Fischerinsel / Petriplatz / Breite Straße

  • ^es ist aber bestenfalls ein Pseudo-Miteinander, dass zeigt schon das Nichtinteresse seitens der angeblich vertretenen Religionsgemeinschaften an dem Vorhaben. Ein Feigenblatt weitgehend konfessionsloser Gutmenschen, die damit ihren eigenen Vorstellungen von Religionsfreiheit Ausdruck verleihen wollen. Dass die gelebten Realitäten weit davon entfernt sind, wird komplett ausgeblendet.

  • P. I. als Gegenteil von P. C.? Oder was so das heißen? Das ist weder als das eine noch als das andere zu verstehen. Für mich ist das ein Ausdruck deutscher Gewissensbisse. "Oh Gott, oh Gott! Wir müssen es allen recht machen, damit wir auch als super offen und tolerant rüberkommen." Gegen Toleranz ist natürlich nichts zu sagen. Aber dass solche Projekte was dazu beitragen, wage ich zu bezweifeln. Wie gesagt, sowas muss im Alltag beginnen, nicht mit solchen krampfhaften Versuchen, den Weltfrieden vorzuheucheln. Das erwarte ich auch nicht von der Garnisonkirche. Befürworter wie den Homolka kann ich nicht ernstnehmen. Der Typ ist ein Konvertit, der wie immer päpstlicher als der Papst sein will, um Aufmerksamkeit für "sein" Geiger-Kolleg und Akzeptanz innerhalb der jüdischen Gemeinde erlangen will. Und Erdoghans Meinung zeigt ja, wie offen der Islam teilweise ist, wenn es auch nicht für jedes Individuum zutrifft.

  • Ich hoffe trotzdem, dass das so gebaut wird. Es ist ein Versuch, der hoffentlich das Miteinander vorantreibt. Ihre deutschtümelnde Grütze dürfen sie allerdings sie behalten.

  • Wie so vieles, das möglichst viel sein will, wird es wohl ein Hauch von Nichts werden. Ich kann dem Projekt auch nicht wirklich viel abgewinen und es mutet schon ziemlich hingewürgt an.
    Allerdings sind so Beißreflexe wie "deutschtümelnde Grütze" doch nun wirklich dummbräsig.


    Wer behauptet eigentlich, dass die christlichen Gemeindne in Berlin schrumpfen? Meines Wissens wächst die Bevölkerung und damit dürfte ähnlich wie in Dresden und Leipzig auch ein gewisser Anstieg der Gemeindemitglieder verbunden sein.

  • Ja, und auch viele andere Medien. Lasst die Leute doch ihren polykonfessionellen Tempel bauen, wer mit der Sache nichts anfangen kann braucht ja nicht mitzumachen - Religion ist Privatsache. Architektonisch finde ich alles andere, was in der Ecke geplant ist, um ein vielfaches Schlimmer.


    Seit geschlagenen 11 Jahren hat der Senat einen B-Plan aufgestellt und es noch immer nicht zu Baurecht geschafft, geschweige denn einer Aussage, was ander Breiten Straße entstehen soll. Det is Balin - kann man nur sagen - nüscht uffe Kette kriegn und ständich üba andre meckern.

  • Also von mir aus kann dort ja jeder so viele konfessionelle Tempel bauen wie er mag - ich sehe nur leider niemanden, der dies ernsthaft vorhat. Anstatt ein vernünftiges städtebauliches Konzept für das Areal Petriplatz / Breite Straße zu entwickeln und an bauwillige Investoren zu vergeben, ergeht man sich lieber über Jahrzehnte hinweg in undurchführbaren Spinnereien und schafft eine Brache nach der anderen - mitten in der Stadt.

  • Als Freund sanfter Rekonstruktionen, täte diesem Ort eine Petri-Kirche deutlich besser.
    Überhaupt wird in dieser Gegend mehr "gewurschtelt" als vernünftige Stadtplanung betrieben.
    Und zum Beth-Tempel-Moschee-Kirche:
    Was soll der Sch...! Nichts halbes und nichts Ganzes. Das Bauwerk ähnelt über dies mehr den heutigen Synagogen-Neubauten, die Salomons Tempel architektonisch näherstehen, als das, was vor mehr als 100 Jahren in Deutschland und der Welt an Synagogen erbaut wurde. Kommt nur die Frage auf, wie sich die anderen Religionen damit abfinden können.
    Nun gut, die christliche Seite nähert sich auch wieder vermehrt den Ur-Kirchen (Katakomben-Stil). Aber als Moslem würde ich mein Minarett vermissen, auch wenn dieses geplante Gebäude entfernt die Kaaba wiederspiegelt.
    Jedoch im Großen und Ganzen muss ich Ben rechtgeben. Eine Religionsgruppe sollte nicht krampfhaft mit anderen zusammenziehen, wenn bereits innerhalb der Religionsgruppe tiefe Gegensätze existieren. Aber das gehört in einen anderen Thread.

