sind gut, aber unterstützen nur. Grünfassaden will kaum ein Eigentümer. Andere Großstädte werden da künftig wohl einen Rückwärtsgang einlegen müssen, das kann Leipzig anders machen, weil es noch mitten im Transformationsprozess ist. Es läuft doch so: Man streichelt den nervenden Ökos augenrollend über den Kopf und sagt: "Schau´ doch mal, ich pflanze dir hier nächstes Jahr einen Baum und nun sei ruhig" :D. Man muss den Klimawandel mit seinen Auswirkungen auf eine Großstadt im Blick behalten und zwar ernsthaft - und ja - da geraten wir in eine Flächenkonkurrenz. Wir machen groß einen auf Klimanotstand, aber im Grunde wird es einfach immer nur noch schlimmer.


    Und sehr wohl steigen die Mietpreise (über die Grundstückspreise brauchen wir sicher nicht zu diskutieren) in Leipzig im Vergleich zum Umland schneller und entkoppeln sich so langsam von den hiesigen durchschnittlichen Löhnen. Und selbstverstänlich ist die Nachfrage nach Wohnungen eine andere im Leipziger Umland als in der Stadt Leipzig. Und die Nachfrage entscheidet bekanntermaßen über den Preis. Zumal ich noch Bekannte und Familie in der alten Heimat habe, deren (Kalt-)Mieten seit Jahrzehnten keinen Pfennig/Cent gestiegen sind.

  • ^

    Wenn Du sagst Leipzig sollte weniger bauen (so verstehe ich es zumindest) und andere Städte einen Rückwärtsgang einlegen (Rückbau?) dann ist dass nicht wirklich zielführend. Nicht wenige Großstädte prosperieren und benötigen händeringend Wohnraum, den künstlich zu verknappen nur zu sozialen Verwerfungen führen würde. Die meisten Arbeitsplätze entstehen nun mal in den Städten und nicht in Kleinkleckersdorf. Hier werden Innovationen entwickelt und globale Prozesse angestoßen. Glücklicherweise haben wir immer noch die freie Wahl des Wohnortes und keine chin. oder nordkorean. Verhältnisse wo man eine Wohnerlaubnis für Peking oder Pyongyang benötigt. Du könntest es aber auch von der Warte aus betrachten: Ein Baum, der in Leipzig gefällt wird (gibt ja auch sowas wie Ausgleichsmaßnahmen!) kann z.B. in der Oberlausitz stehen bleiben auch wenn es für die dort lebenden natürlich nicht schön ist wenn die Bevölkerung ausdünnt. So bleibt aber mehr Natur in diesen wirtschaftlich schwierigen Regionen übrig oder kann sogar „zurückgeholt“ werden. Ungeachtet dessen ist Natur- und Klimaschutz natürlich auch und gerade in einer Großstadt ein überaus wichtiges Unterfangen – dessen sind wir uns einig. Städte, die sich dieser Herausforderung nicht stellen werden zukünftig unattraktiv für Ansiedlungen und gut ausgebildete Menschen werden. Man müsste dann wieder viel Geld in die Hand nehmen um diese Städte zu transformieren was dann aber das Thema Nachhaltigkeit wieder komplett konterkariert.

  • ^Ich habe gesagt, dass es durchaus klug ist, die umliegenden [(!), also den "Gürtel" und nicht die Oberlausitz)] Städte und deren bereits vorhandene Infrastruktur "mitzunutzen", weil in der Großstadt aus den erschöpfend ausargumentierten Gründen die Flächen endlich sind. Das schadet Leipzig nicht, im Gegenteil.

    Dass man das weit abliegende Kleinkleckersdorf nicht künstlich am Tropf halten muss und besser daran täte, dort Natur zurückzuholen - da stimme ich dir absolut zu.

  • Wie geht es mit den Immobilienpreise in Leipzig weiter? Ich schätze, weiter steil nach oben, auch wenn die Crash-Propheten nicht müde werden, davor zu warnen, dass die Immobilienblase bald platzen wird. Aber das haben sie auch schon zu Beginn der Corona-Krise vor zwei Jahren vorhergesagt, und die Preise sind gerade in den letzten beiden Jahren explodiert wie noch nie. Ich sehe künftig keine nennenswerte Änderung der Geldpolitik der EZB [...].

