Fischerinsel / Petriplatz / Breite Straße

  • [...] da ich mir nicht vorstellen kann, dass die WBM nun noch einen Fassaden-Wettbewerb durchführt.

    Es wird auch keinen "Fassadenwettbewerb" geben, sondern überhaupt erst einen Realisierungswettbewerb. Steht da aber auch:


    Nachdem die Jury einen Entwurf oder Elemente aus mehreren Entwürfen als Grundlage für die weitere Entwicklung ausgewählt hat, beginnen die nächsten Arbeitsschritte. Die Ergebnisse werden mit den Vorgaben des Bebauungsplans und den beteiligten Verwaltungen abgestimmt, ggf. werden Anpassungen an den Bebauungsplan notwendig. Die hierfür zuständigen Verwaltungen sind bereits in das Verfahren als Sachverständige oder Juroren eingebunden. Auf Grundlage der Ergebnisse werden die finanziellen Rahmenbedingungen und die planungsrechtliche Genehmigungsfähigkeit geprüft. Anschließend wird auf Grundlage der Ergebnisse des Werkstattverfahrens, der ggf. überarbeiteten Vorgaben des Bebauungsplans und der wirtschaftlichen Eckdaten ein Realisierungswettbewerb vorbereitet. Beim Realisierungswettbewerb geht es dann um konkrete Vorschläge, wie das Quartier aussehen und gebaut werden soll.

    Quelle: https://mein.berlin.de/projekt…-breite-strasse-berlin-m/

  • Ich bleibe jedoch bei meinen Bedenken, da ich mir nicht vorstellen kann, dass die WBM nun noch einen Fassaden-Wettbewerb durchführt.

    Die WBM hat den Auftrag zur Umsetzung. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass sie an diesem Ort Herrin des Verfahrens ist – sowenig wie am Molkenmarkt, übrigens. Auch der städtebauliche Wettbewerb ("Werkstattverfahren") lag in der Hand des Bausenats.

  • Ich kam heute beim Bauvorhaben der WBM Fischerinsel vorbei und zu meinem Erstaunen stellte ich fest, dass die Fenster an allen Seiten (auch zur Gertraudenstraße also Seite Haus der Dt. Wirtschaft) versetzt angeordnet sind. Zumindest sind die Löcher in der Betonstruktur nicht in einer Linie wie es der Entwurf abbildet:

    https://www.blrm.eu/projekte/project/120/


    Ich persönlich halte das Projekt an dem Standort für einen Totalausfall aus dem Hause Lüscher und WBM. Die versetzten Fensteröffnungen veranlassen mich jedoch zu noch mehr Sorge.

  • Also auf den Visus sehen die Fenster auch versetzt aus. Erst die zweite Fassadenschicht (aus Blech?) ordnet die versetzten Fenster in ein gleichmäßiges Raster.


    Trotzdem kann ich dir nur recht geben, dass ein solch banales Teil wirklich gar nichts an diesem Ort zu suchen hat. Es ist ein Paradebeispiel dafür, wie sehr die Umgebung Einfluss auf die architektonischen Ambitionen hat. Die potthässlichen DDR-Hochhäuser setzen keinerlei Maßstab und dementsprechend passt sich auch die neue Architektur daran an, egal welch bedeutende Geschichte dieser Ort eigentlich hat. Wenn drumherum noch die frühere Bebauung stünde, sähen die Neubauten ganz anders aus...

  • Das Kind ist doch schon in den Brunnen gefallen, als der Hochhausentwurf gekippt wurde. Jetzt sich aber nochmal über die Entwürfe zu echauffieren, die sowieso gebaut werden, bringt auch nichts. Vielleicht machen die kleinen Balkone und die angedeutete Farbe in den Fensterlaibungen und unter den Balkonen das Gebäude doch irgendwie erträglich.