  • Sehe ich genauso. Das Projekt ist vollkommen nutzlos. Gelebter inter religiöser Dialog oder Ökumene braucht nicht irgendeine Hülle, sondern findet durch gemeinsame Feste, Aktionen, Gespräche und tägliches Handeln statt. Gemeinsame Gottesdienste können auch alle anderen Gotteshäuser nutzen, was so auch bereits in geringem Umfang geschieht. Befürworter wollen sich doch nur weltoffen geben oder sähen die Architektur gern. Oder wer von euch lebt einen aktiven Glauben?


  • Wer behauptet eigentlich, dass die christlichen Gemeindne in Berlin schrumpfen? Meines Wissens wächst die Bevölkerung und damit dürfte ähnlich wie in Dresden und Leipzig auch ein gewisser Anstieg der Gemeindemitglieder verbunden sein.


    Ostdeutschland ist wohl das am wenigsten religiöse Gebiet auf Erden. Der leichte Mitgliederanstieg in den Großstädten beruht auf Zuzug aus dem Westen oder aus Polen. Deswegen gibt es auch in Ostberlin einen Anstieg von sehr niedrigem Niveau aus.

  • Sicher dat, die Tschechen sind allerdings noch etwas gottloser. Aber Anstieg ist Anstieg. Zumal viele mittlerweile umgenutze Kirchen auch nicht mir nichts dir nichts wieder den Gemeinden zugeführt werden könnten. Von einem riesigen "Puffer" kann also keine Rede sein.

  • Ein sehr sympatisches Projekt, das noch nicht im Forum gezeigt wurde, ist das Baumhaus auf der Fischerinsel.
    Das Projekt wurde auf einem Kreativworkshop mit Kindern aus der Fischerinsel entwickelt. Das Büro Legeer Architekten (Berlin) entwarf ein Gebäude, das sich um einen chinesischen Götterbaum rankt. Ziel des Hauses ist die Förderung des Interesses der Kinder für die Natur. Der Bauherr war der Kreativhaus e.V., die Einweihung erfolgte am 26.10.2012.









    Mir gefällt dieses Projekt sehr gut, weil es tatsächlich einen kreativen Umgang mit der spezifischen Situation auf der Fischerinsel verkörpert und weil es die dort vorhandenen Qualitäten besser sichtbar macht.

    Alle Fotos: Klarenbach

  • ^Beeindruckendes 'Projekt'. Hier in der Nähe gibt es ein Piratenschiff - als meine Tochter noch im Vorschulalter war, musste ich ab und zu mitklettern. Für Bilder im Architekturforum hätte es wohl kaum gereicht. Die Fischerinsel wird durch so etwas auch ganz gewiss nicht ihren aktuellen Nimbus als gruseliges Mahnmal städtebaulicher Barbarei verlieren.

  • Schönes Projekt @ Klarenbach. Die Kinder wird`s sicherlich freuen. Die Beißreflexe der üblichen Verdächtigen auf jeden ihrer Posts sind mittlerweile nur noch lästig.

  • Gleichfalls, DerBe ;).


    Auf jeden Fall eine schöne Idee und mit den integrierten Ästen auch interessant umgesetzt. Aber wenn jetzt schon Spielplätze genutzt werden, um die Qualitäten der Fischerinsel hervorzuheben, scheinen die Argumente wohl langsam knapp werden.

  • Da es auch immer mal wieder Fragen zur Fischerinsel gegeben hat, will ich ein paar Informationen zur Entstehungsgeschichte und zu den gestalterischen Ideen dieses Gebietes liefern.