    Die US-Notenbank hat gerade letzte Woche die Zinswende eingeläutet - allein in diesem Jahr soll es dort bis zu sieben Zinserhöhungen geben. Und schon heute hat Jerome Powell gleich noch mal verbal nachgelegt und weitere/stärkere Maßnahmen angekündigt, weil die Inflation zu extreme Ausmaße annimmt. Sollte die Inflationsdynamik in Europa weiter anziehen (zumal sie in einigen EU-Staaten noch ausgeprägter als in Deutschland ist), wird die EZB sich schon noch bewegen müssen. Einige zarte Signale gab es ja auch da schon.
    Die Interessenslage für ein möglichst langes Hinauszögern der Zinswende gibt es bei beiden Notenbanken (in den USA wohl vor allem motiviert aus Angst vor Rezession und einbrechendem Aktienmarkt, im Euroraum vor allem aus Sorge um die Staatsfinanzen einiger Länder) - aber sowohl Fed als auch EZB müssen früher oder später doch eingreifen und in Richtung Preisstabilität arbeiten.
    Mit Blick auf die weiterhin enormen Probleme bei den Lieferketten, explodierende Erzeugerpreise (https://www.tagesschau.de/wirt…preise-inflation-101.html) und die schwierige Situation mit Pandemie/Krieg wird es zunehmend unwahrscheinlicher, dass das Inflationsthema einfach so ausgesessen werden kann.
    Die großen Bauträger sind aber wohl extrem von Niedrigzinsen abhängig - kommt die Zinswende, dürfte bei vielen Projekten ganz schnell Schicht im Schacht sein. Und auch die privaten Häuslebäuer sind bei den aktuellen Preisen und den entsprechend langen Kreditlaufzeiten auf die aktuellen Minimalzinsen angewiesen. Das sieht mir insgesamt schon sehr nach einer Gemengelage aus, die mit einiger Verzögerung auch bei den Immopreisen zur Trendwende führen könnte. Ob man das dann als Crash oder längst überfällige Korrektur wahrnimmt, hängt sicher von der jeweiligen Perspektive ab.

  • ^ Es ist ein schmaler Grad der Notenbanken: Heben sie die Zinsen an, laufen sie Gefahr, die (nach wir vor gut laufende) Wirtschaft abzuwürgen und ein Heer an Arbeitslosen wäre auf Hilfen vom Staat angewiesen. Belassen sie die Zinsen weiterhin auf sehr niedrigem Niveau, laufen sie Gefahr, die Inflation nicht mehr einfangen zu können.


    Aus meiner Sicht wird die Fed die Zinsen auch weiterhin nur sehr moderat anheben und sehr darauf bedacht sein, dass der Realzins in den USA auch auf lange Sicht negativ bleiben wird. In der Euro-Zone ist eine Zinsanhebung frühestens für 2023 vorgesehen. Die offizielle Begründung lautet, wie du schon geschrieben hast, dass ärmeren EU-Ländern sonst die Pleite drohe. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass eine Zinswende hierzulande zu großen Verwerfungen in der Wirtschaft führen wird. Ich denke dabei an große Unternehmen wie VW oder Lufthansa, die dann ihre massiv angehäuften Schulden nicht mehr reduzieren können (nicht begleichen, denn das werden sie wahrscheinlich nie mehr können). Also wird weiterhin viel Geld aus dem Nichts geschaffen und zu geringen Zinssätzen in die Wirtschaft gepumpt, und damit der Inflation weiter Vorschub geleistet. Pandemie, Krieg und Lieferkettenprobleme wirken sich verstärkend aus.


    Für die Immobilienwirtschaft sehe ich in dieser Dekade keine hohe Zinsen mehr. 4 oder 5 Prozent, wie sie noch in den 00er-Jahren üblich waren, wird es auch langfristig nicht geben, so dass auch hier die Preise weiter ansteigen werden. Nun gibt es noch andere Faktoren als die Höhe der Zinsen und einige Experten glauben, dass aus demographischen Gründen die Immobilienpreise ab 2025 wieder sinken. Ich glaube nicht daran, aber wir werden sehen. Ein Crash auf dem Immobilienmarkt schließe ich ohnehin aus, auch wenn die Bundesbank jüngst davor gewarnt hat, dass die Immobilien in einigen Städten 20 bis 30 Prozent überbewertet seien und in internationalen Rankings das Crash-Potenzial in München und Frankfurt weltweit am Höchsten sei. Was vor allem gegen einen möglichen Crash spricht, ist die Tatsache, dass die Finanzierung im Gegensatz zu den USA und Spanien, als dort die Immo-Blase platzte, hierzulande immer noch sehr solide ist und auch die Banken im Vergleich gut aufgestellt sind.