  • ^

    Zum Glück wurde der Hochhausentwurf gekippt. Das hätte den Charakter der angrenzenden Hochhaussiedlung nur noch weiter anerkannt und zementiert. Bei einer klassischen Blockrandbebauung kann man immer noch hoffen, dass die DDR-Bauten in Zeiten geringeren Wohnungsmangels (wenn auch erst in 20 Jahren) verschwinden werden und der Blockrand dort weitergeführt wird. Damit meine ich auch keine Rekonstruktion der Altstadt sondern einfach ein Rückgewinn von Urbanität, die diesem zentralen und historischen Ort gerecht wird. Wer weiß - je nachdem wie der Molkenmarkt glückt, könnte dieser zum Vorbild für eine Neuentwicklung der Fischerinsel werden.

  • Zur Werbeplane auf Dexters drittem Bild:

    Die WBM spricht selbst davon, dass sie am historischen Cöllnischen Fischmarkt baut ... und errichtet ein völlig gesichtsloses Gebäude. Wenn dann noch von der "Integration archäologischer Funde" gesprochen wird, hört sich das für mich wie Hohn und Spott an.


    Auf der Fischerinsel hätte Berlin die einmalige Chance, etwas wie die wiederaufgebaute Frankfurter Altstadt zu errichten. Ich verstehe nicht, warum es aus der Berliner Bürgerschaft so wenige Proteste gibt. Mir blutet das Herz, wenn ich sehe, was hier momentan passiert.

  • ^ Man sollte jetzt nicht von einem Extrem in das Nächste kommen...


    Immer wenn ich die Visualisierungen von diesem Ding sehe, frage ich mich, warum ich diese bauliche Parodie (möglicherweise der Umgebung) nicht verstehe.


    Proportionen wie es nicht einmal der belangloseste Plattenbau vermag. Hermetischer Sockel ohne erkennbaren Eingang und Bezug zur Stadt. Sterile Freianlagen ohne Aufenthaltsqualität inkl. als Solitär gesetzte, aufgeforstete Straßenbäume. Grauer Sichtbeton als glattgeschliffener Schuhkarton mit kleinteiliger Lochfassade, als ob man Brutalismus will, ihn aber formal ins Gegenteil verkehrt. Garniert mit ein paar bunten, lieblichen Fensterlaibungen und Lochblechen, wie eine ProvinzKita aus den 90ern. Wenn das Ironie sein solle, ist es schlechte.


    Eingentlich wissen die Architekten ja selbst wie es besser geht...

  • Die Geschichtsleugnung des DDR-Städtebaus wird mE einfach fortgeschrieben, und das in Zeiten in denen man es schon längst besser wissen sollte. Die ganzen Rasterbauten mit Flachdach und geschlossener Erdgeschosszone, direkt am überbreiten Mühlendamm gelegen, lassen den urbanen Raum eher wie eine Autobahn mit Schallschutzwänden aussehen. Man kann nur hoffen, dass das House of One noch einen architektonischen Akzent setzen kann, doch für mich ist das Potenzial des Ortes schon längst verspielt worden.

  • Na, ich weiss nicht, an jeder erdenklichen Stelle zu fordern, hier könnte jetzt aber endlich mal die Altstadt, oder zumindest ein Teil davon rekonstruiert werden, weil es genau hier doch ganz früher mal besonders schön war, führt doch nicht weiter .

    Es ist ja nicht so, als gäbe es das gar nicht, siehe Nicolaiviertel. Das gab es schon lange bevor die schöne Stadt Frankfurt überhaupt daran gedacht hat, auch ein weiteres Stück seiner Altstadt wieder zu errichten.


    Beim Blauraum Projekt bin ich mal gespannt, wie die farbigen Fensterlaibungen und die helle Farbe der Fassade wirken werden. Sicher gibt es bessere Entwürfe, aber es ist nunmal ein Wohngebäude und kein Firmenhauptquatier.

    Ich finde es gut, dass dort preiswerter Wohnraum geschaffen wird.

  • Das Ganze muss nicht immer so schwarz weiß gesehen werden. Wer diese Einheits-Tristesse mit innerstädtischer Autobahn kritisch sieht, fordert nicht sofort die originalgetreue Rekonstruktion der Altstadt. Es geht um den grundlegenden Anspruch, die Stadt zukunftsfähig und lebenswert zu gestalten. Besonders an so einem zentralen Ort wie die Fischerinsel kann es nicht sein, dass unsere architektonischen Hinterlassenschaften irgendwelchen Autobahn-Hostels gleichen.


    Ich hätte mir gewünscht, dass man sich mit diesem Areal auf städteplanerischer Ebene viel mehr auseinandersetzt und eine Lösung entwickelt, die einen urbanen Raum mit Aufenthaltsqualität verspricht, so wie es sich für einen Ort dieser Bedeutung gehört. Mich ärgert einfach diese absolute Anspruchslosigkeit und die Gleichgültigkeit gegenüber dem, was wir für zukünftige Generationen an städtischem Erbe hinterlassen werden.

  • Ohne jedwede architektonische Präferenz muss man doch rein rational feststellen wie unfassbar absurd es ist was hier baulich zementiert wird: Es handelt sich hier nach jeglichem städtebaulichen Massstab um eine mittel- bis langfristig absolut unschlagbare toplage. Jedoch haben wir hier teilweise die niedrigsten baulichen Standards innerhalb des S-Bahn Rings.

    Es mangelt(e?) schlicht an (durchsetzungs-)fähigen Stadtentwicklern. Mir kann keiner erzählen das Berlin die einzige Stadt der Welt sein soll wo plötzlich, keine 500 Meter vom Architektonisch-historischen Highlight der Hauptstadt eines Landes, und keine zwei Kilometer entfernt vom größten (sub)Zentrum und der de Faktor mitte dieser Stadt, und auch noch durch die Leipziger quasi mittig zwischen den drei größten Zentren (City West, PP, Alex, touristisch wie ökonomisch), und dann auch noch umgeben von Wasser, keine absolute Triple-A Lage entstehen würde, ja sogar muss, wenn der Stadt nicht der ökonomische Niedergang bevorstehen sollte. Einzig und allein der hundsmiserable, hässliche, uninspirierende Status quo blockiert hier auf unabsehbare Zeit dass genau dies geschieht. Jede Laufrichtung vom Schloss bietet genau dass was man erwartet - Großstadt und schöne, wenigstens abwechslungsreiche Architektur. Nur südöstlich ist plötzlich Einöde. Das ergibt absolut keinen Sinn und liegt auch nicht zwangsläufig an der Leipziger.


    Braucht man denn hier eine Triple-A Lage? Kann man diskutieren wie man will, aber es werden drum herum die Preise unweigerlich immer und immer weiter steigen, einer weiteren Heilung und Entwicklung der Stadt folgend.

    Dass nun ausgerechnet ein gallisches (sozialisitsches) Dorf auf der Fischerinsel und um die Leipziger herum dauerhaft davon ausgenommen bleibt ist doch völlig undenkbar.

    Wir werden also irgendwann erleben dass hier eines der hässlichsten Stücke Stadt Europas plötzlich auch eines der teuersten Stücke Stadt ist. Völlig ohne Plan und Anspruch. Und dieser baulich-banale Müll wird sich dann zu Premiumpreisen vermieten lassen, trotz seiner Tristesse, alleine der Lage wegen, und diesen Status zementieren.

  • Wenn man die Fischerinsel jetzt zur absoluten Toplage erklärt, dann stimmt das wohl. Ich kann das aber nicht erkennen.


    Wir können die Phase der DDR mit ihrem Stadtbau nicht negieren, genauso wenig wie die Zerstörungen in der Nazizeit und die Umbaupläne in den 20er Jahren.


    Jetzt wieder alles platt zu machen um Platz zu schaffen, für ein Stück Disneyland mit Mieten für Multimillionäre, wäre aus meiner Sicht geschichtsvergessen und unsozial gewesen.


    Das Gebiet muss weiter entwickelt, nicht neu erfunden werden. Das ist schwierig genug und der Entwurf ist keine Augenweide aber in Ordnung.


    Balkone oder Loggien, die die Fassade besser gegliedert hätten, wären sicher keinem Bewohner an dieser Hauptverkehrsstraße gelegen gekommen.

  • Balkone oder Loggien, die die Fassade besser gegliedert hätten, wären sicher keinem Bewohner an dieser Hauptverkehrsstraße gelegen gekommen.

    Da stimme ich dir zu. In diesem Zusammenhang wundere ich mich generell, dass an dieser hochfrequentierten Straße überhaupt Wohnbebauung zulässig sein soll. Beim Projekt Frankfurter Allee 135 (HOWOGE-Hochhaus am Stefan-Heym-Platz in Lichtenberg) war der Verkehr noch das Ausschlusskriterium für Wohnungsbau :/

  • Jetzt wieder alles platt zu machen um Platz zu schaffen, für ein Stück Disneyland mit Mieten für Multimillionäre, wäre aus meiner Sicht geschichtsvergessen und unsozial gewesen.

    Wer die Forderung nach einer qualitätsvollen Stadtplanung als Disneyland für Multimillionäre abtut, ist mMn einfach nicht bereit, sich an einer konstruktiven Diskussion zu beteiligen. Eine vernünftige Umgestaltung der Fischerinsel sähe so aus, dass der Mühlendamm zurückgebaut wird, ein Platz mit Aufenthaltsqualität entsteht, das ganze Areal urbanisiert, bzw. verdichtet wird und mindestens an exponierten Stellen ein hoher architektonischer Anspruch gefordert wird, der dem Ort Identität verleiht. Bezahlbaren Wohnraum gäbe es noch genug mit den bestehenden DDR-Hochhäusern und möglichen Füllbauten als Teil der Nachverdichtung womit die soziale Mischung gewährleistet wird.

    Und ja, das Gebiet muss in gewisser Weise neu erfunden werden, denn es ist derzeit so unwirtlich, dass nur eine dementsprechend ambitionierte Entwicklung etwas retten kann.

  • Wer die Forderung nach einer qualitätsvollen Stadtplanung als Disneyland für Multimillionäre abtut, ist mMn einfach nicht bereit, sich an einer konstruktiven Diskussion zu beteiligen.

    Baukörper spricht ja nicht nur von Disneyland, sondern sogar von Geschichtsvergessenheit. Dabei ist es ja gerade der modernistische DDR-Städtebau gewesen, der geschichtsvergessen gewesen ist, weil er alle anderen architektonischen Epochen mit der Planierraupe eingeebnet hat.

  • Dabei ist es ja gerade der modernistische DDR-Städtebau gewesen, der geschichtsvergessen gewesen ist, weil er alle anderen architektonischen Epochen mit der Planierraupe eingeebnet hat.

    Ist es nicht genau das, was hier oftmals gegenüber der aktuellen Bebauung der Fischerinsel gefordert wird?


    "The pot calling the kettle black" drängt sich da ein wenig auf...


  • Friedward, lass uns bitte fair miteinander diskutieren.


    Es geht um die Neubauprojekte, die aktuell direkt an der Straße gebaut werden. Es ist keine modernistische Architektur, weil diese Neubauten dafür viel zu angepasst sind. Diese Gebäude halten sogar den Blockrand ein. Ich sehe hier keine Architektur, die einem Freund der Moderne gefallen könnte. Warum also dieser Einsatz für diese Neubauten? Wenn es sich doch wenigstens um modernistische Architektur handeln würde, könnte ich den Einsatz von dir (und Anderer) verstehen. Aber es ist weder moderne noch modernistische Architektur.

  • Vielleicht solltet ihr euch vorher einigen, ob ihr nun über die Neubauprojekte oder die alten DDR-Hochhäuser diskutiert.


    Fakt bleibt, dass die DDR den Fischerkiez platt gemacht hat, obwohl etliche Gebäude den Krieg überstanden hatten und auf Vordermann hätten gebracht werden können. Und dass sie ohne Rücksicht auf historische Parzellen oder Straßenfluchten neue Wohnhochhäuser errichtet hat, die heute nicht mehr dem allgemeinen architektonischen Schönheitsideal entsprechen. Aber sie abreißen bei heutigem Wohnraumbedarf?? Bin ich strikt dagegen! Eine Nachverdichtung mit Blockrandbebauung würde ich jedoch begrüßen, auch wenn es dann in manchem Erdgeschoss wieder etwas dunkler würde...