    Zuerst ein paar Daten: Das Gebiet wurde zwischen 1968 und 1979 nach einem städtebaulichen Entwurf von Joachim Näther, Peter Schweizer und Manfred Zache unter Mitwirkung der Deutschen Bauakademie errichtet. Die fünf Einzelhochhäuser wurden von Hans-Peter Schmiedel und Manfred Zumpe entworfen, für das Doppelhochhaus Fischerinsel 4-5 war Egon Kreißl verantwortlich. Das Gebiet verfügt über rund 1500 Wohnungen.


    Das Konzept der Fischerinsel wurde durch mehrere Prämissen bestimmt: Erstens gab es seit Anfang der sechziger Jahre einen internationalen Trend zu einer höheren Bebauungsdichte, der auch in der DDR wirksam wurde. Die Forderung nach einer höheren Bebauungsdichte wurde vor allem mit ökonomischen Argumenten begründet: Demnach wäre das innerstädtische Bauland so wertvoll, dass man es möglichst intensiv ausnutzen sollte. Im Westen nannte sich das Konzept "Urbanität durch Dichte", im Osten wurde dieser Begriff nicht verwendet, aber die Zielstellung war ähnlich.


    Dieser Trend führte schließlich zu den Hochhausplanungen für die Fischerinsel, die 1964 / 1965 entwickelt wurden. Planungen aus den fünfziger Jahren, nach denen die Fischerinsel zu einer kleinstädtisch anmutenden Traditionsinsel entwickelt werden sollte, wurden während dieser Zeit verworfen. Stattdessen wurde eine Hochhausbebauung entworfen, die eine höhere Einwohnerdichte ermöglichen sollte.


    Zweitens hatten die Ostberliner Planer den Anspruch, das Stadtzentrum nach einem einheitlichen Konzept zu entwickeln, bei dem alle Teile ein harmonisches Ganzes bilden sollten. Daher wurde auch die Anordnung der Hochhäuser nicht dem Zufall überlassen. Stattdessen wurde eine Dominantenkonzeption entwickelt, nach der die wichtigsten städtebaulichen Räume durch Hochhäuser betont werden sollten. Angestrebt wurde eine interessante Stadtlandschaft aus Freiräumen und Hochhausgruppen, die durch ein Netz von Sichtachsen verbunden werden sollten. Großer Wert wurde darauf gelegt, dass die Hochhäuser durch die Passanten aus einem natürlichen Blickwinkel von 27 Grad erfasst werden können.


    Durch diese Prämissen wurde die Planung der Fischerinsel bestimmt. Dank ihrer landschaftlich exponierten Lage an der Spree mussten die Hochhäuser so angeordnet werden, dass die Flusslandschaft auf möglichst eindrucksvolle Weise inszeniert wird. Weiterhin bildete die Fischerinsel ein wichtiges Element des Straßenzuges Leipziger Straße - Mühlendamm. Die konkrete städtebauliche Figur wurde dann so gestaltet, dass eine möglichst große städtebauliche Wirkung erzielt wird. Die Hochhäuser wurden also nicht einfach so in die Landschaft geklotzt, sondern sie wurden ganz bewusst angeordnet.


    Die praktischen Konsequenzen kann man auf diesem Modell mit der ursprünglichen Planung für die Fischerinsel erkennen.



    Man sieht gut, dass die Fischerinsel aus drei Teilen besteht. Im Osten befindet sich eine Gruppe aus zwei Hochhäusern, die vor allem eine eindrucksvolle Silhouettenbildung an der Spree sichern sollte. Im Westen befindet sich eine Gruppe aus drei Hochhäusern, die von der Leipziger Straße aus sichtbar sind. Im Zentrum schließlich war ein Hotel geplant, das vor allem aus Richtung Marx-Engels-Platz / Breite Straße sichtbar sein sollte. Dieses Hotel wurde aber nach der Machtübernahme durch Erich Honecker 1971 gestrichen, stattdessen wurde hier ein normales Doppelhochhaus WHH GT 18/21 errichtet, das allerdings nicht die angestrebte städtebauliche Wirksamkeit in die Breite Straße hinein erreicht.


    Weiterhin wurde im Zentrum ein Stadtteilzentrum mit einer Kaufhalle, einer Dienstleistungsannahme, einem Frisiersalon, einem Blumenladen, einem Postamt, einer Schwimmhalle und der Gaststätte "Ahornblatt" errichtet. Der Entwurf für das Stadtteilzentrum stammte von Gerhard Lehmann und Rüdiger Plaethe, die Hyparschalenkonstruktion der Gaststätte wurde von Ulrich Müther entworfen. Vor allem die Gaststätte "Ahornblatt" spielte eine ganz wichtige Rolle, weil die skupturalen Formen der Hyparschalenkonstruktion einen spannenden Kontrast zum Raster der Hochhäuser bildeten. Daher stellte der Abriss des "Ahornblattes" im Jahr 2000 einen schweren Verlust dar.


    Nicht zur Fischerinsel gehört das dreißiggeschossige Hochhaus des FDGB, das im Vordergrund des Modells zu sehen ist. Dieses sollte einen eindrucksvollen Auftakt für die Leipziger Straße bilden. Dieses Hochhaus wurde ebenfalls nach der Machtübernahme durch Erich Honecker 1971 gestrichen.


    Abbildung: Bundesarchiv, gemeinfrei

  • Nun zur konkreten Situation auf der Fischerinsel. Besonders eindrucksvoll ist die Annäherung von Osten. Hier sieht der Betrachter zunächst das östlichste Hochhaus. Man sieht, dass das Hochhaus so dimensioniert ist, dass es vollständig erfasst werden kann und dass es als harmonischer Teil der Stadtlandschaft wirkt.





    Interessant ist die Veränderung des Blickfeldes, wenn man sich Richtung Spreekanal bewegt. Dann rückt zunächst das Doppelhochhaus in das Blickfeld:



    Schließlich füllt das Doppelhochhaus das gesamte Blickfeld aus:



    Eindrucksvoll ist auch die Annäherung auf der Spree von Norden. In Höhe Karl-Liebknecht-Brücke erkennt man das Hochhaus Fischerinsel 1, das als Blickfang direkt in die Achse der Spree gesetzt wurde:



    Hinter der Karl-Liebknecht-Brücke vollzieht die Spree eine leichte Krümmung, daher rücken nun beide Hochhäuser der östlichen Hochhausgruppe in das Blickfeld:



    Eine wichtige Rolle spielt auch die Ansicht von der Leipziger Straße. Hier wurde die Öffnung des streng gefassten Straßenraumes der Leipziger Straße zum offenen Landschaftsraum der Fischerinsel inszeniert. Zunächst rückt die westliche Hochhausgruppe in das Blickfeld:







    Man sieht auch gut, dass der Riegel am Spittelmarkt ungemein störend ist, weil er die freie Sicht auf die Fischerinsel behindert.

    Dann vollzieht die Straße eine Drehung in Richtung Mühlendamm, mit der Folge, dass nun auch die östliche Hochhausgruppe in das Blickfeld rückt.



    Weiterhin erkennt man auf diesem Foto auch sehr, wie störend der Nalbach-Riegel an der Gertraudenstraße wirkt. Während früher den Hochhäusern die skulpturale der Gaststätte "Ahornblatt" vorgelagert war, die einen spannenden Kontrast zu den Hochhäusern bildete, verstellt jetzt der Riegel des Ersatzbaus den Blick auf die Hochhäuser.


    Interessant ist auch ein Blick aus Richtung Kreuzberg. Hier erkennt man sehr gut, dass die Hochhäuser auf der Fischerinsel so bemessen sind, dass sie die Dominanz des Fernsehturmes nicht in Frage stellen.



    Alle Fotos: Klarenbach

  • ^Dieser Entwurf ist um längen besser als das was dann umgesetzt wurde. Besonders die Dominanten gefallen mir. Auch der Zuschnitt des „Coca-Cola“ Hauses gefällt mir in diesem Modell wesentlich besser. Was den Verlust des Ahornblattes angeht so gebe ich ihnen voll und ganz recht, das was an dessen Stelle dort jetzt rumsteht ist wirklich an Banalität nicht zu übertreffen.

  • Vielen Dank an Klarenbach für die Fotos und insbesondere die hierzu verfassten ironischen Untertöne seines Postings!


    Wie sagt man so schön: You make my day!


    Mehr Realsatire über die grauen 0815-Plattenbaukästen auf der Fischerinsel geht wahrscheinlich nicht!


    Insbesondere die Adjektive "besonders eindrucksvoll", "harmonisch", "interessant", aber auch die Begriffe, wie bspw. "Blickfang", machen in Verknüpfung mit der Trostlosigkeit der gezeigten Architektur nur zu deutlich, dass alles nur ein großer Scherz sein muss :lach: